Genies waren sie egent­lich alle drei. Und doch hat nur Wolf­gang Ama­de­us Mozart geschafft, was Lou­is Spohr und Lui­gi Che­ru­bi­ni ver­wehrt blieb: Dau­er­haft im Bewusst­sein der Musik­lieb­ha­ber und auf den Kon­zert­po­di­en prä­sent zu sein. Sei­ne 29. Sin­fo­nie stand im vier­ten Sin­fo­nie­kon­zert des Thea­ters neben dem ein­zi­gen sin­fo­ni­schen Werk Che­ru­bi­nis, dass eher sel­ten zu hören ist. Auch Spohr ist wenn über­haupt mit Kam­mer­mu­sik zu hören – ganz bestimmt nicht mit sei­nem Con­cer­tan­te für zwei Vio­li­nen und Orches­ter. Denn wann sind schon zwei Vio­li­nis­ten von Rang bereit, sich gegen­sei­tig die Schau zu steh­len? Selbst Ingolf Tur­ban und Kol­ja Les­sing machen das nicht all­zu oft. Lei­der. Denn sie kön­nen es wahr­lich vor­treff­lich. Ihre per­fek­te, oft bei­na­he sym­bio­tisch schei­nen­de Ergän­zung in musi­ka­li­scher Hin­sicht demons­trier­ten sie im Staats­thea­ter schon vor dem ers­ten Ton – mit einer genau syn­chro­ni­sier­ten Ver­beu­gung. Und so fuh­ren sie dann auch fort. Klang­lich gelang ihnen der Spa­gat zwi­schen voll­kom­me­ner Über­ein­stim­mung und behar­ren­der Indi­vi­dua­li­tät erstaun­lich gut. Obwohl kei­ner der bei­den sei­ne eige­nen Qua­li­tä­ten ver­leug­ne­te, ergänz­ten sich Tur­bans deut­li­ches, prä­sen­tes Spiel und Les­sigs emo­tio­na­ler gefärb­te Klang­welt vor­züg­lich. Die Viel­falt der Ein­fäl­le, die immer neu­en Wen­dun­gen und nicht enden wol­len­der Mit­tei­lungs­drang Spohrs fan­den in den bei­den Solis­ten jeden­falls sehr ener­gi­sche, detail­ver­lieb­te und sorg­sa­me Fürsprecher.
Stark war auch das Enga­ge­ment Cathe­ri­ne Rück­wardts mit dem Phil­har­mo­ni­schen Staats­or­ches­ter für Che­ru­bi­nis D‑Dur-Sin­fo­nie. Die birgt von sich aus eini­ges dra­ma­ti­sches Poten­zi­al und vie­le Gele­gen­hei­ten zum effekt­vol­len Auf­trump­fen. In sol­cher Umge­bung bewähr­te sich die ruhi­ge Hand der Diri­gen­tin ganz beson­ders. Denn Rück­wardt ließ sich nicht von der wir­kungs­mäch­ti­gen Ober­flä­che ver­füh­ren, son­dern schau­te tie­fer. Und ent­deck­te da nicht nur zau­ber­haf­te klang­li­che Bil­der, son­dern auch ein gekonnt aus­ge­ar­bei­te musi­ka­li­sche Erzäh­lung. Die­se Musik wogt im Thea­ter ganz plas­tisch hin und her, zwit­schert und plät­schert, stürmt vor­an, schreckt auch zurück, prallt sogar auf Wider­stän­de und lässt sich den­noch trei­ben, – und das alles ist auch noch in klas­si­sche For­men ver­packt: Ein typisch klas­si­ches Genie­werk eben.

(geschrie­ben für die main­zer rhein-zeitung)