Lesen. Hören. Und ein bisschen schreiben.

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spinnennetz vor natur

Ins Netz gegangen (19.7.)

Ins Netz gegan­gen am 19.7.:

  • Eine Welt jen­seits von Face­book: Auf der Suche nach Alter­na­ti­ven zum digi­ta­len Kapi­ta­lis­mus | Ber­li­ner Gazet­te → geert lovink über sozia­le netz­wer­ke, offe­ne net­ze und alternativen …
  • Das Luther­jahr soll­te ein gro­ßer Erfolg wer­den, doch die Besu­cher blei­ben aus | FAZ → der faz ist auf­ge­fal­len, dass zwi­schen pla­nung und wirk­lich­keit der besu­cher­strö­me ein unter­schied besteht – luther allei­ne scheint nicht über­all die mas­sen zu locken (da er aber ja über­all ist, sind es wohl doch recht viele …)
  • „Es ist eine ande­re Welt gewor­den“ | Zeit → inter­es­san­tes inter­view – gera­de in sei­ner rela­ti­ven unspek­ta­ku­lärt­heit – mit mar­kus hin­ter­häu­ser, dem inten­dan­ten der salz­bur­ger festspiele
  • Die fal­schen Ver­hei­ßun­gen der E‑Mobilität | Blät­ter für deut­sche und inter­na­tio­na­le Poli­tik → über die not­wen­dig­keit einer mobi­li­tärs-revo­lu­ti­on – die wen­de vom ver­bren­nungs- zum e‑motor reicht da näm­lich bei wei­tem nicht aus …

    Es bedarf nicht pri­mär einer tech­no­lo­gi­schen Erneue­rung des bestehen­den auto­do­mi­nier­ten Indi­vi­du­al­ver­kehrs, son­dern einer umfas­sen­den Mobi­li­täts­wen­de. Deren Ziel muss sein, den öffent­li­chen und schie­nen­ge­bun­de­nen Ver­kehr zu stär­ken, die Fahr­rad­in­fra­struk­tur aus­zu­bau­en und das Ver­kehrs­auf­kom­men radi­kal zu ver­rin­gern – und zwar auf den Stra­ßen und in der Luft. Die fos­si­len Antriebs­ag­gre­ga­te müs­sen zum Aus­lauf­mo­dell wer­den und nur der unbe­dingt nöti­ge Bedarf an indi­vi­du­el­len Auto­mo­bi­len soll­te auf eine elek­tri­sche Basis gestellt wer­den. Nur auf die­se Wei­se könn­ten die gegen­wär­ti­gen Ansät­ze einer Ver­kehrs­wen­de zu einer umfas­sen­den Mobi­li­täts­wen­de wei­ter­ent­wi­ckelt wer­den. […] Letzt­lich brau­chen wir eher eine Revo­lu­ti­on als eine Wen­de: Wir müs­sen das Auto­mo­bil als zen­tra­les Sym­bol für Fort­schritt und sozia­len Sta­tus wie auch für indi­vi­du­el­le Frei­heit ent­thro­nen – auf der Stra­ße, aber auch in unse­ren Köpfen.

  • In guter Ord­nung, aber schlech­ter Ver­fas­sung | FAZ → micha­el kno­che weist in dar­auf hin, dass deutsch­land sein kul­tu­rel­les erbe der (gedruck­ten) bücher seit lan­gem arg ver­nach­läs­sigt … (auch in der faz darf man also für die digi­ta­li­sie­rung sein ;-) …)

    Wis­sen­schaft und Gesell­schaft brau­chen bei­des, das Ori­gi­nal und das Digi­ta­li­sat. Aber weder mit der Bewah­rung der Ori­gi­na­le noch mit der Digi­ta­li­sie­rung der his­to­ri­schen Buch­be­stän­de geht es in Deutsch­land recht vor­an. Dabei müss­te die Siche­rung der schrift­li­chen Über­lie­fe­rung auf der kul­tur­po­li­ti­schen Agen­da ganz oben ste­hen. Ziel müss­te sein, das Gros der alten Bestän­de in Biblio­the­ken und Archi­ven zugleich zu erhal­ten und digi­tal ver­füg­bar zu machen, natür­lich in klug abge­stimm­ter Weise.

    Bei­de Aspek­te lie­ßen sich fabel­haft mit­ein­an­der kom­bi­nie­ren, wenn ent­spre­chen­de För­der­mit­tel zur Ver­fü­gung stün­den: Was digi­ta­li­siert wird, soll­te zugleich kon­ser­va­to­risch gesi­chert wer­den. Was gesi­chert ist, wird auch digi­ta­li­siert. Das Prin­zip lau­tet: Kon­ver­si­on nicht ohne Konservierung. 

