Lesen. Hören. Und ein bisschen schreiben.

Schlagwort: lyrik Seite 12 von 14

Ins Netz gegangen (18.5.)

Ins Netz gegan­gen (18.5.):

  • Ein Gespräch mit dem Diri­gen­ten Tho­mas Hen­gel­b­rock: Anders gespielt, neu gehört – Richard Wag­ner Nach­rich­ten – NZZ.ch -

    Letzt­lich ist Har­non­court der Diri­gent, der im 20. Jahr­hun­dert die gröss­ten Impul­se gesetzt hat.

    Schö­ner Schluss­satz im Inter­view mit Tho­mas Hen­gel­b­rock, in dem es eigent­lich um etwas ganz ande­res geht: um Instru­men­ta­tio­na, Tem­po und Klang bei Wag­ner, v.a. im „Par­si­fal“:

    Ich habe Wag­ners Anwei­sun­gen befolgt. Wenn Sie lesen, was er zur Auf­füh­rung sei­ner Wer­ke geschrie­ben hat, kön­nen Sie gar nicht anders als zur Erkennt­nis kom­men, dass der Text deut­lich und klar zu hören sein muss, sonst ver­fehlt man ein­fach den Sinn. […] Ich fin­de die Klang­ge­stalt beim «Par­si­fal» ganz ent­schei­dend. Sie macht das Werk gera­de­zu aus, sie hat sym­bo­li­schen, ja meta­phy­si­schen Cha­rak­ter. Wenn zum Bei­spiel die alten Holz­flö­ten mit ihrem azur­blau­en Klang ver­wen­det wer­den, dann ergibt sich für mich die­se meta­phy­si­sche Ver­bin­dung zum Him­mel; mit der moder­nen Metall­flö­te geht das nicht. Auch die­se dunk­le, war­me, sanf­te Far­be der Blech­blä­ser – das war auch für mich eine Über­ra­schung.

  • Prof. Dr. Dun­kel­mun­kel: Ist die Zeit reif für Gruf­ti-Profs? – cspan­nagel, dun­kel­mun­kel & fri­ends (via Published artic­les)
  • Lyrik als Form für die Gegen­wart – Digital/​Pausen – Hans Ulrich Gum­brecht erklärt die Fas­zi­na­ti­on der Gegen­wart an der Lyrik bzw. lyri­schen For­men – und fängt dafür, wie immer weit aus­ho­lend, in der Anti­ke an. Aber ent­schei­dend ist dann doch nur der letz­te Absatz:

    Wer die Zeit auf­bringt, sich auf einen—sprachlich ja meist kom­ple­xen – lyri­schen Text zu kon­zen­trie­ren, der unter­bricht die heu­te eben­so end­los wie ziel­los ver­lau­fen­de Zeit­lich­keit des All­tags. Und ein sol­cher Ansatz zur Auf­merk­sam­keit wird beim Lesen oder Rezi­tie­ren eines Gedichts zu jener ande­ren, sozu­sa­gen archai­schen Auf­merk­sam­keit, wel­che zum Aus­set­zen der flie­ßen­den Zeit führt und zum Her­auf­be­schwö­ren von vor­her abwe­sen­den Din­gen und Stim­mun­gen. Lyrik als Form ist eine Signa­tur unse­rer Gegen­wart, weii sie für Momen­te das erhält und an das erin­nert, was die­ser Gegen­wart am meis­ten fehlt, näm­lich Form, Ruhe, Kon­zen­tra­ti­on und wohl auch Gelas­sen­heit

  • Schnäpp­chen­rei­se in die Tür­kei: Lan­des­ty­pi­sche Geträn­ke sind im Preis inbe­grif­fen – FAZ – Tho­mas Stein­mark war für die FAZ eine Woche in der Tür­kei für den Preis von 199 Euro – und kommt mit einem schö­nen Fazit zurück:

    … wer sich die öko­no­mi­schen Bedingt­hei­ten die­ser Art von Rei­sen bewusst macht und die­se zu akzep­tie­ren bereit ist, wer sich stark genug fühlt, den oft­mals mas­siv vor­ge­tra­ge­nen Ver­kaufs­an­ge­bo­ten erfolg­reich Wider­stand zu leis­ten, der wird am Ende nicht ent­täuscht sein.

