Lesen. Hören. Und ein bisschen schreiben.

Schlagwort: kinderliteratur

Ins Netz gegangen (10.9.)

Ins Netz gegan­gen am 10.9.:

  • Der Druck der näch­sten feinen Sache — Per­len­tauch­er — flo­ri­an kessler disku­tiert mit daniela seel & axel von ernst über die hotlist, ver­mark­tung von büch­ern und nis­chen oder schubladen. daniela seel (kook­books) stellt grund­sät­zliche fra­gen:

    So macht die Hotlist sich selb­st zur kleineren Kopie der Großen und trägt mit zur Veren­gung des Lit­er­aturver­ständ­niss­es bei. Was eigentlich nötig wäre, näm­lich auf eine Ver­mit­tlung ger­ade des Sper­rigeren hinzuwirken, sich für andere lit­er­arische For­men und auch kom­plex­er gestal­tete Büch­er stark zu machen, die nicht so leicht schubla­disiert wer­den kön­nen, find­et viel zu wenig statt.

    Die Abdrän­gung in “Nis­chen” ist dur­chaus ein Symp­tom von Ver­drän­gung im dop­pel­ten Sinn. Dabei ste­ht die Ero­sion tra­di­tioneller Lit­er­aturver­mit­tlung, durch Zeitungskri­tik, Buch­han­del, Schullek­türe und so weit­er, ja ger­ade erst am Anfang. Vielle­icht wird es in zehn Jahren kaum noch Aufla­gen über 1000 Exem­plare geben oder Kri­tiken mit ein­er höheren Reich­weite, und die verbliebe­nen Gewinne lan­den fast voll­ständig bei Onlinekonz­er­nen und Geräte­herstellern. Umso wichtiger wäre es, jet­zt alter­na­tive, zukun­fts­fähige Instru­mente zu erfind­en und ins Gespräch zu brin­gen — über­haupt als Akteure in diesem Wan­del zu han­deln statt sich von ihm treiben zu lassen — , gerne auch mit erweit­erten Hotlist-Werkzeu­gen. Weit­er bloß die ger­ade pub­lizierten Büch­er möglichst vie­len Men­schen verkaufen zu wollen, riecht jeden­falls nach Paralysierung durch Panik und greift nach allen Seit­en zu kurz.

  • Preußens demokratis­che Sendung — Kul­tur — DIE WELT — flo­ri­an stark schreibt in der “welt” den nachruf auf hagen schulze:

    Aber Schulze wollte nicht der herrschen­den Schule gefall­en, son­dern die Quellen zum Reden brin­gen. Bei­des machte ihn zum Solitär, dessen Klasse viele Kri­tik­er aber zäh­neknirschend anerken­nen mussten.

  • childLex (Ger­man Children‘s Book Cor­pus) | Max-Planck-Insti­tut für Bil­dungs­forschung — cool­er Kor­pus:

    childLex ist ein Koop­er­a­tionspro­jekt mit der Uni­ver­sität Pots­dam und der Berlin-Bran­den­bur­gis­chen Akademie der Wis­senschaften. Das Kor­pus umfasst über 10 Mil­lio­nen Wörter, die in ein­er Auswahl von 500 Kinder- und Lese­büch­ern enthal­ten sind. Die Büch­er deck­en den Alters­bere­ich von 6–12 Jahre ab und kön­nen entwed­er ins­ge­samt oder in drei ver­schiede­nen Alters­grup­pen (6–8, 9–10, 11–12 Jahre) getren­nt abge­fragt wer­den. Dabei wer­den die meis­ten lin­guis­tisch und psy­chol­o­gisch rel­e­van­ten Vari­ablen für ca. 200.000 unter­schiedliche Wörter zur Ver­fü­gung gestellt.

  • Uber, die deutsche Star­tup­szene und die Medi­en im Kampf gegen Reg­ulierung und das Taxi-Estab­lish­ment » Zukun­ft Mobil­ität — sehr guter text von mar­tin ran­del­hoff bei “zukun­ft mobil­ität” über die gründe, warum “uber” vielle­icht doch keine so tolle idee ist (und der reg­uliterte taxi-markt gar nicht so schlecht ist, wie inter­na­tionale erfahrun­gen mit dereg­ulierun­gen zeigen) — wed­er für den städtis­chen verkehr ins­ge­samt noch für den indi­vidu­ellen nutzer (von den fahrern wohl zu schweigen …)
  • Trac­ing Jew­ish his­to­ry along the Rhine — Trac­ing Jew­ish his­to­ry along the Rhine (NYT)
  • Fahrrad­kuriere: „Am Abend bin ich ein Held“ — Die @FAZ_NET hat die Fahrrad­kuriere in Frank­furt ent­deckt: „Am Abend bin ich ein Held“ >
  • Wer pflegt die Fülle sel­ten gehörter Stim­men? — taz.de — Jür­gen Brô­can schreibt in der taz sehr bedenkenswert über das selt­same missver­hält­nis zwis­chen der hohen zahl guter neuer lyrik und ihrer schwinden­den reich­weite:

    Lyrik ist das Ange­bot ein­er nicht primär auf Informiertheit und Effek­tiv­ität gegrün­de­ten Denkweise in ein­er anderen Sprache als der des täglichen Umgangs. Darin beste­ht ihr Wert und ihre Stärke, darin beste­ht lei­der auch ihre Prob­lematik hin­sichtlich der Rezep­tion.
    […] Dabei brauchen Gedichte nur jeman­den, der wil­lens ist, nicht bloß zu kon­sum­ieren, son­dern sich konzen­tri­ert auf eine Sache einzu­lassen, sich ihr behut­sam anzunäh­ern und selb­st ein gele­gentlich­es Stock­en nicht als hin­der­lich, vielmehr als bere­ich­ernd zu empfind­en. Entspin­nt sich auf diese Weise ein Gespräch mit dem Text, wird sog­ar das ein­same Lesez­im­mer nicht als Iso­la­tion emp­fun­den.

    vorschläge, die mar­gin­al­isierung der lyrik umzukehren, dem gedicht zu mehr bedeu­tung & rezep­tion zu ver­helfen:

    Mir scheint zweier­lei unab­d­ing­bar: Die medi­ale Aufmerk­samkeit müsste dezen­tral­isiert wer­den, denn es ist nicht alles “Prov­inz”, was sich außer­halb Berlins oder Leipzigs befind­et, kün­st­lerisches Poten­zial kann man über­all ent­deck­en, es ent­fal­tet sich an den Periph­e­rien oft­mals eigen­er als in den Schutz­zo­nen der Metropolen. Darüber hin­aus soll­ten Preise und Stipen­di­en der vorhan­de­nen Vielfalt stärk­er als bish­er Rech­nung tra­gen; deren man­gel­nde Unter­stützung set­zt näm­lich einen Teufel­skreis in Gang, der am Ende die Argu­men­ta­tion stützt, es existiere diese Vielfalt gar nicht.

  • Reste aus 6. Jahrhun­dert ent­deckt — All­ge­meine Zeitung — Wer in Mainz anfängt zu graben …: “Älteste Mainz­er Kirche ist noch älter” — beim 6. Jhd sind sie jet­zt angekom­men
  • AnonAus­tria on Twit­ter: Die AfD find­et, dass das The­ma “Schreck­en­sh­errschaft der NSDAP” den Geschicht­sun­ter­richt zu sehr “über­schat­tet”: http://t.co/6RAstU3QXk — Steile These: Die AfD meint, 1848 hätte “unser Land” stärk­er geprägt als der Nation­al­sozial­is­mus. >
  • Sich­tachse deluxe | anmut und demut — Sich­tachse deluxe | anmut und demut
  • Char­lotte Jahnz on Twit­ter: Hihi­hi. http://t.co/u3x8id7o4g — RT @CJahnz: Hihi­hi.
  • Oranien­platz-Flüchtlinge: Der große Bluff — taz.de — ganz schön mies, was der Berlin­er Sen­at da als Poli­tik ver­ste­ht: “Oranien­platz-Flüchtlinge: Der große Bluff”

Netzfunde der letzten Tage (11.4.–13.4.)

Meine Net­z­funde für die Zeit vom 11.4. zum 13.4.:

  • “Negerkönig” oder “Süd­seekönig” — Über Kinder­büch­er und Sprache | Poli­tis­ches Feuil­leton | Deutsch­landra­dio Kul­tur — Der Kinder­lit­er­atur-Spezial­ist Hans-Heino Ewers noch ein­mal zu dem “Prob­lem” “Kinder­büch­er und Sprache”:

    Zur Pflege eines lit­er­arischen Oeu­vres durch Ver­lage gehört es nicht zulet­zt auch, für Leserin­nen und Leser zu sor­gen. Das ist keine leichte Auf­gabe bei einem Lesepub­likum, das his­torische Texte noch nicht als solche, son­dern nur naiv zu rezip­ieren ver­mag. Was geht ver­loren, wenn es nicht mehr “Negerkönig”, son­dern “Süd­seekönig” heißt und man dadurch neue Leser­gen­er­a­tio­nen gewin­nt?

