Lesen. Hören. Und ein bisschen schreiben.

Kategorie: medien Seite 1 von 45

zeitungen gebündelt

Zeitgemäße Zeitung?

Die “Süd­deutsche Zeitung” geht mit der Zeit und hat ihre Dig­i­ta­laus­gabe mod­ernisiert, sagt sie. Und zugle­ich das Redaktionssystem/CMS gewech­selt. Dabei ist aber wohl einiges schiefge­laufen. Zumin­d­est aus mein­er Sicht ist die neue Gestal­tung aus­ge­sprochen man­gel­haft (bei eini­gen guten Ansätzen). Ich lese die SZ täglich im Abon­nement auf dem Tablet und habe mal aufgeschrieben, was mir direkt ins Auge gefall­en ist.

Ein neues Lay­out und neues Redak­tion­ssys­tem (also andere Soft­ware), aber für einen Typographen oder Schrift­set­zer (oder über­haupt jeman­den, der nur ein biss­chen Ahnung von Textsatz und ‑gestal­tung hat), reichte es offen­bar nicht mehr.

Schon beim ersten Lesen auf dem Tablet gle­ich aufge­fall­en sind mir (und da bin ich noch nicht mal auf Fehler­suche gegan­gen):

  • Es gibt keine Sil­ben­tren­nung, dafür aber katas­trophale Löch­er im Flat­ter­satz der nicht sehr bre­it­en Textspal­ten. Dabei gibt es doch inzwis­chen sehr gute automa­tis­che Sil­ben­tren­nun­gen, die ohne manuelle Ein­griffe (nahezu) fehler­frei arbeit­en.
  • Dafür wer­den Zahlen wie 150.000 jet­zt gnaden­los getren­nt, weil die Tausender­stelle hier wohl ein gewöhn­lich­es Leerze­ichen ist. Das ist ein erbärm­lich­er Anfänger­fehler, der das Lesen sehr erschw­ert.
  • Es gibt keine richti­gen Anführungsze­ichen (die im Deutschen nor­maler­weise zu Anfang unten, zu Ende oben ste­hen und nicht das Zoll-Zeichen benutzen), wed­er in Über­schriften noch im Text. Das ist ein­fach sehr unschön.
  • Ein ver­wandtes Prob­lem: Auch der ver­wen­dete Apos­troph ist sehr block­ig.
  • Es gibt keinen Gedanken­strich (Hal­bgeviert­strich), son­dern nur Binde-/Tren­nungsstriche — zumin­d­est wird der Hal­bgeviert­strich nicht genutzt, wed­er bei der Tren­nung der Orts­marke vom Text noch bei den typ­is­chen Fällen im Satz.
  • Die kur­sive Schrift wirkt im Text zugle­ich ange­fet­tet.
  • Meines Eracht­ens ist die aus­gewählte Schrif­tart für die Ressortüber­schriften für diesen Zweck ungeeignet und wirkt selt­sam (ger­ade in Verbindung mit den anderen ver­wen­de­ten Schriften), aber das ist auch eine Geschmacks­frage.

Immer­hin sind die Buch-Über­sicht­en (die Ressort­seit­en) nun deut­lich bess­er struk­turi­ert. Vor allem zeigen sie endlich die Autor*innen nicht nur bei weni­gen, son­dern allen Artikeln (außer bei reinen Mel­dun­gen, das ist ja sin­nvoll) und sind durch die Striche bess­er in sinnhafte Abschnitte gegliedert. Auch die Rei­hen­folge der Artikel ist jet­zt kon­sis­ten­ter zwis­chen Ressortüber­sicht und Artike­lan­sicht (das war vorher nicht immer so, son­dern schien manch­mal Glückssache).

