Ins Netz gegan­gen (25.5. — 27.5.):

  • 08. Michon und die Fak­tiz­ität des Fik­tionalen | Geschichte wird gemacht — Achim Landwehr denkt über die Fak­tiz­ität des Fik­tionalen nach — und über das “Prob­lem” der Tren­nung dieser bei­den Bere­iche:

    Die Wahrheit der Fik­tion ist abso­lut. Ein solch­er Grad an Wirk­lichkeitsverdich­tung lässt sich nicht ein­mal in der total­itärsten aller Dik­taturen erre­ichen. … Die Frage danach, wer oder was denn nun Geschichte macht, lässt sich erwartungs­gemäß auch nicht mit Blick auf die Fik­tion let­zt­gültig beant­worten. Aber wie auch immer die Antwort aus­fall­en sollte, die fik­tiv­en Geschicht­en und Fig­uren dür­fen dabei nicht vergessen wer­den.

    Inter­es­sant wird es dann, wenn die unter­schiedlichen Sphären der Wirk­lichkeit, die fak­tis­chen und die fik­tionalen, miteinan­der in Kon­takt treten und sich über­schnei­den. Denn die Fik­tio­nen sind beständig dabei, unsere Wirk­lichkeit zu verän­dern und zu infizieren: Nicht nur kommt die nicht-fik­tionale Welt in der fik­tionalen vor, eben­so wer­den fik­tionale Deu­tungsange­bote in unsere außer­fik­tionalen Lebens- und Wel­tentwürfe importiert.

  • Liebe in Wag­n­ers Opern: Was weiß Brünnhilde? | ZEIT ONLINE — Slavoj Zizek zu Wag­n­ers Opern, mit ein­er inter­es­san­ten The­o­rie (bei der ich mir nicht sich­er bin, ob sie nicht doch einiges zu viel außen vor lässt, um stim­mig sein zu kön­nen …):

    So para­dox dies klin­gen mag, sollte man fol­glich die übliche Sichtweise, beim Ring han­dle es sich um ein Epos des hero­is­chen Hei­den­tums (da seine Göt­ter nordisch-hei­d­nis­che sind), während der Par­si­fal für Wag­n­ers Chris­tian­isierung stünde, für seinen Kniefall vorm Kreuz (um mit Niet­zsche zu sprechen), umkehren: Es ist vielmehr der Ring, in dem Wag­n­er dem christlichen Glauben am näch­sten kommt, während Par­si­fal, höchst unchristlich, eine obszöne Rück­über­set­zung des Chris­ten­tums in das hei­d­nis­che Rit­u­al ein­er zyk­lis­chen Erneuerung der Frucht­barkeit durch die Wieder­erlan­gung des Königs insze­niert. Oft wird der – vielle­icht ja allzu offen­sichtliche – Umstand überse­hen, dass Wag­n­ers Ring das ulti­ma­tive paulin­is­che Kunst­werk darstellt: Sein zen­trales The­ma ist das Scheit­ern der Herrschaft des Geset­zes; und die Ver­lagerung, die die innere Span­nweite des Rings am besten zum Aus­druck bringt, ist die Ver­lagerung vom Gesetz auf die Liebe.

    Gegen Ende der Göt­ter­däm­merung geschieht mithin Fol­gen­des: Wag­n­er über­windet seine eigene, “heidnisch”-feuerbachsche Ide­olo­gie der (hetero-)sexuellen Paares­liebe als des Par­a­dig­mas der Liebe. Brünnhildes let­zte Ver­wand­lung ist die von Eros zu Agape, von der ero­tis­chen Liebe zur poli­tis­chen Liebe. Der Eros kann das Gesetz nicht wirk­lich über­winden: Er kann lediglich in punk­tueller Heftigkeit ent­flam­men, als die momen­tane Über­schre­itung des Geset­zes, Sieg­munds und Sieglin­des Feuer gle­ich, das sich sofort selb­st verzehrt. Agape hinge­gen ist das, was bleibt, nach­dem wir die Kon­se­quen­zen aus dem Scheit­ern des Eros gezo­gen haben.