Lesen. Hören. Und ein bisschen schreiben.

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Wochenblog 9/​2023

Der Win­ter ist also noch ein­mal zurück. Zumin­dest was die Tem­pe­ra­tu­ren angeht, wenigs­tens hat es nicht wie­der geschneit – sonst ist das Fahr­rad­fah­ren in der Stadt doch immer kein Spaß. Das schö­ne, son­ni­ge Wet­ter konn­te ich aller­dings vor allem durch das Büro­fens­ter beob­ach­ten ;-) Und pünkt­lich zum Wochen­en­de wur­de es natür­lich wie­der grau, bedeckt und recht düs­ter. Das ewi­ge Schick­sal der Lohn­ar­bei­ten­den …

Und sonst hat ein­fach der All­tag geherrscht, kei­ne beson­de­ren Vor­komm­nis­se. So eine ganz gewöhn­li­che Woche ist aber auch mal nicht schlecht.

Text: Lan­ge­wie­sches pri­ckeln­de, inter­es­san­te, anre­gen­de Geschich­te Deutsch­lands (Vom viel­staat­li­chen Reich zum föde­ra­ti­ven Bun­des­staat), d.h. vor allem der deut­schen Nati­on und des deut­schen Staa­tes, fer­tig gele­sen. Lan­ge­wie­sche bün­delt hier eini­ges, was sich in der his­to­ri­schen For­schung der letz­ten Jah­re eigent­lich schon ange­deu­tet hat, aber noch immer nicht in die gro­ßen Meis­ter­er­zäh­lun­gen gelangt ist. Die sehen die Ent­wick­lung Deutsch­lands als Nati­on immer noch recht teleo­lo­gisch, auf das Wil­hel­mi­ni­sche Reich zustre­bend, und zugleich ger­ne als „Son­der­fall“. Lan­ge­wie­sche dage­gen erzählt anders: Immer wie­der die Kon­tin­genz beto­nend, die Unge­wis­sen­heit oder Offen­heit der wei­te­ren Ent­wick­lung (gera­de im 19. Jahr­hun­dert), die beson­ders im Ver­hält­nis von Reich und Staaten/​Ländern, in den ver­schie­de­nen Aus­prä­gun­gen der föde­ra­len Orga­ni­sa­ti­on, sich deut­lich zeigt. In der Tat sehr anre­gend, gera­de im Anspruch, nicht alles erzäh­len zu wol­len, son­dern sich auf wich­ti­ge Momen­te, Kern-Ent­wick­lun­gen zu beschrän­ken – es sind ja auch nur wenig mehr als 100 Sei­ten.

Auch been­det: Phil­ip Sara­sins gro­ßes Buch „1977″ – wirk­lich eine fas­zi­nie­ren­de Arbeit, die Geschich­te der Gegen­wart in wesent­li­chen Momen­ten neu zu den­ken und zu schrei­ben.

Außer­dem: Sla­ta Roschals klei­nen Gedicht­band „Wir tau­schen Ansich­ten und Ängs­te wie wei­che war­me Tie­re aus“ von 2021 (im wun­der­ba­ren hoch­roth-Ver­lags-Kol­lek­tiv), der trotz schö­nen, tref­fen­den Ver­sen der Sehn­sucht und Suche im Gan­zen dann doch etwas im All­tag ste­cken­bleibt und in sei­ner tro­cke­nen Lako­nie dabei auch manch­mal fremd und abwei­send wir­ken kann. Ihr Roman „153 For­men des Nicht­seins“, der mit ganz ähn­li­chen Metho­den arbei­tet, war dann doch fas­zi­nie­ren­der für mich.

Eben­falls gele­sen: Peter Stamms klei­ner Roman „Das Archiv der Gefüh­le“. Das ist dann doch eher belang­lo­se Kul­tur­in­dus­trie­wa­re, die sich den Anstrich kunst­haf­ter Gestal­tung gibt, das aber in keins­ter Wei­se (weder for­mal noch sprach­lich oder inhalt­lich) ein­lö­sen kann.

Ton: The Bran­den­burg Pro­ject: Tho­mas Daus­gaard hat mit dem Swe­disch Cham­ber Orches­tra nicht nur ein­fach eine gute Ein­spie­lung der Bran­den­bur­gi­schen Kon­zer­te von Bach vor­ge­legt, son­dern das mit sechs Auf­trags­kom­po­si­tio­nen zeit­ge­nös­si­scher Komponist*innen ergänzt, die jeweils auf ein Kon­zert direkt Bezug neh­men – moti­visch, in der Beset­zung oder eher gene­rell. Vor allem bei Mark-Antho­ny Tur­na­ge und Olga Neu­wirth ist dabei ziem­lich coo­le Musik ent­stan­den. Vor allem ergibt das aber drei sehr span­nen­de und auch unter­halt­sa­me Stun­den.