Aber als Ganzes ist das ziem­lich unwürdig für ein Unternehmen dieser Größe. Es scheint fast so, als hätte das nie­mand mal vorher getestet ;-) Man kön­nte also sagen, die “Süd­deutsche Zeitung” ist mit dieser Mis­sach­tung gestal­ter­isch­er Grun­dregeln mit der Zeit gegan­gen …

spinnennetz vor natur

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  • Do We Write Dif­fer­ent­ly on a Screen? | The New York­er → tim parks eher pes­simistis­che sicht auf die gewan­delte art und weise des schreibens und sein­er beglei­tum­stände durch die tech­nol­o­gis­che entwick­lung der let­zten jahrzehnte

    Just as you once learned not to drink every­thing in the hotel mini­bar, not to eat too much at free buf­fets, now you have to cut down on com­mu­ni­ca­tion. You have learned how com­pul­sive you are, how frag­ile your iden­ti­ty, how impor­tant it is to cul­ti­vate a lit­tle dis­tance. And your only hope is that oth­ers have learned the same les­son. Oth­er­wise, your pro­fes­sion, as least as you thought of it, is fin­ished.

  • Das Spiel mit der Exzel­lenz | Forschung & Lehre → michael hart­mann mit ein­er zurück­hal­tenden, aber nicht über­schwänglich pos­i­tiv­en ein­schätzung der exzel­len­zs­trate­gie für die deutschen uni­ver­sitäten

    Die Elite hat gewon­nen, die Masse ver­loren.

  • Peter Brötz­mann inter­view | It’s psy­che­del­ic Baby Mag­a­zine → sehr schönes, offenes und ehrlich­es inter­view mit peter brötz­mann, in dem er vor allem über seine frühen jahre — also die 1960er — spricht
  • Provozieren und Warten | Van → sehr schönes, angenehm fre­undlich­es inter­view mit dem großen fred­er­ic rzews­ki:

    Ich habe nichts Orig­inelles kom­poniert. Alles, was ich gemacht habe, ist von anderen zu klauen. Aber auch Mozart hat links und rechts geklaut und Bach natür­lich genau­so. Du nimmst etwas, machst es auf deine Art.

  • Ganzjährige Som­merzeit wäre der „Clox­it“ | Riffre­porter → trotz der gren­zw­er­tig blö­den Über­schrift ein inter­es­san­ter text über die auswirkun­gen ein­er möglichen ganzjähri­gen som­merzeit in deutsch­land

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  • „Sol­i­dar­ität gegen Ama­zon ist eine große Schimäre“ | Welt → zwar in der “welt”, aber trotz­dem ein sehr tre­f­fend­es inter­view mit klaus schöf­fling — das liegt aber vor allem eben an schöf­fling ;-). anlass war die insol­venz von KNV, aber es geht auch/eher um grundle­gende fra­gen des buch­mark­ts

    Ich weiß nicht, ob man jet­zt nach dem Staat rufen muss. Richtig bekla­gen kann sich die Buch­branche, die ja auch mit der Buch­preis­bindung vom Staat geschützt wird, eigentlich nicht.

  • Desire paths: the illic­it trails that defy the urban plan­ners | Guardian → ein schön­er beitrag über tram­pelp­fade im urban­den raum und die möglichkeit, sie zur pla­nung von wegverbindun­gen zu nutzen
  • Die Hand­schrift stirbt aus | Due Oresse → ein kurz­er überblick, wie es (öster­re­ichis­che) kom­pon­is­ten mit dem schreiben ihrer par­ti­turen hal­ten
  • Was hält Demokra­tien zusam­men? | NZZ → aus anlass des todes von böck­en­förde wieder her­vorge­holt: die sehr schöne, klare und deut­liche einord­nung des böck­en­förde-the­o­rems in die deutsche gesh­ci­chte des 20. jahrhun­derts
  • Diese Abende sind eine Qual | Zeit → flo­ri­an zin­neck­er hat für die “zeit” ein nettes inter­view mit igor lev­it über die elbphil­har­monie und ihre akustik geführt — und lev­it bleibt wieder ein­mal cool und über­legen
  • Wada­da Leo Smith Pays Trib­ute to Rosa Parks in New Album | Qwest → inter­view mit dem großen Wada­da Leo Smith, in dem er unter anderem darüber spricht, warum er den begriff “impro­vi­sa­tion” nicht mag:

