Lesen. Hören. Und ein bisschen schreiben.

Schlagwort: kritik Seite 7 von 10

Aus der Welt der Sinfonietta Mainz

Sie haben es wieder ein­mal geschafft. Die Sin­foni­et­ta Mainz und Michael Mil­lard sind ein Ges­pann, das begeis­tern kann. Das Pro­gramm war dieses Mal aber auch ger­adezu darauf aus­gelegt, den Applaus her­vorzuk­itzeln: Mit Beethovens fün­ftem Klavierkonz­ert und Dvořáks neunter Sym­phonie lagen zwei aus­ge­sprochen bekan­nte und pop­uläre Werke auf dem Pult. Und den­noch: Auch die muss man spie­len kön­nen, der Beifall ist keineswegs automa­tisch. In der Phönix­halle war er aber ver­di­ent. Denn die Laien­musik­er der Sin­foni­et­ta, die in diesem Jahr ihren 40. Geburt­stag feiert, präsen­tieren sich als voll­w­er­tiges Orch­ester, bei dem schnell vergessen kann, dass hier keine Profis auf der Bühne sitzen.

Michael Mil­lard hat mit dem Orch­ester einen schö­nen, weichen Klang entwick­elt, der sich vor allem sehr har­monisch präsen­tiert: Die Stre­ich­er klin­gen voll und samtig, die Bläs­er klar und präsent. Vor allem die Blasin­stru­mente haben in Dvořáks let­zter Sin­fonie mit dem Beina­men „Aus der neuen Welt“ ja einige Hür­den zu über­sprin­gen. Nicht nur das Solo des Englis­chhorns am Beginn des zweit­en Satzes, auch alle anderen Holz- und Blech­bläs­er treten an der einen oder anderen Stelle exponiert in Erschei­n­ung. Und das gelingt ihnen in der Phönix­halle vor allem pos­i­tiv.
Mil­lard unter­stützt das mit seinem Diri­gat. Direkt und unver­stellt, aus­ge­sprochen nüchtern lässt er der Musik mit ihren bekan­nten Melo­di­en viel Raum — fast lakonisch klingt das ger­ade in den ersten Sätzen. Und deswe­gen gelin­gen auch die großen Gesten hier so gut, ohne ins lächer­lich-kitschige abzukip­pen. Mit zunehmender Emphase ins Finale

Das fün­fte Klavierkonz­ert von Beethoven, mi dem das Konz­ert in der voll beset­zen Phönix­halle begann, wirk­te dann im Rück­blick fast etwas zahm. Zurück­hal­tende Tem­pi schlug Mil­lard hier an und zeigt sich sehr auf Genauigkeit bedacht. Dadurch wirkt das, vor allem im ersten Satz, oft etwas gebremst und zurück­hal­tend. Auch der Pianist Johannes Nies kann das Konz­ert nicht so recht aus seinem Korsett befreien: Das ist alles nicht verkehrt, aber auch nur bed­ingt mitreißend, son­dern vor allem glatt und sauber. Aber immer­hin vere­int Orch­ester und Solist immer wieder die Klarheit der Struk­tur und ihre Klangschön­heit – schließlich sind bei­des Werke mit dur­chaus dif­fizil­er Klan­glichkeit. Das ein Ama­teu­rorch­ester sich so etwas vorn­immt, zeigt das Selb­st­be­wusst­sein des Ensem­bles. Und dass sie es so gut spielt, zeigt, dass die Sin­foni­et­ta Mainz dieses Selb­stver­trauen zu Recht hat.

(geschrieben für die Mainz­er Rhein-Zeitung.)

Golgatha in Weisenau

Man muss Bruno Leipold nicht ken­nen. Und man kann es eigentlich auch gar nicht: Auf den Konz­ert­pro­gram­men taucht sein Name nicht mehr auf, selb­st ein­schlägige Nach­schlagew­erke wis­sen wenig über ihn zu bericht­en. Das war ein­mal anders, zu Beginn des 20. Jahrhun­derts hat­te der Kan­tor, Vio­lin­ist und Kom­pon­ist zumin­d­est regionale Berühmtheit in Thürin­gen erlangt. Die Weise­nauer katholis­che Gemeinde hat ihn jet­zt in Erin­nerung gerufen – aber nicht, um eine Leipold-Renais­sance anzus­toßen, son­dern zur Feier des 700jährigen Gemeinde-Jubiläums und als Gedenkkonz­ert für Wei­h­bischof Gubal­la. Dafür haben dort ein Proe­jk­tchor mit Unter­stützung des Peter-Cor­nelius-Kon­ser­va­to­ri­ums Leipolds Pas­sion­so­ra­to­ri­um unter der Leitung vo Ronald R. Pel­ger aufge­führt.

