Lesen. Hören. Und ein bisschen schreiben.

Schlagwort: konzert Seite 2 von 3

Liebe, Leiden und Alchimie

Ein kleines Arse­nal an Laut­en und die bere­it liegende Vio­la da gam­ba vor dem Altar ver­rat­en selb­st dem zufäl­li­gen Besuch­er der Sem­i­narkirche, das hier etwas Beson­deres stat­tfind­et. Und in der Tat, das vor­let­zte Konz­ert des diesjähri­gen Musik­som­mers ist noch ein­mal ein echt­es High­light. Hille Perl, Lee San­tana und Dorothee Mields sind mit ihrem „Loves Alchymie“ betitel­ten Pro­gramm in Mainz zu Gast. Die Samm­lung ver­schieden­er Laut­en, die Lee San­tana bere­it gelegt hat, ist symp­to­ma­tisch. Denn kein­er der drei gibt sich mit ein­fachen Lösun­gen zufrieden. Exten­sive und inten­sive Vielfalt ist stattdessen ange­sagt.

Dabei ist es schein­bar ein ganz eingeschränk­tes, monothe­ma­tis­ches Pro­gramm, diese „Loves Alchymie“. Ver­to­nun­gen der soge­nan­nten meta­ph­ysis­chen Dich­tung aus dem barock­en Eng­land des 17. Jahrhun­derts haben sich die drei Musik­er aus­ge­sucht. Und die kreisen immer wieder um Liebe und Tod, viel mehr gibt es da nicht. Aber das ist bei anderen Barock­dichtern ja ähn­lich. Doch schon die Ver­to­nun­gen brechen aus dieser schein­baren Einöde aus: Airs, Grounds, Fan­tasien, Vari­a­tio­nen, Laut­en­lieder von bekan­nten Kom­pon­is­ten wie John Dow­land und Hen­ry Pur­cell ste­hen neben solchen von vergesse­nen Meis­tern wie John Wil­son, Tobias Hume oder John Jenk­ins. Aber sie alle wen­den die Melan­cholie, die gedrück­te Stim­mung von Todesnähe und Liebess­chmerz (die oft genug zusam­men hän­gen) in erbauliche und unter­hal­tende Musik – Unter­hal­tung freilich, die von feinen Dif­feren­zierun­gen lebt. Und dafür sind die drei ohren­schein­lich Spezial­is­ten. Jed­er einzelne weiß in der Augustin­erkirche zu begeis­tern – und das Zusam­men­spiel in naht­los­er Har­monie sowieso. Hille Perl fasziniert mit ihrer lebendi­gen Dynamik, Lee San­tana mit feingliedrigem Tief­sinn. Und dann ist da schließlich Dorothee Mields, die dem ganzen Stimme ver­lei­ht. Denn die Sopranistin ist nicht nur wun­der­bar ver­ständlich, son­dern auch wun­der­bar facetten­re­ich, weich und so reich an Klang­far­ben, dass bei ihr keine zwei Wörter gle­ich klin­gen.

Mal nach­den­klich und sin­nierend, mal intim, dann wieder entrückt und ganz ver­son­nen – kaum eine emo­tionale Bewe­gung bleibt bei diesem Trio außen vor. Ganz beson­ders noch ein­mal im Schluss, der mit süßer Verzück­ung ein­geläutet wird: „Sweet­est Love, I doe not goe“ ist Ver­führung pur, die mit ein­er zart-fig­u­ra­tiv ver­spon­nen Laut­en­fan­tasie von Lee San­tana zurück­hal­tend präzise fort­ge­führt wird und im grandios­es Schluss mün­det: „The Expi­ra­tion“, das „Aushauchen“ eines anony­men Kom­pon­is­ten. „So brich doch diesen let­zten Kuss ab, der so klagt“, heißt es dort, und die Sän­gerin schließt mit dem sim­plen Wörtchen „fort“ — da möchte man wirk­lich ger­adewegs mit ihr gehen, das muss der Weg ins Paradies sein, so rein und ver­führerisch singt Mields das über der Begleitung von San­tana und Perl. Stattdessen zwingt der stür­mis­che Applaus aber alle wieder gnaden­los zurück in die Welt und den All­t­ag.

(geschrieben für die Mainz­er Rhein-Zeitung.)

Aus der Welt der Sinfonietta Mainz

Sie haben es wieder ein­mal geschafft. Die Sin­foni­et­ta Mainz und Michael Mil­lard sind ein Ges­pann, das begeis­tern kann. Das Pro­gramm war dieses Mal aber auch ger­adezu darauf aus­gelegt, den Applaus her­vorzuk­itzeln: Mit Beethovens fün­ftem Klavierkonz­ert und Dvořáks neunter Sym­phonie lagen zwei aus­ge­sprochen bekan­nte und pop­uläre Werke auf dem Pult. Und den­noch: Auch die muss man spie­len kön­nen, der Beifall ist keineswegs automa­tisch. In der Phönix­halle war er aber ver­di­ent. Denn die Laien­musik­er der Sin­foni­et­ta, die in diesem Jahr ihren 40. Geburt­stag feiert, präsen­tieren sich als voll­w­er­tiges Orch­ester, bei dem schnell vergessen kann, dass hier keine Profis auf der Bühne sitzen.