Bild: Det­lev Bucks Ver­fil­mung von Tho­mas Manns „Bekennt­nis­se des Hoch­stap­lers Felix Krull“ – ein behä­bi­ger, kon­ven­tio­nel­ler, ja lang­wei­li­ger Kos­tüm­film, der gera­de die ele­gant-sprit­zi­gen, unter­schwel­lig sub­ti­len Sei­ten der Roman­vor­la­ge völ­lig igno­riert und des­halb am Eigent­lich erstaun­lich deut­lich vor­bei­se­gelt.

Drau­ßen: Der Streak hält und es läuft wei­ter­hin (also jeden Tag), aber immer noch in mäßi­gem Umfang.

Bücherreihe

Aus-Lese #52

Ich pro­bie­re mal wie­der etwas Neu­es … Da ich mei­ne Mel­dun­gen „Aus-Lese“ mit einer kur­zen sub­jek­ti­ven Skiz­ze der jewei­li­gen Lek­tü­re und mei­nes Ein­dru­ckes dazu ver­se­hen habe, bedeu­tet das einen (zwar klei­nen) gewis­sen Auf­wand, der mich in der letz­ten Zeit weit­ge­hend davon abge­hal­ten hat, die Serie fort­zu­füh­ren. Also gibt es jetzt einen neu­en Ver­such im deut­lich redu­zier­ten For­mat …

Hei­mi­to von Dode­rer: Unter schwar­zen Ster­nen. Erzäh­lun­gen. Mün­chen: Deut­scher Taschen­buch-Ver­lag 1973. 153 Sei­ten. ISBN 978−3−423−00889−1.

Der schma­le Band mit Erzäh­lun­gen – über­wie­gend aus den 1950er und 1960er Jah­ren – hat es nicht geschafft, mei­ne respekt­vol­le Distanz zu Dode­rer zu ver­rin­gern. Ich erken­ne (und schät­ze) die Kunst­fer­tig­keit und das Stil­be­wusst­sein des Autors, aber davon abge­se­hen blei­ben mir die Tex­te (das ging mir mit sei­nen Roma­nen ähn­lich) eher fremd.

Wolf­gang Schul­ler: Cice­ro. Dit­zin­gen: Reclam 2018 (Reclam 100 Sei­ten). 101 Sei­ten. ISBN 978−3−15−020435−1.

Eine net­te kur­ze Fei­er­abend­lek­tü­re, die den Men­schen Mar­cus Tul­li­us Cice­ro flott, unter­halt­sam, auch poin­tiert por­trä­tiert. Dabei klingt das gro­ße (selbst­ver­ständ­li­che) Fach­wis­sen der römi­schen Geschich­te immer mit. Mir fehlt aller­dings etwas die genaue­re und aus­führ­li­che­re Beschäf­ti­gung mit den Inhal­ten von Cice­ros Wer­ken. Der Band bleibt (absicht­lich) weit­ge­hend (nicht nur, aber doch über­wie­gend) am Äuße­ren von Cice­ros Leben. – Natür­lich wäre das auch viel ver­langt, bei­des auf 100 Sei­ten zufrie­den­stel­lend zu erle­di­gen, das ist mir durch­aus bewusst. Für mei­nen Geschmack hät­te eine zumin­dest teil­wei­se Ver­schie­bung des Fokus aber den­noch gut getan.

Ger­hard Pop­pen­berg: Herbst der Theo­rie. Erin­ne­run­gen an die alte Gelehr­ten­re­pu­blik Deutsch­land. Ber­lin: Matthes & Seitz 2018 (Fröh­li­che Wis­sen­schaft 111). 239 Sei­ten. ISBN 978−3−95757−386−5.

Ein fas­zi­nie­ren­der Text. Ich könn­te aber nur schwer genau sagen, was das eigent­lich ist – und wor­auf der Text hin­aus will. Auf der Suche nach so etwas wie einer geis­ti­gen Signa­tur der BRD liest Pop­pen­berg Autoren und ihre Rück­bli­cke auf die letz­ten Jahr­zehn­te. So kom­men Phil­ipp Felsch, Frank Wit­zel, Ulrich Raulff und Fried­rich Kitt­ler gemein­sam in den Blick, wer­den genau (!) gele­sen und mit durch­aus sujek­ti­ve gefärb­ten Dar­stel­lun­gen und Erin­ne­run­gen kom­bi­niert. Das klingt jetzt viel selt­sa­mer als es im Text ist. Der ist näm­lich durch­aus fas­zi­nie­rend und gelehrt – eine über­aus anre­gen­de Mischung und auch eine anre­gen­de Lek­tü­re.