Schlicht „Gol­gatha“ ist es betitelt, schlicht und ungekün­stelt ist auch die Musik, die Leipold zur Pas­sion­s­geschichte geschrieben hat. Das ist echte Kirchen­musik aus der Prax­is: Leipold arbeit­et mit beschei­de­nen und sparsamen, aber wirkungsvollen Mit­teln. Schon in der Beset­zung: Neben der Orgel sind noch einige Stre­ich­er vorge­se­hen, ein ergänzen­des Englis­chhorn und für den Schluss­chor auch noch Pauken. Auch die Singstim­men ver­lan­gen keine hochgezüchteten Stim­men: So wer­den auch in Weise­nau alle Solis­ten­par­tien aus dem Chor beset­zt. Und das funk­tion­iert. Denn die Pas­sion­s­geschichte erhält so den Charme unmit­tel­bar­er Überzeu­gung und den Aus­druck echter Herzens­fröm­migkeit. Das gelingt auch ohne aus­ge­fal­l­ene kün­st­lerische Mit­tel: Man hört es auch in der Weise­nauer Kirche, wie begeis­tert und engagiert die Sän­gerin­nen und Sänger das vor­tra­gen.

Zumal Leipolds „Gol­gatha“ sowieso nicht so offen­sichtlich konz­er­tant ist: Man muss das gar nicht als Konz­ert ver­ste­hen, son­dern kann es wie einen Gottes­di­enst auf­fassen. Sog­ar mitsin­gen lässt der Kom­pon­ist die Besuch­er – die Gemeinde – wieder, wie es lange Tra­di­tion war. Und das klappt sog­ar: Zunächst zwar zögernd, aber dann dur­chaus vernehm­lich stim­men die ver­sam­melten Zuhör­er und/oder Gläu­bi­gen in die Choräle ein. Auch son­st merkt man dem Opus 216 den umtriebi­gen und erfahre­nen Kirchen­musik­ers an: Das ist solide gear­beit­et, greift von der Ein­gangs-Sin­fo­nia bis zum schon öster­lich jubilieren­den Schluss­chor immer wieder ver­schiedene Choralthe­men auf. Direkt, leicht ver­ständlich bleibt „Gol­gatha“ auch in den weni­gen Arien und Ensem­bles: Musik für Ama­teure kön­nte man das nen­nen, aus ein­er Zeit, in der „Ama­teur“ noch kein Schimpf­wort war. Ronald R. Pel­ger dirigiert das in zügi­gen, gefäl­li­gen Tem­pi, mit Gespür für die drama­tis­chen Höhep­unk­te und die Dichte des Geschehens. Und er macht deut­lich: Das ist hier, in der Pfar­rkirche, aufge­führt von einem Chor aus der Gemeinde, genau die richtige Musik genau am richti­gen Platz.

(geschrieben für die Mainz­er Rhein-Zeitung.)

Blende Auf! — Und Ton ab!

„Jet­zt wird es richtig laut“, verkün­dete der Diri­gent nach der Pause, und warnte sein Pub­likum: „Noch haben Sie Gele­gen­heit, zu fliehen.“ Aber eigentlich kam die Ansage in diesem Moment auch schon zu spät: Leise war es auch zuvor wed­er im rest­los beset­zten Roten Saal der Musikhochschule noch im Foy­er. Aber die let­zten drei Kom­po­si­tion, drei Mal Film­musik aus Hol­ly­wood hat­ten – zumin­d­est hin­sichtlich des Schall­drucks – doch mehr zu bieten als die Klänge der UFA-Ton­filme.

„Blende auf!“ hat das Orch­ester der Mainz­er Musikhochschule sein Semes­ter­ab­schlusskonz­ert über­schrieben: Film­musik vom frühen deutschen Ton­film bis zum Hol­ly­wood der Gegen­wart stand auf dem Pro­gramm. Und da wird es eben richtig laut, das bleibt nicht aus. Kämpfe – ob im Dschun­gel oder im Weltall – sind aber auch musikalisch etwas ganz anderes als Liebes­dra­men. Denn darauf kann man fast alle Filme reduzieren – zumin­d­est Birg­er Petersen, der mit viel Witz durch die Ver­anstal­tung führt, kann das für jeden Film. Und viele Klas­sik­er aus den let­zten 80 Jahren Filmgeschichte haben sie auf den Pul­ten liegen, die Stu­den­ten. Wol­fram Koloseus hat sie da hinge­bracht. Denn er ist heute nicht nur Diri­gent des Hochschu­lorch­ester – als ob das nicht reichen würde, fast drei Stun­den tragis­che, roman­tis­che und mar­tialis­che Musik zu dirigieren. Nein, er hat auch noch die aller­meis­ten Musiken und Lieder pass­ge­nau für diesen Abend arrang­iert.
Zum Beispiel für die „Drei, deren Namen nicht genan­nt wer­den dür­fen“ — gut, dann lassen wir den Man­tel des Schweigens über den Iden­titäten der drei famosen, quick­lebendi­gen Sänger­dozen­ten ruhen. Sie sin­gen und jubilieren wie die orig­i­nalen „Drei von der Tankstelle – ein Film, der heute fast nur noch wegen der Musik, unter anderem „Ein Fre­und, ein guter Fre­und“, über­haupt bekan­nt ist. Oder sie führen dann noch grandios komisch überze­ich­net Michaels Jarys „Das kann doch einen See­mann nicht erschüt­tern“ vor. Wer sich und sein Zwer­ch­fell davon nicht erschüt­tern lässt, hat in Mainz dieser Tage bes­timmt keine Freude. Aber auch bei den Roman­tik­ern kann dieses Konz­ert punk­ten. Hans-Christoph Bege­mann vib­ri­ert stilecht durch ein Zarah-Lean­der-Med­ley und Richard Logiewa knödelt leicht, aber genau­so stilecht und recht char­mant so schöne Ever­greens wie „Man müsste Klavier spie­len kön­nen.“

