Lesen. Hören. Und ein bisschen schreiben.

Schlagwort: geschichte Seite 1 von 8

Wochenblog 9/2023

Der Win­ter ist also noch ein­mal zurück. Zumin­d­est was die Tem­per­a­turen ange­ht, wenig­stens hat es nicht wieder geschneit — son­st ist das Fahrrad­fahren in der Stadt doch immer kein Spaß. Das schöne, son­nige Wet­ter kon­nte ich allerd­ings vor allem durch das Büro­fen­ster beobacht­en ;-) Und pünk­tlich zum Woch­enende wurde es natür­lich wieder grau, bedeckt und recht düster. Das ewige Schick­sal der Lohnar­bei­t­en­den …

Und son­st hat ein­fach der All­t­ag geherrscht, keine beson­deren Vorkomm­nisse. So eine ganz gewöhn­liche Woche ist aber auch mal nicht schlecht.

Text: Langewi­esches prick­el­nde, inter­es­sante, anre­gende Geschichte Deutsch­lands (Vom viel­staatlichen Reich zum föder­a­tiv­en Bun­desstaat), d.h. vor allem der deutschen Nation und des deutschen Staates, fer­tig gele­sen. Langewi­esche bün­delt hier einiges, was sich in der his­torischen Forschung der let­zten Jahre eigentlich schon angedeutet hat, aber noch immer nicht in die großen Meis­ter­erzäh­lun­gen gelangt ist. Die sehen die Entwick­lung Deutsch­lands als Nation immer noch recht tele­ol­o­gisch, auf das Wil­helminis­che Reich zus­trebend, und zugle­ich gerne als “Son­der­fall”. Langewi­esche dage­gen erzählt anders: Immer wieder die Kontin­genz beto­nend, die Ungewis­senheit oder Offen­heit der weit­eren Entwick­lung (ger­ade im 19. Jahrhun­dert), die beson­ders im Ver­hält­nis von Reich und Staaten/Ländern, in den ver­schiede­nen Aus­prä­gun­gen der föderalen Organ­i­sa­tion, sich deut­lich zeigt. In der Tat sehr anre­gend, ger­ade im Anspruch, nicht alles erzählen zu wollen, son­dern sich auf wichtige Momente, Kern-Entwick­lun­gen zu beschränken — es sind ja auch nur wenig mehr als 100 Seit­en.

Auch been­det: Philip Sarasins großes Buch “1977″ — wirk­lich eine faszinierende Arbeit, die Geschichte der Gegen­wart in wesentlichen Momenten neu zu denken und zu schreiben.

Außer­dem: Sla­ta Roschals kleinen Gedicht­band “Wir tauschen Ansicht­en und Äng­ste wie weiche warme Tiere aus” von 2021 (im wun­der­baren hochroth-Ver­lags-Kollek­tiv), der trotz schö­nen, tre­f­fend­en Versen der Sehn­sucht und Suche im Ganzen dann doch etwas im All­t­ag steck­en­bleibt und in sein­er trock­e­nen Lakonie dabei auch manch­mal fremd und abweisend wirken kann. Ihr Roman “153 For­men des Nicht­seins”, der mit ganz ähn­lichen Meth­o­d­en arbeit­et, war dann doch faszinieren­der für mich.

Eben­falls gele­sen: Peter Stamms klein­er Roman “Das Archiv der Gefüh­le”. Das ist dann doch eher belan­glose Kul­turindus­trieware, die sich den Anstrich kun­sthafter Gestal­tung gibt, das aber in kein­ster Weise (wed­er for­mal noch sprach­lich oder inhaltlich) ein­lösen kann.

Ton: The Bran­den­burg Project: Thomas Daus­gaard hat mit dem Swedisch Cham­ber Orches­tra nicht nur ein­fach eine gute Ein­spielung der Bran­den­bur­gis­chen Konz­erte von Bach vorgelegt, son­dern das mit sechs Auf­tragskom­po­si­tio­nen zeit­genös­sis­ch­er Komponist*innen ergänzt, die jew­eils auf ein Konz­ert direkt Bezug nehmen — motivisch, in der Beset­zung oder eher generell. Vor allem bei Mark-Antho­ny Tur­nage und Olga Neuwirth ist dabei ziem­lich coole Musik ent­standen. Vor allem ergibt das aber drei sehr span­nende und auch unter­halt­same Stun­den.

Bild: Detlev Bucks Ver­fil­mung von Thomas Manns “Beken­nt­nisse des Hochsta­plers Felix Krull” — ein behäbiger, kon­ven­tioneller, ja lang­weiliger Kostüm­film, der ger­ade die ele­gant-spritzi­gen, unter­schwellig sub­tilen Seit­en der Roman­vor­lage völ­lig ignori­ert und deshalb am Eigentlich erstaunlich deut­lich vor­beisegelt.

Draußen: Der Streak hält und es läuft weit­er­hin (also jeden Tag), aber immer noch in mäßigem Umfang.

Geschichte

Die Geschichte ist geschehen — ob sie gut war, ob sie bess­er unterblieben wäre, ob wir ihren “Sinn” anerken­nen mögen, dies ist ohne Bedeu­tung.

