Lesen. Hören. Und ein bisschen schreiben.

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Wochenblog 3/​2023

Wenig zu berich­ten von die­ser Woche. Wie­der mal etwas viel gear­bei­tet, unge­fähr 50 Stun­den und damit nur leicht über dem Durch­schnitt ;-). Dabei hat­te ich wie­der oft das Gefühl, nicht vor­an­zu­kom­men, nichts wirk­lich zu erle­di­gen. Immer­hin war auch eini­ges schö­nes dabei – ein Semi­nar, das so inten­si­ve dis­ku­tiert, dass ich mit mei­nem Pro­gramm nicht durch­kam; ein Pla­nungs­mee­ting, in dem es mal wirk­lich voranging. 

Lebens­mit­tel­prei­se sind gera­de sehr, sehr selt­sam. Bei Aldi zum Bei­spiel ist das Toast­brot der Eigen­mar­ke in die­sem Jahr von 99 Cent auf 1,59 Euro gestie­gen, um dann zwei Wochen spä­ter bei 1,29 Euro zu lan­den. Sau­er­kraut ist im Bio­markt in Bio­land-Qua­li­tät güns­ti­ger als beim Dis­coun­ter. Irgend­wie kom­me ich mir bei sol­cher Preis­ge­stal­tung zuneh­mend abge­zockt und nicht ernst genom­men vor. Nun ja, mal sehen, wie sich das alles wei­ter entwickelt.

Und am trü­ben Wochen­en­de habe ich mal wie­der ein wenig an mei­nen Blogs rum­ge­bas­telt, die Kom­pa­bi­li­tät mit php8 end­lich geklärt, ein wenig am Design und den Ein­stel­lun­gen rumgeschraubt.

Ton: Eine wun­der­ba­re Hän­del-Auf­nah­me habe ich gehört: „Han­del Goes Wild“ von L’Ar­peg­gia­ta und Chris­ti­na Plu­har. Das sind Impro­vi­sa­tio­nen über Hän­del-Wer­ke und impro­vi­sie­ren­de Inter­pre­ta­tio­nen von Hän­del-Ari­en, die damit eine durch­aus barock­ty­pi­sche Anver­wand­lung auf­grei­fen und das mit viel Spaß, Sub­ti­li­tät und Ideen so tun, dass das Hören mir ech­te Freu­de berei­te­te.
Und auch sehr gut und schön, wenn auch nicht ganz so über­zeu­gend wie bei Chris­toph Pré­gar­dien: Franz Schu­berts „Schwa­nen­ge­sang“ in der neu­en Auf­nah­me von André Schuen und Dani­el Heide.

Text: Das „Blut­buch“ von Kim de l’Ho­ri­zon fer­tig gele­sen. Es kommt mir inge­samt doch ein wenig prä­ten­ti­ös vor. Die ver­han­del­ten The­men sind eigent­lich recht schnell klar, sie wer­den aber über­deckt von der wuchern­den, unge­form­ten Form des Tex­tes, der so ziem­lich (bei­na­he) alle denk­ba­ren Regis­ter zieht, um sei­ne Avant­gar­di­tät vor­zu­füh­ren (ein biss­chen Holz­ham­mer-Metho­de). Ich muss­te da öfters an Baß­lers The­se des Mid­cults (Inter­na­tio­nal Style) den­ken. So wie ich das ver­stan­den habe (ohne sei­ne eigent­li­che Arbeit zu lesen frei­lich), beob­ach­tet er eine Vari­an­te der Lite­ra­tur, die durch schwe­re The­men und aus­ge­stell­te for­ma­le Abweichung(en) eine Pseu­do-Moder­ni­tät, einen Pseu­do-Kunst­cha­rak­ter her­stellt, aber eigent­lich mit tra­di­tio­nel­len Mit­teln erzählt. Gut, das letz­te passt auf das „Blut­buch“ viel­leicht nicht so voll­stän­dig, aber mein Haupt­ein­wand nach mei­ner viel­leicht etwas unge­nau­en Lek­tü­re ist, dass die Form des Tex­tes, sei­ne Struk­tur und sei­ne Spra­che, nur sehr dünn ästhe­tisch begrün­det sind und vor allem mar­kie­ren sol­len, wie avan­ciert der Text ist. Viel­leicht ist das avan­cier­tes­te hier aber doch bloß die Posi­ti­on der Erzäh­ler­fi­gur, des fik­ti­ven Autors (die natür­lich mehr oder weni­ger auto­fik­tio­nal durch die lebens­welt­li­che Autor­fi­gur Kim de l’Ho­ri­zon abge­si­chert und ver­stärkt wirkd). 

Drau­ßen: Wei­ter­hin täg­lich gelau­fen, aber lang­sam und dafür immer nur kur­ze Run­den. Kei­ne gute Ent­wick­lung gera­de, aber die Moti­va­ti­on war auch nicht sehr hoch.

Bibliothek (gebogene Reihe)

Aus-Lese #54

Eber­hard Kolb: Otto von Bis­marck. Eine Bio­gra­phie. Mün­chen: Beck 2014. 208 Sei­ten. ISBN 978−3−406−66774−9.

kolb, bismarck (cover)Als Bio­gra­phie ist das für mich kaum satis­fak­ti­ons­fä­hig: Zu blass und ver­schwom­men bleibt das Bild. Der Mensch Bis­marck, die Per­son, tritt nahe­zu gar nicht auf – ab und an gibt es Hin­wei­se auf sei­ne Gesund­heit oder ein paar ganz weni­ge auf Frau und Kin­der. Im Vor­der­grund oder bes­ser allei­ne im Fokus steht sein poli­ti­sches Han­deln. Das beschreibt Kolb mit Zunei­gung, aber durch­aus auch mit Blick für die Ambi­va­len­zen Bis­marcks. Aber auch das Zen­trum, die Poli­tik, bleibt blut- und farb­los. Das liegt vor allem dar­an, dass Kolb oft sehr groß­zü­gig durch die Gescheh­nis­se und Taten durch eilt udn nur die Ergeb­nis­se berich­tet, den Weg aber meist nur sum­ma­risch (und oft genug mit dem Hin­weis: Die Details sind bekannt). Das wie­der­um hängt damit zusam­men, dass er kei­nen rech­ten Zugriff fin­det: Eigent­lich ist das eine preußische/​deutsche Geschich­te am Bei­spiel Bis­marcks. Und bei­des ist in die­sem Umfang natür­lich kaum beson­ders inten­siv oder tief­ge­hend zu leisten. 

Wu Ming: Mani­tua­na. Ber­lin, Ham­burg: Asso­zia­ti­on A 2018. 509 Sei­ten. ISBN 978−3−86241−465−9.

wu ming, manituana (cover)Mani­tua­na reicht lei­der nicht an die letz­ten Bän­de von Wu Ming her­an. Das kann durch­aus dar­an lie­gen, dass der USA, ihre Unab­hän­gig­keits­krieg und der Kampf mit, um und gegen die „India­ner“ schon an sich nicht so ganz mein Ding sind. Da pas­siert dann zwar wie­der viel, es wird gekämpft, betro­gen, ver­ra­ten und ver­han­delt, eine Dele­ga­ti­on darf auch nach Eng­land rei­sen und sich im Luxus (und den Nie­de­run­gen Lon­dons) des Adels­le­bens gehö­rig fremd füh­len. Ich hat­te beim Lesen aber schon eigent­lich durch­weg den Ein­druck, dass das an Span­nung und vor allem hin­sicht­lich des bild­haf­ten, detail­rei­chen Erzäh­lens ein­fach nicht (mehr) so gut ist. Zu sehr dringt hier immer wie­der die Absicht an die Ober­flä­che und stellt sich vor den Text – und damit funk­tio­niert genau das, was bei ande­ren Tex­ten von Wu Ming die beson­de­re Span­nung und den spe­zi­el­len Reiz aus­macht, hier lei­der nicht.

Jan Peter Bre­mer: Der jun­ge Dok­to­rand. 2. Auf­la­ge. Mün­chen: Ber­lin 2019. 176 Sei­ten. ISBN 978−3−8270−1389−7.

bremer, der junge doktorand (cover)Das ist ein über­ra­schend fei­nes, klei­nes Buch. Jan Peter Bre­mer hat­te ich bis­her ja über­haupt nicht auf dem Schirm. Aber in Der jun­ge Dok­to­rand zeigt er sich durch­aus als gewief­ter Erzäh­ler, der sein Hand­werk ver­steht und vor allem ernst nimmt: Ernst neh­men in dem Sinn, dass er sich bemüht, sau­ber zu arbei­ten, Feh­ler zu ver­mei­den. Das zeigt der Text, der mit Gespür und Form­be­wusst­sein erzählt ist. Das kunst­vol­le Beherr­schen des Erzäh­lens zeigt sich auch in dem Umfang des Buches: Das ist ein klei­ner Roman. Es geht auch gar nicht so sehr um gro­ße, all­um­fas­sen­de Din­ge – die Welt wird hier nicht gera­de erzählt. Aber auch wenn er sich beschei­den gibt: Bre­mer gelingt es doch, auf den weni­gen Sei­ten mit genau­en Sät­zen, tref­fen­den Beschrei­bun­gen und Bewusst­sein für das rich­ti­ge Tem­po gro­ße The­men zu erzäh­len: Es geht um Ehe, um Gesell­schaft und Indi­vi­du­um, und natür­lich, vor allem, um Kunst – und auch ein biss­chen um nicht-nor­mier­te Lebens­läu­fe wie den des jun­gen Dok­to­ran­den, der weder jung noch Dok­to­rand ist. Das klingt in der Zusam­men­fas­sung recht tro­cken und ja, fast banal, ent­fal­tet bei Bre­mer aber eine tref­fen­den und sub­ti­le Komik. Und das macht dann ein­fach Spaß.

Nor­bert Scheu­er: Win­ter­bie­nen. 5. Auf­la­ge. Mün­chen: Beck 2019. 319 Sei­ten. ISBN 978−3−406−73964−4.

scheuer, winterbienen (cover)Die Win­ter­bie­nen haben mich etwas ent­täuscht und rat­los zurück­ge­las­sen. Ich habe Scheu­er ja durch­aus als erfah­re­nen Erzäh­ler und Autor schät­zen gelernt. Die­ser Roman hat aber mehr Schwä­chen als er mit sei­nen eher mäi­gen Stär­ken aus­glei­chen kann. Da ist zum einen die selt­sa­me Tage­buch-Fik­ti­on. Die passt näm­lich vor­ne und hin­ten nicht: Gut, dass der Tage­buch­text in Fuß­no­ten die latei­ni­schen Zita­te über­setzt, das wird noch von der Her­aus­ge­ber­fik­ti­on gedeckt. Dass (als ein Bei­spiel von vie­len) Egi­di­us Ari­mond (schon der Name macht mich ja bei­na­he wahn­sin­nig) als erfah­re­ner Imker aber nach jahr­zehn­te­lan­ger Tätig­keit sei­nem Tage­buch erklärt, was er war­um bei den Bie­nen, vor allem eben im Win­ter, macht, ist ein­fach hand­werk­li­cher bzw. erzähl­tech­ni­scher Unsinn, der einer Lek­to­rin durch­aus mal hät­te auf­fal­len dür­fen. Der Roman an sich ist für mich etwas zwie­späl­tig: Natür­lich sehr durch­drun­gen von völ­ki­scher Ideo­lo­gie, die eben wie­der durch die Tage­buch-Fik­ti­on legi­ti­miert wird. Dann ist da noch das Lei­den eines Krie­ges, der auf die Aggres­so­ren zurück­ge­fal­len wird, hier aber – in Ari­mond und den rest­li­chen, sche­men­haft auf­tau­chen­den Eifel­be­woh­nern – eher als irgend­wie gege­ben hin­ge­nom­men wird. Angeb­lich ist die erzähl­te Welt geprägt von dem „Wunsch nach einer fried­li­chen Zukunft“ – davon merkt man im Text aber reich­lich wenig. Im gan­zen bleibt mir das etwas frag­wür­dig und vor allem aus­ge­spro­chen unbe­frie­di­gend: War­um erzählt Scheu­er uns das? Und war­um ver­steckt sich der Autor so (bei­na­he) voll­kom­men hin­ter sei­ner Figur – was will mir das eigent­lich sagen?

