Lesen. Hören. Und ein bisschen schreiben.

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spinnennetz vor natur

Ins Netz gegangen (19.7.)

Ins Netz gegan­gen am 19.7.:

  • Eine Welt jen­seits von Face­book: Auf der Suche nach Alter­na­tiv­en zum dig­i­tal­en Kap­i­tal­is­mus | Berlin­er Gazette → geert lovink über soziale net­zw­erke, offene net­ze und alter­na­tiv­en …
  • Das Luther­jahr sollte ein großer Erfolg wer­den, doch die Besuch­er bleiben aus | FAZ → der faz ist aufge­fall­en, dass zwis­chen pla­nung und wirk­lichkeit der besuch­er­ströme ein unter­schied beste­ht — luther alleine scheint nicht über­all die massen zu lock­en (da er aber ja über­all ist, sind es wohl doch recht viele …)
  • “Es ist eine andere Welt gewor­den” | Zeit → inter­es­santes inter­view — ger­ade in sein­er rel­a­tiv­en unspek­takulärtheit — mit markus hin­ter­häuser, dem inten­dan­ten der salzburg­er fest­spiele
  • Die falschen Ver­heißun­gen der E‑Mobilität | Blät­ter für deutsche und inter­na­tionale Poli­tik → über die notwendigkeit ein­er mobil­itärs-rev­o­lu­tion — die wende vom ver­bren­nungs- zum e‑motor reicht da näm­lich bei weit­em nicht aus …

    Es bedarf nicht primär ein­er tech­nol­o­gis­chen Erneuerung des beste­hen­den autodo­minierten Indi­vid­u­alverkehrs, son­dern ein­er umfassenden Mobil­itätswende. Deren Ziel muss sein, den öffentlichen und schienenge­bun­de­nen Verkehr zu stärken, die Fahrrad­in­fra­struk­tur auszubauen und das Verkehrsaufkom­men radikal zu ver­ringern – und zwar auf den Straßen und in der Luft. Die fos­silen Antrieb­sag­gre­gate müssen zum Aus­lauf­mod­ell wer­den und nur der unbe­d­ingt nötige Bedarf an indi­vidu­ellen Auto­mo­bilen sollte auf eine elek­trische Basis gestellt wer­den. Nur auf diese Weise kön­nten die gegen­wär­ti­gen Ansätze ein­er Verkehr­swende zu ein­er umfassenden Mobil­itätswende weit­er­en­twick­elt wer­den. […] Let­ztlich brauchen wir eher eine Rev­o­lu­tion als eine Wende: Wir müssen das Auto­mo­bil als zen­trales Sym­bol für Fortschritt und sozialen Sta­tus wie auch für indi­vidu­elle Frei­heit ent­thro­nen – auf der Straße, aber auch in unseren Köpfen.

  • In guter Ord­nung, aber schlechter Ver­fas­sung | FAZ → michael knoche weist in darauf hin, dass deutsch­land sein kul­turelles erbe der (gedruck­ten) büch­er seit langem arg ver­nach­läs­sigt … (auch in der faz darf man also für die dig­i­tal­isierung sein ;-) …)

    Wis­senschaft und Gesellschaft brauchen bei­des, das Orig­i­nal und das Dig­i­tal­isat. Aber wed­er mit der Bewahrung der Orig­i­nale noch mit der Dig­i­tal­isierung der his­torischen Buchbestände geht es in Deutsch­land recht voran. Dabei müsste die Sicherung der schriftlichen Über­liefer­ung auf der kul­tur­poli­tis­chen Agen­da ganz oben ste­hen. Ziel müsste sein, das Gros der alten Bestände in Bib­lio­theken und Archiv­en zugle­ich zu erhal­ten und dig­i­tal ver­füg­bar zu machen, natür­lich in klug abges­timmter Weise.

    Bei­de Aspek­te ließen sich fabel­haft miteinan­der kom­binieren, wenn entsprechende För­der­mit­tel zur Ver­fü­gung stün­den: Was dig­i­tal­isiert wird, sollte zugle­ich kon­ser­va­torisch gesichert wer­den. Was gesichert ist, wird auch dig­i­tal­isiert. Das Prinzip lautet: Kon­ver­sion nicht ohne Kon­servierung.

  • Mys­tery of Greek Amphitheater’s Amaz­ing Sound Final­ly Solved | Live Sci­ence → wieder ein rät­sel gelöst: die phänom­e­nale akustik des the­aters von epi­dau­ros liegt an den mate­ri­alien …
netz mit fisch (unsplash.com)

Ins Netz gegangen (4.12.)

Ins Netz gegan­gen am 4.12.:

Bayreuth-Notizen 2016

Eine ganze Woche war ich dieses Jahr in Bayreuth bei den Bayreuther Fest­spie­len. Eine volle Ladung Wag­n­er also: Den kom­plet­ten Ring und den Par­si­fal kon­nte ich sehen und hören, dazu noch die Vil­la Wah­n­fried und das dor­tige Richard-Wag­n­er-Muse­um. Damit ist mein Bedarf fürs Erste mal wieder gedeckt …

Aber es war eine tolle Erfahrung, nach mein­er bish­eri­gen ein­ma­li­gen Stip­pvis­ite (wo ich nur zu ein­er Vorstel­lung kam und direkt danach in der Nacht wieder nach Hause fuhr) mal die Fest­spiele so richtig zu erleben. Naja, was eben so richtig heißt … Bei mir hieß das: An- und Abreise mit dem Zug (hin hat das wun­der­bar rei­bungs­los geklappt, zurück war lei­der der erste Zug ab Bayreuth so ver­spätet, dass ich meine Anschlüsse nicht mehr schaffte), Über­nach­tun­gen in der Jugend­her­berge, die Fest­spiel­haus­be­suche ver­gle­ich­sweise under­dressed (keine klas­sis­che Abendgarder­obe …), dafür aber auch ver­gle­ich­sweise bil­lige Plätze im Balkon.

Der Aufen­thalt in der Jugend­her­berge, die nicht mehr ganz heuti­gen Ansprüchen entspricht (etwa: keine Schränke im Zim­mer, nur Spinde auf dem Flur; eine Dusche pro Flur für ca. 30 Bet­ten …), deren Nach­fol­ger direkt nebe­nan aber schon in Bau ist und im näch­sten Früh­jahr in Betrieb gehen soll, hat­te zwar kleinere Kom­fortein­bußen zur Folge, aber dafür einen großen Vorteil: Ich traf gle­ich dort einige andere Wag­ne­r­i­an­er. Genauer gesagt: Einen Englän­der, einen Japan­er, einen Russen und einen Lux­em­burg­er, die (fast) alle im Gegen­satz zu mir wesentlich überzeugtere Wag­ne­r­i­an­er (und Lieb­haber der Oper des 19. Jahrhun­derts über­haupt) waren. Die kos­mopoli­tis­che Zusam­menset­zung unseres kleinen Trup­ps führte dazu, dass ich zwar Werke des vielle­icht deutschesten aller deutschen Kom­pon­is­ten hörte und sah, son­st aber nahezu auss­chließlich englisch redete (und zum Schluss auch schon dachte). Eine sehr inter­es­sante und sehr bere­ich­ernde Erfahrung war es auf jeden Fall.