Und immer dabei: Das Orch­ester der Hochschule für Musik. Forsch und kraftvoll musizieren die Stu­den­ten, manch­mal fast zu hemd­särmelig. Zumal Wol­fram Koloseus wed­er sich noch die Musik­er zurück­hält. Und trotz diesem ver­schwen­derischen Umgang mit Kraft und Gefühl bleibt noch genü­gend Kraft für das große krachende und knal­lig dröh­nende Finale, die Star-Wars-Suite von John Williams. Nur die Ohren des Pub­likums freuen sich nach diesen Attack­en ins­ge­heim über die Entspan­nung danach.

(geschrieben für die Mainz­er Rhein-Zeitung.)

Mainz liegt am Meer — zumindest in der fünften Jahreszeit

Zum Schluss ste­ht das sin­gende Pub­likum. Und das ist kein gewöhn­lich­er Anblick für ein Sin­foniekonz­ert. Aber auf der Bühne sieht es auch nicht ganz nor­mal aus: Die Bratschen zum Beispiel kom­men direkt aus dem Kranken­haus. Manche hän­gen noch am Tropf, andere sitzen im Roll­stuhl, haben Ban­da­gen nicht nur um die Köpfe, son­dern auch um die Instru­mente, ver­brauchen Binden und Papier­taschen­tüch­er im Minu­ten­takt. Auch son­st ist das Phil­har­monis­che Staat­sor­ch­ester ein wilder Haufen – zumin­d­est dem Ausse­hen nach.

Denn klan­glich hat Chefdiri­gent Her­mann Bäumer sein Orch­ester fest im Griff. Sog­ar als stilecht über die Bühne trip­pel­nde Geisha, die ihren Diri­gen­ten­stab aus dem kun­stvoll Haar­knoten zaubert. Und bei jedem Auftritt beina­he an der Stufe auf das Diri­gen­ten­podest scheit­ert.
Dabei hat­te alles so gesit­tet ange­fan­gen, fast wie ein ganz nor­males Sin­foniekonz­ert des Staat­sthe­ater. Freilich, die bunte Garder­obe der Zuhör­er war ein erster Hin­weis. Und das Pub­likum war von Beginn an nicht in Abendgarder­obe, son­dern in Feier­laune. Auch das Pro­gramm ver­band mit Jacques Offen­bach, Hec­tor Berlioz, Leonard Bern­stein und Hen­ry Wood Kom­pon­is­ten, die son­st nicht unbe­d­ingt zusam­men erklin­gen. Aber wenn man zeigen will, dass Mainz wirk­lich am Meer liegt, wie der Titel vorschlägt, muss man sich eben ein biss­chen anstren­gen. Und das tat das Orch­ester auch. Mit großzügi­gen Gesten, viel Effekt – aber dur­chaus mit Sub­stanz und Feinge­fühl.

Kein Wun­der, das ist ja auch kein nor­males Konz­ert, son­dern die Sym­phonie Fast­nach­tique. Son­st wäre Lars Rei­chow als Con­fer­enci­er auch ziem­lich fehl am Platz. Erzählt und erheit­ert wie gewohnt, lässt die Musik­er dur­chat­men und das Pub­likum mit seinen Witzen und kleinen Geschicht­en durch­lachen. Und manch­mal gelingt ihm sog­ar eine pass­ge­naue Über­leitung zur näch­sten Musik. Aber richtig lock­er wurde das erst nach der Pause: Mit der tra­di­tionellen Konz­ertk­lei­dung haben die Musik­er offen­bar auch die Zurück­hal­tung abgelegt. Die Num­mern aus Paul Abra­hams Operette „Die Blume von Hawaii“ zeigten, dass das Mainz­er Orch­ester auch erstk­las­sige Unter­hal­tungsmusik bieten kann: Swin­gend, marschierend und tänz­erisch, unter­stützt vom fröh­lichen The­ater­chor und einem sou­verä­nen Solis­ten­quin­tett – die einzi­gen übri­gens, die dem Frack treu blieben. Aber auch sie kon­nte die Füße nicht immer still­hal­ten. Und Tanz­musik ist das ja auch, irgend­wie: Schon Bern­steins Tänze aus „On the Town“ oder die aus der „Last Night of the Proms“ bekan­nte Fan­ta­sia on British Sea Songs von Hen­ry Wood. Der dazuge­hörige Union Jack wurde dann allerd­ings dann auf der Bühne geschwun­gen – und sofort mit Fast­nachts­far­ben und 05er-Flaggen neu­tral­isiert. Vor allem aber eben die Songs aus der Blume von Hawaii brin­gen Hände und Füße zum Zuck­en.