Her­mann Hesse, Das Glasper­len­spiel. Ver­such ein­er Lebens­beschrei­bung des Mag­is­ter Ludi Josef Knecht, 17
zaun im schnee

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  • Herrsch­er der Bagatellen | SZ → Ein schönes feuil­leton (eine “liebe­serk­lärung” von rein­hard brem­beck über die kraft der klas­sis­chen musik, zufalls­begeg­nun­gen, bagatellen und aktives hören (und über widor auf der orgel)

    Ein ähn­lich­er Fall ist die “Pause”, das vor­let­zte Stück aus dem “Car­naval” von Robert Schu­mann. […] Nur wer den Titel “Pause” ken­nt, ver­mag seine Ironie im Vere­in mit dieser atem­losen Musik zu empfind­en, die das Pausen-Ver­ständ­nis des heuti­gen durchdig­i­tal­isierten Glob­al­men­schen bess­er beschreibt als jed­er Leitar­tikel.

  • Heart­field Online | AdK → sehr schön: die akademie der kün­ste hat dne grafis­chen nach­lass von john heart­field online gestellt (und ganz nett auf­bere­it­et) — eine wahre fund­grube
  • Warum sie aus den Lehrplä­nen fast ver­schwun­den sind | FAZ → dur­chaus inter­es­santes inter­view mit lars deile über ger­ma­nen im aktuellen geschicht­sun­ter­richt, aber auch geschichte und ihren unter­richt all­ge­mein
  • Juli Zeh | jun­gle world → mag­nus klaue hält wenig von juli zeh:

    Ästhetis­che Banausie und poli­tis­che Dem­a­gogie ver­schmelzen in ihr zur har­monis­chen Ein­heit

  • Rest­los bedi­ent | Ohne Text singt kein Men­sch mit → peter breuer über ser­vice und dankbarkeit
spinnennetz vor natur

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  • „Die Gesellschaft prof­i­tiert von unser­er Autonomie“ | FAZ → ein schönes, inter­es­santes, kluges inter­view mit der his­torik­erin bar­bara stoll­berg-rilinger

    Die ganze Gesellschaft prof­i­tiert von der Autonomie der Wis­senschaft. Die eigentliche Arbeit der His­torik­er ist mein­er Ansicht nach von solchem bürg­er­rechtlichen Engage­ment zu unter­schei­den. Indem man Geschichte nach his­torisch-kri­tis­chen Stan­dards schreibt, leis­tet man ja schon Aufk­lärungsar­beit.

  • Vor­bild Frank­furt: Restau­ra­tive Schiz­o­phre­nie| Merkur → ein sehr kluger und, trotz sein­er klaren posi­tion­ierung, unaufgeregter kom­men­tar von philipp oswalt zur rekon­struk­tion­sar­chitek­tur wie der frank­furter “neuen alt­stadt” (schon der name ist in sein­er ästhetis­chen grausamkeit ja beze­ich­nend)

    Es ist eine Medi­en­ar­chitek­tur, die aus tech­nis­chen Bildern gener­iert nun vor allem der Erzeu­gung neuer medi­aler Bilder dient. Auch son­st ist die Architek­tur keineswegs so tra­di­tionell, wie sie auf den ersten Blick erscheinen mag. Der Rohbau beste­ht – von den weni­gen Fach­w­erkhäusern abge­se­hen – aus Stahlbe­ton und Indus­trieziegeln, die Ausstat­tung umfasst Fuß­bo­den­heizung mit Fer­n­wärme, Dreifachver­glasung, mech­a­nis­che Lüf­tung, mod­ern geschnit­tene, offene Wohnküchen, umfan­gre­iche San­itär­räume und meist einen direk­ten Zugang zu den pri­vat­en Stellplätzen in der zuge­höri­gen Tief­garage.

    Nicht nur für die Bewohn­er, auch für die zeitk­nap­pen Fer­n­touris­ten aus Asien und Übersee ist die neue Alt­stadt die mod­erne Alter­na­tive, und so wird sie auch bewor­ben.

    […]

    Ob icon­ic build­ing oder Rekon­struk­tion his­torisch­er Baut­en – bei­des sind sym­bol­is­che Gesten zur Iden­tität­skon­struk­tion, wie sie seit den 1990er Jahren in Mode gekom­men sind.

    […] Der Staat hat sich aus der Fläche zurück­ge­zo­gen, und die vorherige Kohä­sion­spoli­tik wurde durch einen Inselur­ban­is­mus abgelöst, bei dem große Bere­iche der Stadt dereg­uliert und pri­vatisiert wer­den, während an aus­gewählten zen­tralen Orten kleine Inseln mit großer Kon­trolltiefe beplant wer­den.

    […]

    Mit dem Zer­fall ein­er im All­t­ag prak­tizierten Kohä­sion ist die Aufw­er­tung eines sym­bol­isch-medi­alen Ersatzes umso wichtiger.

    […]

    Doch die Alt­stadt Frank­furt ist keine überzeu­gende Antwort auf die drän­gen­den Fra­gen des heuti­gen Städte­baus, sie ist Teil des Prob­lems.

  • Im Ruck­sack: die Frei­heit | Oliv­er B. Weber → ein inter­es­san­ter essay über die spez­i­fis­che form des reisens der gegen­wär­ti­gen back­pack­er und die daraus entstehende/erwachsende “glob­al­i­ty”

    Der Back­pack­er ver­ste­ht sich als Zeitreisender. Er sucht die selige Ver­gan­gen­heit in geo­graphis­ch­er Ferne. Die Men­schen, die darin leben müssen, begutachtet er mit ein­er ambiva­len­ten Mis­chung aus Staunen und Her­ab­set­zung. Immer sel­tener hinge­hen ist ein tat­säch­lich ein­tre­tender habitueller Posi­tion­swech­sel des Beobachters. Woher kommt die häu­fige Blind­heit gegenüber der tat­säch­lichen Welt, zu deren Ent­deck­ung das Back­pack­ing ja ange­treten war?

