ganz tolle neue musik, zum nachdenken, zum hören und genießen, auch wenn man sie vielleicht gar nicht verstehen kann/mag/will, gab es beim ersten konzert der diesjährigen auflage von mainz-musik, dem mini-festival der mainzer musikhochschule, in der esg-kirche. zwei dozenten, lutz mandler und pierre-stéphane meugé haben neue und neueste musik für saxophon(e) und trompete bzw. deren mundstücke aufgeführt, das ganze noch mit einem kleinen bisschen lichtdesign — im grunde nur einfache wechselnde beleuchtungen — und vor allem besonderer integration des raumes in die interpretation — ein wirklich außerordentlich herausragendes konzertereignis — nicht nur wegen der mutigen programmierung, sondern gerade auch wegen der erstklassigen, keine wünsche offenlassenden umsetzung. “in freundschaft” etwa habe ich noch nie dermaßen konsistent und durchgängig strukturiert, dermaßen klar und doch lebendig, nie kalt und konstruiert, aber immer als künstlerische formung markiert, gehört.
in der “offziellen” form liest sich das dann so:
die festspielzeit ist ein untrügliches zeichen: jetzt hat der sommer begonnen. ln mainz ist es in diesem jahr die musikhochschule, die den reigen eröffnet — mit einem konzert der echten extraklasse. lutz mandler und pierre-stéphane meugé haben mit dem auftaktkonzert in der esg-kirche nämlich herausragendes für die neue und neueste musik geleistet.
und dazu gehört immer wieder das suchen nach neuen formen des zusammenspielens. vinko globokars “dos à dos” ist so eine fahndung: saxophon und trompete probieren die möglichkeiten des miteinander und gegeneinander spielend aus. da das mit der für globokar typischen wucht und dem entsprechenden kraftiaufwand passiert, ist es eine hochdramatische sache. überhaupt fiel in der esg-kirche immer wieder die unglaubliche energie der beiden musiker auf. selbst einem eher introvertierten und nachdenklichem werk wie maurizio pisatis “ö” ließen sie davon nicht ab. beide versuchen hier die stille in klang zu überführen — mit langen momenten absoluter ruhe, die von dem dunklen, ernsten klang der symbiotisch miteinander verschmelznden instrumente immer stärker strukturiert werden. die anhäufung von bedeutungsvollen, aber vagen momenten entlädt sich zum schluss in einer hochdramatisch nachhallenden stille.
mit der uraufführung des “tagebuch ii” von hyun-sik jin präsentierte sich mandler auch als solist. diese erkundungen des subjekts, deren ziel freilich verborgen bleibt, geben dem interpreten mannigfaltige möglichkeiten, seine technischen fähigkeiten unter beweis zu stellen. mandler tut dies mit großer souveränität und subtilität. gelassen schien auch meugé in seinem solo, einem echten klassiker: “in freundschaft” von karlheinz stockhausen. unter der sehr genau artikulierten oberfläche verbergen sich hier allerdings gewaltige spannungen, die schon so manchem bläser das genick gebrochen haben. meugé dagegen führt das ganz selbstverständlich zu einer phänomenal strukturierten verführung der sinne zusammen, in der man sich als hörer vollends geborgen und heimisch fühlen kann.
und als wäre diese reihe erlebnisreicher höhepunkte noch nicht genug an verführung, setzte das duo mit den “bouchées doubles” von ernest h. papier dem abend die krone auf: denn nur beim zweikampf ohne instrument, ausschließlich mit ihren mundstücken bewaffnet, lässt sich der wahre meister ermitteln. das duell lief über mehrere, sich dramatisch zuspitzende runden. zunächst klopfend und rückend forderten sich die beiden kombattanten schnell zu immer wagemutigeren geräusch- und tonkaskaden heraus. doch auch in der hitze des gefechtes konnten die beiden sich auf ein unentschieden einigen, ihre fehde beilegen un noch ein letztes mal ganz harmonisch, in liebe vereint, zusammen spielen.