außer­dem gelesen:

  • Hei­mi­to von Dode­rer: Unter schwar­zen Ster­nen. Erzäh­lun­gen. Mün­chen: Deut­scher Taschen­buch Ver­lag 1973. 154 Sei­ten. ISBN 3−7642−0055−3.
  • Glenn Gould: Frei­heit und Musik. Reden und Schrif­ten. 2., durch­ge­se­he­ne und ergänz­te Auf­la­ge. Dit­zin­gen: Reclam 2019 (Was bedeu­tet das alles?). 84 Sei­ten. ISBN 978−3−15−019412−6.
  • Alger­non Black­wood: Eine Kanu­fahrt auf der Donau. /​Die Wei­den. Ulm: danu­be boo­kes 2018. 154 Sei­ten. ISBN 978−3−946046−13−4.
  • Sibyl­le Schwarz: Ist Lie­ben Lust, wer bringt dann das Beschwer?. Leip­zig: Rei­ne­cke & Voß 2016. 58 Sei­ten. ISBN 978−3−942901−21−5.
bücher (von oben & hinten)

Aus-Lese #51

Almut Tina Schmidt: Zeit­ver­schie­bung. Graz, Wien: Dro­schl 2016. 189 Sei­ten. ISBN 978−3−85420−978−2.

schmidt, zeitverschiebung (cover)Eigent­lich ist Schmidts Zeit­ver­schie­bung eine Geschich­te des erwei­ter­ten Erwach­sen­wer­dens: Das Ende des Stu­di­ums, die ers­ten Jobs, sich ver­fes­ti­gen­de Bezie­hun­gen, die Lie­be und dann das Kind, ein neu­er Job, Zusam­men­zie­hen mit dem Part­ner und ein Hap­py End – das ist das Gerüst des Romans. Aber das ist auch der weni­ger inter­es­san­te Teil des Romans. Schnell wird aber klar – der Titel ist in die­ser Hin­sicht ja über­deut­lich … -, dass etwas ande­res das eigent­li­che The­ma ist: Die Zeit, genau­er viel­leicht: ihre Wahr­neh­mung, oder die wahr­ge­nom­me­ne Posi­tio­nie­rung der Ich-Erzäh­le­rin in ihrem strö­men­den Fließen. 

Zeit ist ohne­hin eine Illu­si­on. (140)

Das Erle­ben und vor allem das Erzäh­len der Zeit ver­bin­det sich mit ähn­lich abs­trak­ten Kon­zep­ten wie For­tu­na oder Zufall.
Denn die Ver­spä­tung – um die Zeit­ver­schie­bung etwas bana­ler zu ver­pas­sen – ist das zen­tra­le Moment des Tex­te. Die chro­no­lo­gi­sche Ver­spä­tung ist das eine, aber Ver­spä­tung ist eben auch ein Lebens­ge­fühl (oder genau­er: das Lebens­ge­fühl einer Pha­se des Lebens): Das über­mäch­ti­ge Gefühl des Ver­pas­sens, des „zwi­schen“, „noch nicht“, und des immer schon zu spät sein, des Ein­drucks, immer schon den Anfang ver­passt zu haben … Aber selbst das hap­py end schlägt sich doch auch noch auf das Zeit(empfinden) – hier des eige­nen, klei­nen Kin­des – nie­der: „Und nimmt sich alle Zeit der Welt.“ (189) ist der Schluss­satz, der schön zum Anfangs­satz passt: „Ich war ohne­hin zu spät, konn­te mir also Zeit las­sen.“ (5)

Das The­ma der Zeit­ver­schie­bung ist damit auf indi­vi­du­el­ler Ebe­ne sozu­sa­gen erle­digt. Aber es wird eben deut­lich (wie so oft in die­sem Roman: über­deut­lich), dass es in der nächs­ten Gene­ra­ti­on (wieder/​noch) ein The­ma sein kann. Aller­dings, da schließt sich der Kreis nicht ganz: Noch ist das ein Kind, das „alle Zeit der Welt“ hat. Viel­leicht gelingt ihm/​ihr (?) ja das Erwach­sen­wer­den der Zeit(empfindung) gemäß den gesell­schaft­li­chen Konventionen/​Erwartungen par­al­lel zum rest­li­chen Erwach­sen­wer­den? (Wobei Zeit­ver­schie­bung ja eigent­lich eher die Fra­ge auf­wirft, ob man ohne die­ses spe­zi­el­le, d.h. „nor­ma­le“ Emp­fin­den der Zeit, das Beha­gen dar­in, über­haupt erwach­sen gewor­den ist – der Text ver­neint das eher und situ­iert sei­ne Prot­ago­nis­tin ja mehr als deut­lich in einem Zwi­schen, einem Über­gangs­sta­di­um (klas­sisch: Puber­tät), unab­hän­gig von ihrem Alter. 

Gera­de der Anfang ist durch­aus char­mant erzählt, das muss man Schmidt attes­tie­ren, mit läs­si­ger und hei­te­rer Iro­nie-Distanz. Über­haupt ist die Spra­che oft lako­nisch, knapp und direkt mit Ten­denz zum Humor. Es gibt wenig Aus­schmü­ckung, das hohe Tem­po des Gesche­hens nimmt der Text gut auf: Die Zeit ist ein­fach nie genug, vor allem – so behaup­tet die Erzäh­le­rin immer wie­der – lebt sie im Bewusst­sein, sie zu ver­schwen­den und hat per­ma­nent das Gefühl, die Zeit nicht genü­gend aus­zu­kos­ten, nicht aus­rei­chend zu nut­zen, immer nicht das Digent­li­che (des Lebens) zu tun, son­dern nur einen Not­be­helf, eine Zwi­schen­lö­sung. Lei­der wird die Erzäh­lung und die Spra­che zuneh­mend kon­ven­tio­nel­ler – sozu­sa­gen par­al­lel zum Leben, dem Lebens­ent­wurf der Erzäh­le­rin. Und damit ver­liert der Text lei­der mei­nes Erach­tens etwas: Sicher, das ist in Über­ein­stim­mung mit der geschil­der­ten Ent­wick­lung. Aber es mach­te den Text für mich gegen Ende auch deut­lich langweiliger.

Ich ver­schwen­de­te mehr und mehr Zeit damit zu fürch­ten, mei­ne Zeit ernst­haft zu ver­schwen­den. (105)

Gwen­aël­le Aubry: Nie­mand. Graz, Wien: Dro­schl 2013. 150 Sei­ten. ISBN 978−3−85420−843−3.

aubry, niemand (cover)Nie­mand ist das Alpha­bet einer selt­sa­men, schwie­ri­gen Vater-Toch­ter-Bezie­hung, die durch Abwe­sen­hei­ten wesent­lich mit­be­stimmt ist und von der Toch­ter nach dem Tod ihres Vaters erforscht und auf­ge­schrie­ben wird. Der wird uns als Melan­cho­li­ker gezeigt, der auch dar­an stirbt (naja, eigent­lich dann doch am Herz­in­farkt), des­sen Leben bestimmt ist vom Wahn­sinn der Melan­cho­lie (?) und der sich immer wie­der tem­po­rär in sta­tio­nä­rer Behand­lung befin­det, zugleich aber (!) hoch ange­se­he­ner Jura-Pro­fes­sor. Nie­mand nutzt für die­sen nach­träg­li­chen Abschied den emo­tio­na­len, psy­chi­schen und lite­ra­ri­schen Nach­lass des Vater, aus des­sen Schrif­ten (teil­wei­se auch fik­tio­nal gedacht) wird immer wie­der zitiert. Denn zugleich ist der Roman auch ein Ver­such des Erin­nerns, mehr noch: der Ver­ge­gen­wär­ti­gung des Vaters durch die Aus­ein­an­der­set­zung, Auf­ar­bei­tung (Durch­ar­bei­tung) des Ver­hält­nis­ses der Ich-Erzäh­le­rin mit ihm und ein Ver­such, ihn – als Men­schen, als Per­son – zu ver­ste­hen. Schwie­rig ist das inso­fern, als er schon wäh­rend dem Leben ver­schwin­det, (oder das zumin­dest als – in sei­nen Nie­der­schrif­ten offen­bar­tes – Ziel hat­te): eben ein Nie­mand wer­den, ein Mann ohne Eigenschaften. 

Die Erzäh­le­rin ver­liert sich wun­der­bar in ihren eige­nen Sät­zen, häuft immer mehr Details und Erin­ne­run­gen an, türmt das auf, fügt immer neue Ergän­zun­gen, Prä­zi­sie­run­gen, Erwei­te­run­gen an. Die Sät­ze fan­gen oft ganz harm­los an und ufern dann maß­los aus. Aber das ist ja aber gera­de der schö­ne und sym­pa­thi­sche Witz des Tex­tes: die unge­tü­me, wil­de, chao­tisch-frag­men­ta­ri­sche Erin­ne­rung wird nur durch das Alpha­bet der Kapi­tel gezähmt – zumin­dest schein­bar. Und letzt­lich bleibt der Ver­such der Ord­nung, ein kohä­ren­tes Gan­zes dadurch zu schaf­fen (von Anfang bis Schluss in einer fest­ge­füg­ten Abfol­ge) auch ver­geb­lich, eben nur ein Ver­such, der im Text ein­mal als „Ord­nung ohne Bedeu­tung“ klas­si­fi­ziert wird (147). Aber sie ist wohl doch mehr: Denn die Buch­sta­ben ste­hen ja nicht allei­ne, son­dern wer­den in den Kapi­tel­über­schrif­ten zum Wort (mit Aus­nah­me des „Y“, wo die Ord­nung dann eben auch reflek­tiert wird …).

„Nun gehen die Buch­sta­ben aus, die­se Ord­nung ohne Bedeu­tung, mit deren Hil­fe ich ver­sucht habe, sei­ne Unord­nung und mei­ne in den Griff zu bekom­men, unse­re Erin­ne­run­gen zu glät­ten und stam­melnd die­ses sehr alte Wis­sen zu buch­sta­bie­ren, zu dem ich nicht durch­ge­drun­gen bin, als ob die­se Wör­ter und Sät­ze, die unter dem Impuls und der Not­wen­dig­keit einer ande­rern Ord­nung, der sei­ni­gen – einer Auf­for­de­rung oder eines Ver­spre­chens (einen Roman dar­aus machen) –, hin­ge­schrie­ben wur­den, sogleich wie­der in ihre ursprüng­li­chen Bestand­tei­le aus­ein­an­der­fal­len wür­den […] (147)

Micha­el Fehr: Glanz und Schat­ten. Erzäh­lun­gen. Luzern: Der gesun­de Men­schen­ver­sand 2017. 141 Sei­ten. ISBN 9783038530398.

fehr, glanz und schatten (cover)Sime­li­berg hat­te mich ziem­lich begeis­tert. Glanz und Schat­ten kann da lei­der nicht ganz mit­hal­ten. Vor allem die star­ke Kon­zen­tra­ti­on und die frem­de Här­te, jeweils in Form und Spra­che, von Sime­li­berg fehlt mir hier. Ganz oft weiß ich spon­tan (und spä­ter) über­haupt nicht, was die Tex­te wol­len und/​oder sol­len, die Fremd­heit ist und bleibt oft ziem­lich groß: Irgend­wie fin­de ich nicht zu dem Text. Des­sen „The­ma“ könn­te man oft nen­nen: die kal­te, erbar­mungs­lo­se Welt des (Spät-)Kapitalismus und des Kon­sums, die Zurich­tungs­ma­schi­nen und ‑mecha­nis­men der („frei­en“) Gesell­schaft, wie sie sich vor allem in der Fremd­be­stim­mung (statt Indi­vi­dua­li­tät) äußern – aber der Fremd­be­stim­mung einer gesichts­lo­sen, anony­men Macht. Das spie­len die Tex­te mit dem Vor­füh­ren von Rol­len­bil­dern und ‑kli­schees, v.a. denen der Geschlech­ter, durch. Gewalt spielt dabei immer wie­der eine außer­or­dent­lich Rol­le: als Ven­til, als Aus­bruch aus den unent­komm­ba­ren Zwän­gen, als Umschla­gen der Ener­gien. Nico Bleut­ge hat in sei­ner Rezen­si­on des Ban­des vor­ge­schla­gen, die Tex­te als zum Vor­trag bestimm­te zu lesen – viel­leicht ist das wirk­lich hilf­reich, denn „allei­ne“, als blan­ker Text, fin­de ich nur in eini­gen weni­gen (zum Bei­spiel dem inten­si­ven „Stu­den­tin“ oder „Mais“) genü­gend Fas­zi­na­ti­on bei der Lektüre. 