Michael Mil­lard hat mit dem Orch­ester einen schö­nen, weichen Klang entwick­elt, der sich vor allem sehr har­monisch präsen­tiert: Die Stre­ich­er klin­gen voll und samtig, die Bläs­er klar und präsent. Vor allem die Blasin­stru­mente haben in Dvořáks let­zter Sin­fonie mit dem Beina­men „Aus der neuen Welt“ ja einige Hür­den zu über­sprin­gen. Nicht nur das Solo des Englis­chhorns am Beginn des zweit­en Satzes, auch alle anderen Holz- und Blech­bläs­er treten an der einen oder anderen Stelle exponiert in Erschei­n­ung. Und das gelingt ihnen in der Phönix­halle vor allem pos­i­tiv.
Mil­lard unter­stützt das mit seinem Diri­gat. Direkt und unver­stellt, aus­ge­sprochen nüchtern lässt er der Musik mit ihren bekan­nten Melo­di­en viel Raum — fast lakonisch klingt das ger­ade in den ersten Sätzen. Und deswe­gen gelin­gen auch die großen Gesten hier so gut, ohne ins lächer­lich-kitschige abzukip­pen. Mit zunehmender Emphase ins Finale

Das fün­fte Klavierkonz­ert von Beethoven, mi dem das Konz­ert in der voll beset­zen Phönix­halle begann, wirk­te dann im Rück­blick fast etwas zahm. Zurück­hal­tende Tem­pi schlug Mil­lard hier an und zeigt sich sehr auf Genauigkeit bedacht. Dadurch wirkt das, vor allem im ersten Satz, oft etwas gebremst und zurück­hal­tend. Auch der Pianist Johannes Nies kann das Konz­ert nicht so recht aus seinem Korsett befreien: Das ist alles nicht verkehrt, aber auch nur bed­ingt mitreißend, son­dern vor allem glatt und sauber. Aber immer­hin vere­int Orch­ester und Solist immer wieder die Klarheit der Struk­tur und ihre Klangschön­heit – schließlich sind bei­des Werke mit dur­chaus dif­fizil­er Klan­glichkeit. Das ein Ama­teu­rorch­ester sich so etwas vorn­immt, zeigt das Selb­st­be­wusst­sein des Ensem­bles. Und dass sie es so gut spielt, zeigt, dass die Sin­foni­et­ta Mainz dieses Selb­stver­trauen zu Recht hat.

(geschrieben für die Mainz­er Rhein-Zeitung.)

Mainz liegt am Meer — zumindest in der fünften Jahreszeit

Zum Schluss ste­ht das sin­gende Pub­likum. Und das ist kein gewöhn­lich­er Anblick für ein Sin­foniekonz­ert. Aber auf der Bühne sieht es auch nicht ganz nor­mal aus: Die Bratschen zum Beispiel kom­men direkt aus dem Kranken­haus. Manche hän­gen noch am Tropf, andere sitzen im Roll­stuhl, haben Ban­da­gen nicht nur um die Köpfe, son­dern auch um die Instru­mente, ver­brauchen Binden und Papier­taschen­tüch­er im Minu­ten­takt. Auch son­st ist das Phil­har­monis­che Staat­sor­ch­ester ein wilder Haufen – zumin­d­est dem Ausse­hen nach.

Denn klan­glich hat Chefdiri­gent Her­mann Bäumer sein Orch­ester fest im Griff. Sog­ar als stilecht über die Bühne trip­pel­nde Geisha, die ihren Diri­gen­ten­stab aus dem kun­stvoll Haar­knoten zaubert. Und bei jedem Auftritt beina­he an der Stufe auf das Diri­gen­ten­podest scheit­ert.
Dabei hat­te alles so gesit­tet ange­fan­gen, fast wie ein ganz nor­males Sin­foniekonz­ert des Staat­sthe­ater. Freilich, die bunte Garder­obe der Zuhör­er war ein erster Hin­weis. Und das Pub­likum war von Beginn an nicht in Abendgarder­obe, son­dern in Feier­laune. Auch das Pro­gramm ver­band mit Jacques Offen­bach, Hec­tor Berlioz, Leonard Bern­stein und Hen­ry Wood Kom­pon­is­ten, die son­st nicht unbe­d­ingt zusam­men erklin­gen. Aber wenn man zeigen will, dass Mainz wirk­lich am Meer liegt, wie der Titel vorschlägt, muss man sich eben ein biss­chen anstren­gen. Und das tat das Orch­ester auch. Mit großzügi­gen Gesten, viel Effekt – aber dur­chaus mit Sub­stanz und Feinge­fühl.