    Impro­vi­sa­tion was strong in the late ‘60s and ear­ly ‘70s. But then it got very pol­lut­ed, like you can put every­thing into per­form­ing that you want to. There’s no lead­er­ship, no guid­ance. It’s nowhere near the way of Louis Arm­strong, Duke Elling­ton, Miles Davis, Bessie Smith or Abbey Lin­coln who were all right in terms of cre­at­ing oppor­tu­ni­ties in their music. The peo­ple call­ing them­selves impro­vis­ers today are like a soup. You can add every­thing in at once and cook it. But that’s a bad soup. You need to cook var­i­ous por­tions and add in dif­fer­ent things like spices which is what mak­ing music in the present is meant to be. It’s like what the Cre­ator cre­at­ed in the begin­ning. It’s authen­tic­i­ty. You’re bring­ing some­thing into being.

spinnennetz

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  • Götz Alys Rede zum 74. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz | Berlin­er Zeitung → eine gute rede von götz aly zum jahrestag der befreiung auschwitz’, die mit hin­weisen auf par­al­le­len zu gegen­wär­ti­gen etnwick­lun­gen nicht spart und vor allem deut­lich macht, wie bre­it die deutschen nahezu aller couleur und kul­tur die gewalt getra­gen und unter­stützt haben
  • Der Pol­ter­geist | Van → große reportage über daniel baren­boimund seine — durch zahlre­iche quellen bestätigte — unfähigkeit, mit anderen men­schen vernün­ftig umzuge­hen und zusam­men­zuar­beit­en und stattdessen ein kli­ma der andauern­den angst und willkür zu schaf­fen — und der trotz­dem weit­er­hin enorm hofiert wird in berlin
  • Warum im ICE 4 die Reiselust auf der Strecke bleibt | Deutsch­land­funk → dirk schnei­der ist nur mäßig begeis­tert vom neuen ice 4 — und ich kann das gut nachvol­lziehen
  • Ger­man for Pro­gram­mers | Out­er Haven → eine schöne idee: ein pro­gram­mier­er lernt deutsch — und ver­sucht, mit konzepten des pro­gram­mierens die deutsche sprache (und ins­beson­dere ihre schwierigkeit­en) zu beschreiben
zaun im schnee

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  • Herrsch­er der Bagatellen | SZ → Ein schönes feuil­leton (eine “liebe­serk­lärung” von rein­hard brem­beck über die kraft der klas­sis­chen musik, zufalls­begeg­nun­gen, bagatellen und aktives hören (und über widor auf der orgel)

    Ein ähn­lich­er Fall ist die “Pause”, das vor­let­zte Stück aus dem “Car­naval” von Robert Schu­mann. […] Nur wer den Titel “Pause” ken­nt, ver­mag seine Ironie im Vere­in mit dieser atem­losen Musik zu empfind­en, die das Pausen-Ver­ständ­nis des heuti­gen durchdig­i­tal­isierten Glob­al­men­schen bess­er beschreibt als jed­er Leitar­tikel.

  • Heart­field Online | AdK → sehr schön: die akademie der kün­ste hat dne grafis­chen nach­lass von john heart­field online gestellt (und ganz nett auf­bere­it­et) — eine wahre fund­grube
  • Warum sie aus den Lehrplä­nen fast ver­schwun­den sind | FAZ → dur­chaus inter­es­santes inter­view mit lars deile über ger­ma­nen im aktuellen geschicht­sun­ter­richt, aber auch geschichte und ihren unter­richt all­ge­mein
  • Juli Zeh | jun­gle world → mag­nus klaue hält wenig von juli zeh:

    Ästhetis­che Banausie und poli­tis­che Dem­a­gogie ver­schmelzen in ihr zur har­monis­chen Ein­heit

  • Rest­los bedi­ent | Ohne Text singt kein Men­sch mit → peter breuer über ser­vice und dankbarkeit