Aber zur Haupt­sache: Der Ring also. Die Insze­nierung von Frank Cas­torf hat ja nun schon einige Jahre auf dem Buck­el. Beliebter gewor­den ist sie dadurch beim Bayreuther Pub­likum nicht ger­ade. Das ist auch nicht nur Reflex und Faul­heit, son­dern liegt — ver­mute ich — zumin­d­est teil­weise an der Insze­nierung selb­st. Cas­torf hat näm­lich, kön­nte man sagen, ein­fach seine bewährte The­ater­meth­ode der Drama­tisierung großer Romane auf den Ring des Nibelun­gen ange­wandt. Das funk­tion­iert aber nur so halb­wegs, es kracht an allen Eck­en und Enden. Zum einen hat er für mich keine Idee, was der gesamte Ring eigentlich soll und (bedeuten) will. Zumin­d­est keine erkennbar. Ja, es gibt das Motiv des Öls, das irgend­wie das neue Rhein­gold ist (ger­ade im Rhein­gold_wird das recht stark gemacht). Aber das bleibt eine Idee unter vie­len, die nicht kon­se­quent umge­set­zt ist und in der Göt­ter­däm­merung nur noch eine ferne Erin­nerung ist. (Zumal ist die Idee auch zwanzig bis vierzig Jahre zu spät — heute ist Öl ja nicht (mehr) unbe­d­ingt das wertvoll­ste, da sind Dat­en inzwis­chen viel wichtiger …)

Mein Prob­lem mit der Cas­torf-Insze­nierung als Ganz­er war aber — neben vie­len, vie­len Details, die mir ver­schlossen blieben — ein Grund­sät­zlich­es: Mir scheint, Cas­torf hat nicht das Musik­the­ater­w­erk insze­niert, son­dern den Text gele­sen und damit gear­beit­et. Zwis­chen Musik und Bühne gibt es eigentlich kein­er­lei Verbindung (dass der Diri­gent Marke Janows­ki die Insze­nierung für Unsinn hält, mag da mit eine Rolle spie­len). Vor allem aber passt meines Eracht­ens das The­aterkonzept Cas­torfs (das an sich dur­chaus sehr inter­es­sant ist!) nicht zum Wag­n­er­schen Musik­the­ater. Die Büh­nen­bilder, die Aktio­nen und vor allem die Videos, die nicht nur Live-Über­tra­gun­gen des Büh­nengeschehens, son­dern auch vor­fab­rizierte Ein­spiel­er sind, dazu das Orch­ester, die Sänger und Sän­gerin­nen und der Text: Das alles auf ein­mal lässt sich nicht ver­ar­beit­en, geschweige denn deu­tend entschlüs­seln. Ich befand mit im per­ma­nen­ten Über­forderungsmodus, der Über­fluss an Zeichen und Bedeu­tun­gen führte zur Kapit­u­la­tion …

So span­nend das in eini­gen Momenten ist, so großar­tig die Büh­nen­bilder sind — so richtig aufnehmen und genießen kon­nte ich das nicht. Zumin­d­est nicht beim ersten Sehen und Hören. Das Hören war lei­der auch nicht eines, das mich zu absoluten Begeis­terungstür­men hin­risse. Ja, die Qual­ität aller Beteiligten ist hoch. Aber Janowskis Diri­gat zün­dete für mich nicht so richtig toll. Das lag zum einen an der bere­its ange­sproch­enen Diver­genz zwis­chen Bühne und Musik, zum anderen an einem selt­samen Phänomen: An jedem Abend begann Janows­ki recht schwach, steigerte sich aber zum Schluss hin regelmäßig. Und vielle­icht auch vom Rhein­gold zur Göt­ter­däm­merung hin noch ein­mal. Am stärk­sten ist es mir im Siegfried aufge­fall­en: Der Anfang bis unge­fähr zur Mitte des zweit­en Aktes klang sehr nach über­legter, fein­er, um Details und vor­sichtig-zurückgenommene Fein­heit und Bal­ance bemühter Orch­ester­ar­beit, die es auch den Sängern sehr leicht machen wollte. Irgend­wann schien er aber davon genug zu haben und gab sich der Emo­tion­al­ität und der Über­wäl­ti­gungskraft der Wag­n­er­schen Musik hin, als hätte er sich gesagt: Na gut, dann lasst uns halt mal Spaß haben …

Der Par­si­fal dage­gen, die diesjährige Neuin­sze­nierung des Wies­baden­er Inten­dan­ten Uwe-Eric Laufen­berg, war ein ganz anderes Erleb­nis. Musikalisch ließ er, das heißt vor allem: der einge­sprun­gene Diri­gent Hart­mut Haenchen, (fast) nichts zu wün­schen übrig, das war eine aus­ge­sprochen strin­gente, (auch zügige), gut entwick­elte und span­nende Arbeit, die er und das Orch­ester abliefer­ten. Zumal die vokale Beset­zung auch aus­ge­sprochen fein war: Der wirk­lich run­dum großar­tige, wun­der­bare, her­rliche Georg Zep­pen­feld als Gurne­manz, der sehr gute, jugendlich-starke Klaus Flo­ri­an Vogt als Par­si­fal und eben­falls auf höch­stem Niveau begeis­ternde Kundry von Ele­na Pankra­to­va.

Die Insze­nierung Laufen­bergs hat mich, wenn ich es auf einen Punkt brin­gen müsste, eher gelang­weilt — weil sie mich kaum her­aus­ge­fordert hat, son­dern eher zu deut­lich und zu plaka­tiv ihre Posi­tio­nen zeigte. Laufen­berg hat ja im Vor­feld kaum eine Gele­gen­heit aus­ge­lassen, allen zu verkün­den, wie großar­tig sein Konzept sei. Das beste­ht im Grunde aus der Idee, der Par­si­fal sei eine Kri­tik aller Reli­gio­nen. Das ist natür­lich so ein­fach Unsinn und führte zu eini­gen kuriosen Szenen auf der Bühne. Vor allem passierte auf der Bühne aber immer wieder das: Laufen­berg, so nahm ich es wahr, hat­te eine Idee für ein schönes Bild, ein Tableau. Dann hat er das etwas poli­tisch-reli­gion­skri­tisch aufge­laden. Und fer­tig ist die Par­si­fal-Insze­nierung (ok, das ist jet­zt etwas arg polemisch). Aber so manch­es Geschehen kon­nte ich mir nur so erk­lären. Und so manch­es wird unfass­bar plaka­tiv und kitschig. Und so manch­es wird unpassend, scheint mir mit der Par­ti­tur Wag­n­ers nicht in Ein­klang zu brin­gen. Das ist ja über­haupt ein Prob­lem, das mich zunehmend beschäftigt: Die Musik­er wer­den, was die Beschäf­ti­gung mit und Ausle­gung der Par­ti­turen ange­ht, immer kri­tis­ch­er und feinsin­niger — Haenchen zum Beispiel legte wohl viel Wert auf die unter­schiedlichen Aus­prä­gun­gen der Artiku­la­tion­sze­ichen wie Punkt, Strich oder Keil bei Wag­n­er. Die Bühne dage­gen nimmt sich immer mehr Frei­heit­en, erzählt ja oft eine ganz andere Geschichte, die nur noch punk­tuelle Über­schnei­dun­gen mit der Par­ti­tur hab. Das soll jet­zt keineswegs eine Ablehnung des Regi­ethe­aters sein, es ist nur ein Dilem­ma, aus dem ich kaum eine Lösung sehe …

Was noch?
Die Fes­ti­val-Atmo­sphäre ist in Bayreuth schon ziem­lich inter­es­sant. In der Stadt (die übri­gens nicht sehr groß, aber sehr hüb­sch ist) selb­st merkt man recht wenig von den Fest­spie­len. Auf dem grü­nen Hügel ist das natür­lich anders. Zum einen kom­men recht viele Besuch­er ziem­lich früh. Dann hat man in Bayreuth immer die Karten­such­er (für den Ring gab es immer prob­lem­los noch Karten zu ergat­tern, für den Par­si­fal war es fast unmöglich) und einen Schwarz­mark­thändler. Und das Pub­likum ist etwas kos­mopoli­tis­ch­er, etwas (nun ja, ziem­lich viel) formeller gek­lei­det als in den meis­ten deutschen The­atern.