Kein Wun­der, das ist ja auch kein nor­males Konz­ert, son­dern die Sym­phonie Fast­nach­tique. Son­st wäre Lars Rei­chow als Con­fer­enci­er auch ziem­lich fehl am Platz. Erzählt und erheit­ert wie gewohnt, lässt die Musik­er dur­chat­men und das Pub­likum mit seinen Witzen und kleinen Geschicht­en durch­lachen. Und manch­mal gelingt ihm sog­ar eine pass­ge­naue Über­leitung zur näch­sten Musik. Aber richtig lock­er wurde das erst nach der Pause: Mit der tra­di­tionellen Konz­ertk­lei­dung haben die Musik­er offen­bar auch die Zurück­hal­tung abgelegt. Die Num­mern aus Paul Abra­hams Operette „Die Blume von Hawaii“ zeigten, dass das Mainz­er Orch­ester auch erstk­las­sige Unter­hal­tungsmusik bieten kann: Swin­gend, marschierend und tänz­erisch, unter­stützt vom fröh­lichen The­ater­chor und einem sou­verä­nen Solis­ten­quin­tett – die einzi­gen übri­gens, die dem Frack treu blieben. Aber auch sie kon­nte die Füße nicht immer still­hal­ten. Und Tanz­musik ist das ja auch, irgend­wie: Schon Bern­steins Tänze aus „On the Town“ oder die aus der „Last Night of the Proms“ bekan­nte Fan­ta­sia on British Sea Songs von Hen­ry Wood. Der dazuge­hörige Union Jack wurde dann allerd­ings dann auf der Bühne geschwun­gen – und sofort mit Fast­nachts­far­ben und 05er-Flaggen neu­tral­isiert. Vor allem aber eben die Songs aus der Blume von Hawaii brin­gen Hände und Füße zum Zuck­en.

Großar­tig wird es dann noch ein­mal bei der Zugabe. Und so richtig fast­nachtlich, mit Klatschen, Schun­keln und dazuge­hörigem Mitsin­gen. Da verzei­ht man den Solis­ten auch, dass sie dafür noch Spickzettel brauchen – schließlich kom­men ja einige aus Wies­baden.

(geschrieben für die Mainz­er Rhein-Zeitung.)

Himmlische Freuden

„Wir genießen die himm­lis­chen Freuden“ — das Mot­to für seine Inter­pre­ta­tion scheint der Diri­gent Peter Hirsch direkt aus dem Schlusssatz der vierten Sin­fonie von Gus­tav Mahler genom­men zu haben. Damit endete er das dritte Sin­foniekonz­ert im Staat­sthe­ater – und damit tri­um­phierten er und das Phil­har­monis­che Staat­sor­ch­ester. Anfangs, bei Leos Janáceks Orch­ester-Bal­lade „Des Spiel­manns Kind“, reagierte das Mainz­er Pub­likum noch sehr zurück­hal­tend. Nicht ganz ohne Grund, denn das blieb wirk­lich noch ziem­lich blass. Gefall­en hat­ten auch Alban Bergs „Drei Bruck­stücke“ aus dessen Oper Wozzeck nicht – obwohl Hirsch und die Sopranistin Mar­lene Mild den grausi­gen Schreck­en dieser Musik sehr über­legt und gekon­nt Gestalt wer­den lassen. Aber ob das Pub­likum dann so eine Mahler-Sin­fonie erwartet hat­te? Denn Hirsch ging einen eige­nen, sehr gefährlichen Weg: Er radikalisierte die 1901 uraufge­führte Sin­fonie total – zu ein­er emi­nent mod­er­nen Musik.

Der in dieser Hin­sicht dur­chaus extrem­istis­che Diri­gent änderte auch sein Auftreten vol­lkom­men: Er schwebt fast vor dem Orch­ester, der Tak­tschlag ist kaum noch zu erken­nen, für jeden Klang formt er eine eigene Geste, ja fast eine eigene Erschei­n­ung. Per­ma­nent ver­wan­delt er sich vom imposan­ten Großmeis­ter und Domp­teur zum scheuen Kitz, vom steifen Zel­e­bran­ten zum wild fuchtel­nden Der­wisch: Und jed­er Klang, jede Phrase klingt dann auch ganz eigen. Diese Sin­fonie ist ein einziges Fest der Ambivalen­zen: Hirsch lässt sie im Zus­tand der per­ma­nen­ten Störung spie­len. Ruhe und Ord­nung, oder auch nur so etwas wie Gle­ichgewicht, gibt es hier nicht. Oder höch­stens ganz kurzzeit­ig. Leicht geht hier nichts, Verzögerun­gen und Stolpern wer­den zur geplanten Nor­mal­be­we­gung.

