Ins Netz gegangen am 19.9.:
- #4 Emckes Expeditionen: Ich wähle | ZEIT ONLINE — Caroline Emcke hat wieder einen tollen Text in ihrer Expeditionen-Reihe geschrieben. Heute geht es darum, ob Nichtwählen eine valide Position sein kann — sie ist da ganz klar, und ganz auf meiner Linie: “Das ist Bullshit.” Und sie zeigt auch sehr plastisch und drastisch, warum das so ist:
Die These von der Austauschbarkeit und Verwechselbarkeit der Parteien und ihrer Programme ist so hanebüchener Unfug, dass der Verdacht aufkommen kann, die Wahlkampfmanager der CDU hätten sie in Umlauf gebracht. Wer den Status quo erhalten will, braucht nur zu behaupten, diese Wahlen machten keinen Unterschied oder, schlimmer noch: Wählen oder Nichtwählen mache keinen Unterschied. Das ist nicht nur sachlich falsch, sondern auch politisch obszön.
- Ich passte nie ganz zu meiner Umgebung — taz.de — Ina Hartwig hat für die taz den besten Nachruf auf Marcel Reich-Ranicki geschrieben, den ich (bisher) gelesen habe: kritisch, ohne gemein zu sein; bewundernd, ohne zu vergöttern; detail- und faktenreich, ohne zu belehren. Und sie trifft, wie mir scheint, ziemlich genau den Kern von Reich-Ranickis Kritikertätigkeit (also genau das, was ihn mir immer etwas unsympathisch bzw. unwichtig machte):
Auch theorielastiger Literatur gegenüber, etwa Robert Musils “Mann ohne Eigenschaften”, zeigte er sich nicht sehr aufgeschlossen. Alles, was sich Avantgarde nannte oder vermeintlich unsinnlich auf ihn wirkte, prallte an Reich-Ranicki geradezu lüstern ab. In Zuspitzung und Abwehr war er ein Meister, immer bereit, sich um der Pointe willen dümmer zu stellen, als er war.
Gegen Schluss weist sie noch auf etwas anderes Treffendes hin:
Seit Alfred Kerr hat es in Deutschland keinen derart populären Kritiker gegeben wie ihn, Marcel Reich-Ranicki. Nicht ausschließlich subtiler Geschmack, nicht unbedingt ästhetischer Wagemut haben Marcel Reich-Ranickis unglaublicher Karriere den Weg gewiesen, sondern sein schier ungeheurer Fleiß, seine Brillanz und der unbedingte Wille, Einfluss zu nehmen auf das literarische Geschehen in Deutschland, vor allem aber seine polarisierende, geschickt vereinfachende Rhetorik. Sein einzigartiges Temperament wusste alle Medien seiner Epoche zu bedienen, Radio, Zeitung, Buch und Fernsehen.
— diese Medienvirtuosität ist sicherlich ein wichtiger Bestandteil Reich-Ranickis gewesen.
- Juli Zeh im Interview: “Ein beobachteter Mensch ist nicht frei” | Kultur — Frankfurter Rundschau — Juli Zeh sagt im FR-Interview mal wieder viel richtiges und kluges. Zum Beispiel auf die Frage: “Es wird ja gern gesagt: Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten.”
Ich glaube nicht, dass die Leute das wirklich denken. Das sagen sie, damit man sie mit dem Problem in Ruhe lässt. Wenn man jemanden sagt: Gib mir mal deine Festplatte und lass mich kurz deine E‑Mails durchlesen, dann bekommt doch jeder ein mulmiges Gefühl. Die meisten möchten doch nicht einmal, dass die Partnerin oder der Partner die eigenen Mails liest, weil wir nämlich wohl etwas zu verbergen haben. Nicht ein Verbrechen, sondern einfach nur das, was man Privatsphäre nennt. Ein intimer Raum, der uns immer latent peinlich ist und den wir schützen. Ich denke, wer nichts zu verbergen hat, der hat bereits alles verloren.
Und später:
Ohne Geheimnisse gibt es kein Ich. Man verliert dann im Grunde sich selbst.
- Polit-Talkshows von ARD und ZDF: Objektiv und unparteilich war gestern | Magitek — ein Blog. — Sven hat sich die parteipolitische Zugehörigkeit der Gäste in den Talkshows von ARD & ZDF angeschaut — mit eher unangenehmen Folgen (früher hieß es immer — und wurde z.B. von Kepplinger auch empirisch mehr oder weniger bestätigt, die öffentlich-rechtlichen Medien hätten eine linksliberale Tendenz. Hier ist das sehr offensichtlich sehr anders.): Polit-Talkshows von ARD und ZDF: Objektiv und unparteilich war gestern
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