Der Zaun (und auch wenn alle Medi­en etwas anderes behaupten): Das Fest­spiel­haus ist nicht eingezäunt gewe­sen. Lediglich die BÜhnene­ingänge waren davon betrof­fen. Und natür­lich war das “Sicher­heit­skonzept”, wie das heute so schön heißt, noch zu spüren. Von Konzept kann man allerd­ings kaum sprechen. Gut, der Sicher­heits­di­enst wachte ziem­lich genau darüber, dass nur Men­schen mit jew­eiliger Tage­sein­trittskarte Zugang zum Gebäude hat­ten. Die erhöhte Polizeipräsenz (da war sie ja schon immer, sie hat ja sog­ar eine eigene tem­poräre Wache in unmit­tel­bar­er Nach­barschaft) war aber in meinen Augen eher Augen­wis­cherei. An jedem Abend funk­tion­ierte das näm­lich anders: Manch­mal standen an den Aufgän­gen zwei oder drei Polizis­ten und schaut­en, manch­mal waren am über­dacht­en Gang vor dem Karten­büro noch einzelne Posten aufgestellt, manch­mal hat­ten sie Schutzwest­en, manch­mal nicht, bei der Göt­ter­däm­merung kon­trol­lierten sie plöt­zlich (ohne dass es, nach ihrer Aus­sage, einen speziellen Anlass gab) auch alle Hand­taschen der Damen am Beginn des Fes­ti­val­gelän­des — mir scheint, die Strenge der Kon­trolle unter­schied sich vor allem nach dien­sthaben­der Polizeiführungskraft erhe­blich. Aber sei’s drum, ein Gutes hat­te das ganze Bohei auf jeden Fall: Erst­mals gab es eine Gepäck­auf­be­wahrung, bei der man bequem seine Tasche mit Verpfle­gung für die lan­gen Abende deponieren kon­nte …

Ach ja, die Sitz­plätze in Bayreuth. Ich war durch­weg im Balkon. Für den Ring hat­te ich Karten in der fün­ften Rei­he — die Bayreuth-Ken­ner wis­sen, dass das keine nor­malen Sitz­plätze mehr sind, son­dern in Nis­chen nach hin­ten ver­steck­ten Sitze. Da wird es schön warm und stick­ig und die eigentlich aus­geze­ich­nete Akustik des Fest­spiel­haus­es wird doch auch etwas gedämpft, mit etwas Pech hat man auch noch eine Säule im Blick­feld. Zum Glück kon­nte ich aber für Siegfried und Göt­ter­däm­merung einige Rei­hen nach vorne rück­en, weil Plätze frei blieben — das war eine deut­liche Verbesserung der Akustik und des Kom­forts. Das lässt sich Bayreuth aber auch immer gut bezahlen, denn es gibt zwar bil­lige Plätze, aber sowie Sicht und Akustik etwas bess­er wer­den, steigen die Preise sehr schnell recht steil nach oben. Und für den Ring braucht man eben immer gle­ich vier Karten …

(Und natür­lich habe ich wieder mal keine Fotos gemacht …)

Ins Netz gegangen (26.2.)

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Ins Netz gegangen (19.5.)

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  • Eurokrise: “Es gibt keine ein­deuti­gen Geg­n­er” | ZEIT ONLINE — joseph vogl im gespräch mit der “zeit”:

    Ein­er­seits hat es ein gewaltiges Umverteilung­spro­gramm gegeben, bei dem pri­vate Schuld­ner – also vor allem die hoch ver­schulde­ten Großbanken – mith­il­fe öffentlich­er Gelder saniert wur­den. Ander­er­seits hat man mit der Restau­ra­tion des Finanzsys­tems auch das alte Schla­mas­sel der Zeit vor 2008 wieder her­bei­fi­nanziert: Es herrschen heute wieder die gle­ichen Risiko­la­gen, die gle­iche Insta­bil­ität an den Finanzmärk­ten. Para­dox­er­weise entste­ht diese neue Unsicher­heit eben genau durch die Maß­nah­men, also das Auss­chüt­ten von viel Geld, mit denen die Krise bekämpft wer­den sollte. Was sich in dieser Zeit hinge­gen tat­säch­lich verän­dert hat, ist die Art und Weise, wie wir regiert wer­den. […] Wir erleben also ger­ade ein finanzpoli­tis­ches Dou­blebind: Ein­er­seits gibt die herrschende Dog­matik vor, dass das Wirtschaftswach­s­tum nur mit Investi­tio­nen und neuem bil­ligem Geld zu erre­ichen ist. Ander­er­seits erhöht das gle­iche bil­lige Geld die Risikoan­fäl­ligkeit auf den Märk­ten. Dieses Dilem­ma kennze­ich­net also an einem Punkt ihre Macht und gle­ichzeit­ig ihre struk­turelle Ohn­macht.

    — er sagt noch einiges mehr, was das inter­view sehr lesenswert macht. und sehr beze­ich­nend ist, dass solche eigentlich emi­nent ökonomis­chen (und poli­tis­chen) beobach­tun­gen ger­ade ein kul­tur­wis­senschaftler machen muss — die “fach­leute” scheinen da (zumin­d­est in der deutschen öffentlichkeit) keine posi­tion und/oder stimme zu find­en …

  • Wolf­gang Ull­rich: „Urhe­ber­rechte für die sozialen Net­zw­erke gän­zlich sus­pendieren“ – iRights.info — der kun­sthis­torik­er wolf­gang ull­rich im inter­view mit irights über kun­st, inter­net, jus­tiz, das urhe­ber­recht — und tech­noviking

    Das Urhe­ber­recht denkt auch in den sozialen Net­zw­erken viel zu sehr vom klas­sis­chen Werk­be­griff her und nicht vom Ort, an dem etwas stat­tfind­et. Und da sehe ich die Par­al­le­len zur Prob­lematik in der Kun­st. Wer etwas in die Social Media platziert, gibt es frei – und die Welt kann damit machen, was sie will. Aber in den meis­ten Fällen macht die Welt gar nichts damit. Ab und zu passiert dann doch etwas, es entste­ht gar ein Mem.[…] Mein­er Mei­n­ung nach hinkt bei etlichen Urteilen die Recht­sprechung der Kun­st­prax­is um zwei bis drei Jahrzehnte hin­ter­her. Und das ist auch beim Tech­noviking der Fall.