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  • Die Hände Johann Sebas­t­ian Bachs | Forschung & Lehre → bach war nicht genial, er hat­te ein­fach große hände — nun­ja, das wurde nicht behauptet. aber zumin­d­est let­zteres ist nun gesichert
  • Dubiose Quellen | Süd­deutsche → willi win­kler hat schon ein­mal die jan­u­ar-aus­gabe der viertel­jahrshefte für zeit­geschichte gele­sen und fasst einen beitrag von mikael nils­son zusam­men, der offen­bar nach­weist, dass die als “hitlers tis­chge­spräche” veröf­fentlicht­en texte als (primär)quelle eigentlich nichts tau­gen, weil ihre authen­tiz­ität (und ihre edi­tierung) frag­würdig ist
  • Das große Beicht­en | Süd­deutsche → ein gast­beitrag von nathalie wei­den­feld, der zur diskus­sion stellt, ob die öffentliche kund­machung per­sön­lich­er und intimer gedanken, erleb­nisse, stim­mungen in den sozialen medi­en nicht ein reflex, eine mod­erne vari­ante des öffentlichen beicht­ens der puri­tan­er ist (ich bin nicht ganz überzeugt, ob das stimmt — aber bedenkenswert scheint es mir schon).
  • Many Shades of Gen­der | LMU → paula-irene vil­la hat — zusam­men mit Kolleg*innen und mitarbeiter*innen — eine schöne FAQ zu typ­is­chen, wiederkehren­den fra­gen und vor­wür­fen an die gen­der stud­ies geschrieben

    Die Gen­der Stud­ies wollen ins­ge­samt wed­er Geschlecht abschaf­fen noch, wie manch­mal auch ver­mutet wird, es allen aufzwin­gen. Vielmehr wollen die Gen­der Stud­ies forschend her­aus­find­en, wo wie für wen warum in welch­er Weise und mit welchen Fol­gen Geschlecht über­haupt eine Rolle spielt (oder auch nicht).

  • Records Revis­it­ed | hhv­mag → kristof­fer cornils’ schöne und ehrliche würdi­gung des großar­ti­gen “spir­it of eden” von talk talk
  • Der alte Hass auf die Aufk­lärung | Geschichte der Gegen­wart → philipp sarasin ord­net die “neue rechte” in die tra­di­tion der anti-aufk­lärung und der geg­n­er­schaft des libr­eral­is­mus ein:

    Zu behaupten, die Unter­schei­dung zwis­chen links und rechts habe seine Bedeu­tung ver­loren, ist ange­sichts solch­er Aus­sagen wenig über­zeu­gend. Dring­lich ist aber auch, dass die Linke aufhört, die Libe­ralen und auch die „Lib­er­al-Kon­ser­v­a­tiv­en“ in die rechte Ecke zu stellen und die falschen Schlacht­en zu schla­gen. „Rechts“ ist nur dort, wo der alte Hass auf die Aufklä­rung dräut. Alles andere sind Zänke­reien unter den Kindern der Mod­erne.

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  • Why I Don’t Trust the Cloud | Poet­ry Foun­da­tion → ken­neth gold­smith, der betrieber des wun­der­baren UbuWeb, erk­lärt, warum man die Cloud mit ein­er Por­tion Skep­sis betra­cht­en sollte:

    I love the idea of the cloud, but I hate the real­i­ty of it. The real­i­ty of it is noth­ing like what’s been promised to us. Trust­ing the cloud is a mis­take: it’s too cen­tral­ized, too eas­i­ly blocked, too eas­i­ly con­trolled. And it’s pri­va­tized, owned, and admin­is­trat­ed by some­one oth­er than you.

  • Zehn The­sen für den alten Fritzen | FR → olga mar­tyno­va schreibt über (gegenwarts-)literatur und den umgang mit ihr. zum beispiel:

    Kollek­tive Fragestel­lun­gen und kollek­tive Überzeu­gun­gen sind immer in ihrem Kern falsch. Das einzige, was die Lit­er­atur einem Leser schuldig ist: seinen indi­vidu­ellen Men­schen aus dem Kerk­er des kollek­tiv­en Men­schen zu befreien.

