Elke Erb: Das Hün­dle kam weit­er auf drein. Berlin, Wuis­chke und Solothurn: rough­books 2013 (rough­book 028). 62 Seit­en.

Ich bin ja ein großer Bewun­der­er Elke Erbs. Und ich genieße ihre etwas ver-rück­te, manch­mal abseit­ige Poe­sie sehr — weil sie genau das kann, was ich an Kun­st so mag: Mich berühren und verän­dern, neue Wahrnehmungen und Kon­struk­tio­nen der Welt ermöglichen (ohne sie zu erzwin­gen, nur durch das Anbi­eten). Der für seine lyrische Überzeu­gun­sar­beit auch kaum genug zu lobende Urs Engel­er (den das deutsche Feuil­leton ja inzwis­chen weit­ge­hend vergessen zu haben scheint, wenn mich mein Ein­druck nicht sehr täuscht …) hat genau dieser Elke Erb anlässlich der Ver­lei­hung des Ernst-Jan­dl-Preis­es für Lyrik dieses schmale Bänd­chen her­aus­gegeben und den Abon­nen­ten sein­er tollen Buchrei­he “rough­book” als Geschenk gesandt. Manch­es auf diesen 62 Seit­en ist sehr, sehr knapp, anderes dafür fast zum Aus­gle­ich richtig lang. Manch­mal scheinen die weni­gen Verse eines Textleins “nur” Notate zu sein, manch­mal zeigen sie ihre Er-Arbeit-ung. Jeden­falls scheint hier eine per­sön­lichere Dich­terin durch, als ich sie aus ihren anderen/letzten Bän­den wahrgenom­men habe, eine Dich­terin, die sich stärk­er selb­st als Per­son und Indi­vidu­um in ihre Texte (und deren Zen­trum) ein­bringt und dabei auch/gerade ihr poet(olog)isches Selb­stver­ständ­nis erkun­det und erschreibt. Jeden­falls sind hier wieder einige wun­der­bar gelun­gene Beispiele der Erb’schen Sprach­macht und Sprach­phan­tasie zu find­en — und mehr braucht es auch gar nicht, um mich glück­lich zu machen (zumin­d­est für die Lesezeit und etwas darüber hin­aus …)1

Peter Fis­chli, David Weiss: Find­et mich das Glück? Köln: Ver­lag der Buch­hand­lung Walther König 2003. [unpaginiert]

Diese (Kunst-)Büchlein, das (m)ich nur zufäl­lig gefun­den habe — was an sich schon eine große Schande ist — ist ohne Zweifel eines der weis­es­ten Büch­er unser­er Zeit. Oder vielle­icht ger­ade mit Zweifel. Denn Fis­chli & Weiss fra­gen ein­fach nur.2 Das Buch beste­ht aus irrssin­nig vie­len Karten — je zwei pro Seite — die mit weißer Hand­schrift auf tief­schwarzem Hin­ter­grund fra­gen stellen: Philosophis­che (v.a. ontol­o­gis­che und phänom­e­nol­o­gis­che), auch banale und witzige, tief- und flach­gründi­ge. Vor allem unheim­lich viele, unheim­lich span­nende und berührende (Und dazwis­chen gibt es noch ein paar (wenige) klitzek­leine lustige Zeich­nun­gen …). Natür­lich führen sich die Fra­gen alle let­ztlich ger­ade durch ihre Kom­bi­na­tion und Kon­stel­la­tion in der qua­si-unendlichen Abfolge vol­lkom­men ad absur­dum. Aber das ist eben eine schöne Idee, schön gemacht .…

Christoph Schlin­gen­sief: AC: Church Of Fear (Ausstel­lungskat­a­log Muse­um Lud­wig, Köln). Köln: Ver­lag der Buch­hand­lung Walther König 2005. 48 Seit­en.

Christoph Schlin­gen­sief erk­lärt das Konzept, die Idee und die Real­isierungs­geschichte der “Church of Fear” in zwei aus­führlichen Inter­views. Mit eini­gen “Orig­i­nal­doku­menten” der “Church of Fear” und Bildern des für die CoF gebaut­en Kirchenge­bäudes, die min­destens genau­so inter­es­sant sind …

Wiglaf Droste: Sprichst du noch oder kom­mu­nizierst du schon? Neue Sprach­glossen. Berlin: Edi­tion Tia­mat 2012 (Crit­i­ca Dia­bo­lis 196). 192 Seit­en.

Wiglaf Droste beobachtet Sprache und Sprech­er mit­samt ihren Erzeugern, den Sprecherin­nen und Schreiberin­nen, sehr genau. Und er legt gerne den gesalzenen Fin­ger auf die offene Wunde. Dass er selb­st sehr bis­sig, genau und tre­f­fend for­mulieren kann, macht das Meck­ern am schlecht­en Sprachge­brauch der anderen umso inter­es­san­ter. Zumal Droste sich auch die eine oder andere Abwe­ichung von der reinen Sprachkrik­tik — die er aber sowieso immer als Teil der notwendi­gen Gesellschaftkri­tik und nicht als bloße Beckmesserei auf dem Gebi­et der Sprache empfind­et — erlaubt — ein echt­es Bil­dungsvergnü­gen (wie übri­gens auch David Hugen­dick in der “Zeit” fand)!

Show 2 foot­notes

  1. Der Titel — Das Hün­dle kam auf drein — hat mich übri­gens erst ein­mal gründlich ver­wirrt — bis ich im Zusam­men­hang — er ist ein Zitat aus dem Gedicht “Iss mit Ver­stand”, wo er seinen Sinn von ganz alleine erfährt.
  2. Damit ist das übri­gens ein Buch, dass den Plan Vivians aus Thomas Mei­neck­es Tomboy real­isiert: Ein Werk nur in Fra­gen abz­u­fassen.