Felix Hart­laub: Don Juan d’Aus­tria und die Schlacht bei Lepan­to. Her­aus­ge­ge­ben von Wolf­ram Pyta und Wolf­gang M. Schwiedrzik. Neckar­ge­münd, Wien: Edi­ti­on Mne­mo­sy­ne 2017 (Gegen­Satz 8). 292 Sei­ten. ISBN 9783934012301.

felix hartlaub, don juan d'austria (cover)
Eine geschichts­wis­sen­schaft­li­che Dis­ser­ta­ti­on aus dem Jahr 1940 über ein Ereig­nis aus dem Jahr 1571 – lohnt die Lek­tü­re eines sol­chen Tex­tes heu­te noch? Durch­aus, kann man sagen, wenn der Ver­fas­ser For­mat hat­te. Und das muss man Felix Hart­laub beschei­ni­gen. Des­halb ist Don Juan d’Aus­tria und die Schlacht bei Lepan­to tat­säch­lich auch noch inter­es­sant, als his­to­ri­sche Dar­stel­lung eines his­to­ri­schen Ereig­nis­ses. Inter­es­sant ist auch die Form: Hart­laub arbei­tet erzäh­lend, er bringt (fast) kei­ne Zita­te und nutzt auch ver­gleichs­wei­se weni­ge Quel­len (und sowie­so zur gedruck­te): Als geschichts­wis­sen­schaft­li­che Qua­li­fi­ka­ti­ons­schrift hät­te das heu­te wohl kei­ne Chan­ce mehr. Auch als „Sach­buch“ bin ich mir nicht ganz sicher, ob sich die Lek­tü­re heu­te wirk­lich noch so unbe­dingt lohnt, wie die Her­aus­ge­ber beto­nen … Sicher, die Sti­li­sie­rung des sowie­so schon zur Welt­ge­schich­te hoch­sti­li­sier­ten Ereig­nis­ses ist gekonnt umge­setzt. Aber viel mehr sehe ich da jetzt nicht unbedingt …

Die letz­te Sinn­ge­bung des Tages von Lepan­to gewann wir auch so noch nicht. An die Sei­te sol­cher Über­le­gun­gen muß wohl die Ahnung tre­ten, daß der Tag von Lepan­to zu den sel­te­nen Ereig­nis­sen gehört, die, wenn man es so aus­drü­cken darf, auf einer höhe­ren Ebe­ne der Geschich­te lie­gen und bei denen die Fra­ge nach den tat­säch­li­chen Fol­gen im letz­ten nicht ange­mes­sen ist. Nur mate­ri­ell betrach­tet, gehör­te der Sieg frei­lich wohl zu den – im Ver­hält­nis zu dem Erfol­ge – all­zu ver­schwen­de­ri­schen Blut­op­fern, an denen vor allem auch die deut­sche Geschich­te so reich ist. In die­ser Hin­sicht ist man­che aus den unmit­tel­bar fol­gen­den Jah­ren erhal­te­ne Äuße­rung auf­schluß­reich. Das ide­al Bild der Schlacht aber, die noch über­all, in den Galee­ren im Hafen, in den Waf­fen und Nar­ben gegen­wär­tig war, lös­te sich rasch aus dem Gefü­ge mensch­li­cher Pla­nun­gen; es war ganz in sich abge­schlos­sen, man konn­te kei­ner­lei Abwand­lun­gen und Fort­set­zun­gen ersin­nen. (237)

außer­dem gelesen:

  • Axel Matthes: Geor­ges Batail­le nach Allem. Ber­lin: blau­wer­ke 2016 (split­ter 07). 66 Sei­ten. ISBN 978−3−945002−07−0.
  • Gün­ter de Bruyn: Das Leben des Jean Paul Fried­rich Rich­ter. Eine Bio­gra­phie. Über­ar­bei­te­te und ver­mehr­te Neu­fas­sung. Frank­furt: Fischer 2013. 350 Sei­ten. ISBN 9783100096449.
  • Hans Jür­gen von der Wen­se: Das Nord­licht. Her­aus­ge­ge­ben von Val­eska Ber­ton­ci­ni und Rei­ner Nie­hoff. Mit einem Bei­wort von Val­eska Ber­ton­ci­ni. Ber­lin: blau­wer­ke 2016 (split­ter 11). 58 Sei­ten. ISBN 9783945002117.
  • Hans Jür­gen von der Wen­se: Das lose Werk. Map­pe Nr. 01: Wol­ken. Ber­lin: blau­e­wer­ke 2016. ISBN 978−3−945002−02−5.
  • Ruth Klü­ger: Marie von Ebner-Eschen­bach. Anwäl­tin der Unter­drück­ten. Wien: Man­del­baum 2016 (Autorin­nen fei­ern Autorin­nen). 56 Sei­ten. ISBN 9783854765219.
  • Mar­le­ne Stre­eru­witz: Mar­le­ne Stre­eru­witz über Ber­tha von Sutt­ner. Wien: Man­del­baum 2014 (Autorin­nen fei­ern Autorin­nen). 61 Sei­ten. ISBN 9783854764564.
bücherstapel

Aus-Lese #50

Ger­hard Falk­ner: Romeo oder Julia. Mün­chen: Ber­lin 2017. 269 Sei­ten. ISBN 978−3−8270−1358−3.

falkner, romeo oder julia (cover)Ich kann nicht sagen, dass ich von Romeo oder Julia wirk­lich begeis­tert gewe­sen wäre. Das liegt vor allem dar­an, dass ich nicht so recht kapiert habe, was der Text eigent­lich (sein) möch­te. Dabei hat er unbe­streit­bar aus­ge­zeich­ne­te Momen­te und Sei­ten, neben eini­gen Län­gen. Eini­ge der aus­ge­zeich­ne­ten Momen­te fin­den auf der Ebe­ne der Spra­che statt: Es gibt fun­keln­de ein­zel­ne Sät­ze in einem Meer von sti­lis­ti­schem und gedank­li­chem Cha­os. So habe ich mir das zunächst notiert – aber das stimmt so nicht ganz: chao­tisch (also rea­lis­tisch) erscheint der Text zunächst nur, er ent­wi­ckelt dann aber schon sei­ne Form. Die zumin­dest stel­len­wei­se hyper­tro­phe Sti­lis­tik in der Über­stei­ge­rung auf allen Ebe­nen ist dann auch tat­säch­lich lustig.

Uner­müd­lich arbei­te­ten hin­ter den Din­gen, an denen ich vor­bei­kam, die Grund­ma­schi­nen der Exis­tenz, die seit Jahr­tau­sen­den mit Men­schen­le­ben gefüt­tert wer­den, und die Stadt stütz­te ihre tau­be und orna­men­ta­le Mas­se auf die­ses unter­ir­di­sche Mag­ma von Lebens­gier, Kampf, Wil­le, Lust und Bewe­gung. 227

Was wird in Romeo oder Julia erzählt? Das ist eben die Fra­ge. Irgend­wie geht es um einen Schrift­stel­ler, Kurt Prinz­horn (über des­sen lite­ra­ri­sche Wer­ke nichts zu erfah­ren ist), der bei einem Hotel­auf­ent­halt in Inns­bruck von einer benutz­ten Bade­wan­ne und ver­schwun­de­nen Schlüs­seln etwas erschreckt wird. Rat­los bleibt er zurück und denkt immer wie­der über die Rät­sel­haf­tig­keit des Gesche­hens nach, wäh­rend das Autoren­le­ben mit Sta­tio­nen in Mos­kau und Madrid wei­ter­geht. Dort nähert sich dann auch die anti­kli­mak­ti­sche Auf­lö­sung, die in einem Nach­spiel in Ber­lin noch ein­mal aus­ge­brei­tet wird: Der Erzäh­ler wird von einer sehr viel frü­he­ren kurz­zei­ti­gen Freun­din ver­folgt und bedroht, die dann beim Ver­such, zu ihm zu gelan­gen (um ihn zu töten), selbst stirbt … Trotz des Plots, der nach Kri­mi oder Thril­ler klingt, bleibt Romeo oder Julia bei einer unbe­schwer­ten Rät­sel­haf­tig­keit, ein Spiel mit Span­nungs­ele­men­ten, sexis­ti­schem und völ­ker­psy­cho­lo­gi­schem Unsinn und ande­ren Pein­lich­kei­ten. Immer­hin sind der knap­pe Umfang und die eher kur­zen Kapi­tel (übri­gens genau 42 – wobei ich bei Falk­ner in die­sem Fall kei­ne Absicht unter­stel­le) sehr leser­freund­lich. Durch die zumin­dest ein­ge­streu­ten sti­lis­ti­schen Höhen­flü­ge war das für mich eine durch­aus unter­halt­sa­me Lek­tü­re, bei der ich kei­ne Ahnung habe, was das eigent­lich sein soll, was der Text eigent­lich will. Weder die Kri­mi-Ele­men­te noch die Pop­li­te­ra­tur­kom­po­nen­te oder die mas­si­ven Inter­tex­tua­li­täts­si­gna­le (die ich nicht alle in ver­nünf­ti­ge Bezie­hung zum Text brin­ge, aber sicher­lich habe ich auch eine Men­ge schlicht über­se­hen) for­men sich bei mei­ner Lek­tü­re zu einem Kon­zept: Ein schlüs­si­ges Sinn­kon­strukt kann ich nicht so recht erken­nen, nicht lesen und lei­der auch nicht basteln.

