gerade höre ich die cd sehr schnee sehr wald sehr des schweizer akkordeonisten hans hassler, die mir der postbote heute aus der schweiz in den briefkasten gelegt hat. schon das label, bei dem dieses geniale meisterwerk erschienen ist, zeigt ja, was für ein akkordeonist das ist: intakt ist alles andere als die heimat der volksmusik. und dann verwundert es kaum mehr, was hier aus den lautsprechern tönt. aber dieser kauzige und skurril-krude mix aus volksmusik (ja, in anklängen lässt hassler mal einen zerfetzten ländler auftauchen oder eine polka aufscheinen), jazz und vor allem freier improvisation erstaunt dann doch ein bisschen: dass der kerl so gut ist, hätte ich nicht erwartet. denn begegnet ist er mir bisher noch nicht bewusst (unbewusst muss ich ihn mal in gebhard ullmanns ensemble gehört haben). jedenfalls, hassler hat hier nicht nur kleine, winzige spontane geniestreiche aufgenommen. sondern auch mehrere große „werke” mit dauern von 5–15 minuten. das überragende dabei ist etwas, was ich nur ganz selten hörte bisher: das steckt voller anspielungen, allusionen, zitate, hinweise, querverweise wie kaum eine musik. aber, das ist das entscheidende, hassler packt das so genial zusammen, schweißt das so perfekt ineinander, dass die verschiedensten herkünfte zwar beim nachdenken darüber klar werden, aber nicht zu hören sind: das ist nämlich echte musik aus einem guss. früher hätte man hassler sicher einen musikanten genannt, doch heute hat das immer so einen abwertenden beigeschmack. aber es scheint mir sehr gut zu treffen zur charakterisierung: er spielt einfach, wie ihm die finger fallen — mit ausgesprochener virtuosität in technik und gestaltung der form. natürlich tut er dies mit wachem, scharfen verstand — anders ließe sich so monströs-ausufernd gute musik gar nicht erzeugen. pirmin bossart bezeichnet ihn im booklet als „musikalischen freigeist par exellence”. und er schreibt noch etwas, dass eigentlich sehr genau zutrifft und keiner ergänzung bedarf: „es ist nicht immer fassbar, was geschieht. aber es geschieht.” ach, gäbe es doch nur mehr solch hervorragende musik. und würde sie auch ihren weg zu mir finden .… es nämlich immer wieder erbauend, so etwas zu entdecken, es das erste, zweite, dritte mal zu hören und über noch mit begeisterung und vor staunen aufgesperrten lauschern dazusitzen. doch das passiert viel zu selten in der intensität, wie es hans hassler bei mir gerade schafft. aber das wichtigste hätte ich jetzt beinahe vergessen. denn essentiell für die musik dieser scheibe ist die tatsache, dass hassler ein spieler ist. und zwar in allen hinsichten, die das wort und seine nutzer sich nur vorstellen können. grenzen für diesen unersättlichen spieltrieb gibt es nicht. und deshalb macht diese musik, so profund und wahr sie ist, auch noch solchen unbändigen spaß. hans hassler: sehr schnee sehr wald sehr. intakt 2008. nachtrag: ein porträt (aus der wochenzeitung) und eine knappe kritik (aus dem tages-anzeiger) gibt es beim label intakt.
1 Pingback