Meine Netzfunde für die Zeit vom 11.4. zum 13.4.:
- “Negerkönig” oder “Südseekönig” — Über Kinderbücher und Sprache | Politisches Feuilleton | Deutschlandradio Kultur — Der Kinderliteratur-Spezialist Hans-Heino Ewers noch einmal zu dem “Problem” “Kinderbücher und Sprache”:
Zur Pflege eines literarischen Oeuvres durch Verlage gehört es nicht zuletzt auch, für Leserinnen und Leser zu sorgen. Das ist keine leichte Aufgabe bei einem Lesepublikum, das historische Texte noch nicht als solche, sondern nur naiv zu rezipieren vermag. Was geht verloren, wenn es nicht mehr “Negerkönig”, sondern “Südseekönig” heißt und man dadurch neue Lesergenerationen gewinnt?
- Im Ententeich — Der Medienwandel als interne Revolution — Thierry Chervel nimmt die Kündigung der beiden Spiegel-Chefredakteure zum Anlass für einige Gedanken über den Charakter des momentanen Medienwandels und seine Konsequenzen für die Medienhäuser:
Eigentlich gibt es nur noch online. Die eigentliche Struktur der Öffentlichkeit ist heute das Internet. Was nicht im Netz ist, ist nicht öffentlich, kann nicht zirkulieren, nicht auf Facebook diskutiert werden. Print ist eine der abgeleiteten Formen, in denen Inhalte aufbereitet werden können, TV eine andere. Eine Einsicht, die seit über fünfzehn Jahren im Raum steht, lässt sich nun auch institutionell nicht mehr abwehren: Alle Medien müssen von der neuen Struktur der Öffentlichkeit her gedacht werden. Die Angsttechnik der Medienkonzerne, die Online an die alten Institute anbauten, statt die neuen Leute von vornhereien als integralen Bestandteil des Unternehmens zu integrieren, rächt sich heute. Die Abteilungen sind getrennt – die Medien haben aber allenfalls dann eine Überlebenschance, wenn sie sich als ein Gesamtes denken.
- Firma Haldemann: 70 Jahre und kein bisschen weise: Der kleine Prinz — Christian Gottschalk teilt meine Ablehnung/Abneigung gegenüber der Vergötterung des ach-so-tollen “Kleinen Prinzen”:
Ansonsten: Wenn man will, dass Kinder verblöden und einen schlechten Literaturgeschmack entwickeln, dann lese man ihnen den kleinen Prinzen vor.
Auch sehr schön: seine Inhaltsangabe:
Der Inhalt: Ein niedlich gemalter Junge hält einen in der Wüste abgestürzten Piloten durch die Absonderung von Poesiealbumsweisheiten davon ab sein Flugzeug zu reparieren.
- Dekantieren am Abgrund — Digital/Pausen — Hans Ulrich Gumbrecht ist diese Woche in Hochform und verdient deshalb ein ausführliches Zitat:
Endlich wird der kostbare Tropfen (den natürlich seit den Rheinwein-seligen Zeiten von Konrad Adenauer niemand mehr so nennt) eingeschenkt, “wer mag probieren,” sagt der Sommelier ausnahmsweise leutselig, und zu antworten “die Dame!” gilt weniger als ein Zeichen galanter Perfektion denn als strafwürdiges Desinteresse (weil man sich bei jeder Stufe der Zeremonie das Recht verdienen muss, die teure Sorte bestellt zu haben). In den Vereinigten Staaten mehr noch als in Europa, ist es wichtig, zunächst mit leichtem Druck auf das untere Ende des Glases den Wein, als sei man ein wenig ungeduldig, in leicht kreisende Bewegung zu schwenken. Man fasst die Flüssigkeit respektvoll-ernst ins Auge, hebt das Glas unter die Nase, riecht, ohne das Riechen in ein Geräusch umschlagen zu lassen, führt es endlich zum Mund – und nippt. Danach der stille Moment der Reflexion, begleitet von einer verhaltenen Mundbewegung. Schiefgehen kann nicht mehr viel. Jetzt allerdings zu sagen, dass der Wein “korkt,” entspricht einem willfährigen Lösen der Notbremse im ICE – alle kommen aus dem Rhythmus, sind frustriert und können doch erstmal nichts dagegen tun. Peinlicher sind auch hier Ausrufe aus dem Register der Adenauer-Zeit wie “kostbares Tröpfchen” oder, protzig statt lauschig: “ganz vorzüglich” und “Donnerwetter!” Als zulässig gelten allein Semantiken (dieses Plural in ihr Lexikon aufzunehmen, empfehle ich den wahren Weinkennern) des Sublimen – oder beredte Sprachlosigkeit. “Mein Gott,” “nicht zu fassen,” alternativ ein einvernehmliches aber nur leichtes Nicken hin zum Sommelier, die beglückte Sekunde in den Augen der Gattin oder ein Ausdruck fassungslosen Transfiguriert-Seins (das den meisten Gästen eher schwer fällt).
- Vom Versuch, Kriege zu quantifizieren — Deus ex Machina — Vom Versuch, Kriege zu quantifizieren (via Published articles)
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