Es war Sonn­tag­vor­mit­tag, und es gab kaum Leu­te auf der Stra­ße. Stra­ßen auf den Leu­ten gab es erst recht nicht. es gab auch kei­ne Bus­se, die man sich auf der Zun­ge hät­te zer­ge­hen las­sen kön­nen, oder Fri­seu­re, die auf­grund einer unge­stü­men Blü­mer­anz der Ohn­macht nahe gewe­sen wären. Auch nicht die Hel­den­fried­hö­fe, die in wil­den und aus­ufern­den Vor­früh­lings­näch­ten von den Such­ma­schi­nen auf die Bild­schir­me gezau­bert wer­den, um mit ihren schnee­wei­ßen und chris­tus­lo­sen Kreu­zen die Sur­fer in ihre lee­re Erde zu locken. Es gab nicht ein­mal die feuch­te, war­me Hand der katho­li­schen Kir­che oder das tröst­li­che Röcheln des Dra­chens, dem sein belieb­tes­ter Geg­ner, der hei­li­ge Georg, gera­de die eiser­ne Lan­ze in den Rachen gesto­ßen hat. Es gab ein­fach wirk­lich nur das, was da war, was wir unmit­tel­bar vor Augen hat­ten, und die Tat­sa­che, dass ich in Kür­ze los­muss­te. 78

Ali­na Her­bing: Nie­mand ist bei den Käl­bern. Zürich, Ham­burg: Arche 2017. 256 Sei­ten. ISBN 9783716027622.

herbing, niemand ist bei den kälbern (cover)Das ist mal ein ziem­lich trost­lo­ses Buch über eine jun­ge Bäue­rin aus Alter­na­tiv­lo­sig­keit, die auch in den angeb­lich so fes­ten Wer­ten und sozia­len Net­zen des Land­le­bens (der „Hei­mat“) kei­nen Halt fin­det, kei­nen Sinn für ihr Leben. Statt­des­sen herrscht über­all Gewalt – gegen Din­ge, Tie­re und Men­schen. Einer­seits ist da also die Bana­li­tät des Land­le­bens, der Ödnis, der „Nor­ma­li­tät“, dem nicht-beson­de­ren, nicht-indi­vi­du­el­len Leben. Ande­rer­seits bro­delt es dar­un­ter so stark, dass auch die Ober­flä­che in Bewe­gung gerät und Ris­se bekommt. Natür­lich gibt es die Schön­heit des Lan­des, auch in der beschrei­ben­den Spra­che (die frei­lich nicht so recht zur eigent­li­chen Erzähl­hal­tung passt und mit ihren ange­deu­te­ten pseu­do-umgangs­sprach­li­chen Wen­dun­ge („nich“, „glaub ich“) auch vie­le schwa­che Sei­ten hat und ner­ven kann). Aber genau­so natür­lich gibt es auch die Ver­let­zun­gen, die die Men­schen sich gegen­sei­tig und der „natür­li­chen“ Umwelt glei­cher­ma­ßen zufügen.

Die Absicht von Nie­mand ist bei den Käl­bern ist schnell klar (schon mit dem Umschlag, sonst spä­tes­tens auf der ers­ten Sei­te, wenn das Reh­kitz beim Mähen getö­tet wird): Hei­mat, v.a. aber das Land­le­ben ent­zau­bern – denn es ist auch nur eine Rei­he von Bana­li­tä­ten und Ein­sam­kei­ten (auch & gera­de zu zweit) und suche nach Lie­be, Nähe, Emo­tio­nen. Die Natur bleibt von all dem unbe­tei­ligt und eigent­lich unbe­rührt. Mich ner­ven aber so Haupt­fi­gu­ren wie die­se Chris­tin, die – obwohl viel­leicht nicht direkt defä­tis­tisch – alles (!) ein­fach so hin­neh­men, ohne Gefühls­re­gung, ohne Gestal­tungs­wil­len, ja fast ohne Wil­len über­haupt, denen alles nur pas­siert, die alles mit sich gesche­hen las­sen. Dass da dann kein erfüll­ter Lebens­ent­wurf her­aus­kommt, ist abzu­se­hen. Mir war das unter ande­rem des­halb zu ein­sei­tig, zu eindimensional.

Manch­mal glaub ich, jedes Flug­zeug, das ich sehe, exis­tiert über­haupt nur, um mich dar­an zu erin­nern, dass ich einer der unbe­deu­tends­ten Men­schen der Welt bin. Wie­so soll­te ich sonst in die­sem Moment auf einem halb abge­mäh­ten Feld ste­hen? Nicht mal in einer Nazi-Hoch­burg, nicht mal an der Ost­see oder auf der Seen­plat­te, nicht mal auf dem Todes­strei­fen, son­dern kurz davor, dane­ben, irgend­wo zwi­schen all­dem. Genau da, wo es eigent­lich nichts gibt außer Gras und Lehm­bo­den und ein paar Plät­ze, die gut genug sind, um da Wind­rä­der hin­zu­stel­len. 11

Lau­rent Binet: Die sieb­te Sprach­funk­ti­on. Rein­bek: Rowohlt 2017. 524 Sei­ten. ISBN 9783498006761.

laurent binet, die siebte sprachfunktion (cover)Das ist tat­säch­lich ein ziem­lich lus­ti­ger Roman über Roland Bar­thes, die post­mo­der­ne Phi­lo­so­phie, Sprach­wis­sen­schaft und Psy­cho­lo­gie in Frank­reich, auch wenn der Text eini­ge Län­gen hat. Viel­leicht ist das aber wirk­lich nur für Leser lus­tig, die sich zumin­dest ein biss­chen in der Geschich­te der fran­zö­si­schen Post­mo­der­ne, ihrem Per­so­nal und ihren Ideen (und deren Rezep­ti­on in den USA und Euro­pa) aus­ken­nen. Und es ist auch ein etwas gro­tes­ker Humor, der so ziem­lich alle Geis­tes­he­ro­en des 20. Jahr­hun­derts kör­per­lich und see­lisch beschä­digt zurücklässt.

Aus­gangs­punkt der mehr als 500 Sei­ten, die aber schnell gele­sen sind, ist der Tod des Struk­tu­ra­lis­ten und Semio­ti­kers Roland Bar­thes, der im Febru­ar 1980 bei einen Unfall über­fah­ren wur­de. Für die Ermitt­lun­gen, die schnell einer­seits in das phi­lo­so­phisch gepräg­te Milieu der Post­mo­der­ne füh­ren, ande­rer­seits vol­ler Absur­di­tä­ten und gro­tes­ker Gescheh­nis­se sind, ver­pflich­tet der etwas hemds­är­me­li­ge Kom­mis­sar einen Dok­to­rand, der sich in die­sem Gebiet gut aus­zu­ken­nen scheint. Ihre Ermitt­lun­gen führt das Duo dann in fünf Sta­tio­nen von Paris über Bolo­gna nach Ithaca/​USA und zurück zu Umber­to Eco (der ein­zi­ge, der eini­ger­ma­ßen unver­sehrt davon­kommt), womit die Rei­se, die Ermitt­lung und der Text das Netz­werk euro­päi­schen Den­kens (mit sei­nen ame­ri­ka­ni­schen Satel­li­ten der Ost­küs­te) in der zwei­ten Hälf­te des ver­gan­ge­nen Jahr­hun­derts nach­zeich­nen. Das ist so etwas wie ein Pop-Phi­lo­so­phie-Thril­ler, der für mich doch recht zügig sei­nen Reiz ver­lor, weil das als Roman­text eher banal und kon­ven­tio­nell bleibt. Inter­es­sant sind höchs­tens die Meta­ebe­nen der Erzäh­lung (die es reich­lich gibt) und die Ana­chro­nis­men (die auch ger­ne und mit Absicht ver­wen­det wer­den), zumal die Theo­rie und ihr Per­so­nal immer mehr aus dem Blick geraten

Die im Titel ver­hie­ße­ne sieb­te Sprach­funk­ti­on bleibt natür­lich Leer­stel­le und wird nur in Andeu­tun­gen – als unwi­der­steh­li­che, poli­tisch nutz­ba­re Über­zeu­gungs­kraft der Rede – kon­tu­riert. Dafür gibt es genü­gend ande­re Sta­tio­nen, bei denen Binet sein Wis­sen der euro­päi­schen und ame­ri­ka­ni­schen Post­mo­der­ne groß­zü­gig aus­brei­ten kann. 

Wäh­rend er rück­wärts­geht, über­legt Simon: Ange­nom­men, er wäre wirk­lich eine Roman­ge­stalt (eine Annah­me, die wei­te­re Nah­rung erhält durch das Set­ting, die Mas­ken, die mäch­ti­gen male­ri­schen Gegen­stän­de: in einem Roman, der sich nicht zu gut dafür wäre, alle Kli­schees zu bedie­nen, denkt er), wel­cher Gefahr wäre er im Ernst aus­ge­setzt? Ein Roman ist kein Traum: In einem Roman kann man umkom­men. Hin­wie­der­um kommt nor­ma­ler­wei­se die Haupt­fi­gur nicht ums Leben, außer viel­leicht gegen Ende der Hand­lung. /​Aber wenn es das Ende der Hand­lung wäre, wie wür­de er das erfah­ren? Wie erfährt man, wann man auf der letz­ten Sei­te ange­kom­men ist? /​Und wenn er gar nicht die Haupt­fi­gur wäre? Hält sich nicht jeder für den Hel­den sei­ner eige­nen Exis­tenz? 420

Die­ter Grimm: „Ich bin ein Freund der Ver­fas­sung“. Wis­sen­schafts­bio­gra­phi­sches Inter­view von Oli­ver Lep­si­us, Chris­ti­an Wald­hoff(span> und Mat­thi­as Roß­bach mit Die­ter Grimm. Tübin­gen: Mohr Sie­beck 2017. 325 Sei­ten. ISBN 9783161554490.

grimm, freund der verfassung (cover)Ein fei­nes, klei­nes Büch­lein. Mit „Inter­view“ ist es viel zu pro­sa­isch umschrie­ben, denn einer­seits ist das ein ver­nünf­ti­ges Gespräch, ande­rer­seits aber auch so etwas wie ein Aus­kunfts­buch: Die­ter Grimm gibt Aus­kunft über sich, sein Leben und sein Werk. Dabei lernt man auch als Nicht-Jurist eine Men­ge – zumin­dest ging es mir so: Viel span­nen­des zur Ent­wick­lung von recht und Ver­fas­sung konn­te ich hier lesen – span­nend vor allem durch das Inter­es­se Grimms an Nach­bar­dis­zi­pli­nen des Rechts, ins­be­son­de­re der Sozio­lo­gie. Des­halb tau­chen dann auch ein paar net­te Luh­mann-Anek­do­ten auf. Außer­dem gewinnt man als Leser auch ein biss­chen Ein­blick in Ver­fah­ren, Orga­ni­sa­ti­on und Bera­tung am Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt, an dem Grimm für 12 Jah­re als Rich­ter tätig war. Schön ist schon die nüch­ter­ne Schil­de­rung der der nüch­ter­nen Wahl zum Rich­ter – ein poli­ti­scher Aus­wahl­pro­zess, den Grimm für „erfreu­lich unpro­fes­sio­nell“ (126) hält. Natür­lich gewinnt das Buch nicht nur durch Grimms Ein­blick in grund­le­gen­de Wesens­merk­ma­le des Rechts und der Juris­pru­denz, son­dern auch durch sei­ne durch­aus span­nen­de Bio­gra­phie mit ihren vie­len Sta­tio­nen – von Kas­sel über Frank­furt und Frei­burg nach Paris und Har­vard wie­der zurück nach Frank­furt und Bie­le­feld, dann natür­lich Karls­ru­he und zum Schluss noch Ber­lin – also qua­si die gesam­te Geschich­te der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land – Grimm ist 1937 gebo­ren – in einem Leben kondensiert. 

Das Buch hat immer­hin auch sei­ne Selt­sam­kei­ten – in einem sol­chen Text in zwei Stich­wör­tern in der Fuß­no­te zu erklä­ren, wer Kon­rad Ade­nau­er war, hat schon sei­ne komi­sche Sei­te. Bei so manch ande­rem Namen war ich aber froh über zumin­dest die gro­be Auf­klä­rung, um wen es sich han­delt. Die ande­re Selt­sam­keit betrifft den Satz. Dabei hat jemand näm­lich geschlampt, es kom­men immer wie­der Pas­sa­gen vor, die ein Schrift­grad klei­ner gesetzt wur­den, ohne dass das inhalt­lich moti­viert zu sein scheint – offen­sicht­lich ein unschö­ner Feh­ler, der bei einem renom­mier­ten und tra­di­ti­ons­rei­chen Ver­lag wie Mohr Sie­beck ziem­lich pein­lich ist.

Ador­no ver­stand ich nicht. Stre­cken­wei­se unter­hielt ich mich ein­fach damit zu prü­fen, ober er sei­ne Schach­tel­sät­ze kor­rekt zu Ende brach­te. Er tat es. 41

Con­stan­ti­jn Huy­gens: Euphra­sia. Augen­trost. Über­setzt und her­aus­ge­ge­ben von Ard Post­hu­ma. Leip­zig: Rei­ne­cke & Voß 2016. [ohne Sei­ten­zäh­lung]. ISBN 9783942901222.