  • Wehrma­cht: Die vergesse­nen Sol­datin­nen | ZEIT ONLINE — die his­torik­erin karen hage­mann erin­nert an die rolle der frauen im zweit­en weltkrieg

    Nicht nur in der pop­ulären Erin­nerung wurde das Aus­maß der mil­itärischen Krieg­sun­ter­stützung von Frauen lange vergessen, selb­st in der umfan­gre­ichen Geschichtss­chrei­bung zum Zweit­en Weltkrieg wer­den Frauen zumeist nur als Arbei­t­erin­nen in der Kriegsin­dus­trie oder Kranken­schwest­ern porträtiert. Dies ist um so bemerkenswert­er, als wir heute auf fast dreißig Jahre Forschung zum The­ma Geschlecht, Mil­itär und Krieg zurück­blick­en kön­nen und die Ära der Weltkriege zu den am besten erforscht­en Peri­o­den über­haupt gehört. Dieser Befund gilt nicht nur für die deutsche, son­dern ähn­lich auch für die inter­na­tionale Geschichtswis­senschaft. Wie ist die Ver­drän­gung zu erk­lären? Warum fällt es vie­len offen­bar noch heute so schw­er, sich Frauen als Sol­datin­nen vorzustellen?
    Ein Grund hier­für dürfte die Bedeu­tung sein, die dem Recht, im Dien­ste des Staates oder ein­er anderen höheren Macht Waf­fen tra­gen und töten zu dür­fen – oder im Kriegs­fall zu müssen – für die Markierung der Geschlech­ter­dif­feren­zen zukommt. Seit der Antike ist dieses Recht männlich kon­notiert. Die kom­ple­men­täre Rolle der Frauen bestand bis ins frühe 20. Jahrhun­dert hinein vor allem darin, Män­ner zum Kampf zu motivieren, Ver­wun­dete zu pfle­gen und Gefal­l­ene zu betrauern. […]Teil der Demo­bil­isierung in der Nachkriegszeit war in allen kriegs­beteiligten Staat­en eine Poli­tik, die die Vorkriegs­geschlechterord­nung und damit die soziale Sta­bil­ität wieder­her­stellen sollte. Frauen wur­den aus den Armeen ent­lassen und mussten ihre während des Krieges ein­genomme­nen Arbeit­splätze in Indus­trie, Han­del und Ver­wal­tung für die heimkehren­den Vet­er­a­nen frei machen, die wieder alleinige Fam­i­lienernährer wer­den soll­ten. Die 1950er Jahren mit ihrem Wirtschaftswun­der wur­den in West­deutsch­land und anderen Län­dern Wes­teu­ropas dank ein­er entsprechen­den Fam­i­lien­poli­tik zum “gold­e­nen Zeital­ter” des Mod­ells der “Alleinverdiener-Hausfrau”-Familie.

  • Stradi­varis Cel­lo: Oh, Mara! | ZEIT ONLINE — car­olin pirich über eines der berühmtesten cel­los aus der stradi­vari-werk­statt und seinen momen­tan­ten besitzer, chris­t­ian poltéra:

    “Das Mara zu spie­len ist wie mit der Stimme eines anderen zu sprechen”, sagt der neue Part­ner des Mara. “Das dauert ein, zwei Jahre, bis es nach mir klingt.”

  • Social Media: Das Netz bist du! | ZEIT ONLINE — kil­ian troti­er porträtiert den britis­chen anthro­polo­gen daniel miller (und seine forschung), der weltweit die nutzung sozialer net­zw­erke erforscht und schon mal eines fest­gestellt hat: die regionalen nutzung­sun­ter­schiede sind gewaltig.
  • Eine Lanze für bloggende Studierende: Patrick Bah­n­ers zur Causa Mün­kler-Watch | Redak­tions­blog — patrick bah­n­ers legt dar, warum es nicht ganz so abstrus, unver­schämt und ohne vor­bild ist, als bloggende studierende mit einem kri­tis­chen blog anonym bleiben zu wollen. und macht neben­bei eine inter­es­sante anmerkung:

    Heikel für Mün­kler ist, dass einige der ihm zugeschriebe­nen Ein­las­sun­gen, die ihn in keinem guten Licht daste­hen lassen, für Leute, die ihn ken­nen, einen nur allzu glaub­würdi­gen Sound haben.

  • Nachruf auf Odo Mar­quard — Mit Witz zum Denken anre­gen — ein Nachruf auf den Philosophen Odo Mar­quard beim deutsch­landra­dio
  • Gewalt | Schmalenstroer.net — michael schmalen­stroer bringt auf den punkt, warum man bei der darstel­lung von gewalt­täti­gen momenten der geschichte manch­mal sich ein­er sehr krassen sprache (und/oder bilder) bedi­enen muss:

    Wenn Dig­i­tal­Past also bru­tal ist, dann beschw­ert euch bei euren Großel­tern. Weil die bru­tal waren.

  • Streik: Hur­ra, Deutsch­land liegt lahm | ZEIT ONLINE — sehr guter kom­men­tar zum streiken in deutschlnd, unter anderem mit diesem schö­nen und lei­der so abso­lut zutr­e­f­fend­en satz: »Die SPD agiert momen­tan also unge­fähr so sozialdemokratisch wie Ayn Rand beim Rest­posten­verkauf.«
  • The Opera Plat­form — schöne ini­tia­tive:

    Die Opern­plat­tform ist eine Part­ner­schaft zwis­chen Opera Europa, einem 155 Opern und Fest­spiele umfassenden Net­zw­erk, dem Kul­tursender ARTE und 15 Opern­häusern aus ganz Europa. Sie wird vom Pro­gramm Kreatives Europa der Europäis­chen Kom­mis­sion unter­stützt und ist für alle Beiträge offen, die Oper einem bre­it­eren Pub­likum zugänglich machen wollen.

  • Bahn-Streik: Danke, Claus Wesel­sky! — Aug­stein-Kolumne — SPIEGEL ONLINE — sehr richtiger kom­men­tar von jakob aug­stein zur rel­e­vanz des gdl-streiks & warum die deutschen der gdl danken soll­ten

Ins Netz gegangen (19.3.)

Ins Netz gegan­gen am 19.3.:

  • Die zwölf Arbeit­en des Ver­legers | Edit — jan wen­zel charak­erisiert die tätigkeit des ver­legens in 12 arbeit­en und begin­nt mit dem “einkreisen der gegen­wart”, bevor er sich eher pro­sais­chen arbeit­en wid­met

    Die Arbeit des Ver­legers ist vor allem eine Suche. […] Der Wun­sch, die flüchtige Gegen­wart les­bar zu machen, ist sein Antrieb. Die Spur sein­er Such­be­we­gung sind die Büch­er, die entste­hen. Jet­zt und jet­zt und jet­zt.

  • Vorschläge für eine bessere Opern­welt. | Bad Blog Of Musick — moritz eggert macht — ziem­lich ein­fache — vorschläge, wie die opern­welt deutsch­lands bess­er (und vor allem: aktueller) wer­den kön­nte: ein­fach mehr neue opern spie­len — und zwar nicht nur urauf­führun­gen, son­dern auch nach-insze­nierun­gen …

    Gäbe es aber viel Neues, Ver­rück­tes und Exper­i­mentelles in den Opern­häusern zu sehen, so würde man sich auch gerne mal eine Mozartop­er anschauen, die ohne sinnlosen Schnickschnack auskommt und in der sich nie­mand anpis­sen muss. Das wäre dann auch nicht spießig, son­dern lebendi­ge Tra­di­tion in Kom­mu­nika­tion mit dem Neuen. Wenn ich mir die “Mona Lisa” anschaue, so ist es halt die “Mona Lisa”, und das ist auch in Ord­nung so. Ein Doku­ment ein­er bes­timmten Zeit, ein­er bes­timmten Sicht auf die Dinge. Ich muss das nicht zer­stören, son­dern kann es auch so mal ste­hen lassen.
    Es wäre alles so ein­fach.
    Wenn sich nur jemand mal endlich trauen würde, etwas dauer­haft zu ändern.

  • Hei­deg­ger-Lehrstuhl-Stre­it: Rek­tor ver­ste­ht nicht — jür­gen kaube über die “aufre­gung” um die umwid­mung eines lehrstuhls zur junior-pro­fes­sur an der uni freiburg:

    Doch der Rek­tor der Uni­ver­sität Freiburg ver­ste­ht die ganze Aufre­gung nicht. Wir glauben ihm. Er ver­ste­ht es ein­fach nicht, aber genau das ist ja das Prob­lem. An deutschen Uni­ver­sitäten, die dauernd Exzel­lenz beschwören und nach Stan­ford schauen, gibt es zu viel Spitzen­per­son­al, das ein­fach nicht ver­ste­ht, wenn sich andere über die Phrasen aufre­gen, mit denen es seine merk­würdi­gen Entschei­dun­gen deko­ri­ert.