  • Mys­tery of Greek Amphitheater’s Ama­zing Sound Final­ly Sol­ved | Live Sci­ence → wie­der ein rät­sel gelöst: die phä­no­me­na­le akus­tik des thea­ters von epi­dau­ros liegt an den materialien … 
netz mit fisch (unsplash.com)

Ins Netz gegangen (4.12.)

Ins Netz gegan­gen am 4.12.:

Bayreuth-Notizen 2016

Eine gan­ze Woche war ich die­ses Jahr in Bay­reuth bei den Bay­reu­ther Fest­spie­len. Eine vol­le Ladung Wag­ner also: Den kom­plet­ten Ring und den Par­si­fal konn­te ich sehen und hören, dazu noch die Vil­la Wahn­fried und das dor­ti­ge Richard-Wag­ner-Muse­um. Damit ist mein Bedarf fürs Ers­te mal wie­der gedeckt …

Aber es war eine tol­le Erfah­rung, nach mei­ner bis­he­ri­gen ein­ma­li­gen Stipp­vi­si­te (wo ich nur zu einer Vor­stel­lung kam und direkt danach in der Nacht wie­der nach Hau­se fuhr) mal die Fest­spie­le so rich­tig zu erle­ben. Naja, was eben so rich­tig heißt … Bei mir hieß das: An- und Abrei­se mit dem Zug (hin hat das wun­der­bar rei­bungs­los geklappt, zurück war lei­der der ers­te Zug ab Bay­reuth so ver­spä­tet, dass ich mei­ne Anschlüs­se nicht mehr schaff­te), Über­nach­tun­gen in der Jugend­her­ber­ge, die Fest­spiel­haus­be­su­che ver­gleichs­wei­se under­dres­sed (kei­ne klas­si­sche Abend­gar­de­ro­be …), dafür aber auch ver­gleichs­wei­se bil­li­ge Plät­ze im Balkon.

Der Auf­ent­halt in der Jugend­her­ber­ge, die nicht mehr ganz heu­ti­gen Ansprü­chen ent­spricht (etwa: kei­ne Schrän­ke im Zim­mer, nur Spin­de auf dem Flur; eine Dusche pro Flur für ca. 30 Bet­ten …), deren Nach­fol­ger direkt neben­an aber schon in Bau ist und im nächs­ten Früh­jahr in Betrieb gehen soll, hat­te zwar klei­ne­re Kom­fort­ein­bu­ßen zur Fol­ge, aber dafür einen gro­ßen Vor­teil: Ich traf gleich dort eini­ge ande­re Wag­ne­ria­ner. Genau­er gesagt: Einen Eng­län­der, einen Japa­ner, einen Rus­sen und einen Luxem­bur­ger, die (fast) alle im Gegen­satz zu mir wesent­lich über­zeug­te­re Wag­ne­ria­ner (und Lieb­ha­ber der Oper des 19. Jahr­hun­derts über­haupt) waren. Die kos­mo­po­li­ti­sche Zusam­men­set­zung unse­res klei­nen Trupps führ­te dazu, dass ich zwar Wer­ke des viel­leicht deut­sches­ten aller deut­schen Kom­po­nis­ten hör­te und sah, sonst aber nahe­zu aus­schließ­lich eng­lisch rede­te (und zum Schluss auch schon dach­te). Eine sehr inter­es­san­te und sehr berei­chern­de Erfah­rung war es auf jeden Fall.

Aber zur Haupt­sa­che: Der Ring also. Die Insze­nie­rung von Frank Cas­torf hat ja nun schon eini­ge Jah­re auf dem Buckel. Belieb­ter gewor­den ist sie dadurch beim Bay­reu­ther Publi­kum nicht gera­de. Das ist auch nicht nur Reflex und Faul­heit, son­dern liegt – ver­mu­te ich – zumin­dest teil­wei­se an der Insze­nie­rung selbst. Cas­torf hat näm­lich, könn­te man sagen, ein­fach sei­ne bewähr­te Thea­ter­me­tho­de der Dra­ma­ti­sie­rung gro­ßer Roma­ne auf den Ring des Nibe­lun­gen ange­wandt. Das funk­tio­niert aber nur so halb­wegs, es kracht an allen Ecken und Enden. Zum einen hat er für mich kei­ne Idee, was der gesam­te Ring eigent­lich soll und (bedeu­ten) will. Zumin­dest kei­ne erkenn­bar. Ja, es gibt das Motiv des Öls, das irgend­wie das neue Rhein­gold ist (gera­de im Rhein­gold_​wird das recht stark gemacht). Aber das bleibt eine Idee unter vie­len, die nicht kon­se­quent umge­setzt ist und in der Göt­ter­däm­me­rung nur noch eine fer­ne Erin­ne­rung ist. (Zumal ist die Idee auch zwan­zig bis vier­zig Jah­re zu spät – heu­te ist Öl ja nicht (mehr) unbe­dingt das wert­volls­te, da sind Daten inzwi­schen viel wichtiger …)