Großar­tig wird es dann noch ein­mal bei der Zugabe. Und so richtig fast­nachtlich, mit Klatschen, Schun­keln und dazuge­hörigem Mitsin­gen. Da verzei­ht man den Solis­ten auch, dass sie dafür noch Spickzettel brauchen – schließlich kom­men ja einige aus Wies­baden.

(geschrieben für die Mainz­er Rhein-Zeitung.)

Gedenken und Freuen

Sie spie­len wie die Teufel, jagen das Griff­brett hoch und hin­unter, lassen die Schlegel auf den Zym­bal­sait­en Salti schla­gen. Die Solis­ten der Roma-und-Sin­ti-Phil­har­moniker hal­ten mit ihrem Kön­nen nicht hin­term Berg, son­dern zeigen die Schön­heit „ihrer“ Musik, die Klänge der Sin­ti und Roma, mit Selb­st­be­wusstein und Eifer.

Dabei ist diese schöne Trauer ja immer wider­sprüch­lich: Darf etwas schreck­lich­es, gar die Opfer des Nation­al­sozial­is­mus, als Anlass für ein­fach schöne Musik dienen? Mit etwas Abstand kann man das gelassen­er sehen. Entspan­nt – zumin­d­est in dieser Hin­sicht – geben sich auch die Roma-und-Sin­ti-Phil­har­moniker beim Konz­ert zum Gedenken an die Opfer des Nation­al­sozial­imus in St. Boni­faz. Am Vor­abend des Holo­caust-Gedenk­tages konz­ertierten das ver­gle­ich­sweise junge Ensem­ble, dessen Instru­men­tal­is­ten im Haupt­beruf als Orch­ester­musik in ganz Europa arbeit­en, zum ersten Mal in Rhein­land-Pfalz. Da spie­len sie zwar auch feurige Tänze spie­len – ein solch­es Konz­ert ohne min­desten einen Csárdás ist ja kaum denkbar. Aber sie spie­len auch noch mehr. Zum Beispiel „Falling Dance“, eine ein­fühlsame, episo­den­hafte Arbeit des Budapester Kom­pon­is­ten Kálmán Csé­ki, das die Stre­ich­er der Roma-und-Sin­ti-Phil­har­moniker unter ihrem Diri­gen­ten Ric­car­do M Sahi­ti in weit­en Bögen ent­fal­tet und mit kraftvollem Klang zum ver­söhn­lichen Schluss führt. Oder auch Puc­cinins Crisan­te­mi und Cipri­an Porumbes­cu Bal­lade für Solovi­o­line und Stre­ich­er, bei­des in gewiss­er Weise orches­trale Klagelieder. Weich und wehmütig, mit Ele­ganz und emphatis­chem Schwin­gen lassen dieser Musik viel Raum, sich frei zu ent­fal­ten.

Dann aber ging es doch noch ziem­lich rund in St. Boni­faz. Dabei waren es nun nur noch drei Musik­er, die dem Pub­likum recht unver­mutet zuck­ende Beine bescherten: Der Geiger Mar­ius Ban­i­ca und der Bassist Zoly Kekenej mit Cos­tel Ursulet am Zym­bal. Und vor allem der ließ seine Schlegel fliegen, dass man ihnen kaum noch fol­gen kon­nte. Mit tra­di­tioneller Roma-Musik, viel Chro­matik, fet­zi­gen Rhyth­men und vir­tu­osem Spiel macht­en sie aus dem sprö­den Raum von St. Boni­faz fast ein Tan­zlokal: Zwar hielt es das Pub­likum nicht mehr auf den Bänken – aber nur, um das Trio mit stand­ing ova­tions zu ehren.

An Beruhi­gung war danach dann kaum mehr zu denken. Béla Bartóks „Rumänis­che Volk­stänze“, wieder vom gesamten Orch­ester darge­boten, run­de­ten das Pro­gramm aber geschickt ab: Wieder tauchn typ­is­che Momente auf, in der Rhyth­mik und in der Melodik. Aber Bartók trans­formiert sie ohne Wenn und Aber in die Kun­st­musik. Und die Roma-und-Sin­ti-Phil­har­moniker spielte sie auch genau in dieser Mis­chung aus volk­stüm­lichen Weisen und kun­stvoller Bear­beitung. Ric­card M Sahi­ti ließ die sat­ten Klänge genau so wuchtig ertö­nen, wie sie sein sollen. Und blieb trotz­dem enorm auf Zack, so dass auch wirk­lich nichts von der Effek­tiv­ität der Tänze ver­loren geht. Kein Wun­der, dass das Pub­likum danach ohne Zugaben nicht nach Hause gehen mochte.

(geschrieben für die Mainz­er Rhein-Zeitung.)