  • BND-Überwachung: Warum schickt der BND der Bun­deswehr abge­hörte Dat­en? | ZEIT ONLINE — es hört nicht auf mit den spi­onageskan­dalen — der bnd scheint wirk­lich kein­er­lei respekt für irgendwelche deutschen geset­ze und gren­zen zu haben:

    Warum gibt der BND der Bun­deswehr abge­hörte Dat­en? Und lässt von ihr Spi­onagemel­dun­gen über­set­zen? Es ist ille­gal

  • Vor­rats­daten­spe­icherung : Ein Schritt zur total­en Überwachung | ZEIT ONLINE — kai bier­mann erin­nert (mal wieder, lei­der aber eben auch mal wieder notwendi­ger­weise) daran, warum eine lück­en­lose überwachung der gesamten bevölkerung mit der vor­radts­daten­spe­icherung keine so gute idee ist:

    Darum aber, die Arbeit der Polizei beque­mer zu machen, darf es nicht gehen. Sicher­heit ist nicht das ober­ste Ziel eines Staates, auch wenn Innen­min­is­ter das gerne behaupten. Wäre es das, würde dieser Staat bald all seine Bürg­er voll­ständig überwachen. Genau um das zu ver­hin­dern, gibt es das Grundge­setz, es ist eine Samm­lung von Abwehrrecht­en, mit denen sich die Bürg­er den Staat vom Leib hal­ten sollen. Und dort ste­ht, die Würde der Men­schen zu schützen und zu erhal­ten, sei die erste Regel.
    […] Kein Anschlag der ver­gan­genen Jahre war im Nach­hinein eine Über­raschung, alle Täter waren bere­its zuvor aufge­fall­en. Für diese Erken­nt­nisse brauchte es keine geset­zliche Vor­rats­daten­spe­icherung.

  • Peter Engstler: Die Frei­heit, langsam zu sein | Frank­furter Rund­schau — sabine vogler hat den wun­der­baren peter engstler und seinen ver­lag besucht und ein schönes porträt eines ide­al­is­ten geschrieben:

    Als Engstler 1986 mit dem Bücherver­legen begann, hat­te er kein­er­lei Finanzkap­i­tal im Hin­ter­grund. Das ist bis heute so. Sein Ein­mann­be­trieb rech­net sich mark­twirtschaftlich nicht. Engstlers Büch­er, nun­mehr knapp 200 und fast alle noch liefer­bar, sind Nis­chen­pro­duk­te: Lyrik, exper­i­mentelle Prosa.
    […] Engstler ist ein Beispiel dafür, dass doch ein richtiges Leben im falschen möglich ist. Ein glück­lich­er Rebell, dem nichts man­gelt. […] Was immer da abläuft, es ist unbezahlbar.

  • ICE-Anbindung Darm­stadts: Knif­flige Über­legun­gen — neue Eisen­bahn­streck­en zu pla­nen kann ganz schön kom­pliziert sein. Hier: ICE in Darm­stadt — hält er oder nicht?

Ins Netz gegangen (17.2.)

Ins Netz gegan­gen am 17.2.:

  • Was man als klein­er Ver­lag so alles mit dem Buch­han­del erlebt | Seit­en­flügel — ein (sehr) klein­er ver­lag über seine erfahrun­gen mit dem hohen “kul­turgut” des deutschen buch­han­dels (und ama­zon zum ver­gle­ich):

    Viele kleine Buch­händler haben keineswegs erkennbar mehr Ver­ständ­nis für kleine Ver­lage. Sie wet­tern zwar her­zlich gern gegen Konz­erne und Monop­o­lis­ten, aber wenn man mit ihnen zu tun hat, ist ihr geschäftlich­er Ego­is­mus oft keinen Deut geringer als bei den Großun­ternehmen.

  • The­ologe Friedrich Wil­helm Graf — “Wir haben Reli­gion notorisch unter­schätzt” — graf, wie meis­tens sehr ver­ständig und klug, in einem sehr lesen-/hörenswerten inter­view mit deutsch­landra­dio über reli­gio­nen, mod­erne und ihre bedeu­tung:

    Ich weiß nicht, warum Beliebigkeit so etwas Schlimmes oder Schlecht­es sein soll. Wir müssen ein­fach mit der Tat­sache klarkom­men und dies akzep­tieren ler­nen, dass in den entschei­den­den Fra­gen unseres Lebens jed­er für sich selb­st oder jede für sich selb­st ver­ant­wortlich ist.

  • René Jacobs: “Ich beste­he auf meinem Recht, kreativ zu sein” — The­ater an der Wien — derStandard.at › Kul­tur — rené jacobs über seine arbeit, den “bar­bi­ere” von gio­van­ni paisiel­lo heute aufzuführen und dem kom­pon­is­ten gerecht zu wer­den:

    Es ist natür­lich gut, wenn man weiß, was ein Auto­graf enthält. Aber Oper war immer ein Work in Progress. Und ich beste­he auf meinem Recht, auch kreativ sein zu dür­fen.

  • Equa­tion Group: Spi­onage­soft­ware der Superla­tive ent­deckt | ZEIT ONLINE — es ist kaum zu glauben: aber es geht immer noch etwas grausiger, wenn nsa & co. im spiel sind

    Sie ver­steckt sich unlöschbar auf Fest­plat­ten und spi­oniert hochrangige Ziele aus: Antiviren­spezial­is­ten ent­deck­en extrem aus­ge­feilte Mal­ware mit Par­al­le­len zu Stuxnet.

  • SZ-Leaks: Schle­ich­wer­bung für Steuer­hin­terziehung | klar und deut­lich -

    Off­shore-Leaks, Lux-Leaks und jet­zt Swiss-Leaks: Die Süd­deutsche Zeitung ist das Stur­mgeschütz des Finan­zamts. Die Redak­tion veröf­fentlicht regelmäßig Infor­ma­tio­nen aus inter­nen Bankun­ter­la­gen, an die sie durch Whistle­blow­er kommt. Was die Zeitung nie erwäh­nt: Dass sie selb­st ihre Leser auf die Steuer­hin­terziehung im Aus­land hingewiesen hat und sich dafür von den Banken bezahlen ließ. Ich war damals in der Redak­tion dafür zuständig. Es war das Jahr 2007, es war mein erster Job nach d…

  • Sam Tay­lor-John­sons „50 Shades of Grey“ in der Kri­tik — ha! (diet­mar dath war im kino):

    Dass freilich das sex­uell Anre­gend­ste an einem Sado­ma­so-Film von 2015 die Kun­st eines seit siebzehn Jahren toten Mafia-Unter­hal­ters ist, spricht Bände über die Tal­sohle der enthemmt-verklemmten Dauer­lust­sim­u­la­tion, in der sich die Massenkul­tur derzeit täglich laut­stark ver­sichert, dass heute ja zum Glück so gut wie nichts mehr ver­boten ist.

  • Klaus Theweleit: “2000 Light Years from Home” (Vor­trag zur Popgeschichte) -

    Vor­trag von Klaus Theweleit unter dem Titel “So tun als gäbe es kein Mor­gen oder: 2000 Light Years from Home”,gehalten am 3. Novem­ber 2011

    — eine art popgeschichte

  • Die Ober­schenkel der Nation | Blog Mag­a­zin — michèle bin­swanger über sportre­porter, frauen­sport und sex­is­mus

    Man kann dem Sportre­porter wohl kaum einen Vor­wurf machen. Schliesslich beste­ht die Haup­tqual­i­fika­tion für diesen Beruf vornehm­lich darin, schwitzende Men­schen danach zu fra­gen, wie sie sich jet­zt fühlen.