Mein Pro­blem mit der Cas­torf-Insze­nie­rung als Gan­zer war aber – neben vie­len, vie­len Details, die mir ver­schlos­sen blie­ben – ein Grund­sätz­li­ches: Mir scheint, Cas­torf hat nicht das Musik­thea­ter­werk insze­niert, son­dern den Text gele­sen und damit gear­bei­tet. Zwi­schen Musik und Büh­ne gibt es eigent­lich kei­ner­lei Ver­bin­dung (dass der Diri­gent Mar­ke Janow­ski die Insze­nie­rung für Unsinn hält, mag da mit eine Rol­le spie­len). Vor allem aber passt mei­nes Erach­tens das Thea­ter­kon­zept Cas­torfs (das an sich durch­aus sehr inter­es­sant ist!) nicht zum Wag­ner­schen Musik­thea­ter. Die Büh­nen­bil­der, die Aktio­nen und vor allem die Vide­os, die nicht nur Live-Über­tra­gun­gen des Büh­nen­ge­sche­hens, son­dern auch vor­fa­bri­zier­te Ein­spie­ler sind, dazu das Orches­ter, die Sän­ger und Sän­ge­rin­nen und der Text: Das alles auf ein­mal lässt sich nicht ver­ar­bei­ten, geschwei­ge denn deu­tend ent­schlüs­seln. Ich befand mit im per­ma­nen­ten Über­for­de­rungs­mo­dus, der Über­fluss an Zei­chen und Bedeu­tun­gen führ­te zur Kapitulation …

So span­nend das in eini­gen Momen­ten ist, so groß­ar­tig die Büh­nen­bil­der sind – so rich­tig auf­neh­men und genie­ßen konn­te ich das nicht. Zumin­dest nicht beim ers­ten Sehen und Hören. Das Hören war lei­der auch nicht eines, das mich zu abso­lu­ten Begeis­te­rungs­tür­men hin­ris­se. Ja, die Qua­li­tät aller Betei­lig­ten ist hoch. Aber Janow­skis Diri­gat zün­de­te für mich nicht so rich­tig toll. Das lag zum einen an der bereits ange­spro­che­nen Diver­genz zwi­schen Büh­ne und Musik, zum ande­ren an einem selt­sa­men Phä­no­men: An jedem Abend begann Janow­ski recht schwach, stei­ger­te sich aber zum Schluss hin regel­mä­ßig. Und viel­leicht auch vom Rhein­gold zur Göt­ter­däm­me­rung hin noch ein­mal. Am stärks­ten ist es mir im Sieg­fried auf­ge­fal­len: Der Anfang bis unge­fähr zur Mit­te des zwei­ten Aktes klang sehr nach über­leg­ter, fei­ner, um Details und vor­sich­tig-zurück­ge­nom­me­ne Fein­heit und Balan­ce bemüh­ter Orches­ter­ar­beit, die es auch den Sän­gern sehr leicht machen woll­te. Irgend­wann schien er aber davon genug zu haben und gab sich der Emo­tio­na­li­tät und der Über­wäl­ti­gungs­kraft der Wag­ner­schen Musik hin, als hät­te er sich gesagt: Na gut, dann lasst uns halt mal Spaß haben …

Der Par­si­fal dage­gen, die dies­jäh­ri­ge Neu­in­sze­nie­rung des Wies­ba­de­ner Inten­dan­ten Uwe-Eric Lau­fen­berg, war ein ganz ande­res Erleb­nis. Musi­ka­lisch ließ er, das heißt vor allem: der ein­ge­sprun­ge­ne Diri­gent Hart­mut Haen­chen, (fast) nichts zu wün­schen übrig, das war eine aus­ge­spro­chen strin­gen­te, (auch zügi­ge), gut ent­wi­ckel­te und span­nen­de Arbeit, die er und das Orches­ter ablie­fer­ten. Zumal die voka­le Beset­zung auch aus­ge­spro­chen fein war: Der wirk­lich rund­um groß­ar­ti­ge, wun­der­ba­re, herr­li­che Georg Zep­pe­n­feld als Gurn­emanz, der sehr gute, jugend­lich-star­ke Klaus Flo­ri­an Vogt als Par­si­fal und eben­falls auf höchs­tem Niveau begeis­tern­de Kundry von Ele­na Pankratova.

