die fra­ge ist nicht ganz so banal wie sie scheint. denn es tau­chen zumin­dest bei mir immer wie­der zwei­fel auf. ver­steht er über­haupt, was lite­ra­tur ist? und was kri­tik? wenn ich dann heu­te in der taz ein inter­view mit unser aller lieb­ling mar­cel reich-rani­cki lese, kom­me ich aus dem ver­zwei­fel­ten lachen kaum noch her­aus. denn wenn ein lite­ra­tur­kri­ti­ker sät­ze von sich gibt wie: „der leser liest bücher zu einem ein­zi­gen zweck: um sich die zeit zu ver­trei­ben“ – dann ist wohl wirk­lich hop­fen und malz ver­lo­ren. dann bleibt uns wohl wirk­lich nur noch elke hei­den­reich. aber noch ist es ja nicht so weit. zumin­dest nicht ganz. ein paar rest-leser gibt es ja noch. sonst wür­de hand­ke auch kei­ne bücher ver­kau­fen. über den will mrr sich bezeich­nen­der­wei­se gar nicht erst äußern. na ja, wenn man als lite­ra­tur­kri­ti­ker immer noch und immer wie­der dar­auf besteht, dass man bei der lek­tü­re wis­sen muss „in wel­cher situa­ti­on war der autor“, dann soll­te man sich schleug­nist nach einem pas­sen­de­ren gehirn oder einem ange­mes­se­ne­ren job umse­hen. so wird das jeden­falls nix mehr – denn was weiß er denn im güns­tigs­ten fall über die situa­ti­on des autors? er kann viel­leicht raus­be­kom­men, ob er mate­ri­ell abge­si­chert war. ob er gera­de irgend­wel­chen öffent­li­chen oder offen­sicht­li­chen ärger hat­te und hat. aber sonst? sonst bleibt ihm doch auch nur die lek­tü­re und der text. und das reicht ja auch, damit hat man doch auch mehr als genug zu tun.

aber reich-rani­cki freut sich lie­ber über die tol­le arbeit, die er mit sei­nem kanon geleis­tet hat – und hat immer noch nicht kapiert, wie sinn­los und über­flüs­sig die­se gan­ze sache ist. denn ers­tens lie­ße er sich mit sei­nen eige­nen waf­fen schla­gen: wenn er der ansicht ist, bücher oder lite­ra­tur all­ge­mein wür­den nur zum zeit­ver­treib gele­sen, dann bräuch­te ja nie­mand einen kanon, dann könn­te jeder lesen, was er lus­tig fän­de (und so ist es ja auch). das zeigt ja, wie undurch­dacht und wider­sprüch­lich mrrs posi­ti­on ist. wer nur den kanon lesen will – braucht er dafür einen kof­fer mit allen tex­ten? nein, natür­lich nicht. und erst recht nicht, wenn die tex­te sowie­so alle stän­dig ver­füg­bar sind. damit fällt näm­lich reich-rani­ckis haupt­ab­wehr­ar­gu­ment gegen kri­tik an sei­ner aus­wahl – die ja, wie er selbst wie­der zugibt, auch eine sub­jek­ti­ve ist, also kei­nen wirk­li­chen „kanon“ im eigent­li­chen sin­ne dar­stellt – schon wie­der weg: wür­de es ihm wirk­lich dar­um gehen, einen ver­bind­li­chen kanon zu zemen­tie­ren, lie­ße er sich nicht von so läp­pi­schen und rein kom­mer­zi­ell gedach­ten argu­men­ten wie dem gewicht der aus­ga­be der tex­te sei­nes kanons beein­flus­sen. dann könn­te er näm­lich schlicht und ein­fach eine ent­spre­chen­de lis­te ver­öf­fent­li­chen. aber dar­an zeigt sich eben: es geht ein­fach um das geld. und nicht um die lite­ra­tur. des­halb ist mrr auch kein lite­ra­tur­kri­ti­ker, son­dern – wie auch schon zu zei­ten des liteari­schen quar­tetts, des­sen schwund­stu­fe jetzt halt eine solo­per­for­mance von elke hei­den­reich ist – nur ein bera­ter für die frei­zeit­ge­stal­tung. und das ist etwas ganz anderes.