Und doch ist das Phil­har­monis­che Orch­ester immer ganz bei sich: Sein durch­weg sehr klar­er, schlanker Klang wird dann im zweit­en Satz etwa wun­der­bar hohl. Und vor allem ist das Orch­ester in der Lage, die irrsin­ni­gen Span­nun­gen, die Hirsch fordert, wirk­lich auszuhal­ten. Er zerdehnt die Musik gerne bis an die Schmerz­gren­ze, forciert Brüche bis kurz vor das Reißen – und das immer wieder und wieder. Ein uner­messlich riskantes Spiel ist das: Schafft er es, die schw­eren Zen­trifu­galkräfte noch im Schach zu hal­ten? Oder fliegt ihm gle­ich alles um die Ohren? Man erwartet die Katas­tro­phe fast in jedem Takt, nach jed­er Phrase rech­net man mit dem Chaos – und jedes Mal wird man erneut ent­täuscht. Oder eben begeis­tert: Selb­st im unendlich quälend langsamen drit­ten Satz wird die Span­nung nahezu unerträglich aus­geweit­et. Doch alles hält – auch dank Mar­lene Mild, die mit unschuldig-klarem Ton fast überdeut­lich wirkt. In der Kom­bi­na­tion ist das eine nahezu absurde Energie, die Hirsch aus der Sin­fonie entwick­elt. Und damit hat der Diri­gent fast geschafft, dass die Schlusszeilen wahr wer­den: „Kein’ Musik ist ja nicht auf Erden, die unser­er ver­glichen kann wer­den.“

(geschrieben für die Mainz­er Rhein-Zeitung.)

 

Warten und Erfüllung

Der Star und der Höhep­unkt des Abends ließ lange auf sich warten. Zunächst war erst ein­mal das Pflicht­pro­gramm zu absolvieren. Genau so spielte die Deutsche Staat­sphil­har­monie unter Karl-Heinz Stef­fens Mozarts Posthorn-Ser­e­nade am Beginn des zweit­en Meis­terkonz­erts allerd­ings auch: mit fül­ligem Klang, aber ohne jede erkennbare Idee und lei­der auch ohne hör­bare Energie. Sich­er, das ist nicht ger­ade Mozarts span­nend­ste Par­tiur. Aber so lang­weilig muss es nicht zwangsläu­fig sein. Es blieb also beim Warten. Und auch nach der Pause war das Warten beim Meis­terkonz­ert in der Rhein­gold­halle noch nicht ganz vor­bei. Das Orch­ester saß schon längst bere­it, bis Max­i­m­il­ian Hor­nung dazu stieß. Aber es hat sich gelohnt, auf den jun­gen Instru­men­tal­is­ten zu warten. Denn der Münch­n­er Cel­list brachte das drin­gend notwendi­ge Leben in die Musik, mit dem ersten Cel­lo-Konz­ert von Camille Saint-Saens, und machte endgültig Schluss mit dem Warten. Sein sehr tragfähiger, aber nie auf­dringlich­er Ton vib­ri­erte vor Lebendigkeit. Ständig verän­derte er sich, ließ Nuan­cen ohne Zahl schim­mern und gleißen. Mit Vehe­menz attack­ierte sein Bogen die Sait­en – und schaffte es doch, die Töne weich schweben zu lassen und har­monisch abzu­run­den. So dynamisch wie seine Tonge­bung war auch seine Inter­pre­ta­tion: Bes­timmtheit und Selb­st­be­wusst­sein waren die entschei­den­den Charak­ter­is­ti­ka. Jed­er Ton, jede Phrase verkün­dete: Das muss jet­zt hier unbe­d­ingt genau so klin­gen. Und Hor­nung kann das auch so spie­len. Er ver­sank – was bei Saent-Sains dur­chaus nahe liegt – nie in sen­ti­men­talem Gehabe, son­dern entwick­elte eine präzise Emo­tion­al­ität. Nur lei­der ist das alles viel zu schnell wieder vor­bei.

Und nach diesem Höhep­unkt in der Konz­ert­mitte schien auch das Lud­wigshafen­er Orch­ester wie aus­gewech­selt. Die Staat­sphil­har­monie spielte nun deut­lich freier und vitaler, mit mehr Ein­satz und mehr Seele. Claude Debussys „La mer“ wurde deshalb zum passenden Abschluss ein­er Rei­he zunehmend exo­tis­cher­er Musik. Zunächst ließ Stef­fens sein Orch­ester ein richtig unfre­undlich­es, aus­ge­sprochen unwirtliche Bild des Meeres malen. Mit eini­gen Kan­ten und Hak­en wider­set­zte sich das jed­er Roman­tisierung. Und er steigerte das noch: Die dritte sin­fonis­che Skizze Debussys, den Dia­log zwis­chen Wind und Meer, dirigierte er als rein­sten Ner­venkitzel – ein echter Thriller. Und die Staat­sphil­har­monie belebte diese aus­ge­sprochen kun­stvoll geschaf­fene Klang­welt bis zur wilden Dringlichkeit und der Beina­he-Ekstase– das Warten hat sich dop­pelt gelohnt.

(geschrieben für die Mainz­er Rhein-Zeitung.)

