Und schon wieder kurze Prosa ohne Gattung: Szenen, Einfälle, … — Vignetten fasst das wohl am besten zusammen. Premper sammelt hier Absurdes, Groteskes, Komisches, Phantastisches ungeheuer verdichtet. Nur selten ist ein Text eine ganze Seite (oder mehr) lang. Das ist vor allem eines: irrsinnig amüsant. Dabei ist das aber überhaupt nicht hirnlos, denn in der Kürzest-Prosa über Bäume und Menschen, über Normalität und das Leben, über Träume und Erscheinungen, wundersame Begnungen, Abnormalitäten als Grundstimmung, Normalität als Ausnahme stecken alles großen Fragen — selbst wenn das als “Szene aus dem wirklichen Leben” überschrieben ist. Vor allem zeigt Premper aber immer wieder die Absurdität der Banalität des Alltags, des ganz normalen Lebens mit seinen unzähligen, immer gleichen Handlungen, Momenten und Erfahrungen. Ein wirklich großartiges Vergnügen!
“Warum mann Bücher machen muss”: Weil man sonst wieder Frauen verbrennt und Schafe fickt. (38)
Wir lieben und wissen nichts ist ein nettes Kammerspiel über moderne Paare, über Liebe, Beziehung, Kommunikation und den ganzen Rest — eine Variation eines bekannten Themas also:
Kann man zusammenbleiben, wenn man sich die Wahrheit sagt? (121)
Ganz geschickt gemacht ist das, und gut verpackt — da merkt man die Erfahrung Rinkes. Und natürlich spielen auch und vor allem die Zumutungen des (post-)modernen Kapitalismus eine wesentliche Rolle: “[…] ich glaube, die Liebe ist irgendwann mit dem Kapitalismus zusammengestoßen und dabei kaputtgegangen.” (112)
Leider fand ich den Band nicht ganz so spannend, wie die Rezension erwarten ließ. Salomon schreibt hier vor allem so etwas wie erzählende Gedichte: Viele “intakte” Sätze, die nur behutsam umgebrochen und so in die lyrische Form gebracht werden. Es geht viel ums Erinnern, viele Madeleines, und viel alte BRD tauchen hier auf, aber auch viel Glück — das aber nie dauerhaft und sicher ist: “Ich ging nach Hause, ich glaube / Glücklich — ” (66) schließen die “Momente des Glücks”, die genau so einen Moment des Endens der Vergangenheit, des Niederlegens eines alten Gebäudes aufzeigen. Genau dieser das Ende offen lassende, andeutende Gedankenstrich beschließt nicht wenige seiner Gedichte (“Es war, als gäbe es nie ein Ende — ” (71)) Vieles ist hier ganz nett, aber berührt mich nicht sehr nachdrücklich: Vielleicht ist es deshalb für mich nicht so spannend, weil Salomon der Kraft und Gestalt der “normalen” Sprache weitgehend vertraut — ich bevorzuge momentan Lyriker, die Sprache sozusagen gegen den Strich bürsten, wesensfremd verwenden — und daraus Bedeutung(en) erzeugen. Das passiert hier nicht.
Sehr schön und inspirierend: Gute grafische Gestaltung, vor allem spannende und anregende Fotografien. Und natürlich auch interessante, fesselnde Texte. Zum Beispiel das wunderbare Interview mit einer psychatrischen Oberärtztin …
Ein Klassiker, natürlich … Ein bisschen Büchner-Lektüre muss zu seinem 200. Geburtstag auch unbedingt sein. Der Lenz fesselt mich immer wieder: Die Intensität und die gewaltige Sprache der Erzählung finde ich faszinierend. Auch wenn mir dieses Mal sehr aufgefallen, wie “unfertig” der Text eigentlich ist …
Kleine Polizei im Schnee ist ein typischer Dath. Natürlich ist das (wieder) eine Mischung aus Sci-Fi, Dys- & Utopie, Gegenwartsbeschreibung & ‑kritik, phantastischer und realistischer Literatur (sein Markenzeichen und eine seiner besten Qualitäten — der größte Stilist ist er schließlich nicht …). Untypisch ist nur die kleine, kurze Form von sehr unterschiedlicher Länge, die seinen Kosmos etwas zugänglicher wirken lassen als die großen Schinken. Dabei ist zugänglich aber relativ. Denn wieder prägen Verknüpfungen kreuz und quer diese Texte (die eigentlich einen großen Text bilden). Es gibt also viel zu entwirren: Dath praktiziert ein sehr faszinierendes Erzählen aus verschiedenen Richtungen. Man kann (und darf) das dann wie ein Puzzle zusammensetzen. Die einzelnen Teile sind aber auch schon sehr schön, so dass es nicht so schlimm ist, wenn das Puzzle nicht ganz fertig wird ;-). (Daths Werk gibt mal viel Arbeit für fleißige Germanisten, mit all seinen intra- und intertextuellen Allusionen und Bezügen, v.a. innerhalb seines eigenen Werkes …)
Konsequenz ist nämlich noch schöner als Erfolg. (167)
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