Nach New York geht es durch den Hin­ter­ein­gang. Pfei­le wei­sen den Weg: Die Haupt­pfor­te des Nie­der-Olmer Rat­hau­ses ist am Sonn­tag Nach­mit­tag eben nicht besetzt. Gefun­den hat es offen­bar jeder – der Rats­saal war längst voll, als Irm­gardHaub ihren musi­ka­li­schen Spa­zier­gang durch New York begann. Und sie war gleich mit­ten­drin, im Her­zen der Stadt, die nie­mals schläft: „What a won­derful town“, der gro­ße, star­ke Auf­takt von Leo­nard Bern­stein zeig­te gleich, wo der akus­ti­sche Städ­te­trip hin­füh­ren soll­te: ins Ver­gnü­gen. So führ­te Duke Elling­tons „A‑Train“ direkt nicht nur nach Har­lem, son­dern von dort aus wei­ter in die Viel­falt New Yorks. Und des­halb wech­seln sich sehn­li­chen Roman­tik und wil­de Aus­ge­las­sen­heit mun­ter ab.

Aber immer wie­der gilt es dem Sehn­suchts­ort New York. Durch­aus mit einer gewis­sen Nost­al­gie – nicht ohne Grund singt Haub meis­tens Songs ver­gan­ge­ner Zei­ten, aus den Vor­kriegs­jah­ren zum Bei­spiel. Die­ses New York ist eine span­nen­de und schö­ne Stadt, ohne Kri­mi­nia­li­tät, Ter­ror oder Finanz­spe­ku­lan­ten. Dafür aber mit viel Amü­se­ments – im Savoy oder im Rit­zy genau­so wie in Har­lem oder in der Bronx. Denn alles ist dabei: Bronx, Brook­lyn, Man­hat­tan, Har­lem, über­all fla­nie­ren Haub mit ihrem Beglei­ter nicht nur als Beob­ch­ter, son­dern als teil­neh­men­de Beob­ach­ter, die die Stim­mung und den Puls die­ser Orte in sich auf­neh­men und durch die Musik ver­mit­teln. Cen­tral Park, Broad­way, Brook­lin Bridge sind nur ein paar der mar­kan­ten Orte, die an- und besun­gen wur­den.

Dabei war Haub nicht wäh­le­risch, in wel­cher Form das geschieht: Eine bun­te Mix­tur hat die Sän­ge­rin sich zusam­men­ge­stellt, ver­mischt Swing und Schla­ger, wech­selt zwi­schen Musi­cal und Pop. Und immer dabei: Johan­nes Rei­nig, ihr Mann am Kla­vier – der sogar noch ein Ersatz­in­stru­ment in der Ecke des Rats­saa­le bereit­ste­hen hat. Das wird aber nicht benö­tigt, Rei­nig spielt viel zu kul­ti­viert, um einen Flü­gel zer­stö­ren zu kön­nen: Meist läs­sig und locker-flo­ckig, bei Bedarf aber auch mal kna­ckig zulan­gend – vor allem aber sehr stil­si­cher. Haub bevor­zugt sin­gend die grö­ße­ren Ges­ten, nicht immer unbe­dingt stimm­lich per­fekt, aber mit viel Charme und Ver­gnü­gen. Und es macht unbe­dingt Spaß, Musi­kern zuzu­hö­ren, die sicht- und hör­bar Freu­de an dem haben, was sie gera­de machen. Ger­ne neh­men sie auch jeden mit – sogar die, die New York noch nicht aus eige­ner Anschau­ung ken­nen. Das wird spä­tens im gro­ßen Fina­le klar, wenn das Duo Udo Jür­gens „ich war noch nie­mals in New York“ ele­gant mit Sina­tras Klas­si­ker, schließ­lich so etwas wie der inof­fi­zie­len Stadt­hym­ne, kom­bi­nie­ren. Da gibt’s kei­en Aus­re­de mehr: Zumin­dest musi­ka­lisch war nun jeder schon mal in New York.

(geschrie­ben für die Main­zer Rhein-Zei­tung.)