Zu die­sem schö­nen, wenn auch recht kur­zen Ver­gnü­gen habe ich vor eini­ger Zeit schon etwas geson­dert geschrie­ben: klick.

außer­dem gelesen:

  • Dirk von Peters­dorff: In der Bar zum Kro­ko­dil. Lie­der und Songs als Gedich­te. Göt­tin­gen: Wall­stein 2017 (Klei­ne Schrif­ten zur lite­ra­ri­schen Ästhe­tik und Her­me­neu­tik, 9). 113 Sei­ten. ISBN 978−3−8353−3022−1.
  • Hans-Rudolf Vaget: „Weh­vol­les Erbe“. Richard Wag­ner in Deutsch­land. Hit­ler, Knap­perts­busch, Mann. Frank­furt am Main: Fischer 2017. 560 Sei­ten. ISBN 9783103972443.
drahtnetz (detail)

Ins Netz gegangen (9.3.)

Ins Netz gegan­gen am 9.3.:

  • Die unge­woll­te Pati­en­tin | taz → die taz zeigt in einer ein­drück­li­chen repor­ta­ge, wie schwie­rig abtrei­bun­gen auch im angeb­lich so libe­ra­len deutsch­land in man­chen gegen­den sind und wie sich die lage für die frau­en eher verschlechtert 
  • Misha Men­gel­berg (1935 – 2017) | The Free Jazz Coll­ec­ti­ve → nach­ruf auf den gro­ßen misha men­gel­berg. den deut­schen qua­li­täts­pu­bli­kums­me­di­en scheint der tod des pia­nis­ten kei­ne nachricht/​nachruf wert zu sein
  • Hier irr­te der Ver­le­ger – und kor­ri­gier­te sein Urteil | Log­buch Suhr­kamp → lek­tor rai­mund fellin­ger über sig­fried unsel­ds urteil der „ästhe­tik des wider­stands“ von peter weiss und die arbeit mit ihm dar­an – mit zwei fak­si­mi­lies aus unsel­ds jour­nal von 1975 und 1978
  • House of Jazz: Der Leucht­turm und sein Wär­ter| Tages­spie­gel → guter über­blick über die dis­kus­si­on um till brön­ners ber­li­ner „house of jazz“, der bei­den sei­ten – der eher kusche­lig-wohl­fühl-tra­di­tio­na­lis­ti­schen von brön­ner und der eher fort­schritt­lich-avant­gar­dis­tisch ori­en­tie­ren der ber­li­ner sze­ne – raum und ver­ständ­nis gibt
  • Ver­netz­tes Radeln, oder Smart ist doof | … ach, nichts. → bringt mei­nen stand­punkt zum ziem­lich zwang­haf­ten „ver­net­zen“ des fahr­rads ziem­lich gut auf den punkt: das wesent­lich – die (unbe­schwer­te) ein­fach­heit – geht dadurch ver­lo­ren, der gewinn ist (bis­lang zumin­dest) eher marginal …
  • Revo­lu­ti­on in Sicht | Zeit → die „zeit“ berich­tet von einem vor­sich­ti­gen umden­ken in tei­len der kon­ven­tio­nel­len land­wirt­schaft, der dlg, was frucht­fol­ge, che­mie­ein­satz und nach­hal­tig­keit sowie arten­schutz angeht. 

Ins Netz gegangen (24.1.)

Ins Netz gegan­gen am 24.1.:

  • Knaus­gård ist gut, aber Hand­ke ist bes­ser | FAZ → ein klu­ger bei­trag von jan wie­le zur „authen­ti­zi­täts­de­bat­te“, die vor allem die „welt“ (voll­kom­men unsin­ni­ger wei­se …) los­ge­tre­ten hat

    enn man irgend­et­was aus den Debat­ten über rea­lis­ti­sches Erzäh­len der letz­ten Jahr­zehn­te mit­ge­nom­men hät­te, müss­te man eigent­lich miss­trau­isch wer­den ange­sichts einer sol­chen Schein­wirk­lich­keits­pro­sa, die so tut, also kön­ne man ein­fach „erzäh­len, wie es gewe­sen ist“ – und das gilt eben nicht nur für Knaus­gård, son­dern allgemein.
    […]
    Es wirkt – nicht nur aus einer his­to­risch-kri­ti­schen Hal­tung her­aus, son­dern auch für das per­sön­li­che Emp­fin­den von lite­ra­ri­schen Tex­ten – befremd­lich, wenn nun hin­ter all die ästhe­ti­schen Über­le­gun­gen zum rea­lis­ti­schen Erzäh­len, vor allem aber hin­ter die Wer­ke, die aus ihnen her­aus ent­stan­den sind, wie­der zurück­ge­gan­gen wer­den soll und man so tut, als gäbe es irgend­ein unschul­di­ges, authen­tisch-nicht­fik­tio­na­les Erzählen. 

  • Gemein­nüt­zig­keit als Tür­öff­ner | Bil­dungs­Ra­dar → der „bil­dungs­ra­dar“ ver­sucht her­aus­zu­be­kom­men, wie das gan­ze pro­jekt „cal­lio­pe“ funk­tio­niert bzw. funk­tio­nie­ren soll – und stößt auf vie­le mau­ern und eini­ge selt­sa­me mauscheleien …
  • Die Mode der Phi­lo­so­phen – Wie sich gro­ße Den­ker klei­den | Deutsch­land­ra­dio Kul­tur → net­te klei­ne geschich­te über die typ­ge­mä­ße klei­dung für phi­lo­so­phen (frau­en gibt’s zum schluss auch kurz)
  • Donald Trump: Popu­lis­mus als Poli­tik | Tele­po­lis → der wie meist klu­ge georg seeß­len im inter­view mit domi­nik irten­kauf über trump, demokratie/​postdemokratie und medi­al inszenierungen:

    Gegen ein Bünd­nis aus mehr oder weni­ger authen­tisch Rechts­extre­men, Neo-Natio­na­lis­ten und Exzep­tio­na­lis­ten, fun­da­men­ta­lis­ti­schen Markt-Anar­chis­ten, mafi­ös ver­netz­ten Klep­to­kra­ten und einem Mit­tel­stand in rea­ler und mani­pu­lier­ter Abstiegs­angst kann eine demo­kra­ti­sche Zivil­ge­sell­schaft nur bestehen, wenn sie neue Ideen und neu­en Zusam­men­halt fin­det. Der Zusam­men­schluss der post­de­mo­kra­ti­schen Kräf­te hin­ge­gen fin­det sei­ne Schub­kraft dage­gen vor allem im Oppor­tu­nis­mus und in der poli­ti­schen und media­len Korruption.
    […]
    Schon jetzt gibt es irrever­si­ble Fol­gen des Trum­pis­mus, eben jene Ver­mi­schung von poli­ti­schem Amt und öko­no­mi­schen Inter­es­sen, die einst den Ber­lus­co­nis­mus präg­te, den Wan­del der poli­ti­schen Spra­che, eine Spal­tung der Gesell­schaft, die über alle gewöhn­li­chen „poli­ti­schen Mei­nungs­ver­schie­den­hei­ten“ hin­aus geht, eine Patro­na­ge, Clan­wirt­schaft, Abhän­gig­keits­net­ze: Wir sehen einem Macht­sys­tem bei der Ent­ste­hung zu, das viel tie­fer geht als die Beset­zung eines Amtes. Und wie bei Ber­lus­co­ni lässt sich nach dem Ende der Amts­zeit nur ein Teil davon demo­kra­tisch rückgewinnen.

Sommerlektüre

Som­mer­lek­tü­re, via Insta­gram

Aus-Lese #47

Han­no Rau­ter­berg: Wir sind die Stadt! Urba­nes Leben in der Digi­tal­mo­der­ne. 3. Auf­la­ge. Ber­lin: Suhr­kamp 2014. 157 Sei­ten. ISBN 9783518126745. 

rauterberg, stadt (cover)Beob­ach­tend und erklä­rend geht es in Wir sind die Stadt! um den neu­en Umgang mit der Stadt und ihren Räu­men, um eine Art Re-Urba­ni­sie­rung in der digi­ta­len Moder­ne. Das ist ein bewuss­tes Lob der Stadt der Viel­falt, der viel­fäl­ti­gen (wech­seln­den, spon­ta­nen, insta­bi­len) Koali­tio­nen, die aber auch über sich selbst, über die Stadt hin­aus rei­chen, denn: „In der Stadt gedeiht, wenn es gut geht, der Sinn für Staat­lich­keit.“ (149). Rau­ter­berg hat, das gibt er auch zu, vor allem die neu­en posi­ti­ven Sei­ten der Stadt im Blick – die Mög­lich­kei­ten, die die digi­ta­le Moder­ne (also vor allem die Ver­net­zung im Netz und die Kom­mu­ni­ka­ti­on mit Smart­phones etc.) für eine Art Wie­der­be­le­bung städ­ti­scher Räu­me eröff­net. Er sieht und beschreibt eher die posi­ti­ven Sei­ten der Ver­än­de­rung der Stadt und des Lebens in der Stadt durch die digi­ta­le Moder­ne, ohne den Schat­ten aber ganz aus­zu­blen­den. Sein Begriff der „Stadt­er­quicker“ (56) bringt es viel­leicht am bes­ten auf den Punkt: Er beob­ach­tet eine neue Aneig­nung der Stadt, der urba­nen Räu­me indi­vi­du­ell im Kol­lek­tiv: „Die Stadt wird zum Raum für ein Ich, das sich ohne Wir nicht den­ken möch­te.“ (75) Und genau das geschieht nicht (mehr) vor­wie­gend pla­ne­risch gesteu­ert und auch nicht in ers­ter Linie (wenn über­haupt) in insti­tu­tio­na­li­sier­ten For­men (wie etwa Ver­ei­nen), son­dern wesent­lich flui­der, schnel­ler, spon­ta­ner, aber auch kurz­le­bi­ger. Die Offen­heit des Rau­mes der Stadt und der Stadt ist dafür Vor­aus­set­zung und wird durch die­se per­ma­nen­te Umwid­mung, Aneig­nung, Inan­spruch- und Inbe­sitz­nah­me aber auch über­haupt erst kon­sti­tu­iert. Des­halb sieht Rau­ter­berg in den aktu­el­len Ten­den­zen und Mög­lich­kei­ten eine neue, akti­ve und posi­ti­ve Chan­ce für Urba­ni­tät: „Eine Stadt ist Stadt, wenn sie mit sich sel­ber uneins bleibt.“ (129)

Bei die­ser Art der Raum­er­grei­fung han­delt es sich um weit mehr als eine Mode­er­schei­nung oder das Frei­zeit­ver­gnü­gen eini­ger Jun­ger­wach­se­ner der Mit­tel­schicht. Es gäbe kei­ne Wie­der­be­le­bung des öffent­li­chen Raums, wür­de sie nicht von einem brei­ten gesell­schaft­li­chen Wan­del der Ide­al­bil­der und Leit­vor­stel­lun­gen getra­gen. Wie weit die­ser Wan­del reicht, zeigt sich nicht zuletzt dar­an, dass auch vie­le Stadt­pla­ner ihr Ver­hält­nis zum Raum neu bestim­men, auf eine Wei­se, die aber­mals an man­che der Künst­ler und Archi­tek­ten den­ken lässt. Das Prin­zip der Offen­heit und frei­en Aneig­nung, unvor­her­seh­bar und unge­hin­dert von äuße­ren Zwän­gen, ist man­cher­orts sogar zum neu­en Leit­bild der Pla­nung avan­ciert. (37)
Die Stadt ist nicht län­ger Zone, sie darf wie­der Raum sein, unde­fi­niert. (39)