Die Insze­nie­rung Lau­fen­bergs hat mich, wenn ich es auf einen Punkt brin­gen müss­te, eher gelang­weilt – weil sie mich kaum her­aus­ge­for­dert hat, son­dern eher zu deut­lich und zu pla­ka­tiv ihre Posi­tio­nen zeig­te. Lau­fen­berg hat ja im Vor­feld kaum eine Gele­gen­heit aus­ge­las­sen, allen zu ver­kün­den, wie groß­ar­tig sein Kon­zept sei. Das besteht im Grun­de aus der Idee, der Par­si­fal sei eine Kri­tik aller Reli­gio­nen. Das ist natür­lich so ein­fach Unsinn und führ­te zu eini­gen kurio­sen Sze­nen auf der Büh­ne. Vor allem pas­sier­te auf der Büh­ne aber immer wie­der das: Lau­fen­berg, so nahm ich es wahr, hat­te eine Idee für ein schö­nes Bild, ein Tableau. Dann hat er das etwas poli­tisch-reli­gi­ons­kri­tisch auf­ge­la­den. Und fer­tig ist die Par­si­fal-Insze­nie­rung (ok, das ist jetzt etwas arg pole­misch). Aber so man­ches Gesche­hen konn­te ich mir nur so erklä­ren. Und so man­ches wird unfass­bar pla­ka­tiv und kit­schig. Und so man­ches wird unpas­send, scheint mir mit der Par­ti­tur Wag­ners nicht in Ein­klang zu brin­gen. Das ist ja über­haupt ein Pro­blem, das mich zuneh­mend beschäf­tigt: Die Musi­ker wer­den, was die Beschäf­ti­gung mit und Aus­le­gung der Par­ti­tu­ren angeht, immer kri­ti­scher und fein­sin­ni­ger – Haen­chen zum Bei­spiel leg­te wohl viel Wert auf die unter­schied­li­chen Aus­prä­gun­gen der Arti­ku­la­ti­ons­zei­chen wie Punkt, Strich oder Keil bei Wag­ner. Die Büh­ne dage­gen nimmt sich immer mehr Frei­hei­ten, erzählt ja oft eine ganz ande­re Geschich­te, die nur noch punk­tu­el­le Über­schnei­dun­gen mit der Par­ti­tur hab. Das soll jetzt kei­nes­wegs eine Ableh­nung des Regie­thea­ters sein, es ist nur ein Dilem­ma, aus dem ich kaum eine Lösung sehe …

Was noch?
Die Fes­ti­val-Atmo­sphä­re ist in Bay­reuth schon ziem­lich inter­es­sant. In der Stadt (die übri­gens nicht sehr groß, aber sehr hübsch ist) selbst merkt man recht wenig von den Fest­spie­len. Auf dem grü­nen Hügel ist das natür­lich anders. Zum einen kom­men recht vie­le Besu­cher ziem­lich früh. Dann hat man in Bay­reuth immer die Kar­ten­su­cher (für den Ring gab es immer pro­blem­los noch Kar­ten zu ergat­tern, für den Par­si­fal war es fast unmög­lich) und einen Schwarz­markt­händ­ler. Und das Publi­kum ist etwas kos­mo­po­li­ti­scher, etwas (nun ja, ziem­lich viel) for­mel­ler geklei­det als in den meis­ten deut­schen Theatern.

Der Zaun (und auch wenn alle Medi­en etwas ande­res behaup­ten): Das Fest­spiel­haus ist nicht ein­ge­zäunt gewe­sen. Ledig­lich die BÜh­nen­ein­gän­ge waren davon betrof­fen. Und natür­lich war das „Sicher­heits­kon­zept“, wie das heu­te so schön heißt, noch zu spü­ren. Von Kon­zept kann man aller­dings kaum spre­chen. Gut, der Sicher­heits­dienst wach­te ziem­lich genau dar­über, dass nur Men­schen mit jewei­li­ger Tages­ein­tritts­kar­te Zugang zum Gebäu­de hat­ten. Die erhöh­te Poli­zei­prä­senz (da war sie ja schon immer, sie hat ja sogar eine eige­ne tem­po­rä­re Wache in unmit­tel­ba­rer Nach­bar­schaft) war aber in mei­nen Augen eher Augen­wi­sche­rei. An jedem Abend funk­tio­nier­te das näm­lich anders: Manch­mal stan­den an den Auf­gän­gen zwei oder drei Poli­zis­ten und schau­ten, manch­mal waren am über­dach­ten Gang vor dem Kar­ten­bü­ro noch ein­zel­ne Pos­ten auf­ge­stellt, manch­mal hat­ten sie Schutz­wes­ten, manch­mal nicht, bei der Göt­ter­däm­me­rung kon­trol­lier­ten sie plötz­lich (ohne dass es, nach ihrer Aus­sa­ge, einen spe­zi­el­len Anlass gab) auch alle Hand­ta­schen der Damen am Beginn des Fes­ti­val­ge­län­des – mir scheint, die Stren­ge der Kon­trol­le unter­schied sich vor allem nach dienst­ha­ben­der Poli­zei­füh­rungs­kraft erheb­lich. Aber sei’s drum, ein Gutes hat­te das gan­ze Bohei auf jeden Fall: Erst­mals gab es eine Gepäck­auf­be­wah­rung, bei der man bequem sei­ne Tasche mit Ver­pfle­gung für die lan­gen Aben­de depo­nie­ren konnte …

