Hektische Betriebsamkeit herrscht im Konzertsaal des Peter-Cornelius-Konservatorium: Fernsehkameras werden justiert, die Photographen verteilen sich an strategisch günstigen Positionen im ganzen Saal, die letzten Besucher suchen vergeblich nach freien Sitzplätzen. Es ist ganz deutlich: Hier geschieht etwas Besonderes, die Erwartung liegt in der Luft.
„East meets West” heißt das, was hier gleich passiert. Und es soll die Frage beantworten: Wie klingt Stein? Denn nicht nur treffen hier im Mainzer Konservatorium chinesische und deutsche Musik und Musiker zusammen, die Instrumente aus China sind außerdem auch aus einem ganz besonderen Stoff: Aus Stein eben. Zhongtian Shao hat sie gebaut. Das ist auch wieder ungewöhnlich, denn Shao ist eigentlich Bildhauer. Aber er hat die Softjade, einen speziellen Stein, für sich entdeckt und irgendwann nicht nur Plastiken bearbeitet, sondern auch taditionelle chinesische Musikinstrumente aus dem grün schimmernden Stein geformt: Eine Erhu zum Beispiel, eine einfache zweiseitige chinesische Fiedel. Oder die Pipa, eine Art Laute. Und auch größere Instrumente wie die Guzheng, eine Zithervariante und ein chinesisches Hackbrett, Yangqing genannt, entstanden aus dem für Instrumentenbauer ungewöhnlichen Stoff.
Vier Solistinnen aus China führten die vier Instrumente vor, mit mehr oder weniger traditioneller Musik aus allen Teilen des Reiches. Und überraschender Weise klingt der Stein gar nicht so anders: Etwas weniger Körper, weniger Volumen haben die Saiteninstrumente in ieser Form. Aber ihr charakeristischer Klang bleibt durchaus erhalten und zu erkennen.
Die Musikerinnen zeigen die Fähigkeiten der traditionellen Instrumente mit passender Musik: Pittoreske Tonmalereien vor allem, immer mit programmatischen Titeln, sie schildern Landschaftsschönheiten und die brav arbeitenden Leute dort. Das heißt dann Pferderennen, Tanz der goldenen Schlange, Kampf gegen den Taifun oder „Kleine Schwester auf der Steppe”. So poetisch die Titel sind, so gefällig ist die Musik – überraschend fast, wie wenig fremd das klingt. Am stärksten und beeindruckensten gelingt das bei der von Hang Zhang virtuos gespielten Guzheng – auch wegen der fremdartigen Stimmung und der
Eigentlich war außerdem für die wirkliche, direkte Begegnung von Ost und West eine Uraufführung vorgesehen, die die östlichen Instrumente mit dem Marimbaphon von Martin Fuchs vereint hätte – leider ist der Komponist Mingxin Du aber krank geworden. Immerhin hat das chinesische Quartett mit Fuchs zusammen in der kantonesischen Unterhaltungsmusik „Xi Yan Yan” von Liu Ming Yan einen Ersatz gefunden. Der Titel verheißt Fröhlichkeit – und die Musik löst das auch ein. Eine beschwingende, positiv gestimmte Musik aus einer heilen Welt.
Und weil das Marimbaphon schon auf der Bühne stand, spielte Fuchs dann auch gleich noch das erste Marimbaphon-Konzert von Ney Rosauro. Das bot vor allem ihm viel Raum, seine virtuose und nuancenreihen Schlagtechnik zu beweisen – gemeinsam mit dem ebenfalls engagiert und besselt musizierenden Orcheste des Konservatoriums unter Gernot Sahler.
(geschrieben für die Mainzer Rhein-Zeitung.)