Jazz oder so

Das beste kam mal wieder zum Schluss. Das ist schon eine kleine Tra­di­tion bei den Mainz­er Jaz­zta­gen, dass die beein­druck­end­sten Auftritte erst wirk­lich spät am Abend begin­nen. Die Ver­anstal­ter, die Betreiber der Mainz­er Klan­graum-Stu­dios, haben ja inzwis­chen schon Erfahrung. Zum fün­ften Mal richteten sie jet­zt die Mainz­er Jaz­ztage aus. Das Jazz im Titel darf man dabei get­rost sehr, sehr weit fassen und gerne in Rich­tung Pop­musik aus­dehnen.

Auch bei der Eröff­nung der Jubiläum­sauflage, wie immer in den gut beset­zen Räu­men der Show­bühne, waren die Pro­gram­m­mach­er großzügig: Was Tilmann Höhn da auf seinen Gitar­ren – er hat gle­ich vier davon in den Hän­den — frick­elte, kann man nach allen bekan­nten Kri­te­rien nun wirk­lich nicht mehr Jazz nen­nen. Gut war es trotz­dem, und das Pub­likum lauschte auch den feinsin­ni­gen Spiel­ereien, denen er bekan­nte und beliebte Pop­songs unter­zog, sehr aufmerk­sam.

Auch mit der vokalen Unter­stützung von Mar­ius Mertz änderte sich daran wenig: „Songs we know“ haben sie ihr Pro­gramm genan­nt – und würde man nicht so andächtig lauschen, kön­nte man tat­säch­lich immer mitsin­gen oder wenig­stens mit­sum­men, wenn das Duo U2, James Tay­lor oder Mark Knopfler inter­pretiert.

Über­haupt die Spiel­ereien: Das ist vielle­icht das, was die Acts auch bei den fün­ften Jaz­zta­gen am ehesten verbindet: Die Lust, sich in den Details zu ver­lieren, hoff­nungs­los an jedem Klang­mo­ment herumzus­pie­len und zu basteln. Schon die Eröff­nung durch das Quar­tett „The Hip“, dessen Name sich wirk­lich auf das Kör­perteil und nicht auf irgend eine Hipp­ness bezieht, führte das vor. Im Kern spie­len die vier jun­gen Musik um Sax­o­phon­ist Daniel Guggen­heim soli­den Mod­ern Jazz mit behut­sam nochmals mod­ernisierte Stan­dards. Und das lebt eben vor allem von den Details: Den qurirli­gen Fend­er Rhodes (Ulf Klein­er), dem knal­len­den Schlagzeug (Tobias Back­haus), den eifrigen Sax­ophonkaskaden und dem beruhi­gend wum­mern­den Bass (Hanns Höhn). Gekon­nt und präzise – aber etwas sparsam mit dem Neuen.

Das kann man Kli­ma Kali­ma nicht unbe­d­ingt vor­w­er­fen. Und deshalb waren sie auch ganz zu Recht am Schluss des Fre­itags zu hören, eigentlich auch schon als Sam­stag­mor­gen­musik: Dieses Trio, benan­nt in Anlehnung an seinen Leader und Gitar­ris­ten Kalle Kali­ma, fet­zt unbarmhezig und ohne Vor­war­nung los. Ihre typ­is­che Berlin­er Mis­chung aus genau kom­ponierten und inspiri­ert impro­visierte Gebilden greift gerne weit aus. Die spür­bare Kom­plex­ität ist dabei immer gewollt. Trotz­dem bleibt die Musik von Kli­ma Kali­ma aber ganz stark bidlich – durch die Titel wird das noch unter­strichen: „Mex­i­co City Dri­ve School“ heißt das, oder „Sat­ur­day Night – Sun­day Morn­ing“: Eine wilde, rauschende Par­ty, der ver­schlafenes und schlaftrunk­enes Vagabundieren fol­gt, prügeln Oliv­er Stei­dle am Schlagzeug und Oliv­er Potratz (Kon­tra­bass) da aus sich her­aus – nicht nur eine „Sonne aus Musik“, son­dern eigentlich eine ganze Galax­ie, ein end­los­er Reigen an Bildern, Ideen, Brechun­gen und labyrinthis­chen Erkun­dungs­touren.

(geschrieben für die Mainz­er Rhein-Zeitung.)