Ach ja, die Sitz­plät­ze in Bay­reuth. Ich war durch­weg im Bal­kon. Für den Ring hat­te ich Kar­ten in der fünf­ten Rei­he – die Bay­reuth-Ken­ner wis­sen, dass das kei­ne nor­ma­len Sitz­plät­ze mehr sind, son­dern in Nischen nach hin­ten ver­steck­ten Sit­ze. Da wird es schön warm und sti­ckig und die eigent­lich aus­ge­zeich­ne­te Akus­tik des Fest­spiel­hau­ses wird doch auch etwas gedämpft, mit etwas Pech hat man auch noch eine Säu­le im Blick­feld. Zum Glück konn­te ich aber für Sieg­fried und Göt­ter­däm­me­rung eini­ge Rei­hen nach vor­ne rücken, weil Plät­ze frei blie­ben – das war eine deut­li­che Ver­bes­se­rung der Akus­tik und des Kom­forts. Das lässt sich Bay­reuth aber auch immer gut bezah­len, denn es gibt zwar bil­li­ge Plät­ze, aber sowie Sicht und Akus­tik etwas bes­ser wer­den, stei­gen die Prei­se sehr schnell recht steil nach oben. Und für den Ring braucht man eben immer gleich vier Karten …

(Und natür­lich habe ich wie­der mal kei­ne Fotos gemacht …)

Ins Netz gegangen (26.2.)

Ins Netz gegan­gen am 26.2.:

Ins Netz gegangen (19.5.)

Ins Netz gegan­gen am 19.5.:

  • Euro­kri­se: „Es gibt kei­ne ein­deu­ti­gen Geg­ner“ | ZEIT ONLINE – joseph vogl im gespräch mit der „zeit“:

    Einer­seits hat es ein gewal­ti­ges Umver­tei­lungs­pro­gramm gege­ben, bei dem pri­va­te Schuld­ner – also vor allem die hoch ver­schul­de­ten Groß­ban­ken – mit­hil­fe öffent­li­cher Gel­der saniert wur­den. Ande­rer­seits hat man mit der Restau­ra­ti­on des Finanz­sys­tems auch das alte Schla­mas­sel der Zeit vor 2008 wie­der her­bei­fi­nan­ziert: Es herr­schen heu­te wie­der die glei­chen Risi­ko­la­gen, die glei­che Insta­bi­li­tät an den Finanz­märk­ten. Para­do­xer­wei­se ent­steht die­se neue Unsi­cher­heit eben genau durch die Maß­nah­men, also das Aus­schüt­ten von viel Geld, mit denen die Kri­se bekämpft wer­den soll­te. Was sich in die­ser Zeit hin­ge­gen tat­säch­lich ver­än­dert hat, ist die Art und Wei­se, wie wir regiert wer­den. […] Wir erle­ben also gera­de ein finanz­po­li­ti­sches Dou­ble­bind: Einer­seits gibt die herr­schen­de Dog­ma­tik vor, dass das Wirt­schafts­wachs­tum nur mit Inves­ti­tio­nen und neu­em bil­li­gem Geld zu errei­chen ist. Ande­rer­seits erhöht das glei­che bil­li­ge Geld die Risi­ko­an­fäl­lig­keit auf den Märk­ten. Die­ses Dilem­ma kenn­zeich­net also an einem Punkt ihre Macht und gleich­zei­tig ihre struk­tu­rel­le Ohnmacht.

    – er sagt noch eini­ges mehr, was das inter­view sehr lesens­wert macht. und sehr bezeich­nend ist, dass sol­che eigent­lich emi­nent öko­no­mi­schen (und poli­ti­schen) beob­ach­tun­gen gera­de ein kul­tur­wis­sen­schaft­ler machen muss – die „fach­leu­te“ schei­nen da (zumin­dest in der deut­schen öffent­lich­keit) kei­ne posi­ti­on und/​oder stim­me zu finden …

  • Wolf­gang Ull­rich: „Urhe­ber­rech­te für die sozia­len Netz­wer­ke gänz­lich sus­pen­die­ren“ – iRights​.info – der kunst­his­to­ri­ker wolf­gang ull­rich im inter­view mit irights über kunst, inter­net, jus­tiz, das urhe­ber­recht – und technoviking