  • Das Rät­sel Mer­kel – Da hat Micha­el Spreng lei­der recht:

    Mer­kel ist eine Macht­tech­ni­ke­rin mit schwa­chem idea­lis­ti­schen Hin­ter­grund. Sie ist kei­ne Gestal­te­rin, außer der Gestal­tung ihrer poli­ti­schen Kar­rie­re und ihrer Macht. Sie macht sich – zumin­dest öffent­lich – kei­ne Gedan­ken über Deutsch­land in zehn Jah­ren.

    Ihm selbst scheint wie mir auch eher unbe­greif­lich, war­um sie deshalb/​trotzdem so beliebt ist und immer wie­der gewählt wird …

  • Flur­na­men­at­las-Blog – Der Flur­na­men­at­las Baden-Würt­tem­bergs (?) bloggt auf tumb­lr

Ins Netz gegangen (16.5.)

Ins Netz gegan­gen (16.5.):

  • Digi­ta­le Lern­um­ge­bun­gen in Uni­ver­si­täts­se­mi­na­ren mit Wikis und Ether­pads | papier­los – ein­fach – kol­la­bo­ra­tiv – BYOD | His­to­risch den­ken | Geschich­te machen – Digi­ta­le Lern­um­ge­bun­gen in Uni­ver­si­täts­se­mi­na­ren mit Wikis und Ether­pads | papier­los – ein­fach – kol­la­bo­ra­tiv – BYOD (via Published artic­les)
  • Klei­ne Bröt­chen backen – taz.de – Det­lef Kuhl­brodt war beim Geburts­tags­fest zum zehn­jäh­ri­gen Bestehen des kook­book-Ver­la­ges:

    Vor zehn Jah­ren grün­de­ten die 28-jäh­ri­ge Dich­te­rin und Lek­to­rin Danie­la Seel und der Gra­fi­ker Andre­as Töp­fer Kook­books. Zehn Jah­re und 55 Bücher spä­ter gilt der Ver­lag als einer der renom­mier­tes­ten deut­schen Ver­la­ge. Die Lis­te der Autoren, die hier ihre Hei­mat und Zuflucht gefun­den haben, liest sich wie ein Lexi­kon­ein­trag „Deut­sche Lyrik des 21. Jahr­hun­derts“, ver­fasst im Jah­re 2050.

  • Wer­bung vs. Pri­vat­sphä­re – ben_​hat sehr recht:

    Aber solan­ge sich Wer­bung und Pri­vat­sphä­re aus­schlie­ßen […], blei­ben halt auch Wer­be­mit­tel geblockt.

    Ich habe vor­ges­tern auch getes­tet: Das Aus­schal­ten des AdBlo­ckers erreicht nur, dass an man­chen Stel­len der Web­sei­te das Wört­chen „Anzei­ge“ auf­taucht – die Anzei­gen sind aber durch NoScript und v.a. Request­Po­li­cy immer noch geblockt. Da muss man schon sehr viel Schnüff­ler zulas­sen, bis die auf­tau­chen …

  • Neue Gedich­te von Nico Bleut­ge: Fei­ne Ver­we­hun­gen – Nach­rich­ten – NZZ.ch -

    Ganz dicht an den Kon­tu­ren der Din­ge ent­lang ent­fal­ten die­se Gedich­te eine detail­ver­ses­se­ne Phä­no­me­no­lo­gie der Natur­stof­fe, wobei die ein­zel­nen Tei­le stets in eine Kreis- oder Dreh­be­we­gung ver­setzt wer­den.

    – Micha­el Braun ist von Nico Bleut­ges neu­es­tem Gedicht­band „ver­deck­tes gelän­de“ sehr ange­tan

Gedichte, Verstehen und Bildung

Gegen die Bil­dungs­hu­be­rei, die vie­le Inter­pre­ten vor ihre Lek­tü­ren von Gedich­te stel­len, schreibt Jahn Kuhl­brodt1 auf „Post­kul­tur“ in einer klei­nen The­sen­samm­lung zur rezi­pi­en­ten­ori­en­ten Her­me­neu­tik lyri­scher Sprach­wer­ke (wenn man das alles so nen­nen mag …):

Ver­ste­hen setzt Bil­dung nicht vor­aus, son­dern ist die Bil­dung. Der Rezi­pi­ent also bil­det sich im Erschlie­ßen des Tex­tes selbst, ent­wi­ckelt sein Voka­bu­lar und Werk­zeug, und somit sich selbst.

Und gegen die Behaup­tung der „Unver­ständ­lich­keit“, die ja tat­säch­lich auch theo­re­tisch gar nicht so ein­fach zu fas­sen ist, setzt er die ganz und gar kla­re, unzwei­deu­ti­ge Ansa­ge:

Es gibt kei­ne unver­ständ­li­chen Gedich­te (kein ein­zi­ges).