Saša Sta­nišić: Vor dem Fest. RM Buch und Medi­en 2014. 316 Seiten.

stanisic, vor dem fest (cover)Jetzt habe ich end­lich auch mal ein Buch von Saša Sta­nišić. Vor dem Fest ist ein ganz inter­es­san­ter und schö­ner Roman über Fürs­ten­fel­de, die Uckerm­arck, Deutsch­land und auch ein biss­chen über die Welt. In klei­nen, leicht auch zwi­schen­durch und mit jeder­zei­ti­gen Unter­bre­chun­gen kon­su­mier­ba­ren Häpp­chen-Kapi­teln erzählt Sta­nišić ein Dorf und sei­ne Bewoh­ner in der ost­deut­schen Pro­vinz. Äuße­rer Anlass ist die Nacht vor dem gro­ßen Anna-Fest, in der die meis­ten noch eine oder ande­re Vor­be­rei­tun­gen für den nächs­ten Tag tref­fen. Zugleich weist der Text mit Quel­len­ab­schnit­ten weit in die Dorf­ge­schich­te bis zum 16. Jahr­hun­dert zurück – wobei ich mir nicht sicher bin, ob das ernst gemeint ist: Die Spra­che die­ser (Pseudo-)Quellen scheint mir zu oft nicht ganz zeit­ge­mäß, immer ein biss­chen dane­ben, so dass ich das eigent­lich als Fäl­schun­gen aus der Hand der „Archi­va­rin“ lese – dazu passt ja auch das gro­ße geheim­nis­vol­le Getue, das um die Dorf­chro­nik gemacht wird. Und dass es sie nicht geben kann, weil sie eigent­lich dem Dorf­brand von 1742 zum Opfer gefal­len ist. Egal: Das ist alles recht unter­halt­sam und durch­aus erhel­lend in sei­nen vie­len Per­spek­ti­ven, Sti­len und Zeit­ebe­nen. Auch wenn ich manch­mal den Ein­druck hat­te, die Idee – mit der Nacht vor dem „Fest“ das Dorf, sei­ne Gemein­schaft, sei­ne Geschich­te und auch noch die Welt­zu­sam­men­hän­ge dar­zu­stel­len – wird etwas über­reizt. Unklar blieb mir zum Bei­spiel die Not­wen­dig­keit, das auch noch auf die Tier­welt auszudehnen … 

Sehr gut gefal­len hat mir aber der spie­le­ri­sche Umgang des Erzäh­lers mit sei­nem Text: Zum einen pro­du­ziert das Fabu­lie­ren hier selbst Fra­gen an den eige­nen Text, die auch Teil des Tex­tes wer­den und blei­ben. Zum ande­ren ist da die­ses inklu­si­ves „Wir“ des Erzäh­lers als dem Ver­tre­ter der Dorf­be­völ­ke­rung, das also den Erzäh­ler zu einem Teil sei­ner Geschich­te macht und zumin­dest behaup­tet, dass hier nicht von einer Außen­po­si­ti­on erzählt wird (auch wenn es eini­ge weni­ge Hin­wei­se auf eine Dif­fe­renz gibt …). Aber, das ist inter­es­sant, die­ses „wir“ gilt nicht nur der der­zei­ti­gen Dorf­ge­mein­schaft, son­dern der aller Zei­ten. Über­haupt ist Vor dem Fest mit sei­ner erzäh­le­ri­schen Lust und Begeis­te­rung ein etwas kapri­ziö­ser Text, der sich selbst nicht über­mä­ßig ernst nimmt, son­dern Spaß am eige­nen Erzäh­len und Erfin­den hat und auch ger­ne das eige­ne Erzäh­len ein­fach miterzählt.

Der Fähr­mann hat ein­mal erzählt, es gebe im Dorf jeman­den, der mehr Erin­ne­run­gen von ande­ren Leu­ten besit­ze als Erin­ne­run­gen, die sei­ne eige­nen sind. Das Dorf hat sofort geglaubt, er meint Ditz­sche. Könn­ten aber ande­re gemeint gewe­sen sein, mei­nen wir. (233)

Olga Mar­ty­n­o­va: Möri­kes Schlüs­sel­bein. Graz, Wien: Dro­schl 2013. 320 Sei­ten. ISBN 9783854208419.

martynova, mörikes schluesselbein (cover)Möri­kes Schlüs­sel­bein ist so etwas sie­ein Wun­der­tü­ten-Text: Der gan­ze Roman quillt über. Das fängt schon „vor“ dem Roman an, mit der Über­fül­le an Para­tex­ten, vor allem den extrem vie­len Mot­ti auf ver­schie­de­nen Ebe­nen des Tex­tes, die oft auch noch nicht allein, son­dern gleich zu meh­re­ren auf­tre­ten. Und es geht im Text wei­ter, mit sei­ner etwas hyper­tro­phen Fül­le an Stil­mit­teln und auch an The­men. Ins­ge­samt prä­sen­tier­te Möri­kes Schlüs­sel­bein sich mir als ein ziem­lich umher irren­der Roman. Ich hat­te immer wie­der den Ein­druck, der Text sucht seine/​eine Stim­me, da wird aus­pro­biert und ver­wor­fen, dass es eine Freu­de ist. Viel­leicht liegt es auch dar­an, dass sich Mar­ty­n­o­vas Erzäh­le­rin sehr von ihren Figu­ren (und davon gibt es eine gan­ze Men­ge) und ihrem Eigen­le­ben trei­ben lässt – so war zumin­dest mein Eindruck.

Auf jeden Fall ist das vir­tu­os erzählt – aber was wird eigent­lich erzählt und war­um? Die Fra­ge stellt sich schon früh beim Lesen, bis zum Ende habe ich kei­ne rich­ti­ge Ant­wort gefun­den (auch in den Rezen­sio­nen übri­gens nicht …). Das hängt natür­lich damit zusam­men, das Möri­kes Schlüs­sel­bein ein Epi­so­den­netz ohne Zen­trum und ohne Rand ist, des­sen Zusam­men­hän­ge teil­wei­se bewusst unklar blei­ben. Da fühlt man sich manch­mal etwas ver­lo­ren im Text – was, um es noch ein­mal zu sagen, nicht heißt, es wäre ein schlech­ter Text: vie­les gefällt (mir), vie­les ist gut, geschickt und sehr über­legt gemacht. Nur sehe ich kein Ziel außer dem Zei­gen der Ziel­lo­sig­keit, dem Vor­füh­ren des Feh­lens von (ver­bind­li­chen) Zie­len und Zusam­men­hän­gen. Viel­leicht habe ich auch schlecht gele­sen, näm­lich mit meh­re­ren (unge­plan­ten) Unter­bre­chun­gen, die mich zu viel ver­lie­ren ließen?

So lese ich Möri­kes Schlüs­sel­bein als ein Spiel mit den Gren­zen von Rea­li­tä­ten und Wahr­schein­lich­kei­ten (die selt­sa­men Zeit­rei­sen- bzw. Zeit­vek­to­ren-Epi­so­den, die so irr­lich­ternd in den Text hin­ein­ge­schich­tet sind, ver­deut­li­chen das viel­leicht am bes­ten). Über­haupt spielt der Roman auf allen Ebe­nen, vom Zei­chen (bzw. sei­ner typo­gra­phi­schen Reprä­sen­ta­ti­on, etwa mit unter­schied­li­chen Schwarz­sät­ti­gun­gen …) bis zur Makro­form (deren Struk­tur ich über­haupt nicht ver­stan­den habe …). Und die Mot­ti nicht zu ver­ges­sen, die auf ver­schie­de­nen Ebe­nen den Text sehr reich­hal­tig zie­ren. Und irgend­wie, das macht Möri­kes Schlüs­sel­bein doch immer wie­der inter­es­sant, gelingt es Mar­ty­n­o­va, damit (fast) das gan­ze 20. Jahr­hun­dert zu erzäh­len, mit der Geschich­te Deutsch­lands, dem Zwei­tem Welt­krieg, USA, UdSSR bzw. Russ­land und dem Kal­ten Krieg etc. pp. Und noch die aben­teu­er­lichs­ten Kurio­si­tä­ten wer­den von Mar­ty­n­o­va erzählt, als sei­en sie das nor­mals­te auf der Welt: Klar, das zeigt (wie­der mal) den Ver­lust (all­ge­mein­gül­ti­ger) Maß­stä­be: alles gilt (gleich viel) – aber war es das schon? Oder will der Text noch mehr? – Da bin ich rat­los. Rat­los übri­gens auch beim Klap­pen­text – ob der absicht­lich so blöd­sin­nig-nichts­sa­gend ist? Eigent­lich habe ich vom Dro­schl-Ver­lag eine bes­se­re Mei­nung. Aber die­sen Text als einen „Roman über Fami­lie und Freund­schaft: lie­be­voll, weib­lich, scharf­sich­tig und humor­voll“ zu cha­rak­te­ri­sie­ren kann ja nicht wirk­lich ernst gemeint sein. Sicher, humor­voll ist der Text, das Lesen macht immer wie­der gro­ße Freu­de. Aber was ist dar­an bit­te­schön weiblich?

Wenn man Wol­ken­krat­zer mit Kathe­dra­len ver­gleicht, meint man irr­tüm­li­cher­wei­se in ers­ter Linie ihre gesell­schaft­li­che Bedeu­tung: Macht und Reich­tum, die über das Leben der gemei­nen Men­schen empor­ra­gen. Aber sie haben eine archi­tek­to­ni­sche Funk­ti­on: die Men­schen dazu zu brin­gen, den Blick zum Him­mel zu erhe­ben. Dazu nützt irgend­ei­ne schöp­fe­ri­sche Kraft die Macht, den Reich­tum und die wan­dern­den Bau­leu­te, dach­te Mari­na und hör­te die Fet­zen einer (oder meh­re­rer) ost­eu­ro­päi­scher Sprache(n), bedroh­li­che Zart­heit in den gedehn­ten Lau­ten. (165)

Diet­mar Dath: Lei­der bin ich tot. Ber­lin: Suhr­kamp 2016. 463 Sei­ten. ISBN 9783518466544.

dietmar dath, leider bin ich tot (cover)Diet­mar Daths Schaf­fen kann ich in sei­nen Ver­äs­te­lun­gen – ich ken­ne weder einen ande­ren Autor, der so viel­fäl­ti­ge The­men­fel­der beackert noch bei so vie­len unter­schied­li­chen Ver­la­gen ver­öf­fent­licht – kaum noch nach­voll­zie­hen. Aber wenn ich dann ab und an wie­der etwas aus sei­ner schwer beschäf­tig­ten Feder lese, ist es immer wie­der über­ra­schend und erqui­ckend. Das gilt auch für Lei­der bin ich tot. Der Text hängt irgend­wo zwi­schen Sci­ence-Fic­tion, Wis­sen­schafts­thril­ler, poli­ti­schem Roman, Kri­mi und was weiß ich noch alles. Genau­so „wild“ ist auch die erzähl­te Geschich­te, die sich kaum ver­nünf­tig zusam­men­fas­sen lässt (und ohne wesent­li­che Plot­twists zu ver­ra­ten schon gar nicht …, ziem­lich gut macht das Son­ja Gre­be auf satt​.org). Es geht um höhe­re Intel­li­gen­zen, um Reli­gio­nen und Göt­ter, auch um Ter­ror und Gewalt in allen mög­li­chen For­men. Und ganz wesent­lich auch um Zeit, um die Zeit – es zeigt sich näm­lich, dass man­che Figu­ren in Lei­der bin tot die Zeit aus ihrem Strah­len­da­sein befrei­en kön­nen und eine Zeit­schlei­fe in Form eines Möbi­us­ban­des schaf­fen. Das bringt nicht nur so eini­ge neue Mög­lich­kei­ten, auch der Mani­pu­la­ti­on, ins Spiel, son­dern sorgt auch für reich­hal­ti­ge Ver­wir­run­gen und Irrlichtereien. 