  • Sehn­sucht nach Retro­topia | Zeit → ein kluger essay von nils mark­wardt über “Poli­tisierung der Nos­tal­gie” und die “Fetis­chisierung von Geschichte unter Aus­blendung von Geschichtlichkeit”:

    Im Angesicht der aktuellen Retro­ma­nia beste­ht die Auf­gabe darin, Geschichte als gle­icher­maßen bewussten wie pro­gres­siv­en Wieder­hol­ung­sprozess, nicht als bloßes Abstauben der Ver­gan­gen­heit zu ver­ste­hen.

  • Da läuft etwas ganz schief | Forschung & Lehre → der erziehungswis­senschaftler volk­er laden­thin hat genug von den man­gel­nden fähigkeit­en und ken­nt­nis­sen der aktuellen studieren­den (ich bin mir nicht sich­er, ob das in die kat­e­gorie “früher war alles bess­er” fällt oder ob es wirk­lich die real­ität trifft)

    Die Studieren­den sind über­aus fre­undlich und kom­mu­nika­tiv, im Zwiege­spräch sehr geschickt. Eben­so sind sie fleißig, gutwillig und kon­struk­tiv: Aber es lässt sich ein entwick­lungspsy­chol­o­gis­ches Prob­lem fest­stellen. Auf Grund der kog­ni­tiv­en Entwick­lung scheinen die Studieren­den in den Anfangsse­mes­tern mehrheitlich nicht in der Lage, kom­plexe, antin­o­mis­che und mul­ti­kausale Prozesse, wie sie heute in allen Wis­senschaften üblicher­weise beschrieben wer­den, angemessen aufzunehmen und Vorgänge streng aspek­t­ge­bun­den oder mul­ti­per­spek­tivisch zu betra­cht­en.

fischernetz (detail)

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  • Does Philo­soph­i­cal Lan­guage Have to Be Dif­fi­cult? | Blog of the APA → grant maxwell erk­lärt ziem­lich kurz und schlüs­sig, warum philoso­phie manch­mal schwierige sprache benutzen muss:

    writ­ers like G.W.F. Hegel or Alfred North White­head or Jacques Der­ri­da weren’t sim­ply writ­ing works (which still stand as paragons of ver­bal com­plex­i­ty) to con­fuse or beguile their read­ers. They were cre­at­ing new forms of lan­guage to widen the scope of what could be expressed. […] The process of gen­er­at­ing mean­ing is a con­stant nego­ti­a­tion between our cur­rent world views, embod­ied in vast net­works of words and oth­er sym­bols, and the con­strain­ing facts of exis­tence, both the mate­r­i­al rela­tions of the world and our own intrin­sic char­ac­ters. And the more we inquire into these appar­ent­ly objec­tive facts, the more we find that they are more like habits or ten­den­cies sus­cep­ti­ble to a star­tling­ly broad range of pos­si­ble con­struc­tions. The semi­otic net­works con­sti­tut­ing our world views evolve, as ideas don’t exist in a vac­u­um, but are devel­oped through a con­ver­sa­tion that has been occur­ring for thou­sands of years, with each reply requir­ing a gen­er­a­tion, or some­times even cen­turies for its fullest expres­sion. To abstract ideas from their his­tor­i­cal con­text, and from the lan­guage devel­oped to describe them in ever-greater nuance, would be to flat­ten the com­plex­i­ty of these con­cepts, which com­prise the under­ly­ing modes of thought that have implic­it­ly informed the more explic­it his­tor­i­cal occur­rences.

  • «Ital­ien betreibt eine Fusion von Pop­ulis­mus und Tech­nokratie» | NZZ → ein span­nen­des inter­view mit jan-wern­er müller über die her­aus­forderung der antiplu­arlis­ten (pop­ulis­ten und tech­nokrat­en) für die mod­er­nen demokra­tien

    Bei­de schein­bar gegen­sät­zliche Frak­tio­nen sind let­ztlich Antiplu­ral­is­ten. Die Tech­nokrat­en erk­lären, es gebe nur die eine ratio­nale Lösung. Es brauche keine Debat­te, auch keine par­la­men­tarische Auseinan­der­set­zung, weil es für vernün­ftige Men­schen nichts zu disku­tieren gebe. Die Pop­ulis­ten behaupten wiederum, es gebe nur den einen authen­tis­chen Volk­swillen. Und sie seien die Einzi­gen, die ihn ver­stün­den und verträten.

