Béla Bartók, George Gershwin und Carl Orff haben wenig gemein. Und doch passen sie alle in das Konzert des Bachchores in der Christuskirche. Denn kleine Übereinstimmungen finden sich doch. Zum Beispiel, um ganz pragmatisch anzufangen, es gibt von jedem Musik für zwei Klaviere – wenn man schon zwei hochklassige Pianisten wie die Brüder Paratore zur Verfügung hat, muss man das ja auch nutzen. Und sie komponierten (fast) zur gleichen Zeit: Gershwins „Rhapsody in Blue“ war 1924 erstmals zu hören, Bartóks Sonate für zwei Klaviere und Schlagzeug im Januar 1938 und Orffs „Carmina burana“ entstand ab 1934. Das hört man ihnen aber kaum an, denn trotz der zeitlichen Nähe bleibt diese Trias grundverschieden.
Bartóks Sonate zum Beispiel ist ein eher sprödes, auch nur selten aufgeführtes Werk. Und eigentlich klingt es auch nicht so harmlos, wie hier in der Christuskirche. Da trägt der Raum große Mitschuld, der vieles weichzeichnet und verschwimmen lässt. Anthony und Joseph Paratore versuchen zwar, durch knackige Pointierungen dem etwas entgegenzusetzen. Aber so richtig weit kommen sie damit nicht. So bleibt die Sonate mit der ungewöhnlichen Besetzung für zwei Klaviere und zwei Schlagwerker (die aus dem Ensemble Babette Haag kamen) für dieses Mal fast eine verwunschene Feenmusik, deren weich fließende, stellenweise sogar ins rauschhaft taumelnde Klangwelten aber durchaus auch bedrohlichere Szenarien herbeizaubert. Doch noch bleibt alles Rohe und Wilde in sicherer Distanz und fest eingezäunt.
Gershwins Musik kennt solche Gefahren nicht. Routiniert arbeiten sich die Pianisten mit jahrzehntelanger Erfahrung durch die Rhapsody in Blue. Das Schlagwerk bleibt hier aber eher rasselnder und scheppernder Fremdkörper, was dem Zauber aber nicht weiter schadet.
Dafür dürfen die Percussionisten danach noch einmal alles geben: Die „Carmina burana“, die der Bachchor in der vom Orff-Schüler Wilhelm Killmayer angefertigten Fassung für zwei Klavier und Schlagwerk präsentierte, bietet ja nicht nur dem Chor reichlich Möglichkeiten zum Brillieren. Dem aber ungedingt auch – und der Bachchor nutzt die wie immer ganz selbstverständlich. Unter Ralf Ottos beseelter Leitung ergibt sich organisch eines aus dem anderen, laufen Chorsätze nahtlos in Soli und umgekehrt, verbinden sich Humoreske und Folklore, Liebesleid und Freudentaumel zu einer mächtigen, klangewaltigen Einheit. Besonders auszeichnend dabei: Die unerschüttliche Präzision – nicht nur technisch, sondern auch klanglich und emotional treffen Otto und seine Sänger immer genau auf den Punkt. Auch die Solisten passen gut dazu: Daniel Sans gefällt mit beherrschter Sicherheit, der komödiantisch begabte Klaus Häger mit seinem unkompliziertem Bass und die Sopranistin Valentina Farcas fügt sich mit selbst in großer Höhe klarer Stimme wunderbar ins Gesamtbild. Kein Wunder, dass die ausverkaufte Christuskirche restlos begeistert ist.
(geschrieben für die mainzer rhein-zeitung)
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