Außer­dem steckt in Lei­der bin ich tot – und dar­in ist es ein typi­scher Dath-Roman – ganz viel Gegen­warts­be­schrei­bung und ‑dia­gno­se. Der Autor hat einen schar­fen Blick, er sieht und erkennt unheim­lich viel und kann es in sei­nen Roman – mal ele­gan­ter, mal etwas plum­per – alles hin­ein­pa­cken. Der Ver­lag behaup­tet im Klap­pen­text zwar, das sei eine „Medi­ta­ti­on“, aber das hal­te ich für Unsinn. Dafür ist das Buch schon viel zu action­ge­la­den. Sicher, es wird viel gedacht und viel über phi­lo­so­phi­sche, theo­lo­gi­sche, erkennt­nis­theo­re­ti­sche Pro­ble­me gere­det. Aber das ist nur eine Ebe­ne des viel­fäl­ti­gen Tex­tes. Die Viel­falt ist eh Dath-typisch. Genau wie das zunächst ganz rea­lis­tisch erschei­nen­de Erzäh­len, das sich dann nach und nach leicht ver­schiebt, immer ver­schro­be­ner wird und immer etwas ver­rück­ter, grau­sa­mer und berech­nen­der (im tech­ni­schen Sinn). Und Bücher, die ihren Autor selbst so wun­der­bar unernst-selbst­iro­nisch auf­tre­ten las­sen, sind sowie­so meis­tens ein gro­ßes Ver­gnü­gen. Und das gilt für Lei­der bin ich tot auf jeden Fall.

»Krie­ger. Leu­te im Krieg. Die nur ver­klei­det sind als Künst­ler oder Intel­lek­tu­el­le. Nicht? Wir sind … wir müs­sen immer die Bes­ten sein. Die Schöns­ten, die Unwi­der­steh­lichs­ten. Wir sind Klug­schei­ßer und Zau­be­rer und Träu­mer. Wir sind Recht­ha­ber, weil wir …«
»Ver­letz­te sind.« (63)

Urs Jaeg­gi: Brand­eis. Darm­stadt, Neu­wied: Luch­ter­hand 1978. 269 Sei­ten. ISBN 347296463X. 

Noch ein erstaun­lich span­nen­der und inter­es­san­ter Zufalls­fund. Ich muss geste­hen, dass mir Urs Jaeg­gi, der als Sozio­lo­ge auch immer wie­der bel­le­tris­tisch tätig war, bis dato unbe­kannt war. Das ist scha­de, denn Brand­eis ist nicht nur ein fas­zi­nie­ren­der Zeit­ro­man, son­dern auch ein aus­ge­spro­chen guter Roman. Brand­eis, die Haupt­fi­gur und Erzäh­ler­stim­me, aus deren per­so­na­ler Per­spek­ti­ve alle drei Tei­le erzählt wer­den, ist sozu­sa­gen das alter ego des Autors: Sozio­lo­gie, der zu Beginn noch in der Schweiz (in Bern) lehrt, dann an die neu­ge­grün­de­te, noch zu bau­en­de bzw. im Auf­bau begrif­fe­ne Uni­ver­si­tät in Bochum beru­fen wird, eini­ge Zeit als Gast­do­zent in New York weilt und zum Schluss („Ber­lin 1977“) in Ber­lin einen Sozio­lo­gie-Lehr­stuhl inne­hat – die äuße­ren Sta­tio­nen ent­spre­chen Jaeg­gis Kar­rie­re genau. Das aber nur nebenbei.

Inter­es­sant ist ande­res. Brand­eis ist ein poli­tisch akti­ver, empi­risch arbei­ten­der Sozio­lo­ge, der sich aus einer dezi­diert lin­ken (mar­xis­ti­schen) Posi­ti­on auch und vor allem sehr inten­siv mit sei­nen Stu­die­ren­den und ihrem Blick auf die Welt und Gesell­schaft aus­ein­an­der­setzt. Das ermög­licht zum einen eine span­nen­de Dar­stel­lung der Kon­flik­te am Ende der 1960er Jah­re an den Hoch­schu­len (aber auch einen Blick auf die Dif­fe­renz der dor­ti­gen Dis­kus­sio­nen und Situa­tio­nen zu den Gege­ben­hei­ten der Arbei­ter­schaft, etwa bei den Bochu­mer Opel-Wer­ken) über die Ent­wick­lung zum links­ra­di­ka­len Ter­ro­ris­mus und den Viet­nam­krieg bzw. dem Kampf gegen den Krieb bis zu den ame­ri­ka­ni­schen Bewe­gun­gen Anfang der 1970er Jah­re wie Black power und Femi­nis­mus. Und es gibt dem Autor einen sehr klu­gen, ana­ly­ti­schen Erzäh­ler, der bei sei­nem Blick auf die Welt auch die eige­nen Posi­ti­on und deren theo­re­ti­sche Vor­aus­set­zun­gen immer wie­der mit­be- und über­denkt. Äußer­lich pas­siert dann gar nicht so sehr viel, es wird vor allem gere­det und dis­ku­tiert, gestrit­ten und demons­triert, ana­ly­siert und erklärt. 

Der zwei­te, sehr inter­es­san­te Punkt ist die Form von Brand­eis. Die ist näm­lich für die Ent­ste­hungs­zeit – der Roman ist immer­hin schon 1978 erschie­nen – erstaun­lich avan­ciert und auf der Höhe der Zeit. Und es zeigt sich auch, dass sich in den Jahr­zehn­ten seit­her bei den zur Ver­fü­gung ste­hen­den Mit­teln für Pro­sa­tex­te erstaun­lich wenig getan hat. Brand­eis ist genau­so frag­men­tiert wie ein ordent­li­cher post­mo­der­ne Roman der Gegen­wart, er nutzt vie­le Errun­gen­schaf­ten des moder­nen Romans, auch sein Erzäh­ler spricht in zwei Per­spek­ti­ven und reflek­tiert das auch ger­ne selbst:

Oh, ja. Ich weiß, Freund, hier geht es kreuz und quer: ich und er. Er Brand­eis und ich Brand­eis. Ich habe es sowie­so pro­biert: »Ich« in die Gegen­wart zu set­zen, »Er« in die Ver­gan­gen­heit. Ganz logisch. Logisch: und doch ging es dann gleich wie­der durch­ein­an­der, obwohl ich weiß: Ord­nung muß sein, wie bei den Fuß­no­ten, was die Deut­schen so gut kön­nen und die Fran­zo­sen nie ler­nen, nicht ler­nen wol­len. Also gut. (97)

Über­haupt ist der gan­ze Roman erstaun­lich selbst­be­wusst und reflek­tie­rend. Und Jaeg­gi gelingt es aus­ge­spro­chen gut, die Viel­falt der for­ma­len Gestal­tungs­ele­men­te zu nut­zen und recht har­mo­nisch mit­ein­an­der zu ver­bin­den (auch wenn sich an eini­gen Stel­len viel­leicht man­che Län­ge ein­ge­schlich­ten hat). 

Das so ein groß­ar­ti­ger Text nicht zum Kanon deutsch­spra­chi­ger Lite­ra­tur gehört (selbst der Luch­ter­hand-Ver­lag, bei dem sei­ne Roma­ne erschie­nen, kennt ihn nicht mehr …), ist eigent­lich erstaun­lich. Aber ande­rer­seits viel­leicht auch sym­pto­ma­tisch: Längst näm­lich scheint mir die Lite­ra­tur zuneh­mend ihre eige­ne Geschich­te (und damit auch ihre eige­nen Vor­aus­set­zun­gen und (schon ganz banal hand­werk­li­chen) Errun­gen­schaf­ten) zu ver­ges­sen – es blei­ben letzt­lich ein­fach nur ein paar weni­ge Tex­te und Autoren dau­er­haft im kol­lek­ti­ven Gedächt­nis. Statt­des­sen tut man – und das schließt sowohl die Pro­du­zen­tin­nen als auch die Rezi­pi­en­ten (wie etwa die Lite­ra­tur­kri­tik) ein – ger­ne so, als wür­de jede Sai­son, spä­tes­tens aber jede Gene­ra­ti­on die Lite­ra­tur neu erfun­den. Die Lek­tü­re von Tex­ten wie dem Brand­eis wür­de da mehr hel­fen als die „Wie­der­ent­de­ckung“ einst popu­lä­rer Roma­ne von von Fal­la­da, Keun etc. 

Die Geschich­te tut nichts, sagt Brand­eis, sie kämpft kei­ne Kämp­fe. Es ist der Mensch, der wirk­li­che, leben­di­ge, Mensch, der alles tut, besitzt oder erkämpft. Es ist nicht die Geschich­te, die den Men­schen zum Mit­tel braucht, um ihre Zwe­cke durch­zu­ar­bei­ten, als ob sie eine apar­te Per­son wäre; die Geschich­te ist nichts als die Tätig­keit der ihre Zwe­cke ver­fol­gen­den Men­schen. (21)

außer­dem gelesen:

Die andere DNA der Sprache: Titus Meyers Palindrom-Roman

meyer, andere dna (cover)Kann man einen Roman als Palin­drom schrei­ben? Oder ein Palin­drom als Roman schrei­ben und lesen? Titus Mey­er ver­sucht es zumin­dest. Ande­re DNA heißt das Ergeb­nis (natür­lich selbst eines der vie­len Palin­dro­me in die­sem Palin­drom), das – wie schon sein Band mit Palin­drom-Gedich­ten – bei Rei­ne­cke & Voß erschie­nen ist. Ich habe jetzt nicht kon­trol­liert, ob das wirk­lich ein Palin­drom ist. 56 Sei­ten sind zwar für einen Roman erst ein­mal nicht viel Text, aber sehr, sehr, sehr viel, um ein Palin­drom zu über­bli­cken. Ich ver­traue da also mal Autor und Verlag …

Geglie­dert ist Ande­re DNA als lose Fol­ge von kur­zen Abschnit­ten (meist 1–2 Sei­ten, manch­mal auch mehr) mit so schö­nen Titeln wie „Sin­ne­ten­nis“, „Bana­le Magd“ oder „Ein­sie­de­lei“, aber auch eher gene­risch („Tod“, „Zeit“, „Moral“ zum Bei­spiel). Hier gibt es tat­säch­lich so etwas wie the­ma­ti­sche Zusam­men­hän­ge der wil­den syn­tak­ti­schen Kon­struk­tio­nen Mey­ers. Als gan­zes konn­te ich dem Buch aber weder einen kohä­ren­ten Inhalt noch ein wirk­li­ches The­ma ent­neh­men. Dar­um geht es wohl auch gar nicht. Denn mit Erzäh­len hat das hier natür­lich nichts zu tun. Es ist ja schon die Fra­ge, ob man so etwas über­haupt Schrei­ben nen­nen kann. Und wer schreibt dann hier? Der Autor oder die Regel?

Aber wahr­neh­men lässt sich trotz­dem etwas. Die Spra­che selbst, aber auch die bereits erwähn­ten Sinn­zu­sam­men­hän­ge oder Sinn­kon­struk­te, die las­sen sich also beob­ach­ten. Aber meist nur gra­nu­lar: Ein paar Sät­ze, viel mehr sind das sel­ten („Ein­sie­de­lei“ ist so ein Fall, wo das auch mal über län­ge­re Stre­cke gelingt) – dann stol­pert der Text wie­der, der Sinn löst sich in alle Rich­tun­gen auf. Ich konn­te das nur in klei­ne­ren Dosen lesen, nach ein paar weni­gen Sät­zen schon fängt der Kopf an zu schwirren. 

