Mit seiner 2004 in Graz uraufgeführten Missa für Chor, Sopran und Percussion knüpfte Franz M. Herzog auf unterschiedlichste Weise an die lange Tradition der Messvertonungen an und versuchte, diese modern und eigenständig zugleich weiterzuführen. Eigentlich ist sie für konzertante Situationen gedacht, der Komponist kann sich aber auch Aufführungen der Einzelsätze im liturgischen Rahmen zu Recht gut vorstellen. Insbesonder das Kyrie und das Gloria bieten sich hierfür besonders an, gerne auch zusammen. Denn in diesen beiden Teilen verzichtet Herzog sowohl auf das Sopran-Solo als auch auf den Einsatz von Schlagwerk, so dass zwei rein a‑cappella gesetzte Messteile bleiben.
Das senkt den Anspruch freilich kaum. Denn Herzog macht es dem Chor nicht besonders leicht. Polyrhythmik exzessive Sekundreibungen in oft atonaler Umgebung mit wechselnden tonalen Zentren – das fordert schon ein sehr sicheres Ensemble.
Das Kyrie zeigt sich dabei von Beginn an als typisches Werk aus Herzogs Feder. Und das heißt, es entfaltet mit eigentlich recht einfachen kompositorischen Mitteln eine eindringlichen Tonsprache, die schon vom ersten Ton an wirkt. Hier ist es das mehrfach wiederholte rhythmische Pochen des „Kyrie eleison“, das langsam in den Frauenstimmen Spannung aufbaut. Der Bass löst das mit einer expressiv gegen dieses klopfende Bitten gesetzten Melodie auf. Und das Ganze wird dann noch in verschiedenen Konstellationen durchgespielt und schließlich mit einer meditativen Sekundschichtung des „Christe“ wirkungsvoll kontrastiert. Zum Schluss wird der mehrfach geteilte Chor wieder in Bewegung versetzt und zu den Mustern des Beginns zurückgeleitet.
Das Gloria knüpft mit seinem schrittweise aufgebauten Cluster der Einleitung noch einmal an den Mittelteil des Kyrie an. Mit verschiedenen Modellen der Imitation und Schichtung, mit vielfältigen Bezügen zum Kyrie und zu bereits etabliertem Material aus dem Gloria sorgt Herzog auch hier für abwechslungsreiche Klangwege. Die Spannung des expressiven Glorias ist dabei freilich immer und ausschließlich auf den Schluss gerichtet: Der flüssig entwickelte Chorsatz gipfelt selbstverständlich im abschließenden „Amen“. Ein eindrucksvoll klingendes zeitgenössisches Dokument gemäßigter Moderne.
Franz M. Herzog: Kyrie aus Missa für Chor, Sopran-Solo, Percussion für gemischte Stimmen (SATB divisi). Innsbruck: Helbling 2006. 14 Seiten. 4,50 Euro.
-: Gloria aus Missa für Chor, Sopran-Solo, Percussion für gemischte Stimmen (SATB divisi). Innsbruck: Helbling 2006. 18 Seiten. 4,50 Euro.
(geschrieben für die Neue Chorzeit, März 2008)
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