  • Im Enten­te­ich — Der Medi­en­wan­del als interne Rev­o­lu­tion — Thier­ry Chervel nimmt die Kündi­gung der bei­den Spiegel-Chefredak­teure zum Anlass für einige Gedanken über den Charak­ter des momen­ta­nen Medi­en­wan­dels und seine Kon­se­quen­zen für die Medi­en­häuser:

    Eigentlich gibt es nur noch online. Die eigentliche Struk­tur der Öffentlichkeit ist heute das Inter­net. Was nicht im Netz ist, ist nicht öffentlich, kann nicht zirkulieren, nicht auf Face­book disku­tiert wer­den. Print ist eine der abgeleit­eten For­men, in denen Inhalte auf­bere­it­et wer­den kön­nen, TV eine andere. Eine Ein­sicht, die seit über fün­fzehn Jahren im Raum ste­ht, lässt sich nun auch insti­tu­tionell nicht mehr abwehren: Alle Medi­en müssen von der neuen Struk­tur der Öffentlichkeit her gedacht wer­den. Die Angst­tech­nik der Medi­enkonz­erne, die Online an die alten Insti­tute anbaut­en, statt die neuen Leute von vorn­hereien als inte­gralen Bestandteil des Unternehmens zu inte­gri­eren, rächt sich heute. Die Abteilun­gen sind getren­nt – die Medi­en haben aber allen­falls dann eine Über­leben­schance, wenn sie sich als ein Gesamtes denken.

  • Fir­ma Halde­mann: 70 Jahre und kein biss­chen weise: Der kleine Prinz — Chris­t­ian Gottschalk teilt meine Ablehnung/Abneigung gegenüber der Vergöt­terung des ach-so-tollen “Kleinen Prinzen”:

    Anson­sten: Wenn man will, dass Kinder verblö­den und einen schlecht­en Lit­er­aturgeschmack entwick­eln, dann lese man ihnen den kleinen Prinzen vor.

    Auch sehr schön: seine Inhalt­sangabe:

    Der Inhalt: Ein niedlich gemal­ter Junge hält einen in der Wüste abgestürzten Piloten durch die Abson­derung von Poe­sieal­bum­sweisheit­en davon ab sein Flugzeug zu repari­eren.

  • Dekantieren am Abgrund — Digital/Pausen — Hans Ulrich Gum­brecht ist diese Woche in Hochform und ver­di­ent deshalb ein aus­führlich­es Zitat:

    Endlich wird der kost­bare Tropfen (den natür­lich seit den Rhein­wein-seli­gen Zeit­en von Kon­rad Ade­nauer nie­mand mehr so nen­nt) eingeschenkt, “wer mag pro­bieren,” sagt der Som­me­li­er aus­nahm­sweise leut­selig, und zu antworten “die Dame!” gilt weniger als ein Zeichen galanter Per­fek­tion denn als strafwürdi­ges Desin­ter­esse (weil man sich bei jed­er Stufe der Zer­e­monie das Recht ver­di­enen muss, die teure Sorte bestellt zu haben). In den Vere­inigten Staat­en mehr noch als in Europa, ist es wichtig, zunächst mit leichtem Druck auf das untere Ende des Glases den Wein, als sei man ein wenig ungeduldig, in leicht kreisende Bewe­gung zu schwenken. Man fasst die Flüs­sigkeit respek­tvoll-ernst ins Auge, hebt das Glas unter die Nase, riecht, ohne das Riechen in ein Geräusch umschla­gen zu lassen, führt es endlich zum Mund – und nippt. Danach der stille Moment der Reflex­ion, begleit­et von ein­er ver­hal­te­nen Mund­be­we­gung. Schiefge­hen kann nicht mehr viel. Jet­zt allerd­ings zu sagen, dass der Wein “korkt,” entspricht einem willfähri­gen Lösen der Not­bremse im ICE – alle kom­men aus dem Rhyth­mus, sind frus­tri­ert und kön­nen doch erst­mal nichts dage­gen tun. Pein­lich­er sind auch hier Aus­rufe aus dem Reg­is­ter der Ade­nauer-Zeit wie “kost­bares Tröpfchen” oder, protzig statt lauschig: “ganz vorzüglich” und “Don­ner­wet­ter!” Als zuläs­sig gel­ten allein Seman­tiken (dieses Plur­al in ihr Lexikon aufzunehmen, empfehle ich den wahren Weinken­nern) des Sub­li­men – oder beredte Sprachlosigkeit. “Mein Gott,” “nicht zu fassen,” alter­na­tiv ein ein­vernehm­lich­es aber nur leicht­es Nick­en hin zum Som­me­li­er, die beglück­te Sekunde in den Augen der Gat­tin oder ein Aus­druck fas­sungslosen Trans­fig­uri­ert-Seins (das den meis­ten Gästen eher schw­er fällt).

  • Vom Ver­such, Kriege zu quan­tifizieren — Deus ex Machi­na — Vom Ver­such, Kriege zu quan­tifizieren (via Pub­lished arti­cles)

Präsentiert von WordPress & Theme erstellt von Anders Norén