Lesen. Hören. Und ein bisschen schreiben.

Schlagwort: violine

Taglied 15.1.2012

Heute bin ich endlich dazu gekom­men, die Har­ald-Schmidt-Show vom 10. Jan­u­ar anzuschauen — da hat­te er nicht nur Olli Dit­trich, son­dern vor allem die ziem­lich gute Geigerin Julia Fis­ch­er zu Gast. Die spielte am Ende auch was, näm­lich das Capric­cio Nr. 24 a‑moll von Nic­colò Pagani­ni:


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Und hier noch das vor­ange­hende Geplaud­er:


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felix austria mit beata olanda (und deutschen zuhörern)

Nein, viel Spaß ver­ste­hen diese vier nicht. Dafür ist ihnen die Sache viel zu ernst. Schließlich geht es um große Musik. Und das erfordert nicht nur Ernst, son­dern auch volle Hingabe. Eines wird näm­lich schnell klar in der St. Anto­niuskapelle: Für „La Bea­ta Olan­da“ gibt es keine hal­ben Wege. Alles oder Nichts heißt die Devise für das Spezial­is­te­nensem­ble – trotz des Namens übri­gens eine ziem­lich deutsche Sache. Und das heißt wiederum: Sie geben alles. Denn Scheit­ern ste­ht nicht auf dem Pro­gramm. Dafür aber eine kleine Run­dreise durch den deutschen und öster­re­ichis­chen Barock – mit deut­lichem Schw­er­punkt auf dem Alpen­land. Sowohl Bach als auch Hän­del, bei­de mit ein­er Vio­lin­sonate vertreten, wer­den da eher zur Neben­sache. Viel span­nen­der und viel vitaler auch gelingt dem Quar­tett die Auswahl aus den Sonat­en von Johann Hein­rich Schmelz­er und Hein­rich Ignaz Franz von Biber. Die kön­nen bei­de ein reich­es Oeu­vre vor­weisen – nicht nur quan­ti­ta­tiv. Und vor allem für Vio­lin­is­ten. Schmelz­er, Hofkapellmeis­ter im Wien Kaiser Leopolds, war als Kom­pon­ist genau­so ange­se­hen wie als Vio­lin­ist. Und für den Salzburg­er Hof­musikus Biber gilt nur zwanzig Jahre später das gle­iche: Gefeiert­er Ton­set­zer und europaweit berühmter Vir­tu­ose auf der Geige. Entsprechend anspruchsvoll sind viele sein­er Sonat­en.
Für Clau­dia Hoff­mann scheint die tech­nis­che Her­aus­forderung aber nicht beson­ders hoch zu sein. Fast gelassen und ohne Furcht wählen sie und ihre Mit­stre­it­er forsche Tem­pi, forcieren die Kon­traste zwis­chen ruhi­gen Abschnit­ten und wild-brausenden Pas­sagen noch zusät­zlich.
Ihre tech­nis­chen Fähigkeit­en stellen sie dabei genau­so wenig her­aus wie sich selb­st. Egal ob in Schmelz­er Duosonat­en für Diskantgambe und Vio­line (aus der Samm­lung „Duo­de­na selec­tarum sonatarum“) oder sein­er drit­ten Sonate aus den großen „Sonatae unarum fid­i­um“, ganz gle­ich ob in Tanzsätzen oder Osti­nati – immer macht „La Bea­ta Olan­da“ das Mate­r­i­al zu absoluter, ganz und gar rein­er Musik. Da wird dann auch nichts mehr his­torisiert – das Wis­sen um die zeit­genös­sis­che Auf­führung­sprax­is ist auch nur noch ein Mit­tel, dieser Musik zu ihrer voll­ständi­gen, unpartei­is­chen Mate­ri­al­isierung zu ver­helfen. Und das funk­tion­iert blendend. Vielle­icht auch deshalb, weil der kleine Raum der St. Anto­niuskapelle das gut unter­stützt: Mit­ten im musikalis­chen Geschehen wäh­nt man sich als Pub­likum, so direkt und unmit­tel­bar umfan­gen einen die reich­halti­gen Klänge.
Und direkt ist schließlich auch der Zugriff des Ensem­bles: Mit voller Kraft wer­fen sie sich etwa in die Kon­traste und Span­nun­gen der Sonat­en. Da gibt es keine Beschöni­gun­gen, aber auch keine über­triebe­nen Drama­tisierun­gen, son­dern ein­fach nur Musik – mal entspan­nend, mal span­nungs­ge­laden­er als jed­er Kri­mi. Und wenn sie dann das Konz­ert mit Bibers c‑Moll-Sonate enden lassen, zeigen sie nicht nur großen Mut, son­dern auch unbarmherzige Härte: So ein Cliffhang­er ist ziem­lich gemein. Aber auch ganz schön gut.