    Das Urhe­ber­recht denkt auch in den sozia­len Netz­wer­ken viel zu sehr vom klas­si­schen Werk­be­griff her und nicht vom Ort, an dem etwas statt­fin­det. Und da sehe ich die Par­al­le­len zur Pro­ble­ma­tik in der Kunst. Wer etwas in die Social Media plat­ziert, gibt es frei – und die Welt kann damit machen, was sie will. Aber in den meis­ten Fäl­len macht die Welt gar nichts damit. Ab und zu pas­siert dann doch etwas, es ent­steht gar ein Mem.[…] Mei­ner Mei­nung nach hinkt bei etli­chen Urtei­len die Recht­spre­chung der Kunst­pra­xis um zwei bis drei Jahr­zehn­te hin­ter­her. Und das ist auch beim Tech­no­vi­king der Fall.

  • Wehr­macht: Die ver­ges­se­nen Sol­da­tin­nen | ZEIT ONLINE – die his­to­ri­ke­rin karen hage­mann erin­nert an die rol­le der frau­en im zwei­ten weltkrieg

    Nicht nur in der popu­lä­ren Erin­ne­rung wur­de das Aus­maß der mili­tä­ri­schen Kriegs­un­ter­stüt­zung von Frau­en lan­ge ver­ges­sen, selbst in der umfang­rei­chen Geschichts­schrei­bung zum Zwei­ten Welt­krieg wer­den Frau­en zumeist nur als Arbei­te­rin­nen in der Kriegs­in­dus­trie oder Kran­ken­schwes­tern por­trä­tiert. Dies ist um so bemer­kens­wer­ter, als wir heu­te auf fast drei­ßig Jah­re For­schung zum The­ma Geschlecht, Mili­tär und Krieg zurück­bli­cken kön­nen und die Ära der Welt­krie­ge zu den am bes­ten erforsch­ten Peri­oden über­haupt gehört. Die­ser Befund gilt nicht nur für die deut­sche, son­dern ähn­lich auch für die inter­na­tio­na­le Geschichts­wis­sen­schaft. Wie ist die Ver­drän­gung zu erklä­ren? War­um fällt es vie­len offen­bar noch heu­te so schwer, sich Frau­en als Sol­da­tin­nen vorzustellen?
    Ein Grund hier­für dürf­te die Bedeu­tung sein, die dem Recht, im Diens­te des Staa­tes oder einer ande­ren höhe­ren Macht Waf­fen tra­gen und töten zu dür­fen – oder im Kriegs­fall zu müs­sen – für die Mar­kie­rung der Geschlech­ter­dif­fe­ren­zen zukommt. Seit der Anti­ke ist die­ses Recht männ­lich kon­no­tiert. Die kom­ple­men­tä­re Rol­le der Frau­en bestand bis ins frü­he 20. Jahr­hun­dert hin­ein vor allem dar­in, Män­ner zum Kampf zu moti­vie­ren, Ver­wun­de­te zu pfle­gen und Gefal­le­ne zu betrau­ern. […]Teil der Demo­bi­li­sie­rung in der Nach­kriegs­zeit war in allen kriegs­be­tei­lig­ten Staa­ten eine Poli­tik, die die Vor­kriegs­ge­schlecht­er­ord­nung und damit die sozia­le Sta­bi­li­tät wie­der­her­stel­len soll­te. Frau­en wur­den aus den Armeen ent­las­sen und muss­ten ihre wäh­rend des Krie­ges ein­ge­nom­me­nen Arbeits­plät­ze in Indus­trie, Han­del und Ver­wal­tung für die heim­keh­ren­den Vete­ra­nen frei machen, die wie­der allei­ni­ge Fami­li­en­er­näh­rer wer­den soll­ten. Die 1950er Jah­ren mit ihrem Wirt­schafts­wun­der wur­den in West­deutsch­land und ande­ren Län­dern West­eu­ro­pas dank einer ent­spre­chen­den Fami­li­en­po­li­tik zum „gol­de­nen Zeit­al­ter“ des Modells der „Alleinverdiener-Hausfrau“-Familie.