Klassik im Klub

Ein Flügel mit­ten im Roxy, zwis­chen den Sofas unter Lüstern – das ver­wan­delt den Club fast in einen großbürg­er­lichen Salon des 19. Jahrhun­derts. Nicht nur der Raum ver­weist auf diese längst unterge­gan­gene Form der gesel­lig-kul­turellen Unter­hal­tung. Auch die Musik, die der Pianist Kai Schu­mach­er sich aus­ge­sucht hat, passt in diese Tra­di­tion: Vor­wiegend kleinere, charak­ter­is­tis­che Stücke hat er aufs Pro­gramm geset­zt – keine schw­erver­dauliche klas­sis­che Kost, son­dern char­mante Musik, die auch Nicht-Experten goutieren kön­nen.

Auch das Pub­likum ver­hält sich automa­tisch viel lock­er­er als im „nor­malen“ Konz­ert: Zwan­g­los im Club verteilt, wo sich ger­ade ein Plätzchen zum Sitzen find­et. Viel geplaud­ert wird auch in diesem post­mod­er­nen Salon. Und dann doch ganz aufmerk­sam gelauscht. Denn das Ziel des Vere­ins der „Fre­unde Junger Musik­er“, die das Klavierkonz­ert im Roxy organ­isierten, war nicht, den Salon wieder zu beleben. Son­dern ein neues, jün­geres Pub­likum für die Klavier­musik zu erschließen und begeis­tern. Halb­wegs kön­nte das funk­tion­iert haben, immer­hin waren – neben dem üblichen Konz­ert­pub­likum — auch eine Menge junge Leute gekom­men. Ob das dauer­haft wirkt, wird man sehen müssen. Auf jeden Fall ist so ein deut­lich ver­jüngtes Pub­likum offen­sichtlich wesentlich begeis­terungs­fähiger, so offen­sive Beifalls­bekun­dun­gen sind son­st eher sel­ten.

Nicht ganz zu unrecht allerd­ings haben sie im Roxy ihren Platz. Kai Schu­mach­er hat nicht nur ein her­vor­ra­gen­des Pro­gramm entwick­elt, son­dern ist auch als Musik­er so viel­seit­ig, dass er beispiel­sweise prob­lem­los zwis­chen George Gersh­win und Felix Mendelssohn Bartholdy hin und her wech­seln kann: Er begann mit ein­er kleinen Auswahl der Mendelssohn­schen „Lieder ohne Worte“, durch­set­zt mit Songs und Pre­ludes von Gersh­win. Und streute in diese far­big gespielte Mis­chung dann auch noch ein paar pianis­tisch-vir­tu­ose Bear­beitun­gen von Rock­songs ein, die sein­er Vir­tu­osität viel Raum lassen. Und sein Faible für Rock blitzt immer wieder auf – bis zulet­zt: Als Zugaben spielt er Songs von den Foo Fight­ers und von Slay­er. Auch wenn man das fast gesagt bekom­men muss: Das ist ganz stark der Tra­di­tion der vir­tu­osen Klavier­bear­beitung des 19. Jahrhun­derts verpflichtet, so dass die Schu­mach­er­schen Adap­tio­nen sich naht­los ins klas­sis­che Rper­toire ein­fü­gen. Auch wenn er sehr kraftvoll don­nern kann, selb­st mit dem kleinen Flügel im Roxy. Und damit ist er auch schon wieder direkt bei Franz Liszt, der auch mehrmals im Pro­gramm auf­taucht – es hängt eben alles zusam­men.

Aber auch andere Pfade in die Gegen­wart steuert Schu­mach­er an. Zum Beispiel mit ein­er Min­i­mal-Music-Sec­tion, die – wieder ein­mal – bei Liszt anfängt, den eher unbekan­nten med­i­ta­tiv-repet­i­tiv­en „Nuages gris“, und über Erik Satie bis zu Philipp Glass führt, den Schu­mach­er mit ein­er sehr lebendig-sprühen­den Inter­pre­ta­tion des „Mad Rush“ vorstellt. Nicht nur hier, immer wieder merkt man: Nicht allein das Roxy hat seinen Spaß, auch Kai Schu­mach­er freut sich von Herzen an sein­er Musik. Und das ist immer ein gutes Zeichen.

(geschrieben für die Mainz­er Rhein-Zeitung.)

Musik aus Stein

Hek­tis­che Betrieb­samkeit herrscht im Konz­ert­saal des Peter-Cor­nelius-Kon­ser­va­to­ri­um: Fernsehkam­eras wer­den justiert, die Pho­tographen verteilen sich an strate­gisch gün­sti­gen Posi­tio­nen im ganzen Saal, die let­zten Besuch­er suchen verge­blich nach freien Sitz­plätzen. Es ist ganz deut­lich: Hier geschieht etwas Beson­deres, die Erwartung liegt in der Luft.