  • Inter­view mit Opern-Gram­my-Gewin­ner Burkhard Schmil­gun — das (eher kleine) osnabrück­er label hat einen gram­my gewon­nen — für die ein­spielung ein­er weit­ge­hend vergesse­nen char­p­en­tier-oper:

    Nie­mand hat uns Bescheid gesagt. Auch der Diri­gent und der Kün­stler nicht, die die Ausze­ich­nung offen­bar in klein­er Gruppe in Los Ange­les ent­ge­gen genom­men haben.

  • Die Inte­gra­tion läuft deut­lich bess­er als ver­mutet — Süddeutsche.de — felix stephan in der sz:

    Inte­gra­tion wird immer noch dann als gescheit­ert betra­chtet, wenn am Ende etwas anderes als ein zweites Mün­ster her­auskommt.[…] In den mod­er­nen Metropolen gebe es eigentlich nur eine Gruppe, die sich eine eth­nis­che Seg­re­ga­tion leis­ten könne, so El-Mafaalani: die Wohlhaben­den.

  • Fast­nacht in Mainz: Frauen sind auf den när­rischen Büh­nen Man­gel­ware — Vere­ine wagen sich an Erk­lärungsver­suche — All­ge­meine Zeitung — die mainz­er az über die rolle der frauen in der mainz­er fast­nacht — und die zähigkeit, mit der sie sich im sch­neck­en­tem­po ändert:

    Nach­dem der MCC seine Komi­tee­terin präsen­tiert habe, seien die Frauen eines anderen großen Vere­ins auf die Bar­rikaden gegan­gen, da diese dort auch im Komi­tee sitzen woll­ten. „Woraufhin uns die Män­ner dieses Vere­ins verärg­ert gefragt haben, wie wir damit nur anfan­gen kon­nten“, berichtet er.

    (gibt noch mehr schöne beispiele für sex­is­mus im text .…

  • Open Access? Veröf­fentlichen unter Auss­chluss der Öffentlichkeit — Taschw­er forscht nach — derStandard.at -

    So wird open access zum finan­cial excess: Um sich als Autor ein­er Buchbe­sprechung für eine Fachzeitschrift das Recht zu erwirken, die Rezen­sion online stellen zu dür­fen, ver­langt Wiley-VCH schlanke 2500 Euro vom Rezensen­ten.

Ins Netz gegangen (12.10.)

Ins Netz gegan­gen am 12.10.:

  • Lit­er­atur-Nobel­preis: Georg Diez über Patrick Modi­ano und Lutz Seil­er — SPIEGEL ONLINE — georg diez hadert mit dem “ästhetis­chen und strukurellen kon­ser­vatismus der buch­branche”:

    Das ist der Hin­ter­grund, vor dem der ästhetis­che Kon­ser­vatismus eines Romans wie “Kru­so” zele­bri­ert wird und erk­lär­bar wird: der dig­i­tale, wirtschaftliche, möglicher­weise auch poli­tis­che Epochen­bruch. Dieser Roman, der Roman an sich, so wie er ger­ade definiert wird, ist damit vor allem eine Schutzbe­haup­tung der Erin­nerung.

  • Peter Kurzeck: Der Mann, der immer gear­beit­et hat — der stroem­feld-ver­lag wird/will wohl alles, was kurzeck hin­ter­lassen hat, zu geld machen. bei einem autor, der der­maßen fast man­isch kor­rigierte und verbesserte bis zum schluss, halte ich frag­ment-aus­gaben ja nur für mäßig sin­nvoll (und es ist ja nicht so, als gäbe es nicht genug kurzeck zu lesen …). aber trotz­dem freue ich mich und bin ges­pan­nt, was da noch kommt in den näch­sten jahren

    Und dann sind da noch die Notizzettel, die Kurzeck zu Mate­ri­al­samm­lun­gen zusam­mengestellt hat, mit Titeln wie „Staufen­berg II“ und „Staufen­berg III“. Sie dien­ten ihm zur Arbeit an „Kein Früh­ling“ und „Vor­abend“, zeigen aber auch, dass „Ein Som­mer, der bleibt“, das erste der erfol­gre­ichen Erzähl-Hör­büch­er, die Kurzeck seit 2007 ein­sprach, schriftliche Vorstufen gehabt hat. Mit­ten­drin ein Notizzettel, der wie der Anfang von allem anmutet: „Das Dorf ste­ht auf einem Basalt­felsen eh + je. Jet­zt soll es das Dorf wer­den (sein) + liegt unerr­e­ich­bar im Jahr 1947, im Abend.“ Unerr­e­ich­bar. Das Ver­gan­gene wieder erre­ich­bar zu machen, hat Kurzeck bis zulet­zt ver­sucht. Losse erin­nert sich an eine Bemerkung des Autors im Frank­furter Kranken­haus: „Wir hät­ten noch mehr arbeit­en müssen.“ An der Präsen­ta­tion dessen, was fer­tig gewor­den ist, arbeit­et Kurzecks Ver­lag.

  • Schat­ten­bib­lio­theken: Pira­terie oder Notwendigkeit? — sehr span­nend: In gewalti­gen, frei zugänglichen Online-Daten­banken ver­bre­it­en anonyme Betreiber wis­senschaftliche Lit­er­atur, ohne Beach­tung des Urhe­ber­recht­es. Doch die dig­i­tal­en Samm­lun­gen sind nicht nur Pira­terie, sie weisen auch auf große Ver­säum­nisse der Wis­senschaftsver­lage hin – sagt der ungarische Pira­terie-Forsch­er Balázs Bodó. Im Inter­view mit der Jour­nal­istin Miri­am Ruhen­stroth erk­lärt er, wieso die Schat­ten­bib­lio­theken in Ost- und Mit­teluropa so gefragt sind und wie das Prob­lem zu lösen wäre.
  • Mar­i­hua­na: Die selt­same Ver­fol­gung der nüchter­nen Kif­fer | ZEIT ONLINE -

    Wer kifft, gefährdet den Straßen­verkehr. Auch ohne Rausch, jed­erzeit. Das glauben zumin­d­est Behör­den. Sie entziehen selb­st nüchter­nen Taxikun­den den Führerschein. […] Behör­den haben anscheinend Gefall­en daran gefun­den, über den Umweg des Ver­wal­tungsrechts, eigen­mächtig ein biss­chen für Ord­nung unter Cannabis-Kon­sumenten zu sor­gen.