  • Stra­di­va­ris Cel­lo: Oh, Mara! | ZEIT ONLINE – caro­lin pirich über eines der berühm­tes­ten cel­los aus der stra­di­va­ri-werk­statt und sei­nen momen­tan­ten besit­zer, chris­ti­an poltéra:

    „Das Mara zu spie­len ist wie mit der Stim­me eines ande­ren zu spre­chen“, sagt der neue Part­ner des Mara. „Das dau­ert ein, zwei Jah­re, bis es nach mir klingt.“

  • Social Media: Das Netz bist du! | ZEIT ONLINE – kili­an tro­tier por­trä­tiert den bri­ti­schen anthro­po­lo­gen dani­el mil­ler (und sei­ne for­schung), der welt­weit die nut­zung sozia­ler netz­wer­ke erforscht und schon mal eines fest­ge­stellt hat: die regio­na­len nut­zungs­un­ter­schie­de sind gewaltig.
  • Eine Lan­ze für blog­gen­de Stu­die­ren­de: Patrick Bah­ners zur Cau­sa Mün­k­ler-Watch | Redak­ti­ons­blog – patrick bah­ners legt dar, war­um es nicht ganz so abstrus, unver­schämt und ohne vor­bild ist, als blog­gen­de stu­die­ren­de mit einem kri­ti­schen blog anonym blei­ben zu wol­len. und macht neben­bei eine inter­es­san­te anmerkung:

    Hei­kel für Mün­k­ler ist, dass eini­ge der ihm zuge­schrie­be­nen Ein­las­sun­gen, die ihn in kei­nem guten Licht daste­hen las­sen, für Leu­te, die ihn ken­nen, einen nur all­zu glaub­wür­di­gen Sound haben.

  • Nach­ruf auf Odo Mar­quard – Mit Witz zum Den­ken anre­gen – ein Nach­ruf auf den Phi­lo­so­phen Odo Mar­quard beim deutschlandradio
  • Gewalt | Schma​len​stroer​.net – micha­el schma­len­stroer bringt auf den punkt, war­um man bei der dar­stel­lung von gewalt­tä­ti­gen momen­ten der geschich­te manch­mal sich einer sehr kras­sen spra­che (und/​oder bil­der) bedie­nen muss:

    Wenn Digi­tal­Past also bru­tal ist, dann beschwert euch bei euren Groß­el­tern. Weil die bru­tal waren.

  • Streik: Hur­ra, Deutsch­land liegt lahm | ZEIT ONLINE – sehr guter kom­men­tar zum strei­ken in deutschlnd, unter ande­rem mit die­sem schö­nen und lei­der so abso­lut zutref­fen­den satz: »Die SPD agiert momen­tan also unge­fähr so sozi­al­de­mo­kra­tisch wie Ayn Rand beim Restpostenverkauf.«
  • The Ope­ra Plat­form – schö­ne initiative:

    Die Opern­platt­form ist eine Part­ner­schaft zwi­schen Ope­ra Euro­pa, einem 155 Opern und Fest­spie­le umfas­sen­den Netz­werk, dem Kul­tur­sen­der ARTE und 15 Opern­häu­sern aus ganz Euro­pa. Sie wird vom Pro­gramm Krea­ti­ves Euro­pa der Euro­päi­schen Kom­mis­si­on unter­stützt und ist für alle Bei­trä­ge offen, die Oper einem brei­te­ren Publi­kum zugäng­lich machen wollen.

  • Bahn-Streik: Dan­ke, Claus Weselsky! – Aug­stein-Kolum­ne – SPIEGEL ONLINE – sehr rich­ti­ger kom­men­tar von jakob aug­stein zur rele­vanz des gdl-streiks & war­um die deut­schen der gdl dan­ken sollten

Ins Netz gegangen (19.3.)

Ins Netz gegan­gen am 19.3.:

  • Die zwölf Arbei­ten des Ver­le­gers | Edit – jan wen­zel cha­ra­ke­ri­siert die tätig­keit des ver­le­gens in 12 arbei­ten und beginnt mit dem „ein­krei­sen der gegen­wart“, bevor er sich eher pro­sa­ischen arbei­ten widmet

    Die Arbeit des Ver­le­gers ist vor allem eine Suche. […] Der Wunsch, die flüch­ti­ge Gegen­wart les­bar zu machen, ist sein Antrieb. Die Spur sei­ner Such­be­we­gung sind die Bücher, die ent­ste­hen. Jetzt und jetzt und jetzt.

  • Vor­schlä­ge für eine bes­se­re Opern­welt. | Bad Blog Of Musick – moritz eggert macht – ziem­lich ein­fa­che – vor­schlä­ge, wie die opern­welt deutsch­lands bes­ser (und vor allem: aktu­el­ler) wer­den könn­te: ein­fach mehr neue opern spie­len – und zwar nicht nur urauf­füh­run­gen, son­dern auch nach-inszenierungen …

    Gäbe es aber viel Neu­es, Ver­rück­tes und Expe­ri­men­tel­les in den Opern­häu­sern zu sehen, so wür­de man sich auch ger­ne mal eine Mozar­t­oper anschau­en, die ohne sinn­lo­sen Schnick­schnack aus­kommt und in der sich nie­mand anpis­sen muss. Das wäre dann auch nicht spie­ßig, son­dern leben­di­ge Tra­di­ti­on in Kom­mu­ni­ka­ti­on mit dem Neu­en. Wenn ich mir die “Mona Lisa” anschaue, so ist es halt die “Mona Lisa”, und das ist auch in Ord­nung so. Ein Doku­ment einer bestimm­ten Zeit, einer bestimm­ten Sicht auf die Din­ge. Ich muss das nicht zer­stö­ren, son­dern kann es auch so mal ste­hen lassen.
    Es wäre alles so einfach.
    Wenn sich nur jemand mal end­lich trau­en wür­de, etwas dau­er­haft zu ändern.