Valen­tin Sen­ger: Kai­ser­hof­stra­ße 12. 4. Auf­la­ge der Neu­aus­ga­be. Frank­furt am Main: Schöff­ling 2012. 316 Sei­ten. ISBN 978−3−89561−485−9.

senger, kaiserhofstraße 12 (cover)Roman oder auto­bio­gra­phi­sche Erzäh­lung – eigent­lich ist das ja egal. Was es auf jeden Fall ist: Eine – ange­sichts des Sujets – erstaun­lich leich­te und leicht­fü­ßi­ge Erzäh­lung der jüdi­schen Fami­lie Sen­ger vor und wäh­rend des Natio­nal­so­zia­lis­mus. Das ein­zig­ar­ti­ge dar­an ist, das merkt der Erzäh­ler auch selbst, wie wun­der­voll das gelingt: Ein Wun­der ist das Über­le­ben, ein Wun­der ohne Stau­nen. Natür­lich gibt es, ganz klas­sisch, Schwie­rig­kei­ten zu über­win­den. Aber um Ende siegt doch die Leich­tig­keit, das Leben, die fast unver­schäm­te Unver­nunft und Unbe­sorgt­heit des Erzäh­lers und sei­ner Fami­lie. Das gan­ze ist sehr direkt, unmit­tel­bar erzählt – ein Text, dem man sich kaum ent­zie­hen kann (und es ja eigent­lich auch nicht möch­te). Die meis­ten­teils knap­pen Kapi­tel, fast Erin­ne­rungs­bruch­stü­cke (vor allem im ers­ten Teil, der frü­hen Kind­heit des Erzäh­lers) machen dne Text auch gut zugäng­lich und kon­su­mier­bar – sicher­lich auch ein Fak­tor, der zum Erfolg des Buches, das seit 1978 in meh­re­ren Auf­la­gen und Aus­ga­ben (und Ver­la­gen) erschie­nen ist.

Nor­bert Frei/​Christian Morina/​Franka Maubach/​Maik Tänd­ler: Zur rech­ten Zeit. Wider die Rück­kehr des Natio­na­lis­mus. Ber­lin: Ull­stein 2019. 224 Sei­ten. ISBN 978−3−550−20015−1.

frei et al., zur rechten zeit (cover)Der Titel kün­digt eigent­lich eher eine Streit­schrift an: „Wider die Rück­kehr des Natio­na­lis­mus“. Das kann der Band aber kaum ein­lö­sen. Was er aber kann, und das durch­aus recht gut und über­zeu­gend: Hin­ter­grün­de für Ent­wick­lun­gen geben. Die Autor*innen bie­ten näm­lich eine Rück­schau auf die deut­sche Geschich­te seit 1945, in West und Ost, mit dem Fokus auf die diver­sen rech­ten, natio­na­lis­ti­schen Strö­mun­gen, Dis­kus­sio­nen und Par­tei­en, von der Ent­na­zi­fi­zie­rung bis in die unge­fäh­re Gegen­wart. Das ist als Ein­ord­nung und Argu­men­ta­ti­ons­hil­fe gut gemacht und gut zu nut­zen. Die gesamt­deut­sche Per­spek­ti­ve ist dabei durch­aus hilf­reich – unsi­cher bin ich aller­dings, ob Bücher wie die­se ihr Ziel wirk­lich errei­chen kön­nen …

Ins Netz gegangen (6.4.)

Ins Netz gegan­gen am 6.4.:

  • Do We Wri­te Dif­fer­ent­ly on a Screen? | The New Yor­ker → tim parks eher pes­si­mis­ti­sche sicht auf die gewan­del­te art und wei­se des schrei­bens und sei­ner begleit­um­stän­de durch die tech­no­lo­gi­sche ent­wick­lung der letz­ten jahr­zehn­te

    Just as you once lear­ned not to drink ever­y­thing in the hotel mini­bar, not to eat too much at free buf­fets, now you have to cut down on com­mu­ni­ca­ti­on. You have lear­ned how com­pul­si­ve you are, how fra­gi­le your iden­ti­ty, how important it is to cul­ti­va­te a litt­le distance. And your only hope is that others have lear­ned the same les­son. Other­wi­se, your pro­fes­si­on, as least as you thought of it, is finis­hed.

  • Das Spiel mit der Exzel­lenz | For­schung & Leh­re → micha­el hart­mann mit einer zurück­hal­ten­den, aber nicht über­schwäng­lich posi­ti­ven ein­schät­zung der exzel­lenz­stra­te­gie für die deut­schen uni­ver­si­tä­ten

    Die Éli­te hat gewon­nen, die Mas­se ver­lo­ren.