(konz­ert des mainz­er musik­som­mers, geschrieben für die mainz­er rhein-zeitung)

genies der klassik — bekannte und weniger bekannte

Genies waren sie egentlich alle drei. Und doch hat nur Wolf­gang Amadeus Mozart geschafft, was Louis Spohr und Lui­gi Cheru­bi­ni ver­wehrt blieb: Dauer­haft im Bewusst­sein der Musik­lieb­haber und auf den Konz­ert­po­di­en präsent zu sein. Seine 29. Sin­fonie stand im vierten Sin­foniekonz­ert des The­aters neben dem einzi­gen sin­fonis­chen Werk Cheru­bi­nis, dass eher sel­ten zu hören ist. Auch Spohr ist wenn über­haupt mit Kam­mer­musik zu hören – ganz bes­timmt nicht mit seinem Con­cer­tante für zwei Vio­li­nen und Orch­ester. Denn wann sind schon zwei Vio­lin­is­ten von Rang bere­it, sich gegen­seit­ig die Schau zu stehlen? Selb­st Ingolf Tur­ban und Kol­ja Less­ing machen das nicht allzu oft. Lei­der. Denn sie kön­nen es wahrlich vortr­e­f­flich. Ihre per­fek­te, oft beina­he sym­bi­o­tisch scheinende Ergänzung in musikalis­ch­er Hin­sicht demon­stri­erten sie im Staat­sthe­ater schon vor dem ersten Ton – mit ein­er genau syn­chro­nisierten Ver­beu­gung. Und so fuhren sie dann auch fort. Klan­glich gelang ihnen der Spa­gat zwis­chen vol­lkommen­er Übere­in­stim­mung und behar­ren­der Indi­vid­u­al­ität erstaunlich gut. Obwohl kein­er der bei­den seine eige­nen Qual­itäten ver­leugnete, ergänzten sich Tur­bans deut­lich­es, präsentes Spiel und Lessigs emo­tionaler gefärbte Klang­welt vorzüglich. Die Vielfalt der Ein­fälle, die immer neuen Wen­dun­gen und nicht enden wol­len­der Mit­teilungs­drang Spohrs fan­den in den bei­den Solis­ten jeden­falls sehr ener­gis­che, detail­ver­liebte und sorgsame Für­sprech­er.
Stark war auch das Engage­ment Cather­ine Rück­wardts mit dem Phil­har­monis­chen Staat­sor­ch­ester für Cheru­bi­nis D‑Dur-Sin­fonie. Die birgt von sich aus einiges drama­tis­ches Poten­zial und viele Gele­gen­heit­en zum effek­tvollen Auftrumpfen. In solch­er Umge­bung bewährte sich die ruhige Hand der Diri­gentin ganz beson­ders. Denn Rück­wardt ließ sich nicht von der wirkungsmächti­gen Ober­fläche ver­führen, son­dern schaute tiefer. Und ent­deck­te da nicht nur zauber­hafte klan­gliche Bilder, son­dern auch ein gekon­nt aus­gear­beite musikalis­che Erzäh­lung. Diese Musik wogt im The­ater ganz plas­tisch hin und her, zwitschert und plätschert, stürmt voran, schreckt auch zurück, prallt sog­ar auf Wider­stände und lässt sich den­noch treiben, — und das alles ist auch noch in klas­sis­che For­men ver­packt: Ein typ­isch klas­sich­es Geniew­erk eben.

(geschrieben für die mainz­er rhein-zeitung)

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