Es gibt dabei durch­aus schö­ne Stel­len, wo auf ein­mal neue, gewag­te, schö­ne For­mu­lie­run­gen auf­blit­zen. Auf irgend­wel­che Zusam­men­hän­ge darf man aber wirk­lich nicht zu sehr hof­fen. Vor allem aber stell­te sich mir immer wie­der die Fra­ge: Kann man das lesen? Und: Wie liest man so etwas eigent­lich? Klas­si­sches her­me­neu­ti­sches Lesen funk­tio­niert jeden­falls über­haupt nicht, das wird ganz schnell klar. Ich habe mich dann oft beim Lesen qua­si selbst beob­ach­tet und gemerkt, wie man aus kleins­ten Hin­wei­sen Zusam­men­hän­ge, ja sogar „Geschich­ten“ kon­stru­ie­ren will. Bis man – oder eben der Text – sich wie­der bremst und sich irgend­wann ein­fach der Spra­che aus­lie­fert, auch wenn das tro­cken und wüst scheint. 

Und natür­lich hat Ande­re DNA auch Momen­te einer Leis­tungs­schau nach dem Mot­to: Seht her, auch das kann „Spra­che“, das kann Lite­ra­tur (und so etwas ver­track­tes bekom­me ich als Autor hin …): Die Tech­no­lo­gi­zi­tät der Spra­che pur sozu­sa­gen als lite­ra­ri­schen Text ver­kör­pern und auf­zei­gen. Ob das aber mehr ist? Ich bin mir nicht so sicher. Etwas ande­res ist es auf jeden Fall. Und dann schwingt natür­lich auch noch ein gewis­ses kom­pe­ti­ti­ves Moment – ein so lan­ges Palin­drom gab es noch nie! – immer etwas mit. Ins­ge­samt aber habe ich das dann doch eher als pro­of of con­cept denn als mög­li­che (Weiter)Entwicklung einer zeit­ge­mä­ßen, zeit­ge­nös­si­schen Lite­ra­tur gele­sen. Aber viel­leicht habe ich dabei auch zu sehr von der Ober­flä­che ablen­ken las­sen, wer weiß …

Titus Mey­er: Ande­re DNA. Leip­zig: Rei­ne­cke & Voß 2016. 56 Sei­ten. ISBN 9783942901208.

Lange Fluchten, gebrochene Menschen

danz, lange fluchtenEin unfer­ti­ger Roh­bau irgend­wo in der deut­schen Pro­vinz, die Mus­ter­fa­mi­lie – Vater, Mut­ter, zwei Kin­der – wohnt pro­vi­so­risch in Con­tai­nern auf dem Grund­stück. Das Set­ting von Danie­la Danz Roman Lan­ge Fluch­ten klingt ziem­lich ein­fach und banal. Und doch ist an dem kur­zen Text – gera­de ein­mal 146 Sei­ten, das ist heu­te nicht viel für einen Roman – nichts banal. Und nichts ist ein­fach, weder für den Leser noch für die Figu­ren des Textes. 

Gut, das ist kein über­mä­ßig schwie­ri­ger Text, so scheint es zunächst. Aber ent­wi­ckelt doch sei­ne Wider­stän­dig­kei­ten. Denn wor­um geht es eigent­lich? Cons (eine etwas selt­sa­me Kurz­form für Con­stan­tin, in der das „Dage­gen“ offen­bar wird) ist ein ehe­ma­li­ger Berufs­sol­dat mit Frau und Kin­dern und Gelieb­ter und einem tod­kran­ken Freund. Er lebt nach einem „Vor­fall“ in sei­ner Zeit als Zeit­sol­dat in die­sem pro­vi­so­risch ein­ge­rich­te­ten Leben, das sei­nes nicht so ganz zu sein scheint. Er lebt in merk­wür­di­ger Nähe und Tren­nung von Frau und Fami­lie, er ver­schwin­det für Tage, geht auf die Jagd, fährt ziel­los her­um, bringt nach zwei Tagen die ver­spro­che­ne Milch nach Hau­se – und scheint gene­rell recht wenig auf die Rei­he zu bekom­men. Irgend­wie hängt das mit dem nicht näher erläu­ter­ten, nur nach und nach in Sche­men erkenn­ba­ren Vor­fall bei einem Gefechts­ma­nö­ver zusam­men, dass Con­stan­tin offen­bar psy­chisch geschä­digt hat – die Fra­ge einer Ent­schä­di­gung steht im Raum, ver­langt aber mehr Akti­vi­tät, als er auf­brin­gen kann – und ihn in die­sem per­sepk­tiv- und ziel­lo­sen Leben zurücklässt.

Die Jagd bleibt da als ein­zi­ger Rest von Akti­vi­tät – nicht zufäl­lig ist das ein dem Mili­tär ähn­li­che Zeit­ver­treib (und nicht zufäl­lig sind die betref­fen­den Pas­sa­gen dann auch vor­sich­tig fach­sprach­lich getönt). Aber für Con­stan­tin geht es dabei wohl auch um den Moment der tota­len Kon­trol­le, des (mehr oder weni­ger will­kür­li­chen) Ent­schei­dens über Leben und Tod einer ande­ren Krea­tur – wor­an er selbst tra­gi­scher­wei­se wie­der­um schei­tert. Eine gewis­ser­ma­ßen ähn­li­che Ebe­ne bringt der Selbst­mord sei­nes ein­zi­gen Freun­des, Hen­ning, in die Hand­lung. Der kann nur gelin­gen, weil Cons mit einer Bohr­ma­schi­ne (um das Seil zum Erhän­gen zu befes­ti­gen) aus­hilft – wie unbe­wusst und unge­wusst das wirk­lich war, ist nicht so ganz deutlich.

Lan­ge Fluch­ten ist bei all dem immer fast quä­lend nahe an der Haupt­fi­gur. Der Text im per­ma­nen­ten Prä­sens ist ein sehr gelun­ge­nes Abbild der Lee­re, der Ziel­lo­sig­keit von Cons: Alles bleibt ohne Antrieb, aber irgend­wie auch ohne Grund: 

Was soll man auch auf­schrei­ben, was ist für einen ande­ren am eige­nen Leben inter­es­sant? Was geht es irgend­je­man­den an? (81)

Dabei hat der Roman eine qua­si-natür­li­che, har­mo­ni­sche Form, zum Bei­spiel qua­si sich selbst erge­ben­de Kapi­tel­zu­sam­men­hän­ge. Über­haupt ist der gan­ze Text ein sehr behut­sa­mer Text: nie ver­rä­te­risch, aber auch nie „ver­ständ­nis­voll“, ein vor­ge­ge­be­nes Ver­ste­hen erhei­schend. Danie­la Danz gelingt näm­lich eine ein­drück­li­che Mischung aus zwin­gen­den Schil­de­run­gen und geheim­nis­vol­ler Kom­po­si­ti­on: Vie­les bleibt – ganz natür­lich in der Erzäh­lung – ohne Grund, ohne Erklä­rung oder Demons­tra­ti­on von Kausalitäten. 

Erst kurz vor dem Ende geschieht etwas im und vor allem mit dem Text. Auf der inhalt­li­chen Ebe­ne wird das dop­pelt vor­be­rei­tet: Cons kommt über Zufäl­le zu einem Art Mili­ta­ris­ten­tref­fen und hat dort, im Wald­ge­wit­ter und der Kon­fron­ta­ti­on mit einem Hirsch, eine Art Epi­pha­nie. Dem schließt sich dann ein spon­ta­ner Fami­li­en­ur­laub am Meer an. Und nach der Rück­kehr von einer Schiffs­rund­fahrt auf der „Alten Lie­be“ bricht der Text dann, zunächst mit dem Ver­schwin­den der Ehe­frau Anna (spä­ter fol­gen die bei­den Kin­der ins Nichts): Das Erzähl­tempus wech­selt ins Imper­fekt, die Ober­flä­che wird eben­falls als dif­fe­rent mar­kiert durch die kur­si­ve Type – bei­des bis zum bald fol­gen­den Schluss durchgehalten. 

Und das macht aus Lan­ge Fluch­ten eigent­lich noch ein­mal einen neu­en, einen ande­ren Text. Der Wirk­lich­keits­sta­tus von Text und berich­te­tem Gesche­hen wird nun end­gül­tig frag­lich und unsi­cher. Unklar wird auch die Gat­tungs­zu­ord­nung: Ist das jetzt ein Roman? Oder – dar­auf weist der Schluss­teil hin – eine Legen­de? Auch das bleibt am Ende dun­kel, eine Auf­lö­sung bie­tet der Text selbst nicht mehr. Die Ver­suchs­an­ord­nung wird der Lese­rin ein­fach prä­sen­tiert, ohne Erklärung. 

Es bleibt ein­fach ein ziem­lich radi­ka­ler Bruch ins Mythi­sche, Irrea­le – aber was bedeu­tet das? Man kann dann den Text als Legen­de lesen, d.h. als exem­pla­ri­schen Text. Dann wäre der Schluss­teil sozu­sa­gen eine Art Kom­men­tar zum Text im Text selbst, eine Rezep­ti­ons­steue­rung – damit der „Haupt­text“ nicht (bloß) als Schil­deurng eines indi­vi­du­el­len Schick­sals gele­sen wer­den kann, wird das und sein Text am Schluss trans­for­miert (im Sin­ne von „auf­ge­ho­ben“). Immer­hin beginnt das im Kapi­tel XXVI mit dem bezeich­nen­den Satz: 

Lass mich noch ein­mal erzäh­len. Jetzt ist alles ganz klar und vol­ler Zusammenhänge.(137)

Was dann folgt, ist zwar über­haupt nicht klar, aber: Erst jetzt, mit die­sem Satz, beginnt das Erzäh­len … (und ist damit aber auch schon wie­der am Ende angelangt).

Die­se Rät­sel­haf­tig­keit – ohne Auf­lö­sung – ist die gro­ße Stär­ke des Tex­tes. Auch die Deu­tung als Legen­de hilft ja nur wenig – denn was heißt das denn nun für den Text und sei­ne Figu­ren, wenn er kein Roman, son­dern eine Legen­de ist? Dass Con­stan­tin ein Hei­li­ger ist? Aber war­um und wofür? Fra­gen blei­ben nach dem Lesen, aber auch die offe­ne Fas­zi­na­ti­on des Buches, das man zwar bei­sei­te legen kann, aber nicht so ein­fach been­di­gen. Je län­ger ich drü­ber nach­den­ke, des­to fas­zi­nie­ren­der wer­den die Lan­gen Fluch­ten

Er geht auf das Haus zu, ein Ver­wal­tungs­mons­ter aus Back­stein und Glas. Män­ner in Anzü­gen, Leis­tungs­trä­ger, gehen schnell an ihm vor­bei, begeg­nen ande­ren Män­nern, Frau­en, man grüßt. Mahl­zeit ist das Pass­wort, mit dem man dazu­ge­hört. Er merkt, wie sein Gang sich von dem der ande­ren unter­schei­det. Er ver­sucht, ihrem Gehen, so nennt er es abschät­zig, sei­nen Gang ent­ge­gen­zu­set­zen, sei­nen stol­zen Gang, aber es gelingt ihm nicht. Die glä­ser­ne Ein­gangs­tür öff­net sich, nir­gends ein Wider­stand. Nein, er fragt nicht den Pfört­ner, er sucht den Raum mit der Num­mer 423 selbst. ‚Alex­an­der Ste­ger‘ steht auf dem Schild neben der Tür. drei lee­re Stüh­le davor. Er setzt sich. Er hat ein­mal gelernt, eine Stra­te­gie zu ent­wi­ckeln, ‚Füh­ren mit Auf­trag‘, er muss das Heft in die Hand krie­gen jetzt. Er sitzt hier, weil Anne gesagt hat, er sol­le hin­ge­hen zu dem Ter­min. (37)

Danie­la Danz: Lan­ge Fluch­ten. Göt­tin­gen: Wall­stein 2016. 146 Sei­ten. ISBN 9783835318410.

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