  • Peter Brötz­mann inter­view | It’s psy­che­de­lic Baby Maga­zi­ne → sehr schö­nes, offe­nes und ehr­li­ches inter­view mit peter brötz­mann, in dem er vor allem über sei­ne frü­hen jah­re – also die 1960er – spricht
  • Pro­vo­zie­ren und War­ten | Van → sehr schö­nes, ange­nehm freund­li­ches inter­view mit dem gro­ßen fre­de­ric rzew­ski:

    Ich habe nichts Ori­gi­nel­les kom­po­niert. Alles, was ich gemacht habe, ist von ande­ren zu klau­en. Aber auch Mozart hat links und rechts geklaut und Bach natür­lich genau­so. Du nimmst etwas, machst es auf dei­ne Art.

  • Ganz­jäh­ri­ge Som­mer­zeit wäre der „Cloxit“ | Riff­re­por­ter → trotz der grenz­wer­tig blö­den Über­schrift ein inter­es­san­ter text über die aus­wir­kun­gen einer mög­li­chen ganz­jäh­ri­gen som­mer­zeit in deutsch­land
cobweb in sunlight

Ins Netz gegangen (23.8.)

Ins Netz gegan­gen am 23.8.:

  • „Raus mit den pri­va­ten Autos!“ | Ber­li­ner Zei­tung → inter­view mit dem ber­li­ner ver­kehrs­for­scher andre­as knie, der vehe­ment für eine de-pri­vi­le­gi­sie­rung der pri­va­ten autos plä­diert:
    Seit 20 Jah­ren gibt es in Ber­lin kei­ne Ver­kehrs­po­li­tik, nur eine Pro-Auto-Poli­tik. Wir brau­chen aber eine Ver­kehrs­wen­de! Und die muss jetzt end­lich kon­se­quent in Angriff genom­men wer­den: mit einer radi­ka­len Ver­rin­ge­rung der Fahr­zeug­men­gen, der Weg­nah­me von Pri­vi­le­gi­en.
  • Patrio­tis­mus und Natio­na­lis­mus: Für Deutsch­land | Zeit → die his­to­ri­ke­rin mari­on det­jen ver­sucht sich an einer ent­gif­tung der debat­te duch begrif­s­sklä­rung, hier am bei­spiel von natio­na­lis­mus und patrio­tis­mus – mei­nes erach­tens ein ziem­lich anspre­chen­der ver­such, die bei­den begrif­fe his­to­risch bewusst für die gegen­wär­ti­ge pra­xis benutz­bar zu machen

    (Ich gehe jede Wet­te ein, dass eine Umfra­ge unter Ver­fas­sungs­pa­trio­ten und Leit­kul­tur­pa­trio­ten zu dem Ergeb­nis käme, dass Ers­te­re wesent­lich mehr Beet­ho­ven spie­len und mehr Goe­the-Gedich­te ken­nen als Letz­te­re.)

  • War­um ist die­ser Mann kein Held? | Zeit → jana hen­sel hat sig­mund jähn, den ers­ten deut­schen im all, besucht und denkt über die erin­ne­rung an men­schen wie ihn, die in der ddr bekannt waren und nun fast plan­mä­ßig ver­ges­sen und ver­schwie­gen wer­den, nach

    War­um ist das eigent­lich so? Ab und zu kann man dar­an erin­nern, dass ein Mensch wie Sig­mund Jähn auch dem Wes­ten gut zu Gesicht ste­hen wür­de, weil sein Lebens­lauf in vie­lem eben­falls eine exem­pla­risch deut­sche Bio­gra­fie des 20. Jahr­hun­derts ist. Und wenigs­tens alle paar Jah­re hilft es viel­leicht, den Ost­deut­schen anzu­mer­ken, dass unse­re Erin­ne­rungs­kul­tur sehr wahr­schein­lich zu west­deutsch ist.

  • „Wir müs­sen Frei­hei­ten bewusst ein­schrän­ken“ | taz → ein (lei­der etwas kur­zes) inter­view mit ulrich brand:

    Degrowth wür­de ande­ren For­men der Wirt­schaft Raum geben, öffent­li­chen Unter­neh­men, der soli­da­ri­schen Öko­no­mie und so wei­ter. […] Wir brau­chen sozia­le Bewe­gun­gen, kul­tu­rel­len Wan­del, pro­gres­si­ve Unter­neh­mer – und wir brau­chen Poli­tik. […] Der libe­ra­le Frei­heits­be­griff tut so, als könn­ten alle frei sein. Aber das stimmt nicht. Im Moment sind die frei, die Geld haben. Wir müs­sen uns demo­kra­tisch Regeln set­zen, die unse­re Frei­hei­ten bewusst beschrän­ken.