  • Die The­o­rie der Fil­terblasen ist nicht länger halt­bar – Wir lei­den bere­its unter dem Fil­ter-Clash | NZZ → pörk­sen argu­men­tiert hier, dass die fil­terblasen gar nicht so prob­lema­tisch seien, weil sie eben gar nicht funk­tion­ieren, son­dern die ver­schiede­nen zirkel in den infor­ma­tio­nen vehe­ment aufeinan­der­prallen

    Das Denkbild der Fil­terblase ist irreführend – und zwar gle­ich aus mehreren Grün­den. Zum einen wider­spricht die Idee der von Algo­rith­men deter­minierten Extremab­schot­tung der alltäglichen Erfahrung. […] Zum anderen wider­spricht die Fil­terblasenidee den Grun­dein­sicht­en der Net­zw­erk­the­o­rie, über die seit den 1970er Jahren disku­tiert wird. Man weiss: Schwache Verbindun­gen und lockere Beziehun­gen (soge­nan­nte weak ties im Sinne der Net­zw­erk­sozi­olo­gie) sind eben deshalb so nüt­zlich, weil sie einen mit unter­schiedlichen, unbekan­nten und gän­zlich uner­warteten Infor­ma­tio­nen kon­fron­tieren. Und das Netz ist das Beziehung­suni­ver­sum der schwachen Verbindun­gen. […] Die Wahrschein­lichkeit, mit unter­schiedlichen Infor­ma­tio­nen kon­fron­tiert zu wer­den, steigt in solchen Net­zw­erken mit schwachen Verbindun­gen ras­ant an. […] Und schliesslich wider­spricht die The­o­rie der Fil­terblase den inzwis­chen pub­lizierten empirischen Stu­di­en, die in immer neuen Vari­anten und Vari­a­tio­nen zweier­lei zeigen: Erstens ist unser Infor­ma­tion­suni­ver­sum sehr viel vielfältiger als gedacht, trotz der per­son­al­isierten Infor­ma­tion­sauswahl. Zweit­ens ist das, was Fil­terblase genan­nt wird, immer auch ein Symp­tom unseres Infor­ma­tionsver­hal­tens, Indiz unser­er eige­nen Inten­tio­nen und Fasz­i­na­tio­nen.

  • The Coders Pro­gram­ming Them­selves Out of a Job | Atlantic → ein schön­er erk­lär­text über pro­gram­mier­er, die sich selb­st über­flüs­sig machen — weil sie ihre arbeit automa­tisieren, d.h. pro­gr­mamieren — und dann nichts mehr zu tun haben. und über die gesellschaftlichen, ethis­chen und wirtschaftlichen auswirkungen,die das haben kann/wird
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Ins Netz gegangen (5.9.)

Ins Netz gegan­gen am 5.9.:

  • „Die Gesellschaft prof­i­tiert von unser­er Autonomie“ | FAZ → ein schönes, inter­es­santes, kluges inter­view mit der his­torik­erin bar­bara stoll­berg-rilinger

    Die ganze Gesellschaft prof­i­tiert von der Autonomie der Wis­senschaft. Die eigentliche Arbeit der His­torik­er ist mein­er Ansicht nach von solchem bürg­er­rechtlichen Engage­ment zu unter­schei­den. Indem man Geschichte nach his­torisch-kri­tis­chen Stan­dards schreibt, leis­tet man ja schon Aufk­lärungsar­beit.

  • Vor­bild Frank­furt: Restau­ra­tive Schiz­o­phre­nie| Merkur → ein sehr kluger und, trotz sein­er klaren posi­tion­ierung, unaufgeregter kom­men­tar von philipp oswalt zur rekon­struk­tion­sar­chitek­tur wie der frank­furter “neuen alt­stadt” (schon der name ist in sein­er ästhetis­chen grausamkeit ja beze­ich­nend)

    Es ist eine Medi­en­ar­chitek­tur, die aus tech­nis­chen Bildern gener­iert nun vor allem der Erzeu­gung neuer medi­aler Bilder dient. Auch son­st ist die Architek­tur keineswegs so tra­di­tionell, wie sie auf den ersten Blick erscheinen mag. Der Rohbau beste­ht – von den weni­gen Fach­w­erkhäusern abge­se­hen – aus Stahlbe­ton und Indus­trieziegeln, die Ausstat­tung umfasst Fuß­bo­den­heizung mit Fer­n­wärme, Dreifachver­glasung, mech­a­nis­che Lüf­tung, mod­ern geschnit­tene, offene Wohnküchen, umfan­gre­iche San­itär­räume und meist einen direk­ten Zugang zu den pri­vat­en Stellplätzen in der zuge­höri­gen Tief­garage.

