Es war kein reines Zuckerschlecken, das zweite Sinfoniekonzert im Mainzer Staatstheater. Aber dafür ein großartiges Erlebnis. Und das aus vielen Gründen. Zum einen wäre da die Solistin, die Cellistin Tatjana Vassiljeva. Schon die ersten Töne des hochvirtuosen ersten Violoncello-Konzertes von Dimitri Schostakowitsch setzten Maßstäbe, denen Tatjana Vassiljeva auch durchweg gerecht wird. Der ganze erste Satz ist ein einziger atemloser Spurt, den die Russin mit grenzwertigem Druck und mit bis zum Zerreißen angespannter Konzentration absolviert. Über den stärker singenden, aber immer noch sehr fokussierten zweiten Satz bis in die funkensprühende Rasanz und kristallne Klarheit der Kadenz bis zur intensiven Dichte des Schlusses reicht die Anspannung in einem einzigen großen Bogen.
Der zweite Grund für das besondere Gelingen des Konzertes war das Philharmonische Staatsorchester. Denn die boten deutlich mehr als übliche Routine. Die klangliche Geschlossenheit und einsatzfreudige Hingabe, mit der die Musiker spielten, beflügelte nicht nur Schostakowitschs Konzert, sondern auch und vor allem die vierten Sinfonie von Jean Sibelius.
Und die führt auch schon direkt zum eigentlichen Zentrum des Abends: Arvo Volmer. Denn vor allem an ihm lag es, dass die vierte Sinfonie zu so einem Erfolg wurde. Ihm gelingt es nämlich scheinbar ohne besondere Anstrengung, die vielen, nach allen Seiten ausgreifenden Episoden dieser Musik immer fest zusammen zu schweißen. Und darüber hinaus, diese Einheit auch noch ganz natürlich und organisch wirken zu lassen. Das ist zwar in jedem Moment sehr gut bedacht, aber nie bedächtig. Denn auch wenn er sich durchaus Zeit für die genau ausgearbeitet Entfaltung der Musik und ihrer Form nimmt – langweilig wird das nie. Das liegt vor allem daran, die Einheit seiner Interpretation der inneren Logik der Sinfonie sehr genau folgt. Sie behauptet nie eine heile Welt, sondern vermittelt auf verblüffend deutliche und übersichtliche Weise ganz viel: Die Erfahrungen und Einsichten des Komponisten in den Zustand der Welt und das Wesen der Moderne. Das geht weit über bloß anregende Unterhaltung hinaus und ist alles andere als harmlose, beliebige Kunst – aber dafür umso lohnender. Vor allem, wenn es so deutlich und überzeugend musiziert wird wie im Staatstheater.
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