Paulus-Jahr, Komponisten-Jubiläum, Weihnachten – Anlässe gibt es mehr als genug, Felix Mendelsson-Bartholdy Oratorium „Paulus“ jetzt aufzuführen. Aber eigentlich ist der beste Grund ja schon, dieses große Werk überhaupt zum Klingen zu bringen. Vor allem, wenn man sich darauf so ausgezeichnet versteht wie Domkapellmeister Mathias Breitschaft – dann braucht man wirklich keinen äußeren Anlass mehr. Die Erwartungen der vielen Mainzer – selbst Stehplätze waren schon knapp – wurden im Dom also bestimmt nicht enttäuscht.
Von Anfang bis Ende, von der Steinigung des Stephanus über die Wandlung des Saulus zum Paulus bis zum Abschied des Märtyrers von seiner Gemeinde zeichnete Breitschaft mit den Domchören und dem Mainzer Kammerorchester eine intensive Klanggeschichte des sicheren Bestehens im Glauben. Der Hauptakteur dabei war – wenig überraschend an diesem Ort – die Chöre, also vor allem die Domkantorei mit den verstärkenden Männerstimmen des Domchores. Die gaben nämlich den entscheidenden Kick, bereiteten mit ihrer nachdrücklichen Präsenz ein ausgezeichnetes Klangfundament.
Breitschaft führte seine Musiker in dramatischer Aufladung genau und diszipliniert, mit klar gezeichneten Strukturen und deutlichen Höhepunkten in den weiten Bögen – so macht das richtig viel Freude. Und außerdem gelang ihm noch etwas Besonderes: Zwei Chöre schienen sich in den Kehlen der Sänger zu verstecken. So völlig verschiedenen klang das in den Chörsätzen einerseits und den Chorälen andererseits. Indem Breitschaft diesen Unterschied aber so deutlich markierte und gleichzeitig auch die Verbindung zwischen allen Teilen des Werkes besonders stärkte, erschien das nicht gerade knappe Oratorium hier wie aus einem Guss.
Das Solistenquartett spielte oder sang dabei wunderbar mit, vor allem der kräftige Sopran von Kaja Bördner und der stark ausdifferenzierte Bariton Johannes Kösters als Paulus.
In der Verbindung mit den ausgefeilten Chorpassagen und gerade ihrer klanglichen Festigkeit betonte Breitschaft damit ganz besonders die personale, individuelle Seite des Glauben, die Erfahrung Gottes. Diese Gewissheit der religiösen Grundlage macht das Paulus-Oratorium so anrührend – selbst Atheisten muss so eine überzeugende Darbietung zumindest Respekt entlocken.
(geschrieben für die mainzer rhein-zeitung)
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