  • Finnegans wachen don­ner­stags auf| a tem­po → ein sehr sym­pa­this­ches gespräch mit fritz senn, einem der besten joyce-ken­ner, über seine joyce-lek­türen und ‑forschun­gen — und die zufäl­ligkeit­en des lebens
  • Schule der Gewalt | Zeit → ute fre­vert hat einen schö­nen überblick über die geschichte der wehrpflicht (in deutsch­land) geschrieben
  • Sind wir noch gute Europäer? | Zeit → jür­gen haber­mas muss noch/mal wieder ran und den lust- und ideen­losen zus­tand europas und ins­beson­dere der eu — und ihrer (nationalen) poli­tis­chen eliten — scharf­sin­nig analysieren. zum beispiel:

    Der Recht­spop­ulis­mus ver­dankt sich in erster Lin­ie der ver­bre­it­eten Wahrnehmung der Betrof­fe­nen, dass der EU der poli­tis­che Wille fehlt, hand­lungs­fähig zu wer­den. Der heute im Zer­fall begrif­f­ene Kern Europas wäre in Gestalt ein­er hand­lungs­fähi­gen Euro-Union die einzige denkbare Kraft gegen eine weit­ere Zer­störung unseres viel beschwore­nen Sozialmod­ells. In ihrer gegen­wär­ti­gen Ver­fas­sung kann die Union diese gefährliche Desta­bil­isierung nur noch beschle­u­ni­gen. Die Ursache des trump­is­tis­chen Zer­falls Europas ist das zunehmende und weiß Gott real­is­tis­che Bewusst­sein der europäis­chen Bevölkerun­gen, dass der glaub­hafte poli­tis­che Wille fehlt, aus diesem Teufel­skreis auszubrechen. Stattdessen versinken die poli­tis­chen Eliten im Sog eines klein­müti­gen, demoskopisch ges­teuerten Oppor­tunis­mus kurzfristiger Machter­hal­tung

spinnennetz in blühpflanzen

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  • Umso schlim­mer für die Tat­sachen | Süd­deutsche → wolf­gang kraushaar wirft einen instruk­tiv­en blick auf die “ergeb­nisse” des gedenk­jahres zum 50. jubiläum von “1968”

    Kaum jemand, der sich damals auf die Bewe­gung ein­ge­lassen hat­te, dürfte so wieder aus ihr her­aus­gekom­men sein, wie er zuvor in sie hineinge­gan­gen war. Das war ein kom­prim­iert­er, äußerst dynamis­ch­er Prozess, der die Einzel­nen nur zu häu­fig grundle­gend verän­dert hat.

    Diese Bewe­gung war aber in ihrem Kern auch etwas völ­lig Neuar­tiges. Ihre Akteure woll­ten ja nicht ein­fach wie noch die Arbeit­er- oder Gewerkschafts‑, die Friedens- oder Oster­marschbe­we­gung durch ihren Protest Inter­essen ver­fol­gen und bes­timmte Ziele erre­ichen. Nein, sie woll­ten sich dabei auch selb­st entwick­eln, verän­dern, manche sog­ar “befreien”. Es ging 1968 zugle­ich auch immer um die Bewegten selb­st, um ihre Bedürfnisse, ihre Wün­sche, ihre Träume — in einem emphatis­chen Sinne um Sub­jek­tiv­ität. Die Schalen der alten Per­son soll­ten abgeschüt­telt und darunter ein neues Ich ent­deckt und gebor­gen wer­den. Damit hat­te sie allen Irrun­gen und Wirrun­gen zum Trotz ein Bewe­gungs­for­mat geschaf­fen, das für andere Protestierende zum Fix­punkt wurde und an dem sich viele später ori­en­tiert haben.

  • Die Sche­in­frei­heit der Bibel | taz → heinz-wern­er kub­itz­ka erk­lärt, warum es falsch (und schein­heilig) ist, sich für mod­erne werte auf das chris­ten­tum zu berufen:

    Tol­er­anz und Frei­heit sind eben nicht organ­isch aus dem Chris­ten­tum erwach­sen, son­dern mussten ger­adezu in Geg­n­er­schaft zum Chris­ten­tum ver­wirk­licht wer­den. […] Befreiung find­et und fand nicht mit, son­dern meist gegen die Reli­gio­nen statt. Mod­erne Werte nimmt man nicht aus alten Schriften.

  • Ver­bale Auss­chuss­ware | Spiegel → sascha lobo verzweifelt an face­books com­mu­ni­ty-stan­dards — und zwar aus­drück­lich schon an ihrer sprach­lichen ver­fass­theit
  • Mein erster DSGVO Rant – Zu viele Mythen und gefährlich­es Halb­wis­sen zum neuen europäis­chen Daten­schutzrecht | Recht 2.0 → carsten ulbricht ärg­ert sich über panik und falsche infor­ma­tio­nen in bezug auf die dsg­vo

    Wer sich hier von der Panikmache nicht ansteck­en lässt, son­dern sich aus vernün­fti­gen Quellen oder bei Beratern informiert, die einen prak­tik­ablen Weg zur Umset­zung zeigen und nicht nur mit­teilen, wie unsich­er und riskant alles wird, der wird auch die Vor­gaben der DSGVO sin­nvoll umge­set­zt bekom­men.

  • Von der Lügen­presse zur Lügen­wis­senschaft? | Zeit­geschichte online → andreas wirsching macht sich gedanken über den platz und die rel­e­vanz der (zeit-)geschichte in der heuti­gen gesellschaft:

    Mit ihrem plu­ralen Blick auf die Ver­gan­gen­heit ver­mei­det die Prob­le­merzeu­gungs­geschichte zugle­ich die Frag­men­tierung ihres Gegen­standes ent­lang iden­titär­er Abgren­zun­gen. Sie lässt sich daher nicht vor den Kar­ren außer­wis­senschaftlich­er Iden­tität­skon­struk­tions­bedürfnisse span­nen, son­dern analysiert diese selb­st als Prob­lemhor­i­zont der Gegen­wart.
    So – und wie ich meine nur so – lässt sich die Zeit­geschichte als Vorgeschichte der Gegen­wart ver­ste­hen. Und als solche kann sie nicht nur, son­dern sollte unbe­d­ingt ihre Stimme in der Deu­tung aktueller Prob­lem­la­gen erheben. Gegenüber den Reduk­tion­is­ten aller Couleur wirkt sie störend, aber eben das erweist ihre öffentliche Rel­e­vanz.
    Und in nicht weni­gen Diskus­sio­nen liegt darin auch ihre beson­dere Kom­pe­tenz. His­torische Wis­senschaften sind näm­lich die einzi­gen Diszi­plinen, die gle­ich­sam mit zwei Augen sehen. Während das eine Auge in der Zeit- und Stan­dort­ge­bun­den­heit des Wis­senschaftlers haften bleibt, richtet sich das andere auf die his­torische Tiefe. Und erlauben Sie mir zum Schluss eine nicht ganz ern­stzunehmende Weit­er­führung des Bildes. Denn sind nicht die rein gegen­wart­sori­en­tierten Wis­senschaften gle­ich­sam die Einäugi­gen unter den Blind­en – den blind­en Zeitgenossen, die ihre Gegen­wart nicht zu ver­ste­hen ver­mö­gen? Und ist es demge­genüber nicht allein die Zeit­geschichte, die mit ihren bei­den Augen zusam­men räum­lich sehen kann. Wenn es sich so ver­hält, ist die Zeit­geschichte wed­er anti­quar­ische noch Lügen­wis­senschaft und um ihre Rel­e­vanz braucht uns nicht bange zu sein.

gefrorenes spinnennetz

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  • Inter­view: “Die Rel­e­vanz von Geschlecht nimmt ab” | Cam­pus Mainz → die ger­man­is­tis­che sprach­wis­senschaft­lerin damaris nübling über sprache und geschlecht, gen­der und gerechtigkeit

    Langfristig wäre es gut, die Kat­e­gorie Geschlecht aufzulösen, statt sie zu drama­tisieren. Das funk­tion­iert neben dem Streuen auch mit neu­tral­isieren­den Pronomen im Plur­al wie “alle”, “viele” oder “manche”. Außer­dem kann man auch anstelle von Per­so­n­en­beze­ich­nun­gen abstrak­tere Begriffe ver­wen­den, zum Beispiel: “Das Insti­tut hat entsch­ieden” anstelle von “Der Insti­tut­sleit­er hat entsch­ieden” und so weit­er.
    Allerd­ings kommt das immer auf den Kon­text an. Feste Rezepte gibt es nicht, Kreativ­ität ist gefragt. Dazu gehören auch die zunehmenden Präsenspar­tizip­i­en im Plur­al wie “Studierende”. Sin­gu­lare wie “der Studierende” tau­gen dage­gen nicht, da Sin­gu­lare immer mit Genus aufge­laden sind. Meine Erfahrung ist, dass es weniger eine Frage der Möglichkeit­en als des Wil­lens ist.

  • Kul­turgut Buch — bröck­elt der Mythos? | Deutsch­land­funk Kul­tur → ein nach­den­klich­es inter­view mit jörg sun­der­meier vom famosen ver­brech­er-ver­lag zur lage des buch­mark­tes und der lit­er­atur im ganz all­ge­meinen

    Ich glaube, momen­tan ist eher das Prob­lem nicht so sehr, dass die Leute nicht lesen wollen oder nicht lesen kön­nen, son­dern dass es ein biss­chen demi mode ist, und ich habe aber den Ein­druck, dass es sich ändert und dass das Lesen wieder zurück­kommt,

  • “Gewon­nen hat die deutsche Nation” | Zeit → noch ein älteres inter­view, das schon lange in mein­er leseliste schlum­mert: georg schmidt spricht über den dreißigjähri­gen krieg (die leserkom­mentare ignori­ert man aber bess­er …)
  • The Ulti­mate Pro­duc­tiv­i­ty Blog → großar­tig, sehr tre­f­fend auf den punkt gebracht
  • Abwe­sen­heit als Krise | Sozialthe­o­ris­ten → span­nende über­legun­gen von ste­fan kühl zum prob­lem der anwe­sen­heit­skon­trollen an uni­ver­sitäten

    Selb­st in Überwachung­sprak­tiken begabte Lehrende wer­den fest­stellen, dass sie trotz einzel­ner Siege über beson­ders auf­fäl­lige Drücke­berg­er am Ende diese Kon­trol­lkämpfe ver­lieren wer­den. Die Kreativ­ität von Studieren­den beim Erfind­en von Wegen, diese Kon­trollen zu unter­laufen, wird immer größer sein als die Kreativ­ität von Lehren­den im Erfind­en neuer Wege der Kon­trolle. Anwe­sen­heit­slis­ten sind deswe­gen ein stumpfes Schw­ert, um das Leis­tungsniveau von Studieren­den anzuheben. […] Das Prob­lem der Abwe­sen­heit von Studieren­den ist also nicht vor­rangig ein Prob­lem der Qual­ität der Lehren­den, son­dern liegt vielmehr in der Gestal­tung der Stu­di­engänge selb­st […]
    Statt auf das Prob­lem der Abwe­sen­heit mit dem eher brachialen Mit­tel der Anwe­sen­heit­sliste zu reagieren, gäbe es eine Alter­na­tive. Man kön­nte chro­nis­che Abwe­sen­heit­en – oder Anwe­sen­heit­en, die nur über Anwe­sen­heit­slis­ten durchge­set­zt wer­den kön­nen – als ein Zeichen dafür sehen, dass irgen­det­was in dem Stu­di­en­gang nicht stimmt.

