zum abschied aus dem mainzer ensemble hat die sängerin elisabeth hagedorn sich ausgerechnet einen liederabend ausgedacht — mit einem ziemlich kunterbunten programm und durchaus wechselhaften qualitäten:
was wohl passieren würde, wenn diese frau wirklich am rhein stünde und sänge? gut, ihre haare sind ein wenig kurz aber sonst möchte man sich lieber nicht vorstellen, welche folgen ein liedvortrag elizabeth hagedorns am lorelei-felsen auf die rheinschifffahrt hätte. im kleinen haus setzte sie in güldenem kleid und rotem schal jedenfalls schamlos so ziemlich alle verführungskünste ein, über die eine sängerin von ihrem format gebietet. und wenn sie dann also traumverloren am flügel lehnt und die berühmten verse der lorelei in der vertonung von franz liszt singt, ist die volle macht der musik zu spüren. darum geht es ihr an diesem abend, einem abschied aus dem mainzer ensemble, offenbar. so ganz klar war das zunächst aber nicht. denn während der notenständer kontinuierlich von einer seite auf die andere wandert, wird ganz schnell klar: das spielen ist ihre wahre domäne. da, wo sie als sängerin und schauspielerin gefragt ist, singt sie auch am besten: bei richard strauss, bei franz liszt und alban berg und auch noch bei den liedern von charles ives. mit robert schumann und johannes brahms hat sie allerdings noch zwei komponisten auf ihrem programm, die viel mehr intimität und absolute klarheit im detail fordern. und das ist ihre stärke an diesem abend nicht so ganz. schumanns belsazar singt sie etwa mit spektakulärem stimmlichen aufwand das reißt schon mit. aber das lässt auch viel untergehen, von der ironie des heines-gedichtes ist nicht mehr viel zu spüren. auch die schlichten volksliedvertonungen von brahms passen nicht so recht zu ihrem stil: selbst hier sucht sie noch nach der großen bühne, dem theater in der musik.
dort, wo der komponist genau das verlangt, ist sie dann aber auch wirklich beeindruckend. etwa richard strauss schon das erste lied von ihm, die nacht, zeigt nicht nur die streng kontrollierte technik, sondern auch die treffende subtilität und das klangliche ebenmaß ihrer stimme. auch ihr pianist andreas stoehr kann mit spinnweb-feinen begleitfiguren wirklich überzeugen.
und so geht es dann auch den restlichen abend weiter. ob mit der idyllisch-reinen süße von liszts fischerknabe oder alban bergs nachtigall: elizabeth hagedorn serviert immer genau die richtige portion expressivität, wechselt vom empfindsamen verweilen zu schwebenden traumgedanken und lässt schließlich auch noch die schlichte poesie der musik von charles ives erblühen. und immer wieder wandert der notenständer von der einen seite zur andern. ein glück nur, das diese geballte portion verführung und verzückung auf der bühne des kleinen hauses niemanden von seinem weg ablenken konnte.