Neujahrskonzert auf Barock

Nein, ein Neu­jahrskonz­ert war das nicht: Keine Walz­er gab es und auch keine große Abendgader­obe. Dafür war es schon eine Woche zu spät. Stattdessen gab es aber eine Menge große Musik: Mit­ten aus der Pracht des Barocks war das Pro­gramm des „Konz­ertes zum neuen Jahr“, das das Mainz­er Staat­sthe­ater nun schon zum neun­ten Mal als Bene­fizkonz­ert für die Stiftung Mainz­er The­aterkul­tur ver­anstal­tete, geschöpft. Und die barock­en Herrsch­er wussten, wie man die Musik zur öffentlichen Repräsen­ta­tion benutzt, ob in der Oper, der Instru­men­tal­musik oder dem Ora­to­ri­um. Von den offen­sichtlichen Beispie­len der Musik für herrschaftliche Fes­tak­te ganz zu schweigen. In die let­zte Kat­e­gorie fall­en zum Beispiel die Krö­nungskan­tat­en von Georg Friedrich Hän­del. Die dritte, „The King shall rejoice“, war im Großen Haus mit dem Staat­sthe­ater-Chor und dem Phil­har­monis­chen Staat­sor­ch­ester zu hören. Andreas Hotz dirigierte das dur­chaus fes­tiv, aber vor allem sehr maßvoll.
Doch Hän­del blick­te nicht nur gütig-ver­schmitzt vom Pro­grammheft, son­dern steuerte auch die meiste Musik bei. Etwa die Feuer­w­erksmusik. Die ist, ger­ade bei solchen Konz­erten, ja fast ein
unver­mei­dlich­er Kracher. Und man kön­nte meinen, der jugendliche Über­schwang, mit dem Andreas Hotz immer wieder auf die Bühne stürmt, schlüge sich nun auch in der Musik nieder. Und ger­ade hier, in diesem Hit. Das war dann aber kaum der Fall. Viel prä­gen­der war seine Ele­ganz. Die wurzelte in der Ele­ganz der Bewe­gun­gen des Diri­gen­ten, die das Klang­bild sehr stark bes­timmten. Ohne Großspurigkeit oder Auftrumpfen kamen alle die instru­me­na­torischen Effek­te daher, macht­en sich aber auch nie klein oder ver­steck­en sich. Im Gegen­teil: Der sauber gear­beit­ete Klang, der ohne gesuchte Extreme auskam, klang vol­lkom­men selb­st­sich­er und selb­stver­ständlich. Die Pauken dröh­n­ten, die Trompe­ten strahlten, die Stre­ich­er klan­gen satt, aber nie fett: Genau so ken­nt man das. Darin liegt, bei allem Maßhal­ten, dur­chaus eine gewisse Grandez­za. Und klar wird auch: Das hat schon seinen Grund, warum Feuer­w­erksmusik immer wieder aufge­führt wird – auch wenn es nicht Hän­dels raf­finierteste Kom­po­si­tion ist.

Damit das Konz­ert aber noch etwas großar­tiger wurde, kamen auch noch drei Solis­ten auf die Bühne. Zum Beispiel die gut aufgelegte Tan­jana Char­al­gi­na, die Vivald­is Wut des gerecht­en Zorns (in ein­er Motet­ten-Arie) eben­so herun­ter­sausen ließ wie sie der großar­ti­gen Freude Hän­dels (natür­lich aus dem „Mes­sias) vol­len­dete Strahlkraft mit­gab. Die Haupt­last trug aber ein­deutig das Orch­ester. Und das trug sie sehr selb­stver­ständlich. Nicht nur mit dem ganzen Hän­del-Pot­pour­ri, son­dern auch mit deutschen und franzö­sis­chen Kol­le­gen. Etwa dem berühren­den Plainte von Tele­mann, einen instru­men­tal­en Klage­sang, von Hotz mit klaren Lin­ien dirigerte und zwis­chen Solo-Oboe und Stre­ich­ern har­monisch aus­tari­erte. Oder der far­ben­prächti­gen Suite „Les Indes Galantes“ von Jean-Philippe Rameau, die er selb­st aus sein­er beliebten Indi­an­er-Oper bastelte. Die bot dem Phil­har­monis­chen Staat­sor­ch­ester mehr als genug Gele­gen­heit, kraftvoll und doch immer aus­geglichen die exo­tis­chen Seit­en des Barock vorzuführen. Und das ist dann doch bess­er als jed­er Walz­er.

(geschrieben für die Mainz­er Rhein-Zeitung.)

Warten und Erfüllung

Der Star und der Höhep­unkt des Abends ließ lange auf sich warten. Zunächst war erst ein­mal das Pflicht­pro­gramm zu absolvieren. Genau so spielte die Deutsche Staat­sphil­har­monie unter Karl-Heinz Stef­fens Mozarts Posthorn-Ser­e­nade am Beginn des zweit­en Meis­terkonz­erts allerd­ings auch: mit fül­ligem Klang, aber ohne jede erkennbare Idee und lei­der auch ohne hör­bare Energie. Sich­er, das ist nicht ger­ade Mozarts span­nend­ste Par­tiur. Aber so lang­weilig muss es nicht zwangsläu­fig sein. Es blieb also beim Warten. Und auch nach der Pause war das Warten beim Meis­terkonz­ert in der Rhein­gold­halle noch nicht ganz vor­bei. Das Orch­ester saß schon längst bere­it, bis Max­i­m­il­ian Hor­nung dazu stieß. Aber es hat sich gelohnt, auf den jun­gen Instru­men­tal­is­ten zu warten. Denn der Münch­n­er Cel­list brachte das drin­gend notwendi­ge Leben in die Musik, mit dem ersten Cel­lo-Konz­ert von Camille Saint-Saens, und machte endgültig Schluss mit dem Warten. Sein sehr tragfähiger, aber nie auf­dringlich­er Ton vib­ri­erte vor Lebendigkeit. Ständig verän­derte er sich, ließ Nuan­cen ohne Zahl schim­mern und gleißen. Mit Vehe­menz attack­ierte sein Bogen die Sait­en – und schaffte es doch, die Töne weich schweben zu lassen und har­monisch abzu­run­den. So dynamisch wie seine Tonge­bung war auch seine Inter­pre­ta­tion: Bes­timmtheit und Selb­st­be­wusst­sein waren die entschei­den­den Charak­ter­is­ti­ka. Jed­er Ton, jede Phrase verkün­dete: Das muss jet­zt hier unbe­d­ingt genau so klin­gen. Und Hor­nung kann das auch so spie­len. Er ver­sank – was bei Saent-Sains dur­chaus nahe liegt – nie in sen­ti­men­talem Gehabe, son­dern entwick­elte eine präzise Emo­tion­al­ität. Nur lei­der ist das alles viel zu schnell wieder vor­bei.