„East meets West” heißt das, was hier gle­ich passiert. Und es soll die Frage beant­worten: Wie klingt Stein? Denn nicht nur tre­f­fen hier im Mainz­er Kon­ser­va­to­ri­um chi­ne­sis­che und deutsche Musik und Musik­er zusam­men, die Instru­mente aus Chi­na sind außer­dem auch aus einem ganz beson­deren Stoff: Aus Stein eben. Zhongt­ian Shao hat sie gebaut. Das ist auch wieder ungewöhn­lich, denn Shao ist eigentlich Bild­hauer. Aber er hat die Soft­jade, einen speziellen Stein, für sich ent­deckt und irgend­wann nicht nur Plas­tiken bear­beit­et, son­dern auch tadi­tionelle chi­ne­sis­che Musikin­stru­mente aus dem grün schim­mern­den Stein geformt: Eine Erhu zum Beispiel, eine ein­fache zwei­seit­ige chi­ne­sis­che Fiedel. Oder die Pipa, eine Art Laute. Und auch größere Instru­mente wie die Guzheng, eine Zither­vari­ante und ein chi­ne­sis­ches Hack­brett, Yangqing genan­nt, ent­standen aus dem für Instru­menten­bauer ungewöhn­lichen Stoff.

Vier Solistin­nen aus Chi­na führten die vier Instru­mente vor, mit mehr oder weniger tra­di­tioneller Musik aus allen Teilen des Reich­es. Und über­raschen­der Weise klingt der Stein gar nicht so anders: Etwas weniger Kör­p­er, weniger Vol­u­men haben die Sait­enin­stru­mente in ieser Form. Aber ihr charak­eris­tis­ch­er Klang bleibt dur­chaus erhal­ten und zu erken­nen.

Die Musik­erin­nen zeigen die Fähigkeit­en der tra­di­tionellen Instru­mente mit passender Musik: Pit­toreske Ton­malereien vor allem, immer mit pro­gram­ma­tis­chen Titeln, sie schildern Land­schaftss­chön­heit­en und die brav arbei­t­en­den Leute dort. Das heißt dann Pfer­deren­nen, Tanz der gold­e­nen Schlange, Kampf gegen den Tai­fun oder „Kleine Schwest­er auf der Steppe”. So poet­isch die Titel sind, so gefäl­lig ist die Musik – über­raschend fast, wie wenig fremd das klingt. Am stärk­sten und beein­druck­en­sten gelingt das bei der von Hang Zhang vir­tu­os gespiel­ten Guzheng – auch wegen der frem­dar­ti­gen Stim­mung und der

Eigentlich war außer­dem für die wirk­liche, direk­te Begeg­nung von Ost und West eine Urauf­führung vorge­se­hen, die die östlichen Instru­mente mit dem Marim­baphon von Mar­tin Fuchs vere­int hätte – lei­der ist der Kom­pon­ist Mingx­in Du aber krank gewor­den. Immer­hin hat das chi­ne­sis­che Quar­tett mit Fuchs zusam­men in der kan­tone­sis­chen Unter­hal­tungsmusik „Xi Yan Yan” von Liu Ming Yan einen Ersatz gefun­den. Der Titel ver­heißt Fröh­lichkeit – und die Musik löst das auch ein. Eine beschwin­gende, pos­i­tiv ges­timmte Musik aus ein­er heilen Welt.

Und weil das Marim­baphon schon auf der Bühne stand, spielte Fuchs dann auch gle­ich noch das erste Marim­baphon-Konz­ert von Ney Rosauro. Das bot vor allem ihm viel Raum, seine vir­tu­ose und nuan­cen­rei­hen Schlagtech­nik zu beweisen – gemein­sam mit dem eben­falls engagiert und besselt musizieren­den Orch­este des Kon­ser­va­to­ri­ums unter Ger­not Sahler.

(geschrieben für die Mainz­er Rhein-Zeitung.)

 

Ein feines Streichquartett. Und ein Klavierquintett

So etwas nen­nt man wohl „Roman­tik pur”: Die Vil­la Musi­ca wählt nicht nur bei den Spielorten roman­tis­che Erleb­nisse, son­dern auch beim Konz­ert­pro­gramm. Zumin­d­est für die Eröff­nung der „Musik in Bur­gen und Schlössern”. Das Eisler-Quar­tett set­zte den Auf­takt für die zwanzig­ste Spielzeit näm­lich mit zwei wesentlichen Werken den Roman­tik: Dem e‑Moll-Stre­ichquar­tett aus Opus 44 von Felix Mendelssohn Bartholdy und Antonín Dvořáks Klavierquin­tett in A‑Dur.

Mendelssohns Stre­ichquar­tett ist schon deshalb eine gute Wahl, weil es fast in Mainz ent­stand – auf der Hochzeit­sreise des jun­gen Musik­ers, inspiri­ert von den roman­tis­chen Land­schaften des Rheins und sein­er Städte. Die hier­bei aus­gedachte Musik gibt sich oft sehr zauber­haft, auch in ihren undurch­dringlich scheinen­den, ver­schleierten For­men. Dazu passt die beina­he undurch­schaubare Entste­hungs­geschichte, weil der Kom­pon­ist immer und immer wieder geän­dert und verbessert hat.