Und damit ist schon klar: Zum Lesen von Lyrik braucht es kei­ne beson­de­ren Kennt­nis­se, kein spe­zi­el­les Exper­ten­wis­sen um die lite­ra­tur- und motiv­ge­schicht­li­chen Zusam­men­hän­ge, kein wie auch immer gear­te­tes Spe­zi­al­werk­zeug im Umgang mit dem Text, son­dern nur ( – ja, nur! Wenn das immer so ein­fach wäre!) einen offe­nen Ver­stand und die Bereit­schaft, sich auf den jewei­li­gen Text auch wirk­lich ein­zu­las­sen und ihn nicht nur abzu­fer­ti­gen (mei­ner Erfah­rung nach ist das aber schon der schwie­rigs­te Schritt über­haupt bei jeder Lek­tü­re: Sich auf den Text und sei­ne Ver­fasst­heit, sei­ne Struk­tu­ren und sei­ne Gemacht­heit, sei­ne Bil­der, Gedan­ken und all das wirk­lich ganz ein­zu­las­sen – das gelingt bei­lei­be nicht immer!). Dann ist aber auch der drit­te Punkt Kuhl­brodts sowie­so schon klar, näm­lich:

Jedes Gedicht ist kon­kret.

Tja. So ist das eben. Wirk­lich.

Show 1 foot­no­te

  1. So behaup­tet zumin­dest die Lyrik­zei­tung, der ich auch den Hin­weis auf die­se Sät­ze ver­dan­ke. Der Ein­trag bei „Post­kul­tur“ selbst ist ohne Autoren­kenn­zeich­nung.

Sprachkunst, klingend

Heu­te ist – mit der dies­jäh­ri­gen Ver­lei­hung an Moni­ka Rinck für ihren bei kook­books erschie­nen Band „Honig­pro­to­kol­le“ – end­lich das Archiv des Peter-Huchel-Prei­ses online gegan­gen. Eine „Groß­tat für die Lyrik“ hat die Badi­sche Zei­tung das schon letz­te Woche genannt. Das ist sozu­sa­gen ein Geburts­tags­ge­schenk zum 30jährigen Bestehen des Prei­ses, der aus­schließ­lich der Lyrik gewid­met ist und seit 1983 vom Land Baden-Würt­tem­berg und dem Süd­west­rund­funk. Ein Geschenk aller­dings, das nicht dem Preis zuge­dacht ist, son­dern den Lese­rin­nen und Lesern der hier geehr­ten und aus­ge­zeich­ne­ten Kunst. Vor allem aber den Höre­rin­nen und Hörern: Denn der SWR hat die Lesun­gen, die Lau­da­tio­nes und die Dank­re­den der letz­ten 30 Jah­re online zum An- und Nach­hö­ren zur Ver­fü­gung gestellt. Da fin­det man nun Lesun­gen und Reden von den gro­ßen Lyri­kern und Lyri­ke­rin­nen der letz­ten Jahr­zehn­te, die mit ziem­lich gro­ßer Treff­si­cher­heit durch die Jury des Peter-Huchel-Prei­ses aus­ge­zeich­net wur­den: Wulf Kirs­ten, Elke Erb, Tho­mas Kling, Wolf­gang Hil­big, Ulja­na Wolf, Oswald Egger, Ulf Stol­ter­foht, Ger­hard Falk­ner, Frie­de­ri­ke May­rö­cker, Nora Bossong und eben Moni­ka Rinck, um nur ein paar mei­ner Lieb­lin­ge zu nen­nen, die sich auf die­ser illus­tren Lis­te fin­den.

Vor allem ist das Archiv aber eben eine Fund­gru­be, in der man schö­nes und sku­ri­les, erhe­ben­des und lockern­des wun­der­bar (wieder-)entdecken kann – zum Bei­spiel die wun­der­ba­re Lesung Tho­mas Klings (mit Unter­stüt­zung des Schlag­zeu­gers Frank Köll­ges) oder die alters­brü­chi­ge Stim­me Frie­de­ri­ke May­rö­ckers, die direkt von der selb­si­che­ren (und sech­zig Jah­re jün­ge­ren) Nora Bossong gefolgt wird. Oder das tas­ten­de Rezi­tie­ren Oswald Eggers … – eine groß­ar­ti­ge Sache, die­ses Ton­ar­chiv (das könn­te der SWR eigent­lich auch mal für sei­nen Jazz­preis machen …). Zumal die Web­site auch eine anspre­chen­de und über­sicht­li­che Gestal­tung gefun­den hat – wun­der­bar, um sich bald stun­den­lang hier zu ver­lie­ren …

Screenshot Peter-Huchel-Preis-Archiv, hier Oswald Egger (Preisträger 2007)

Screen­shot Peter-Huchel-Preis-Archiv, hier Oswald Egger (Preis­trä­ger 2007)

Netzfunde vom 12.2. bis zum 20.2.