  • Die­se Frau­en müs­sen Sie ken­nen | Spie­gel → sibyl­le berg und freun­din­nen haben einen neu­en kanon erstellt bzw. damit zumin­dest ange­fan­gen.

    Die Welt wur­de durch Ord­nungs­sys­te­me, die vor­nehm­lich männ­li­che Geis­tes­grö­ßen auf­lis­ten, nicht zu einem erfreu­li­che­ren Ort.
    Dar­um ist es Zeit für eine neue Lis­te. Neue Namen mit Ideen, die viel­leicht etwas zu einem freund­li­che­ren Mit­ein­an­der in der Welt bei­tra­gen kön­nen. Und die für die ande­re Hälf­te der Bevöl­ke­rung auch Rele­vanz haben. Unser Kanon, um die­ses wei­he­vol­le Wort zu ver­wen­den, ist unvoll­stän­dig und sub­jek­tiv, wie es Auf­lis­tun­gen immer sind, aber er ist ein Anfang.

  • The Untold Sto­ry of Not­Pe­tya, the Most Devas­ta­ting Cyber­at­tack in Histo­ry | Wired → eine sehr lan­ge und sehr span­nen­de repor­ta­ge über den rus­si­schen cyber­war-angriff Not­Pe­tya auf die ukrai­ne und des­sen aus­brei­tung auf die welt:

    In fact, it was a clust­er­fuck of clust­er­fucks.

gefrorene schneeflocke

Ins Netz gegangen (13.12.)

Ins Netz gegan­gen am 13.12.:

  • „Mein Kampf“ wird öfter in der Schu­le gele­sen | SZ → die edi­ti­on scheint also tat­säch­lich zu wir­ken:

    Seit der Ver­öf­fent­li­chung der his­to­risch-kri­ti­schen Aus­ga­be von Adolf Hit­lers „Mein Kampf“ wird das Buch immer öfter an baye­ri­schen Schu­len behan­delt. Beson­ders in Mit­tel- und Berufs­schu­len wer­den jetzt mehr Aus­schnit­te der Hetz­schrift auf unter­schied­lichs­tes Wei­se in den Unter­richt ein­ge­bun­den.

  • Alles online? | digi­thek blog → von wegen alles ist digi­tal – die zen­tral­bi­blio­thek zürich hat in ihrem bestand mal nach­ge­schaut und ‑gezählt:

    Es ist noch längst nicht alles online ver­füg­bar, was in unse­ren Maga­zi­nen steht. Und wenn es digi­tal vor­han­den ist, dann lohnt sich ein Blick in die Biblio­theks­an­ge­bo­te. Goog­le hat zwar vie­les digi­ta­li­siert, auf­grund von Urhe­ber­rech­ten sind die Wer­ke aber nicht voll­stän­dig ver­füg­bar. Und man­che Titel fin­det man wirk­lich nur in den Biblio­the­ken.“

  • Die Media­the­ken von ARD und ZDF: ein Hor­ror­trip | Über­me­di­en → ste­fan stuck­mann hat sich (in einem recht lan­gen text) die media­the­ken der öffent­lich-recht­li­chen sen­der in deutsch­land ange­schaut – und ist recht unter­wäl­tigt. da bin ich ja fast froh, dass ich dank media­thek­view die sei­ten nur sel­ten auf­su­chen muss …
  • „Der Pan­zer auf der Brust der Stu­den­ten“ | Zeit → hart­mut rosa über stu­den­ten, leis­tungs- und zeit­druck und das ler­nen

    Uni­ver­si­tä­ten sind Refle­xi­ons­in­stan­zen der Gesell­schaft. Die Atem­lo­sig­keit des wis­sen­schaft­li­chen Betriebs exis­tiert und betrifft Stu­die­ren­de und Leh­ren­de. Ich den­ke, eine Gesell­schaft, die glaubt, sich so eine Refle­xi­ons­in­stanz nicht mehr leis­ten zu müs­sen, ist dem Unter­gang geweiht. Mensch­li­che Lebens­for­men kenn­zeich­nen sich auch dadurch, dass sie sich refle­xiv wei­ter­ent­wi­ckeln, durch die Art und Wei­se, wie sie sich selbst inter­pre­tie­ren und ver­ste­hen. Und das erfor­dert eine gewis­se Distanz zum ope­ra­ti­ven Gesche­hen. Wenn man die Uni­ver­si­tät als rei­ne Aus­bil­dungs­in­sti­tu­ti­on betrach­tet, ver­liert sie ihre Reflexions‑, Kor­rek­tur- und Repa­ra­tur­funk­ti­on. […] Die Rea­li­tät ist viel­leicht, dass die Uni­ver­si­tät zu einer Ent­frem­dungs­zo­ne wird. Ziel müss­te es sein, die Uni­ver­si­tät zu einem Reso­nanz­raum zu machen. Es ist ganz schwer, unter den gegen­wär­ti­gen Bedin­gun­gen, Reso­nanz­oa­sen zu schaf­fen.

