ein schwieriges unterfangen: das semesterabschlusskonzert. viel gutes war dabei, aber auch viel mist und verwerfliche ideen… das ist dabei herausgekommen:
Das erste gesungene Wort ist Programm: „Tröstet“ beginnt der „Messias“ von Händel. Denn Trost und Freude über die Ankunft des Erlösers sind es, die das Oratorium bestimmen. Selten wird das so deutlich wie beim Semesterabschlusskonzert von Chor und Orchester des Collegium musicum in der Phönixhalle. Denn hier kommt diese Initialzündung aus dem Mund von Daniel Sans – nicht nur aus dem Mund, aus tiefster Seele scheint sich die Gewissheit Bahn zu brechen. Ganz zart und weich setzt der Mainzer Tenor damit ein, entwickelt das eine, immer wieder wiederholte Wort dann mit genau dosierter, nie übertriebener Überzeugung mit sanfter Nachdrücklichkeit bis zur festen Gewissheit und Bestätigung: Der Trost ist gerechtfertigt, der Messias erschienen.
Auch sonst ist es ein Abend der Details. Die waren schon immer die besondere Spezialität von Joshard Daus. Dieses Mal übertreibt er es damit allerdings ein wenig. Denn die geradezu mikroskopische Genauigkeit ermöglicht zwar Klangstudien von besonderer Güte, führte aber andererseits zum Verlust von Klarheit und Struktur. Akzente gab es etwa fast gar nicht. Auch Händelsche Idee lassen sich kaum noch finden – dieser Messias ist viel mehr Mozart als Händel. Denn Daus hat sich für die Mozart’sche Bearbeitung des Oratoriums entschieden. Die hat unter anderem den Vorteil, dass man auf deutsch singen darf. Und das geschieht hier ausgezeichnet. Sowohl die Solisten als auch der Chor sind ganz besonders gut verständlich. Und gerade der Chor ist das Zentrum dieser Aufführung. Unentwegt strahlt er Besinnlichkeit und Andacht aus. Überhaupt spielt die Reinheit des Klanges eine ganz große Rolle für Daus. So vorsichtig nähert er sich dem Werk, als wäre die Musik selbst schon etwas Heiliges. Andererseits scheint der Dirigent bedacht zu sein, immer eine gewisse Mindestdistanz zum Werk und seiner Überzeugung der Erlösung zu wahren. Das wird vor allem dann deutlich, wenn einer der Solisten – etwa der impulsive Bass Ulf Bästlein – diesen Abstand überwindet.
Und so großartige Klangstillleben Joshard Daus dabei auch gelingen, voller feinste Schattierungen und unglaublichster Nuancen, umso stärker fallen die Nachlässigkeiten an anderen Stellen auf. Etwa die grausam unterbelichteten Holzbläser. Aber auch das strukturelle Problem seines Ansatzes liegt immer wieder deutlich zu Tage: Seine Klangbilder sind eben Stillleben im wahrsten Sinne des Wortes – ohne Bewegung und Entwicklung führen sie nirgends hin, sondern bleiben reine Momentaufnahmen. Das Oratorium wird deshalb zu einer langen Reihe von – an sich wunderschönen – Standbildern, die den eigentlich beabsichtigten Film aber nicht ersetzen können.