Mei­ne Netz­fun­de für die Zeit vom 12.2. zum 20.2.:

Rezitieren von Gedichten

Im Cult­mag hat Carl Wil­helm Macke 10 sehr sin­ni­ge Regeln bzw. Gebo­te über das rich­ti­ge, ange­mes­se­ne und zuläs­si­ge Rezi­tie­ren von lyri­schen Tex­ten nie­der­ge­schrie­ben. Sie sei­en jedem Ver­an­stal­ter, Rezi­ta­tor und Lyrik­lieb­ha­ber unbe­dingt ans Herz gelegt. Da heißt es unter ande­rem:

1. Wäh­rend der Lesung eines Gedichts ist aus feu­er­po­li­zei­li­chen und ver­si­che­rungs­recht­li­chen Grün­den das Anzün­den von Ker­zen strengs­tens unter­sagt.
[…] 3. Ob ein Gedicht ste­hend, sit­zend, lie­gend, knie­end oder auf dem Kopf ste­hend, in gebück­ter oder gera­der Hal­tung vor­ge­tra­gen wird, muss dem jewei­li­gen Rezi­ta­tor über­las­sen wer­den.
[…] 4. Ein nütz­li­ches Gedicht ist ein schlech­tes Gedicht und soll­te des­halb mög­lichst nicht vor­ge­tra­gen wer­den. Das Rezi­tie­ren von Pro­pa­gan­da­ge­dich­ten ist nach dem Fall der Ber­li­ner Mau­er, den Twin-Tower-Anschlä­gen vom 11. Sep­tem­ber 2001 strengs­tens unter­sagt.

Auch die ande­ren Gebo­te sind so scharf und tref­fend for­mu­liert. Man soll­te sie eigent­lich vor jeder Rezi­ta­ti­on als Pflicht­teil eben­falls vor­tra­gen …

Winternacht

Winternacht.

1.

Vor Kälte ist die Luft erstarrt,
Es kracht der Schnee von meinen Tritten,
Es dampft mein Hauch, es klirrt mein Bart;
Nur fort, nur immer fortgeschritten!


Wie feierlich die Gegend schweigt!
Der Mond bescheint die alten Fichten,
Die, sehnsuchtsvoll zum Tod geneigt,
Den Zweig zurück zur Erde richten.

Frost! friere mir ins Herz hinein,
Tief in das heißbewegte, wilde!
Daß einmal Ruh mag drinnen seyn,
Wie hier im nächtlichen Gefilde!

2.

Dort heult im tiefen Waldesraum
Ein Wolf; – wie’s Kind aufweckt die Mutter,
Schreit er die Nacht aus ihrem Traum
Und heischt von ihr sein blutig Futter.

Nun brausen über Schnee und Eis
Die Winde fort mit tollem Jagen,
Als wollten sie sich rennen heiß:
Wach auf, o Herz, zu wildem Klagen!

Laß deine Todten auferstehn,
Und deiner Qualen dunkle Horden!
Und laß sie mit den Stürmen gehn,
Dem rauhen Spielgesind aus Norden!

abendlied

abend­lied, lago di como

herbst, wenn die kas­ta­ni­en die waf­fen ste­cken,
mor­gen­ster­ne rings­um ver­streut am boden
lie­gen. in den zwei­gen die vogel­bee­ren
 prah­len mit ihrem

gift. nun ruhen sie, all die angel­ha­ken
auf dem grund, die holz­boo­te in den schup­pen
wäh­rend sich die blät­ter in rauch ver­wan­deln,
 ruhen die vil­len

aus von ihrem prunk, und ein saum later­nen
trennt die pro­me­na­de vom see. die lee­re
auto­fäh­re trägt eine letz­te ladung
 licht übers was­ser.

— Jan Wag­ner, Aus­tra­li­en, 21

Mitmenschen

Eugen Roth, Mitmenschen

Eugen Roth, Mit­men­schen (im Lyrik­ka­len­der)

– das kann man ein­fach mal so ste­hen las­sen …

Tagtext 30.8.2012

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