Und nach diesem Höhep­unkt in der Konz­ert­mitte schien auch das Lud­wigshafen­er Orch­ester wie aus­gewech­selt. Die Staat­sphil­har­monie spielte nun deut­lich freier und vitaler, mit mehr Ein­satz und mehr Seele. Claude Debussys „La mer“ wurde deshalb zum passenden Abschluss ein­er Rei­he zunehmend exo­tis­cher­er Musik. Zunächst ließ Stef­fens sein Orch­ester ein richtig unfre­undlich­es, aus­ge­sprochen unwirtliche Bild des Meeres malen. Mit eini­gen Kan­ten und Hak­en wider­set­zte sich das jed­er Roman­tisierung. Und er steigerte das noch: Die dritte sin­fonis­che Skizze Debussys, den Dia­log zwis­chen Wind und Meer, dirigierte er als rein­sten Ner­venkitzel – ein echter Thriller. Und die Staat­sphil­har­monie belebte diese aus­ge­sprochen kun­stvoll geschaf­fene Klang­welt bis zur wilden Dringlichkeit und der Beina­he-Ekstase– das Warten hat sich dop­pelt gelohnt.

(geschrieben für die Mainz­er Rhein-Zeitung.)

oh New York!

Nach New York geht es durch den Hin­terein­gang. Pfeile weisen den Weg: Die Hauptp­forte des Nieder-Olmer Rathaus­es ist am Son­ntag Nach­mit­tag eben nicht beset­zt. Gefun­den hat es offen­bar jed­er – der Ratssaal war längst voll, als Irm­gardHaub ihren musikalis­chen Spazier­gang durch New York begann. Und sie war gle­ich mit­ten­drin, im Herzen der Stadt, die niemals schläft: „What a won­der­ful town“, der große, starke Auf­takt von Leonard Bern­stein zeigte gle­ich, wo der akustis­che Städtetrip hin­führen sollte: ins Vergnü­gen. So führte Duke Elling­tons „A‑Train“ direkt nicht nur nach Harlem, son­dern von dort aus weit­er in die Vielfalt New Yorks. Und deshalb wech­seln sich sehn­lichen Roman­tik und wilde Aus­ge­lassen­heit munter ab.

Aber immer wieder gilt es dem Sehn­sucht­sort New York. Dur­chaus mit ein­er gewis­sen Nos­tal­gie – nicht ohne Grund singt Haub meis­tens Songs ver­gan­gener Zeit­en, aus den Vorkriegs­jahren zum Beispiel. Dieses New York ist eine span­nende und schöne Stadt, ohne Kri­m­inial­ität, Ter­ror oder Finanzspeku­lanten. Dafür aber mit viel Amüse­ments – im Savoy oder im Ritzy genau­so wie in Harlem oder in der Bronx. Denn alles ist dabei: Bronx, Brook­lyn, Man­hat­tan, Harlem, über­all flanieren Haub mit ihrem Begleit­er nicht nur als Beobchter, son­dern als teil­nehmende Beobachter, die die Stim­mung und den Puls dieser Orte in sich aufnehmen und durch die Musik ver­mit­teln. Cen­tral Park, Broad­way, Brook­lin Bridge sind nur ein paar der markan­ten Orte, die an- und besun­gen wur­den.

Dabei war Haub nicht wäh­lerisch, in welch­er Form das geschieht: Eine bunte Mix­tur hat die Sän­gerin sich zusam­mengestellt, ver­mis­cht Swing und Schlager, wech­selt zwis­chen Musi­cal und Pop. Und immer dabei: Johannes Reinig, ihr Mann am Klavier – der sog­ar noch ein Ersatzin­stru­ment in der Ecke des Ratssaale bere­it­ste­hen hat. Das wird aber nicht benötigt, Reinig spielt viel zu kul­tiviert, um einen Flügel zer­stören zu kön­nen: Meist läs­sig und lock­er-flock­ig, bei Bedarf aber auch mal knack­ig zulan­gend – vor allem aber sehr stil­sich­er. Haub bevorzugt sin­gend die größeren Gesten, nicht immer unbe­d­ingt stimm­lich per­fekt, aber mit viel Charme und Vergnü­gen. Und es macht unbe­d­ingt Spaß, Musik­ern zuzuhören, die sicht- und hör­bar Freude an dem haben, was sie ger­ade machen. Gerne nehmen sie auch jeden mit – sog­ar die, die New York noch nicht aus eigen­er Anschau­ung ken­nen. Das wird spätens im großen Finale klar, wenn das Duo Udo Jür­gens „ich war noch niemals in New York“ ele­gant mit Sina­tras Klas­sik­er, schließlich so etwas wie der inof­fizie­len Stadthymne, kom­binieren. Da gibt’s keien Ausrede mehr: Zumin­d­est musikalisch war nun jed­er schon mal in New York.

