was das pro­gramm – beet­ho­ven, leo­no­re 3; chris­ti­an jost, luxaeter­na; rim­s­ki-kor­sa­kow, sche­he­zer­a­de – zunächst gar nicht so erwar­ten ließ: ein span­nen­des und wirk­lich gutes, über­zeu­gen­des kon­zert bei den meis­ter­kon­zer­ten in der rhein­gold­hal­le. der text trifft es eigent­lich auch ohne ergän­zun­gen ziem­lich gut:

streng und ernst steht er da, von kopf bis fuß in schlich­tes schwarz gewandt. geor­ge peh­li­va­ni­an nimmt sei­ne auf­ga­be als diri­gent der staats­phil­har­mo­nie rhein­land-pfalz aus­ge­spro­chen ernst. zum ers­ten mal war der „ers­te gast­di­ri­gent“ des orches­ters beim letz­ten meis­ter­kon­zert in der main­zer rhein­gold­hal­le. und was sei­ne aske­ti­sche dienst­klei­dung an ele­ganz ver­mis­sen lässt, macht sei­ne diri­gier­kunst wett. so ele­gant und geschmei­dig wie er diri­giert kaum ein orchesterleiter.

da es bei die­sem kon­zert aber offen­bar um den gegen­satz zwi­schen indi­vi­du­um und gesell­schaft, zwi­schen auf­be­geh­ren und anpas­sung geht, braucht der maes­tro, der sich so unauf­dring­lich in sein orches­ter ein­füg­te, einen gewich­ti­gen wider­sa­cher. die­se rol­le füll­te der saxo­pho­nist arno born­kamp per­fekt aus. er geht ganz in sei­ner rol­le als kämp­fe­ri­scher indi­vi­dua­list, die der kom­po­nist chris­ti­an jost ihm in sei­nem saxo­phon­kon­zert „luxaeter­na“ ver­ord­net, auf: mit ums haupt geschlun­ge­nem stirn­band agiert er neben geor­ge peh­li­va­ni­an bei der deut­schen erst­auf­füh­rung fast wie ein stadt­gue­ril­la – da fehlt nur noch die tarn­fle­cken-hose. der diri­gent kämpft unter­des­sen um sei­ne läs­si­ge ele­ganz und muss doch akzep­tie­ren, dass hier born­kamp die marsch­rich­tung vor­gibt. mit allen mög­lich­kei­ten zwi­schen kla­ren sta­tet­ments, vibrie­ren­den gefühls­aus­brü­chen, schrei­en­der ver­zweif­lung und lamen­tie­ren­der trau­er hilft das saxo­phon, die in stän­di­ger unsi­cher­heit immer wie­der sto­cken­den orches­ter­klang­fel­der zusam­men­zu­schwei­ßen. unauf­hör­lich bringt das solo­in­stru­ment melo­di­sche frag­men­te ins spiel, wäh­rend das orches­ter stär­ker in farb­va­ria­tio­nen und raum­klän­gen orga­ni­siert ist. das ist zwar kei­ne linea­re erzäh­lung, aber doch eine form der musik, die ent­wick­lun­gen durch­macht, die plötz­li­che ent­schei­dun­gen und lan­ges nach­den­ken, kämp­fe­ri­sches agie­ren und gelas­se­nes abwar­ten des kamp­fes des ein­zel­nen mit und gegen die gemein­schaft in immer neu­en vari­an­ten verbindet.

der diri­gent hat da ver­gleichs­wei­se wenig zu sagen. sein tak­stock, der sich bei beet­ho­vens drit­ter leo­no­ren-ouver­tü­re als gefähr­lich spit­zes flo­rett gebär­de­te, darf hier nur noch als uner­bitt­li­cher takt­ge­ber fun­gie­ren. dafür kann er bei niko­lai rim­s­ki-kor­sa­kows sche­he­zer­a­de zum tän­zeln­den, unbe­re­chen­ba­ren der­wisch wer­den. denn peh­li­va­ni­an spielt das orches­ter mit sei­nen hän­den wie ein gro­ßes instru­ment: er malt ihnen die musik förm­lich in die luft. und die lud­wigs­ha­fe­ner reagie­ren auf die­se füh­rung wun­der­bar geschmei­dig und ein­mü­tig. eine blen­den­de mischung aus war­men, gedeck­ten klang­far­ben und plas­tisch-kör­per­haft greif­ba­ren struk­tu­ren wird das – nicht nur eine augen­wei­de, son­dern auch ein ohrenschmaus.