  • Trump ist der Geburtshelfer von “Me Too” | SZ → eine gute — und wie mir scheint, sehr tre­f­fende — einord­nung von hed­wig richter der #MeToo-bewe­gung in den wan­del von män­ner-/männlichkeits­bildern und die geschichte der gle­ich­berech­ti­gung

    Die Empörung über die Gewalti­gen, die sich der Leiber der anderen bedi­enen, ist mehr als ein Hash­tag und etwas anderes als eine Het­z­jagd. Sie ist das Ende der let­zten Selb­stver­ständlichkeit: Das Zweifel- und Bedenken­lose ein­er männlichen Herrschaft, das in die Kör­p­er eingeschrieben war, scheint endgültig außer Kraft geset­zt zu sein.

  • The Hori­zon of Desire | Lon­greads → ein her­vor­ra­gen­der essay von lau­rie pen­ny über kon­sens, rape cul­ture, männlich- und weib­lichkeit und die damit ein­herge­hen­den (stereo­typen) erwartun­gen an das ver­hal­ten beim sex

    Rape cul­ture is not about demo­niz­ing men. It is about con­trol­ling female sex­u­al­i­ty. It is anti-sex and anti-plea­sure. It teach­es us to deny our own desire as an adap­tive strat­e­gy for sur­viv­ing a sex­ist world. […] But unless we talk about desire, about agency, about con­sent, then we’ll only ever be fight­ing this cul­ture war in retreat. It’s a real war, one that impacts our bod­i­ly auton­o­my and our eco­nom­ic and polit­i­cal pow­er. The bat­tle for female desire and agency goes way beyond the bed­room, and it’s a bat­tle that right now every­one is los­ing.

spinnweben zwischen holz, schwarz-weiß

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  • Die Drop­box­isierung des Lehrernach­wuch­ses | Bob Blume → bob blume über das hem­mungslose teilen und unre­flek­tierte weit­er­ver­wen­den von unter­richts­ma­te­r­i­al:

    Zwis­chen Kol­lab­o­ra­tion und dreis­tem Pla­giat führt heutzu­tage ein schmaler Grat. Schlim­mer als Arbeits­blät­ter abzu­greifen und nichts selb­st zu pro­duzieren ist aber der Gedanke, der dahin­ter ste­ht.

  • Archäolo­gen erforschen Achtziger­jahre | Spiegel → kurzes inter­view mit dem archäolo­gen atti­la dészi, der die “freie repub­lik wend­land” aus­gräbt und damit für archäolo­gen unge­wohnt zeit­geschichte beforscht

    Denn die Archäolo­gie leis­tet Beiträge, die andere Diszi­plinen nicht abdeck­en kön­nen. Dazu zählt etwa die Erforschung von All­t­ags­ge­gen­stän­den. Wer sollte son­st her­aus­find­en, was von der “Repub­lik Freies Wend­land” heute noch übrig ist.

  • Wir müssen über Nazis reden | Moritz Hoff­mann → der his­torik­er moritz hoff­mann über nazis, die afd, erin­nerungspoli­tik und das deutsche par­la­ment
  • Philosoph Wolf­gang Welsch: «Das ange­blich Eigene ist hochgr­a­dig fik­tiv» | NZZ → ein sehr gutes inter­view mit dem philosophen wolf­gang welsch über kul­tur, iden­tität, nation­al­is­men etc. und vie­len klu­gen antworten:

    In solchen Zeit­en ist der Rück­griff auf ange­blich Eigenes und Bewährtes ein sim­ples Mit­tel der Selb­stver­sicherung. Aber es hil­ft nur der Seele. Prak­tisch ist es völ­lig unpro­duk­tiv: Das ange­blich Eigene und Bewährte stellt sich bei näher­er Betra­ch­tung als hochgr­a­dig fik­tiv her­aus. […] Wir sind, genau betra­chtet, alle kul­turelle Mis­chlinge. Die Iden­titäten sind nicht mehr kernar­tig, son­dern straus­sar­tig oder net­zw­erkar­tig ver­fasst: Sie gehen über die Gren­zen der alten Kul­turen und nationalen Kul­tur­fik­tio­nen hin­aus, sie vere­inen lokale, regionale und glob­ale Ele­mente in sich und sind in diesem Sinn tran­skul­turell. Wenn die Bürg­er ihre fak­tis­che Tran­skul­tur­al­ität anerken­nen, wäre damit für die Prax­is viel gewon­nen. Wer sich sein­er eige­nen inneren kul­turellen Plu­ral­ität bewusst gewor­den ist, der wird im Frem­den auch Eigenes erken­nen, anstatt von vorn­here­in auf Abwehr zu schal­ten. […] Im Übri­gen ist Dif­ferenz­bil­dung für Indi­viduierung uner­lässlich – man muss anders sein als andere oder auf seine eigene Weise ähn­lich sein wie andere. Aber das Dif­fer­ente darf doch nicht als das ganz Andere – das Fremde, das nicht die gle­ichen Rechte wie man selb­st hat – ange­se­hen wer­den. Das ist der Fehler von Kleinkindern. […] Es ist gut, ein Stand­bein zu haben, und für viele Men­schen bildet die lokale, regionale oder nationale Iden­tität dieses Stand­bein. Aber das Stand­bein darf nicht zum Klump­fuss wer­den, und es ist nichts ohne ein Spiel­bein.