Davon, von diesen Ver­wirrspie­len, hört man in der Vil­la Musia vom Eisler-Quar­tett naturgemäß nichts. Was man aber hört, ist die Inspi­ra­tion und die Lebens­freude ihres Sch­pfers. Das Berlin­er Quar­tett ver­liert sich allerd­ings nicht im roman­tis­chen Gefühlsreigen, son­dern strebt hör­bar nach Klarheit. Deshalb spie­len sie die Mendelssohn­sche Schöp­fung auch mit dichtem Klang, ganz eng ver­webt und mit sehr genau aus­gear­beit­eten Übergän­gen. Dabei klin­gen sie zugle­ich forsch, fast unbeküm­mert – aber auch das scheint nur so und ver­rät eher große Kun­st als Nach­läs­sigkeit.

Dvořáks Klavierquin­tett hat eben­falls eine kuriose Entste­hungs­geschichte: Entwed­er wollte er ein Jugendw­erk verbessern oder kon­nte die alten Noten nicht find­en – jeden­falls schrieb Dvořák kurz­er­hand in weni­gen Tagen ein neues Quin­tett. Egal warum, das ist auf jeden Fall ein Glück für uns, weil sich das Eisler-Quar­tett nun mit Kallle Ran­dalu am Klavier daran erfreuen kann. Und nicht nur bei den Musik­ern ist die Freude über das eigene Tun groß, auch beim Pub­likum.

Grund dafür gibt es mehr als genug: Wuchtig, aber nie schw­er­fäl­lig, mit lebendi­ger Konzen­tra­tion auf das Wesentliche demon­stri­eren sie kraftvoll, wie vielfältig Dvořáks Musik sein kann.

Trau­rig und heit­er, lock­er und schwärmerisch, nach­den­klich und aus­ge­lassen – sie reizen die Palette der kom­ponierten Emo­tio­nen weit aus. Und ihnen gelingt dabei ein kleines Kun­st­stück, das gar nicht so klein ist: Sie schaf­fen es näm­lich, ihr genau über­legtes Musizieren so klin­gen zu lassen, als ob sie die Par­ti­tur ger­ade vol­lkom­men neu ent­deck­en wür­den. Hier herrscht vom ersten Ton bis zum Schlus­sakko­rd eine unver­stellte Lebendigkeit und freudi­ge Bewe­gung vor. Genau von dieser inspiri­eren­den Wirkung müssen auch die Roman­tik­er geträumt haben.

(geschrieben für die Mainz­er Rhein-Zeitung.)

Routine und lichte Momente: Ein Klavierabend alter Schule

Man merkt es an jed­er Bewe­gung, vom ersten Auftreten über das Platznehmen bis zum let­zten Dank: Ivan Moravec ist schon lange im Geschäft. Über fün­fzig Jahre ist der tscheschiche Pianist schon unter­wegs – immer am Klavier. Auch in Mainz, der SWR hat ihn für das Feb­ru­ar-Konz­ert der Rei­he „Inter­na­tionale Pianis­ten“ verpflichtet. Und so sehr man ihm die Rou­tine des Auftretens auch anmerkt, die Musik kann er davon frei­hal­ten. Zumin­d­est teil­weise.

Denn sein weite Teile der Musikgeschichte umfassendes Pro­gramm – von Bach bis Debussy reicht der Bogen – präsen­tiert er mit sehr unter­schiedlichem Geschick und sehr unter­schiedlichem Gelin­gens­graden. Johann Sebas­t­ian Bachs Chro­ma­tis­che Phan­tasie und Fuge ist ohne Zweifel ein eher sprödes, abstrak­tes Stück. Aber so lang­weilig wie hier muss es nicht unbe­d­ingt sein. Doch auch Debussys kleine Suite „Pour le piano“ ver­rät im Frank­furter Hof kein einziges Geheim­nis, zeigt nichts, was nicht schon der Blick auf die Noten klar machen würde, und ist – trotz der geschwinden Tem­pi und der sicheren Nuancierung – ein­fach nur lang­weilig.

Aber dann, nach der frühen Pause, ist alles anders. Dabei sitzt genau der selbe Pianist am Flügel, dabei sind es die sel­ben Spiel­weisen und Inter­pre­ta­tion­stech­niken, die Moravec benutzt. Nur hier, bei den Klavier­w­erken Chopins, ist das passend und vor allem inspieriert. Gut, das zweite Scher­zo spie­len jün­gere Pianis­ten drastis­ch­er, tragis­ch­er und stärk­er kon­turi­ert. Aber zu wirk­lichen Groß­tat­en ist Moravec eben dur­chaus auch fähig. Die As-Dur-Polon­aise beweist das. Woran es liegt, ist unklar – aber irgend etwas an dieser Musik befähigt Moravec nun doch zu mehr als Rou­tine: Jet­zt auf ein­mal tastet er sich wirk­lich vor ins Innere der Musik, in ihrem Ideen- und Gefühlskos­mos – auch wenn da viele dun­kle Stellen lauern. Kein Wun­der, dass das Fun­da­ment dieser so harm­los Polon­aise-Fan­taisie betitel­ten Musik unsich­er abbröck­elt – der Zusatz „Fan­taisie“ weist ja schon darauf hin: Mit über­liefer­ten Mustern und klaren Vor­gaben ist es in dieser unbe­d­ingt sub­jek­tiv und indi­vidu­ellen Schöp­fung nicht mehr weit her. Aber ihre innere Span­nung und den drama­tis­chen Sinn, ihr eigen­er Klang und beständi­ge Unbeständigkeit – Moravec ver­wirk­licht alles, was zu ein­er vol­len­de­ten Inter­pre­ta­tion notwendig ist.