  • Digi­ta­li­sie­rung, Effi­zi­enz und der Rebound-Effekt | trans­form → til­man sant­a­ri­us über den rebound-effekt und die digi­ta­li­sie­rung – nicht wahn­sin­nig neu, aber eine gute zusam­men­fas­sung

    Es scheint, dass die Digi­ta­li­sie­rung nicht so ent­spannt res­sour­cen­scho­nend ist, son­dern den gesell­schaft­li­chen Stoff­wech­sel in einer Wei­se neu anregt, die die glo­ba­le Ener­gie- und Res­sour­cen­nach­fra­ge belas­tet: Die Effi­zi­enz­ge­win­ne wer­den mehr als wett­ge­macht durch den gestie­ge­nen Kon­sum den die digi­ta­len Ser­vices und damit gesun­ke­nen Prei­se anre­gen.

spinnennetz mit tau (unsplash.com)

Ins Netz gegangen (10.10.)

Ins Netz gegan­gen am 10.10.:

  • Wer liest heu­te noch Arndt? | Lyrik­zei­tung & Poet­ry News → die lyrik­zei­tung zum streit um den namen der uni­ver­si­tät in greifs­wald:

    Wo „Arndt“ drauf­steht, ist heu­te in den aller­meis­ten Fäl­len schlimms­tes neo­na­zis­ti­sches „Gedanken“gut drin. Nicht alle, die auf dem Markt in Greifs­wald für Arndt als ver­meint­li­che Iden­ti­fi­ka­ti­ons­fi­gur demons­trier­ten, kann­ten die­sen brau­nen Sub­text. Eini­ge aber schon! Den ande­ren rufe ich zu: Lest mei­net­we­gen Arndt, den ori­gi­na­len. Die Geschmä­cker sind ver­schie­den wie die Mei­nun­gen. Aber paßt auf, ob wirk­lich Arndt drin ist, wo Arndt drauf steht.

  • Ach ja, und der Rauch | Get­idan → eini­ge mei­nes erach­tens gute und tref­fen­de beob­ach­tun­gen und ein­schät­zun­gen zur docu­men­ta 14
  • Bericht zu Lage der Nati­on | taz → ein­fach gut (oder eben auch nicht …)
  • The­lo­nious Monk – Exzen­tri­ker im Zen­trum der Jazz­ge­schich­te | NZZ → vor hun­dert jah­ren wur­de the­lo­nious monk gebo­ren

    Monk-Kom­po­si­tio­nen sei­en gefro­re­ne Monk-Soli, sei­ne Soli geschmol­ze­ne Monk-Kom­po­si­tio­nen, lau­tet ein schö­ner Satz. Er erklärt, war­um Monk-Stü­cke – selbst wenn sie von ande­ren schlecht gespielt wer­den – immer nach Monk klin­gen. Des­we­gen war Monk ein Genie. Auch nach sei­ner eige­nen Defi­ni­ti­on: «A geni­us is the one most like hims­elf.»

spinnennetz mit tau (unsplash.com)

Ins Netz gegangen (13.10.)

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  • Die The­se vom Sound der Revol­te | per­len­tau­cher → der per­len­tau­cher über­nimmt einen teil eines gesprä­ches aus dem „mit­tel­weg“, das wolf­gang kraus­haar mit mar­tin bau­er und ste­fan mör­chen geführt hat. hier geht es vor allem um poli­tik und pop, um demons­tra­tio­nen und open-air-kon­zer­te und den (angeb­li­chen) „sound der revol­te“ sowie die zeit­li­che dif­fe­ren­zie­rung die­ser zusam­men­hän­ge zwi­schen den spä­ten sech­zi­gern und den frü­hen sieb­zi­gern
  • Pech für Fuß­gän­ger: Selbst­fah­ren­der Mer­ce­des soll im Zwei­fel immer den Fah­rer schüt­zen | t3n → wenn das stimmt, was t3n berich­tet, dass der sicher­heits­ab­tei­lungs­lei­ter bei daim­ler bei auto­no­men fahr­zeu­gen den fah­rer schüt­zen und z.b. fuß­gän­ger opfern möch­te, zeigt das (wie­der ein­mal) ein­dring­lich, wie schlecht ethi­sche fra­gen bei inge­nieu­ren auf­ge­ho­ben sind …
  • Fuß­ball-Bericht­erstat­tung: „Nen­nen wir das bit­te nicht Jour­na­lis­mus“ | kress → inter­view mit ron­ny blasch­ke über die unfä­hig­keit des „sport­jour­na­lis­mus“, sich sei­nes gegen­stan­des, ins­be­son­de­re beim fuß­ball, jour­na­lis­tisch und kri­tisch zu nähern …
  • Umwelt­ex­per­te über Elek­tro­mo­bi­li­tät: „Bis 2050 kom­plett emis­si­ons­frei“ | taz → gutes (wenn auch kur­zes) inter­view mit mar­tin schmied vom umwelt­bun­des­amt:

    Ein emis­si­ons­frei­er Auto­ver­kehr ist ein gesamt­ge­sell­schaft­li­ches Pro­jekt, das wir alle brau­chen. Und ohne ent­spre­chen­de staat­li­che Ein­grif­fe wird es nicht gelin­gen. Der öffent­li­che Nah­ver­kehr, Rad­fah­rer und Fuß­gän­ger, aber auch Car­sha­ring müs­sen über bes­se­re Infra­struk­tur natür­lich auch geför­dert wer­den. Denn Elek­tro­au­tos lösen zwar die Pro­ble­me von Schad­stoff­be­las­tung in den Städ­ten, aber sie lösen nicht die Kon­flik­te um die begehr­ten und knap­pen Flä­chen.

Ins Netz gegangen (10.10.)

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  • Fleu­ron → coo­le sache: eine daten­bank von orna­men­ten des buch­drucks des 18. jahr­hun­derts

    Fleu­ron is a data­ba­se of eigh­te­enth-cen­tu­ry prin­ters’ orna­ments. Eigh­te­enth-cen­tu­ry books were high­ly deco­ra­ted and deco­ra­ti­ve. Their pages were ador­ned with orna­ments that ran­ged from small flo­ral embel­lish­ments to lar­ge and intri­ca­te head- and tail­pie­ces, depic­ting all man­ner of peo­p­le, places, and things. Fleu­ron includes orna­ments cut by hand in blocks of wood or metal, as well as cast orna­ments, engra­vings, and fleu­rons (orna­men­tal typo­gra­phy).

    Prin­ters’ orna­ments are of inte­rest to his­to­ri­ans from many disci­pli­nes (learn more here), not least for their importance as examp­les of ear­ly gra­phic design and craft­sman­ship. The­se minia­tu­re works of art can help sol­ve the mys­te­ries of the book trade, and they can be used to detect pira­cy and fraud.

  • We Need to Save the Inter­net from the Inter­net of Things | Mother­board → bruce schnei­er über die sicher­heits­pro­ble­me, die – schon jetzt abseh- und spür­bar, in naher zukunft aber um ein viel­fa­ches poten­ziert – das „inter­net of things“ dar­stellt

    What this all means is that the IoT will remain inse­cu­re unless govern­ment steps in and fixes the pro­blem. When we have mar­ket fail­ures, govern­ment is the only solu­ti­on. The govern­ment could impo­se secu­ri­ty regu­la­ti­ons on IoT manu­fac­tu­r­ers, for­cing them to make their devices secu­re even though their cus­to­mers don’t care. They could impo­se lia­bi­li­ties on manu­fac­tu­r­ers

    we need to build an inter­net that is resi­li­ent against attacks like this. But that’s a long time coming.

  • „vor­wärts“ und nicht ver­ges­sen? | car­ta → klaus vater über den „vor­wärts“, mit inter­es­san­ten anek­do­ten
  • Was läuft: Musik war immer wich­tig | der Frei­tag → über die musik, die seri­en für die end-cre­dits benut­zen …
  • Wei­ma­rer Repu­blik: Hat­te Wei­mar eine Chan­ce? | ZEIT ONLINE → die „zeit“ stellt zwei bewer­tun­gen der wei­ma­rer repu­blik gegen­über – von tim b. mül­ler und andre­as wir­sching. inter­es­sant die unter­schie­de (mül­ler wie­der­holt, was er seit zwei jah­ren auf allen kanä­len mit­teilt …), aber auch die gemein­sam­kei­ten. und viel­leicht soll­te man die bei­den ansätze/​bewertungen über­haupt gar nicht so sehr als gegen­sät­ze, son­dern als ergän­zun­gen betrach­ten …

Ins Netz gegangen (13.5.)