  • Boomen die Geis­teswis­senschaften, und nie­mand merkt es?| NZZ → die antwort: vielle­icht, irgend­wie schon. aber vielle­icht auch nicht mehr lange. es ist — wie halt immer — kom­pliziert …
fischernetz (detail)

Ins Netz gegangen (16.5.)

Ins Netz gegan­gen am 16.5.:

  • Weswe­gen der Ver­weis auf „Führungss­chwäche“ das Prob­lem der Bun­deswehr nicht trifft. Die Skan­dale bei der Bun­deswehr als unge­wollte Neben­fol­gen von Kam­er­ad­schaft­ser­wartun­gen | Sozialthe­o­ris­ten → ste­fan kühl über die bun­deswehr, ihre beson­dere (und wohl notwendi­ge) form der kam­er­ad­schaft und die frage der “führungss­chwäche”

    Die Bun­deswehr hat mit ihrem in der Öffentlichkeit geze­ich­neten Wun­schbild nichts zu tun. Jen­seits der for­malen Ord­nung gibt es in Armeen immer auch Prob­leme der Zusam­me­nar­beit, die nicht durch die for­male Ord­nung gelöst wer­den kön­nen. Vor allem die konkrete Leis­tungsmo­ti­va­tion der Mit­glieder, beson­ders aber die rei­bungslose Lösung der Prob­leme der alltäglichen Zusam­me­nar­beit zwis­chen den Organ­i­sa­tion­s­mit­gliedern lassen sich nicht durch for­male Vorschriften allein garantieren. Und genau hier greifen die in Kam­er­ad­schaft­snor­men verdichteten infor­malen Erwartun­gen.

    Jed­er Sol­dat weiß, dass eine Armee nur deswe­gen funk­tion­iert, weil von den for­malen Regel­w­erken immer wieder abgewichen wird.

  • Vor­rats­daten­spe­icherung wird jet­zt schon aus­geweit­et | Zeit → das gesetz zur vor­rats­daten­spe­icherung ist noch nicht umge­set­zt, da wird es schon aus­geweit­et — und die ver­sprechen der poli­tik­er gebrochen. das sollte es dem bver­fg doch eigentlich leichter machen, die fehlende ver­fas­sungstreue zu erken­nen …
  • Ähn­lichkeits­beschla­gung. Fün­fte These zur Geschicht­skul­tur | zzz → achim landwehrs seziert weit­er­hin sehr tre­f­fend (und spitz­züngig) die geschicht­skul­tur unser­er gegen­wart:

    Die fün­fte These zur Geschicht­skul­tur lautet: Die deutsche Geschicht­skul­tur des frühen 21. Jahrhun­derts tendiert dazu, Ver­gan­ge­nes nicht mehr als fremd und irri­tierend wahrzunehmen, son­dern es sich der eige­nen Gegen­wart anzuäh­neln. […] Und die Ten­denz lautet: Ver­gan­gen­heit wird mit Ähn­lichkeit beschla­gen. Ganz im Sinne der erken­nt­nis­the­o­retis­chen Bin­sen­weisheit, dass man nur sehen kann, was man bere­its weiß, zeigt sich am Beispiel der gegen­wär­ti­gen Geschicht­skul­tur, dass sie häu­fig nur noch wis­sen will, was sie ohne­hin schon sieht. Und das ist meis­tens nichts allzu weit ent­fer­nt von der eige­nen Nasen­spitze. […] Das Andere, das ver­gan­gene Zeit­en für uns sein kön­nten, wird dadurch in Eigenes und Ver­trautes ver­wan­delt und muss eine Ähn­lichkeits­beschla­gung über sich erge­hen lassen. Der Vor­gang ließe sich auch mit der angemesse­nen Neg­a­tiv­ität zum Aus­druck brin­gen: Es geht um Störungsver­weigerung. […] Kann man dann über­haupt noch nach der Aktu­al­ität des Gewe­se­nen fra­gen? Sicher­lich kann man das. Aber nicht unter scham­los­er Aus­nutzung des bere­its benan­nten Macht­ge­fälles zwis­chen Gegen­wart und Ver­gan­gen­heit. Wir müssen dem Ver­gan­genen seine Einzi­gar­tigkeit nicht nur zugeste­hen, son­dern sie auch schützen. Nur dann kann es zu einem Dia­log kom­men zwis­chen den Zeit­en, nur dann kön­nen wir etwas ler­nen aus dieser Beziehung (denn wir ler­nen nicht ‚aus der Ver­gan­gen­heit‘, son­dern aus der Art und Weise, wie wir uns auf Ver­gan­gen­heit­en beziehen), nur dann kön­nen wir uns durch das Ver­traut-Frem­dar­tige, durch das Bekan­nt-Ver­wirrende hin­re­ichend aus dem Trott brin­gen lassen, um nicht nur die Ver­gan­gen­heit, son­dern auch unsere Gegen­wart neu und anders zu befra­gen.