Wie er diese Polon­aise hier zauber­haft deut­lich und genau darstellt, wie er mit traumwan­d­lerisch­er Sicher­heit ihren ganz eige­nen Gehalt für sich erfasst und in diesem Moment zu Klang wer­den lässt: Das ist ein­fach großar­tig, span­nend und inspiri­erend – und alles ander als Rou­tine. Auch nach über fün­fzig Jahren Konz­ert­da­sein.

(geschrieben für die Mainz­er Rhein-Zeitung)

Schön langweilig: Beethoven & Rachmaninov

Es sieht reich­lich selt­sam aus, was für einen kuriosen Tanz Hände und Arme von Yakov Kreizberg da auf­führen. Aber es funk­tion­iert: Der Diri­gent hat das SWR Sin­fonieorch­ester Baden-Baden und Freiburg beim Meis­terkonz­ert in der Rhein­gold­halle in jedem Moment fest im Griff – auch wenn seine Schlagtech­nik das nicht unbe­d­ingt ver­rät.

Mit riesi­gen, weit aus­holen­den Bewe­gun­gen schwingt der Diri­gent seinen extralan­gen Stab und ste­ht dann kurz darauf minuten­lang fast wie einge­froren und steuert die Orch­ester­musik­er mit winzig­sten Bewe­gun­gen zweier Fin­ger der linken Hand. Dabei hat er allerd­ings auch Unter­stützung: Kir­ill Ger­stein am Klavier gibt im fün­ften Klavierkonz­ert von Lud­wig van Beethoven gerne auch den einen oder anderen Impuls. Über­haupt ergänzen die bei­den sich hier sehr angenehm: Diri­gent und Pianist bevorzu­gen für das let­zte Klavierkonz­ert Beethovens, das vor fast genau 200 Jahren uraufge­führt wurde, eine weich abgerun­dete, har­monisch aus­ge­füllte Lesart, die garantiert nir­gend­wo aneckt.

Run­dum satt und zufrieden tönt der doch oft so rebel­lis­che Beethoven hier, ertrinkt fast in der Har­monie, Ein­tra­cht und Schön­heit dieser Musik. Ger­stein spielt das sehr sauber und immer mit unauf­dringlich­er, fast ver­steck­ter Bril­lanz. Dabei ver­birgt er sich und auch die meis­ten Akzente seines Parts hin­ter weichem Eben­maß. Die Musik, die da in der Rhein­gold­halle erklingt, ist nicht von dieser Welt – sie küm­mert sich aber auch gar nicht darum, sie ist mit sich selb­st und ihrer reinen Schön­heit schon mehr als zufrieden.

Auch das Orch­ester lässt sich da nicht lange bit­ten und schme­ichelt auf allen Ebe­nen. So richtig drehen die Musik­er des SWR-Orch­esters aber erst bei Sergej Rach­mani­nows zweit­er Sin­fonie auf. Auch die ist wiederum keine im eigentlichen Sinne span­nende oder anre­gende Musik. Denn Kreizberg bleibt sein­er Meth­ode – und seinem Dirigier­stil – treu: Mit gle­ichzeit­ig eck­i­gen und san­ft wogen­den Bewe­gun­gen lässt er die Sin­fonie zugle­ich fed­er­le­icht schweben und erwartungsvoll vib­ri­eren. Das tost und dröh­nt oft ganz gewaltig, schwellt immer wieder wun­der­bar auf und ab – denn wenn Kreizberg etwas kann, dann ist es das geschick­teste Phrasieren: Nie kommt die Musik zur Ruhe, nie erschöpft sich sein Drang zum ewigen Weit­er. Das ebnet die mon­u­men­tale Sin­fonie allerd­ings auch hin und wieder ein biss­chen ein – alles liegt sozusagen gle­icher­maßen auf dem Weg, der immer weit­er vor­wärts führt und nie ankommt. Aber dieser Weg ist ein unbe­d­ingt schön­er, ein Reigen selig­ster Melo­di­enkun­st in pur­er Präsenz. Und das klingt großar­tig – auch wenn es manch­mal selt­sam anzuschauen ist.

(geschrieben für die Mainz­er Rhein-Zeitung.)

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