(geschrieben für die Mainz­er Rhein-Zeitung.)

Klassik im Klub

Ein Flügel mit­ten im Roxy, zwis­chen den Sofas unter Lüstern – das ver­wan­delt den Club fast in einen großbürg­er­lichen Salon des 19. Jahrhun­derts. Nicht nur der Raum ver­weist auf diese längst unterge­gan­gene Form der gesel­lig-kul­turellen Unter­hal­tung. Auch die Musik, die der Pianist Kai Schu­mach­er sich aus­ge­sucht hat, passt in diese Tra­di­tion: Vor­wiegend kleinere, charak­ter­is­tis­che Stücke hat er aufs Pro­gramm geset­zt – keine schw­erver­dauliche klas­sis­che Kost, son­dern char­mante Musik, die auch Nicht-Experten goutieren kön­nen.

Auch das Pub­likum ver­hält sich automa­tisch viel lock­er­er als im „nor­malen“ Konz­ert: Zwan­g­los im Club verteilt, wo sich ger­ade ein Plätzchen zum Sitzen find­et. Viel geplaud­ert wird auch in diesem post­mod­er­nen Salon. Und dann doch ganz aufmerk­sam gelauscht. Denn das Ziel des Vere­ins der „Fre­unde Junger Musik­er“, die das Klavierkonz­ert im Roxy organ­isierten, war nicht, den Salon wieder zu beleben. Son­dern ein neues, jün­geres Pub­likum für die Klavier­musik zu erschließen und begeis­tern. Halb­wegs kön­nte das funk­tion­iert haben, immer­hin waren – neben dem üblichen Konz­ert­pub­likum — auch eine Menge junge Leute gekom­men. Ob das dauer­haft wirkt, wird man sehen müssen. Auf jeden Fall ist so ein deut­lich ver­jüngtes Pub­likum offen­sichtlich wesentlich begeis­terungs­fähiger, so offen­sive Beifalls­bekun­dun­gen sind son­st eher sel­ten.

Nicht ganz zu unrecht allerd­ings haben sie im Roxy ihren Platz. Kai Schu­mach­er hat nicht nur ein her­vor­ra­gen­des Pro­gramm entwick­elt, son­dern ist auch als Musik­er so viel­seit­ig, dass er beispiel­sweise prob­lem­los zwis­chen George Gersh­win und Felix Mendelssohn Bartholdy hin und her wech­seln kann: Er begann mit ein­er kleinen Auswahl der Mendelssohn­schen „Lieder ohne Worte“, durch­set­zt mit Songs und Pre­ludes von Gersh­win. Und streute in diese far­big gespielte Mis­chung dann auch noch ein paar pianis­tisch-vir­tu­ose Bear­beitun­gen von Rock­songs ein, die sein­er Vir­tu­osität viel Raum lassen. Und sein Faible für Rock blitzt immer wieder auf – bis zulet­zt: Als Zugaben spielt er Songs von den Foo Fight­ers und von Slay­er. Auch wenn man das fast gesagt bekom­men muss: Das ist ganz stark der Tra­di­tion der vir­tu­osen Klavier­bear­beitung des 19. Jahrhun­derts verpflichtet, so dass die Schu­mach­er­schen Adap­tio­nen sich naht­los ins klas­sis­che Rper­toire ein­fü­gen. Auch wenn er sehr kraftvoll don­nern kann, selb­st mit dem kleinen Flügel im Roxy. Und damit ist er auch schon wieder direkt bei Franz Liszt, der auch mehrmals im Pro­gramm auf­taucht – es hängt eben alles zusam­men.

Aber auch andere Pfade in die Gegen­wart steuert Schu­mach­er an. Zum Beispiel mit ein­er Min­i­mal-Music-Sec­tion, die – wieder ein­mal – bei Liszt anfängt, den eher unbekan­nten med­i­ta­tiv-repet­i­tiv­en „Nuages gris“, und über Erik Satie bis zu Philipp Glass führt, den Schu­mach­er mit ein­er sehr lebendig-sprühen­den Inter­pre­ta­tion des „Mad Rush“ vorstellt. Nicht nur hier, immer wieder merkt man: Nicht allein das Roxy hat seinen Spaß, auch Kai Schu­mach­er freut sich von Herzen an sein­er Musik. Und das ist immer ein gutes Zeichen.

(geschrieben für die Mainz­er Rhein-Zeitung.)

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