    Nicht nur für die Bewohn­er, auch für die zeitk­nap­pen Fer­n­touris­ten aus Asien und Übersee ist die neue Alt­stadt die mod­erne Alter­na­tive, und so wird sie auch bewor­ben.

    […]

    Ob icon­ic build­ing oder Rekon­struk­tion his­torisch­er Baut­en – bei­des sind sym­bol­is­che Gesten zur Iden­tität­skon­struk­tion, wie sie seit den 1990er Jahren in Mode gekom­men sind.

    […] Der Staat hat sich aus der Fläche zurück­ge­zo­gen, und die vorherige Kohä­sion­spoli­tik wurde durch einen Inselur­ban­is­mus abgelöst, bei dem große Bere­iche der Stadt dereg­uliert und pri­vatisiert wer­den, während an aus­gewählten zen­tralen Orten kleine Inseln mit großer Kon­trolltiefe beplant wer­den.

    […]

    Mit dem Zer­fall ein­er im All­t­ag prak­tizierten Kohä­sion ist die Aufw­er­tung eines sym­bol­isch-medi­alen Ersatzes umso wichtiger.

    […]

    Doch die Alt­stadt Frank­furt ist keine überzeu­gende Antwort auf die drän­gen­den Fra­gen des heuti­gen Städte­baus, sie ist Teil des Prob­lems.

  • Im Ruck­sack: die Frei­heit | Oliv­er B. Weber → ein inter­es­san­ter essay über die spez­i­fis­che form des reisens der gegen­wär­ti­gen back­pack­er und die daraus entstehende/erwachsende “glob­al­i­ty”

    Der Back­pack­er ver­ste­ht sich als Zeitreisender. Er sucht die selige Ver­gan­gen­heit in geo­graphis­ch­er Ferne. Die Men­schen, die darin leben müssen, begutachtet er mit ein­er ambiva­len­ten Mis­chung aus Staunen und Her­ab­set­zung. Immer sel­tener hinge­hen ist ein tat­säch­lich ein­tre­tender habitueller Posi­tion­swech­sel des Beobachters. Woher kommt die häu­fige Blind­heit gegenüber der tat­säch­lichen Welt, zu deren Ent­deck­ung das Back­pack­ing ja ange­treten war?

  • Sehn­sucht nach Retro­topia | Zeit → ein kluger essay von nils mark­wardt über “Poli­tisierung der Nos­tal­gie” und die “Fetis­chisierung von Geschichte unter Aus­blendung von Geschichtlichkeit”:

    Im Angesicht der aktuellen Retro­ma­nia beste­ht die Auf­gabe darin, Geschichte als gle­icher­maßen bewussten wie pro­gres­siv­en Wieder­hol­ung­sprozess, nicht als bloßes Abstauben der Ver­gan­gen­heit zu ver­ste­hen.

  • Da läuft etwas ganz schief | Forschung & Lehre → der erziehungswis­senschaftler volk­er laden­thin hat genug von den man­gel­nden fähigkeit­en und ken­nt­nis­sen der aktuellen studieren­den (ich bin mir nicht sich­er, ob das in die kat­e­gorie “früher war alles bess­er” fällt oder ob es wirk­lich die real­ität trifft)

    Die Studieren­den sind über­aus fre­undlich und kom­mu­nika­tiv, im Zwiege­spräch sehr geschickt. Eben­so sind sie fleißig, gutwillig und kon­struk­tiv: Aber es lässt sich ein entwick­lungspsy­chol­o­gis­ches Prob­lem fest­stellen. Auf Grund der kog­ni­tiv­en Entwick­lung scheinen die Studieren­den in den Anfangsse­mes­tern mehrheitlich nicht in der Lage, kom­plexe, antin­o­mis­che und mul­ti­kausale Prozesse, wie sie heute in allen Wis­senschaften üblicher­weise beschrieben wer­den, angemessen aufzunehmen und Vorgänge streng aspek­t­ge­bun­den oder mul­ti­per­spek­tivisch zu betra­cht­en.

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