  • xkcd: The Sake of Argu­ment — xkcd über’s Argu­men­tieren: The Sake of Argu­ment
  • Adobe is Spy­ing on Users, Col­lect­ing Data on Their eBook Libraries — The Dig­i­tal Read­er — adobe spi­oniert mit dig­i­tal edi­tions 4 die nutzer aus: im klar­text (!) wer­den nicht nurin de4 geöffnete büch­er mit ihren meta­dat­en und denen der leserin über­tra­gen, son­dern de4 durch­sucht auch ohne sich das genehmi­gen zu lassen den gesamten com­put­er nach irgendwelchen ebooks (auch solchen, die nicht in de4 benutzt wer­den), um deren dat­en eben­falls an adobe zu senden. grausam.
  • Ego­is­tis­che Zweisamkeit: Ersatzre­li­gion Liebe — Men­schen — FAZ — markus gün­ther über die “ersatzre­li­gion liebe”, die sich in let­zter zeit immer mehr aus­bre­it­et (und abso­lut set­zt):

    Zu den Kol­lat­er­alschä­den der Ersatzre­li­gion Liebe gehören aber auch die vie­len Men­schen, die allein sind. Ihr Leben wird als defiz­itär wahrgenom­men. Man ver­mutet, dass etwas mit ihnen nicht stimmt. Dass jemand frei­willig einen anderen als den Weg in die Part­ner­schaft geht, ist schlech­ter­d­ings unver­ständlich. Dass jemand einen geeigneten Part­ner nicht gefun­den hat, gilt als sein ganz per­sön­lich­es Ver­sagen. So oder so, er hat von sein­er Umwelt besten­falls Mitleid zu erwarten.
    […] Ist der Mythos Liebe nicht wenig­stens dafür gut, den Men­schen aus seinem Ego­is­mus her­auszuführen? Ist die Sehn­sucht nach Part­ner­schaft nicht immer noch bess­er als die Selb­st­sucht? Die Antwort lautet: Diese Art der Liebe ist nur schein­bar eine Über­win­dung der eige­nen Gren­zen. In Wahrheit han­delt es sich um eine Fort­set­zung der Ich-Bezo­gen­heit mit anderen Mit­teln, denn die Triebkraft, die wirkt, ist ja, wenn man ehrlich ist, gar nicht der Wun­sch zu lieben, son­dern der, geliebt zu wer­den.

  • Deutsch­er His­torik­ertag: Die These vom Son­der­weg war ja selb­st ein­er — jür­gen kaube berichtet sehr lau­nig, pointiert (und mit gemeinen, natür­lich abso­lut fehlgeleit­eten seit­en­hieben gegen die ger­man­is­tik …) vom göt­tinger his­torik­ertag:

    Man kann ver­mut­lich lange warten, bis zum ersten Mal ein Banki­er, eine Schrift­stel­lerin oder ein Aus­län­der den His­torik­ertag eröffnet.

    Wäre es nicht an der Zeit, ein­mal zum The­ma „Ver­gan­gen­heit“ zu tagen?

    Eine sin­nvolle Ein­heit dessen, was die His­torik­er tun, die sich durch alle ihre Forschun­gen zöge, gibt es nicht. Und wenn die Göt­tinger Stich­probe nicht täuschte, dann gibt es nicht ein­mal Hauptlin­ien oder Trends.

  • Wilder Kaiser extreme on Vimeo — wohl das ver­rück­teste video, das ich in let­zter zeit sah (fahrrad­fahren kann man diesen stunt allerd­ings kaum noch nen­nen. und vernün­ftig ist natür­lich auch etwas ganz anderes …)
  • Auswüchse des Regi­ethe­aters: Oper der Beliebigkeit­en — Bühne Nachricht­en — NZZ.ch — der musik­wis­senschaftler lau­renz lüt­teken rech­net mit dem regi­ethe­ater aktueller prä­gung auf der opern­bühne ab:

    Denn die landläu­fige Behaup­tung, dass man etwas heute «so» nicht mehr machen könne, ist nicht nur tele­ol­o­gis­ch­er Unfug, sie ist überdies unlauter. In den Opern­häusern regiert näm­lich ein unange­focht­en­er Kanon, der weitaus fes­ter zemen­tiert ist als noch vor fün­fzig Jahren. So spricht gewiss nichts dage­gen, den Anteil neuer Werke zu erhöhen, aber es ist mehr als frag­würdig, die alten Werke mit immer neuen Bildern ver­meintlich «mod­ern» zu machen und sich damit behaglich im Kanon einzuricht­en. Zudem hat der Mod­erne-Begriff, der hier bedi­ent wird – das «Ver­störende», «Provozierende», «Bestürzende» –, inzwis­chen selb­st so viel Pati­na ange­set­zt, dass man ihn get­rost in die Geschichte ent­lassen sollte.

    ich bin dur­chaus geneigt, ihm da zumin­d­est in teilen zuzus­tim­men: die regie hat sich oft genug verselb­ständigt (auch wenn ich eine tota­l­ablehnung, die ich bei ihm zwis­chen den zeilen lese, nicht befür­worte). dage­gen führt er an:

    Die his­torische Ver­ant­wor­tung im Umgang mit Tex­ten der Ver­gan­gen­heit ist nichts Ent­behrlich­es, sie ist auch nicht, wie so oft behauptet, ein Relikt alt­modis­chen Philolo­gen­tums, zumal das Argu­ment für die Musik nicht gel­tend gemacht wird. Was aber nützt eine kri­tis­che Aus­gabe des «Don Gio­van­ni», wenn die Szener­ie kurz­er­hand (wie in Linz) von Sex and Crime der Pop-Stars erzählt? Texte, Par­ti­turen der Ver­gan­gen­heit bedür­fen vielmehr ein­er beson­deren Sen­si­bil­ität, denn erst, wenn es gelingt, im Ver­gan­genen das Gegen­wär­tige aufzus­püren (statt die Gegen­wart dem His­torischen ein­fach nur überzustülpen), kann sich der Rang eines Kunst­werks, auch eines musikalis­chen Büh­nenkunst­werks, bewähren.

    sein argu­ment übri­gens, statt immer wieder das selbe neu aufzufrischen öfters mal neues zu spie­len, würde ich unbe­d­ingt gerne ver­wirk­licht sehen — ich ver­ste­he die reper­toire-fix­ierung der oper eh’ nicht so ganz (die ja auch gewis­ser­maßen unhis­torisch ist — “die ent­führung aus dem serail” beispiel­sweise war kaum dazu gedacht, heute noch aufge­führt zu wer­den …)

Ins Netz gegangen (21.7.)

Ins Netz gegan­gen am 21.7.:

  • Zeit­genös­sis­che Oper: “Aua, aua – Schme-e-erzen!” | ZEIT ONLINE — christi­nen lemke-matwey reka­pit­uliert die opern-urauf­führun­gen der let­zten monate — und die sit­u­a­tion des zeit­genös­sis­chen musik­the­aters über­haupt:

    Die Oper bleibt, was sie immer war, träge, kuli­nar­isch, teuer, selb­stver­liebt – und die Kom­pon­is­ten, auch die, die ihr abgeschworen haben, ver­sam­meln sich halb reumütig, halb blauäugig in ihrem war­men Schoß.

    nicht ohne hoff­nung, aber so richtig begeis­tert scheint sie auch nicht zu sein — und auch keine idee zu haben, was eine (neue) begeis­terung aus­lösen kön­nte:

    Man mag es schlimm find­en oder nicht, wenn die Men­schen nicht mehr in Mozarts Zauber­flöte oder Bizets Car­men gin­gen; richtig schlimm, ja ver­heerend wäre es, wenn es keine rit­uellen Orte mehr gäbe, an denen sich eine Gemein­schaft über ihre Emo­tio­nen und Affek­te ver­ständigte, ohne immer gle­ich darüber reden zu müssen, ein­er Sek­te beizutreten oder ins näch­ste Fußball­sta­dion zu ren­nen. Orte für Musik, Orte für Augen, Ohren und Sinne, Opern­häuser eben.

    (ich wüsste ja nur gern ein­mal, ob das wirk­lich stimmt, dass “derzeit so viele [neue Stücke] wie noch nie” entste­hen — zahlen und ver­gle­iche nen­nt sie lei­der keine …)

  • Uwe John­son: Daheim in der Par­al­lel­welt | ZEIT ONLINE — jan brandt schießt in sein­er begeis­terung für uwe john­son, der gestern 80 jahre alt gewor­den wäre, ein wenig übers ziel hin­aus:

    Dabei war John­son der inno­v­a­tivste, radikalste, man­is­chste deutsche Nachkriegsautor.

    trotz­dem aber eine gelun­gene und richtige und notwendi­ge hom­mage an einen großen autor

  • Klas­sen­ge­sellschaft: Standes­gemäß | Kar­riere | ZEIT ONLINE — die “Zeit” zeigt schöne und inter­es­sante (porträt-)fotos aus der weimar­er repub­lik:

    Der Fotograf August Sander hat die Stän­dege­sellschaft der Weimar­er Repub­lik porträtiert. Er fotografierte die Men­schen in ihrer typ­is­chen Umge­bung, mit charak­ter­is­tis­ch­er Klei­dung oder in typ­is­ch­er Hal­tung.