Ins Netz gegan­gen am 13.5.:

  • Woge­gen ich bin, wenn ich gegen die Neu­en Rech­ten bin | Ver­fas­sungs­blog → maxi­mi­li­an stein­beis über die neu­en rech­ten, die „iden­ti­tä­ren“ – und war­um es falsch ist, sie als (neo)nazis abzu­stem­peln
  • Inter­view – Kei­ne Reli­gi­on muss mit dem Grund­ge­setz ver­ein­bar sein → ganz tol­les inter­view mit dem islam­wis­sen­schaft­ler tho­mas bau­er, der u.a. sagt:

    Reli­gio­nen wer­den im Grund­ge­setz nicht gere­gelt. Das Grund­ge­setz regelt die Ver­fas­sungs­or­ga­ne der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land und gewährt den Bür­gern Schutz­rech­te. Kein reli­giö­ser Basis­text von der Bibel bis zum Koran ist mit dem Grund­ge­setz kom­pa­ti­bel. Es muss aber auch kei­ne Reli­gi­on mit dem Grund­ge­setz ver­ein­bar sein, weil sie nicht gel­ten­des Recht fest­le­gen. Die Ver­tre­ter die­ser Reli­gi­on dür­fen aber nichts machen, was gegen die Rechts­ord­nung ver­stößt. Wenn eine mus­li­mi­sche Grup­pe for­der­te, dass anstatt des Bun­des­prä­si­den­ten ein Kalif an die Spit­ze des Staa­tes tritt, wäre das natür­lich ver­fas­sungs­wid­rig.
    […]
    Alles wird pau­scha­li­siert, ohne jede Text­kennt­nis. Die­se gan­ze Koran-Zitie­re­rei! Dass man zum Bei­spiel Schwu­le töten muss, steht nir­gend­wo im Koran, wie oft behaup­tet wird. Wenn alles im Koran stün­de, was angeb­lich drin­steht, müss­te er fünf­mal so dick sein. Die Leu­te neh­men auch immer nur ganz bestimm­te Aus­sa­gen, meist die weni­ger fried­fer­ti­gen. Der Koran ist von Anfang an inter­pre­tiert wor­den, weil man sonst nicht viel mit ihm anfan­gen kann. Die­se Inter­pre­ta­ti­ons­ge­schich­te wird voll­kom­men aus­ge­blen­det.
    […]
    Es sind die Deut­schen, die mit ihrer Spra­che schlu­dern und nicht mehr Höl­der­lin lesen. Ver­su­chen Sie mal, eine Höl­der­lin-Aus­ga­be in der Buch­hand­lung zu bekom­men. Das­sel­be gilt für die Reli­gi­on. Kein Mos­lem hin­dert einen Chris­ten in Deutsch­land dar­an, in die Kir­che zu gehen. Es gibt in Deutsch­land kei­ne Isla­mi­sie­rung, son­dern eine Ent­chris­tia­ni­sie­rung.

  • Wett­streit der radeln­den Essens­ku­rie­re: Wer bleibt auf der Stre­cke? | taz → schö­ner, aus­führ­lich lan­ger text der taz über die „neu­en“ essens­lie­fer­diens­te in groß­städ­ten, die mit rad­ku­rie­ren aus restau­rants an „hei­mes­ser“ lie­fern (las­sen)
  • David Wag­ner: So lebt es sich als Schrift­stel­ler in Ber­lin | Welt

    Ist die­ses Ber­lin viel­leicht nur für Schrift­stel­ler da? Ist Ber­lin ein gro­ßes Reser­vat für Autoren? Und wir mer­ken nichts davon? Wer möch­te, kann jeden Abend, jede Nacht Schrift­stel­ler in frei­er Wild­bahn sehen.
    […]
    Geht ein Schrift­stel­ler mal ganz unschul­dig mit einem zwei­ten Schrift­stel­ler in eine Bar, um Schrift­stel­ler­pro­ble­me zu bespre­chen oder ein­fach nur um einen wei­te­ren nichts­nut­zig ver­brach­ten Tag zu fei­ern, steht ganz schnell ein drit­ter Schrift­stel­ler am Tre­sen, dann ein vier­ter. Schrift­stel­ler kön­nen wie Schmeiß­flie­gen sein.
    […]
    Ein wan­dern­der Schrift­stel­ler-Salon zieht durch die Stadt und spielt Mimi­kry.

Germany

- He’s from Ger­ma­ny. That’s in Euro­pe. Next to Eng­land.
– I know Ger­ma­ny.
– Real­ly? What’s it like?
– Small. And full of Ger­mans.
– Oh.
Flo­ri­an Cos­sen, Coco­nut Hero (2015)

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