  • Marathon­läufer über TV-Sportvielfalt: „Nicht alle mögen den Fußball“ | taz → arne gabius spricht mit der taz über die monokul­tur der sport­berichter­stat­tung in den deutschen medi­en und die schä­den, die das — nicht nur für die ver­nach­läs­sigten sportler/innen — nach sich zieht
  • His­torik­erin über Fürstin Maria There­sia: „Man ging leg­erer mit Trav­es­tie um“ | taz → span­nen­des und inter­es­santes inter­view mit stoll­berg-rilinger über maria there­sia und das ancien régime

    Was die Geschlech­ter­dif­ferenz ange­ht, war man im Ancien Régime deut­lich flex­i­bler als im 19. Jahrhun­dert. In der höfis­chen Gesellschaft ging man viel leg­erer mit Trav­es­tie und Homo­sex­u­al­ität um. Trans­gen­derverklei­dun­gen waren an der Tage­sor­d­nung. Das erschien im bürg­er­lichen 19. Jahrhun­dert als absoluter Sit­ten­ver­fall. […] Das Span­nende am Meti­er der Geschichte ist ja, sich die Fremd­heit des Anderen vor Augen zu führen. Pro­jiziert man eigene Wertvorstel­lun­gen in die Geschichte, bestätigt man nur, was man sowieso schon empfind­et. Ich brauche Maria There­sia nicht, um Fem­i­nistin zu sein.

  • Short-Attack­en oder Pech durch Mit­tod – Mil­liar­den ver­nichtet! | Wild Dueck Blog → gunter dueck über short-attack­en mit­tels geschickt platziert­er gerüchte — und die daran fleißig mitver­di­enen­den banken

    Man kann Mil­lio­nen schef­feln, indem man vage Vor­würfe gegen eine börsen­notierte Fir­ma im Inter­net for­muliert, am besten so, dass sich die Vor­würfe nicht sofort entkräften lassen. Das betrof­fene Unternehmen braucht dann ein paar Tage für eine ser­iöse Antwort – bis dahin rauscht der Kurs aber nach Süden ab. Da haben die Leerverkäufer gut Zeit zum Kassemachen. Was das betrof­fene Unternehmen nach einiger Bedenkzeit und Rechts­ber­atung antwortet, ist schon egal. Die schwarzen Rit­ter sind schon weg, das Unternehmen leckt seine Wun­den, die Aktionäre sitzen auf schw­eren Ver­lus­ten.

  • How the KGB infil­trat­ed clas­si­cal music | Spec­ta­tor → nor­man lebrecht plaud­ert ein biss­chen über emil gilels und die kol­portierten spi­one in seinem umfeld …
netzgebilde (unsplash.com)

Ins Netz gegangen (27.2.)

Ins Netz gegan­gen am 27.2.:

  • Empfehlung: Inter­na­tionale Reisen nur noch ohne Smart­phone | mobi­legeeks → cas­ten dob­schat emp­fiehlt, beim gren­züber­tritt kein smart­phone dabeizuhaben — es kön­nte kopiert wer­den. oder alter­na­tiv nur ein zurück­ge­set­ztes tele­fon mit­nehmen …
  • Wie die Alko­holin­dus­trie uns dazu bringt, immer weit­er zu trinken | Cor­rec­tiv → zdf & cor­rec­tiv über die “alko­holpoli­tik” in deutsch­land, die wirtschaftliche inter­essen der unternehmer über volk­swirtschaftliche und gesund­heitliche stellt
  • One Woman’s Bril­liant “Fuck You” to Wikipedia Trolls | Backchan­nel → A young Wikipedia edi­tor with­stood a decade of online abuse. Now she’s fight­ing back — on Wikipedia itself:

    But on that Fri­day night, Tem­ple-Wood had an idea. For every harass­ing email, death threat, or request for nude pho­tos that she received, she resolved to cre­ate a Wikipedia biog­ra­phy on a notable woman sci­en­tist who was pre­vi­ous­ly unknown to the free online ency­clo­pe­dia. She thought of it as a giant “fuck you” to the anony­mous idiots seek­ing to silence her.


  • Erin­nerungskul­tur: “Wenn Schüler provozieren …” | Zeit
    → die his­torik­er jean­nette und dirk van laak im inter­view über geschichte, geschichts­bilder, kri­tis­che geschichtswis­senschaft und öffentlichkeit

    Hin­ter die Stan­dards der kri­tis­chen Geschichtswis­senschaft kann nie­mand zurück. Sie hat heute inter­na­tion­al eine bemerkenswerte Blüte erre­icht, die deutschen His­torik­er arbeit­en auf höch­stem Niveau, was die Vielfalt ihrer The­men und Meth­o­d­en ange­ht. Aber ihre gesellschaftliche Autorität ist momen­tan rel­a­tiv schwach. His­torik­er müssen daher ler­nen, auf andere Weise zu überzeu­gen, etwa durch die Qual­ität ihrer Selb­stre­flex­ion, die Lei­den­schaft für das Fach und überzeu­gende Argu­mente gegen die Ewigkeits­be­haup­tun­gen manch­er Pop­ulis­ten. Die Neue Rechte legit­imiert sich andauernd mit Bezü­gen auf die Geschichte, ist in ihrem Geschichts­bild aber leicht angreif­bar. Wir soll­ten uns wieder mehr auf öffentliche Debat­ten über Geschichte ein­lassen, vielle­icht sog­ar auf Mark­t­plätzen.

  • Die Lei­den des Lit­er­aturkri­tik­ers: Ach, nie­mand hört auf mich | NZZ → rain­er moritz schreibt schön und leicht melan­cholisch über die wirkungslosigkeit (jet­zt und posthum) der lit­er­aturkri­tik …

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