    (von “Stän­dege­sellschaft” würde ich zwar nicht sprechen, aber seis drum …)

  • IASLon­line NetArt: Geschichte der Com­put­erkun­st Inhaltsverze­ich­nis — thomas dreher hat eine “Geschichte der Com­put­erkun­st” geschrieben und passend im netz veröf­fentlicht:

    Nach fünf Jahrzehn­ten Com­put­erkun­st sind aus­führlichere Rekon­struk­tio­nen der his­torischen Entwick­lungslin­ien des Ein­satzes von Rech­n­ern und Rechen­prozessen in kün­st­lerischen Pro­jek­ten fäl­lig, um Com­put­erkun­st als eigen­ständi­gen Bere­ich der Medi­enkun­st erken­nen zu kön­nen.

  • Kolumne Luft und Liebe: So crazy wie gold­ene Leg­gins — taz.de -

    Nein, ver­mut­lich hil­ft die „x“-Endung nicht im Nahostkon­flikt. Vielle­icht löst sie über­haupt ganz wenig und wird schon bald durch irgend­was mit „y“ abgelöst. Men­schen, die sich an Babyspinat-Man­gold-Smooth­ies gewöh­nen, wer­den sich mit der Zeit auch an neue Sprach­for­men gewöh­nen. Men­schen, die ver­suchen, ein­er Wis­senschaft­lerin zu erk­lären, was sie vor geschätzten 37 Jahren in der Schule gel­ernt haben, von jeman­dem, der 20 Jahre vorher Biolo­gie auf Lehramt studiert hat: schwierig.

  • Sym­bol­ge­halt ǀ Wir sind wieder wer anders — der Fre­itag — georg seeßlen über fußball, poli­tik, nation, sym­bol und ver­w­er­tungszusam­men­hänge:

    Ein Fußball­spiel hat keine poli­tis­che Botschaft, so wenig wie die Frisur eines Bun­de­strain­ers einen kul­turgeschichtlichen Wen­depunkt markiert. Die poli­tis­che Metaphorik wird erst danach pro­duziert. Je nach Bedarf. Je nach Inter­esse. Je nach Ein­fluss. Wie schön wäre es, wieder ein­mal sagen zu kön­nen, gewon­nen hät­ten ein­fach diejeni­gen, die an dem ein oder anderen Tag am besten Fußball gespielt haben. Ein schönes Spiel sei ein schönes Spiel. Und son­st nichts. Aber das ist eben das Kreuz mit den Real­itätsmod­ellen. Sie ver­lieren ihre eigene Real­ität. Wie viel Wahrheit ist noch auf dem Platz, wenn die Macht der Inszena­toren und Prof­i­teure ins Uner­messliche geht?

  • Berlin­er Phil­har­moniker Record­ings: Im Leinen-Schmuck­pack samt Blu-ray | Musik — Berlin­er Zeitung — Inter­es­sant, wie tiefge­hend man Klas­sikkri­tik­er mit ein­er außergewöhn­lichen CD-Ver­pack­ung irri­tieren & ver­stören kann

Ins Netz gegangen (27.5.)

Ins Netz gegan­gen (25.5. — 27.5.):

  • 08. Michon und die Fak­tiz­ität des Fik­tionalen | Geschichte wird gemacht — Achim Landwehr denkt über die Fak­tiz­ität des Fik­tionalen nach — und über das “Prob­lem” der Tren­nung dieser bei­den Bere­iche:

    Die Wahrheit der Fik­tion ist abso­lut. Ein solch­er Grad an Wirk­lichkeitsverdich­tung lässt sich nicht ein­mal in der total­itärsten aller Dik­taturen erre­ichen. … Die Frage danach, wer oder was denn nun Geschichte macht, lässt sich erwartungs­gemäß auch nicht mit Blick auf die Fik­tion let­zt­gültig beant­worten. Aber wie auch immer die Antwort aus­fall­en sollte, die fik­tiv­en Geschicht­en und Fig­uren dür­fen dabei nicht vergessen wer­den.

    Inter­es­sant wird es dann, wenn die unter­schiedlichen Sphären der Wirk­lichkeit, die fak­tis­chen und die fik­tionalen, miteinan­der in Kon­takt treten und sich über­schnei­den. Denn die Fik­tio­nen sind beständig dabei, unsere Wirk­lichkeit zu verän­dern und zu infizieren: Nicht nur kommt die nicht-fik­tionale Welt in der fik­tionalen vor, eben­so wer­den fik­tionale Deu­tungsange­bote in unsere außer­fik­tionalen Lebens- und Wel­tentwürfe importiert.

  • Liebe in Wag­n­ers Opern: Was weiß Brünnhilde? | ZEIT ONLINE — Slavoj Zizek zu Wag­n­ers Opern, mit ein­er inter­es­san­ten The­o­rie (bei der ich mir nicht sich­er bin, ob sie nicht doch einiges zu viel außen vor lässt, um stim­mig sein zu kön­nen …):

    So para­dox dies klin­gen mag, sollte man fol­glich die übliche Sichtweise, beim Ring han­dle es sich um ein Epos des hero­is­chen Hei­den­tums (da seine Göt­ter nordisch-hei­d­nis­che sind), während der Par­si­fal für Wag­n­ers Chris­tian­isierung stünde, für seinen Kniefall vorm Kreuz (um mit Niet­zsche zu sprechen), umkehren: Es ist vielmehr der Ring, in dem Wag­n­er dem christlichen Glauben am näch­sten kommt, während Par­si­fal, höchst unchristlich, eine obszöne Rück­über­set­zung des Chris­ten­tums in das hei­d­nis­che Rit­u­al ein­er zyk­lis­chen Erneuerung der Frucht­barkeit durch die Wieder­erlan­gung des Königs insze­niert. Oft wird der – vielle­icht ja allzu offen­sichtliche – Umstand überse­hen, dass Wag­n­ers Ring das ulti­ma­tive paulin­is­che Kunst­werk darstellt: Sein zen­trales The­ma ist das Scheit­ern der Herrschaft des Geset­zes; und die Ver­lagerung, die die innere Span­nweite des Rings am besten zum Aus­druck bringt, ist die Ver­lagerung vom Gesetz auf die Liebe.

    Gegen Ende der Göt­ter­däm­merung geschieht mithin Fol­gen­des: Wag­n­er über­windet seine eigene, “heidnisch”-feuerbachsche Ide­olo­gie der (hetero-)sexuellen Paares­liebe als des Par­a­dig­mas der Liebe. Brünnhildes let­zte Ver­wand­lung ist die von Eros zu Agape, von der ero­tis­chen Liebe zur poli­tis­chen Liebe. Der Eros kann das Gesetz nicht wirk­lich über­winden: Er kann lediglich in punk­tueller Heftigkeit ent­flam­men, als die momen­tane Über­schre­itung des Geset­zes, Sieg­munds und Sieglin­des Feuer gle­ich, das sich sofort selb­st verzehrt. Agape hinge­gen ist das, was bleibt, nach­dem wir die Kon­se­quen­zen aus dem Scheit­ern des Eros gezo­gen haben.

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