  • Heid­eg­ger-Lehr­stuhl-Streit: Rek­tor ver­steht nicht – jür­gen kau­be über die „auf­re­gung“ um die umwid­mung eines lehr­stuhls zur juni­or-pro­fes­sur an der uni freiburg:

    Doch der Rek­tor der Uni­ver­si­tät Frei­burg ver­steht die gan­ze Auf­re­gung nicht. Wir glau­ben ihm. Er ver­steht es ein­fach nicht, aber genau das ist ja das Pro­blem. An deut­schen Uni­ver­si­tä­ten, die dau­ernd Exzel­lenz beschwö­ren und nach Stan­ford schau­en, gibt es zu viel Spit­zen­per­so­nal, das ein­fach nicht ver­steht, wenn sich ande­re über die Phra­sen auf­re­gen, mit denen es sei­ne merk­wür­di­gen Ent­schei­dun­gen dekoriert.

  • BND-Über­wa­chung: War­um schickt der BND der Bun­des­wehr abge­hör­te Daten? | ZEIT ONLINE – es hört nicht auf mit den spio­na­ge­skan­da­len – der bnd scheint wirk­lich kei­ner­lei respekt für irgend­wel­che deut­schen geset­ze und gren­zen zu haben:

    War­um gibt der BND der Bun­des­wehr abge­hör­te Daten? Und lässt von ihr Spio­na­ge­mel­dun­gen über­set­zen? Es ist illegal 

  • Vor­rats­da­ten­spei­che­rung : Ein Schritt zur tota­len Über­wa­chung | ZEIT ONLINE – kai bier­mann erin­nert (mal wie­der, lei­der aber eben auch mal wie­der not­wen­di­ger­wei­se) dar­an, war­um eine lücken­lo­se über­wa­chung der gesam­ten bevöl­ke­rung mit der vor­rad­tsda­ten­spei­che­rung kei­ne so gute idee ist:

    Dar­um aber, die Arbeit der Poli­zei beque­mer zu machen, darf es nicht gehen. Sicher­heit ist nicht das obers­te Ziel eines Staa­tes, auch wenn Innen­mi­nis­ter das ger­ne behaup­ten. Wäre es das, wür­de die­ser Staat bald all sei­ne Bür­ger voll­stän­dig über­wa­chen. Genau um das zu ver­hin­dern, gibt es das Grund­ge­setz, es ist eine Samm­lung von Abwehr­rech­ten, mit denen sich die Bür­ger den Staat vom Leib hal­ten sol­len. Und dort steht, die Wür­de der Men­schen zu schüt­zen und zu erhal­ten, sei die ers­te Regel.
    […] Kein Anschlag der ver­gan­ge­nen Jah­re war im Nach­hin­ein eine Über­ra­schung, alle Täter waren bereits zuvor auf­ge­fal­len. Für die­se Erkennt­nis­se brauch­te es kei­ne gesetz­li­che Vorratsdatenspeicherung. 

  • Peter Engst­ler: Die Frei­heit, lang­sam zu sein | Frank­fur­ter Rund­schau – sabi­ne vog­ler hat den wun­der­ba­ren peter engst­ler und sei­nen ver­lag besucht und ein schö­nes por­trät eines idea­lis­ten geschrieben:

    Als Engst­ler 1986 mit dem Bücher­ver­le­gen begann, hat­te er kei­ner­lei Finanz­ka­pi­tal im Hin­ter­grund. Das ist bis heu­te so. Sein Ein­mann­be­trieb rech­net sich markt­wirt­schaft­lich nicht. Engst­lers Bücher, nun­mehr knapp 200 und fast alle noch lie­fer­bar, sind Nischen­pro­duk­te: Lyrik, expe­ri­men­tel­le Prosa.
    […] Engst­ler ist ein Bei­spiel dafür, dass doch ein rich­ti­ges Leben im fal­schen mög­lich ist. Ein glück­li­cher Rebell, dem nichts man­gelt. […] Was immer da abläuft, es ist unbezahlbar.

  • ICE-Anbin­dung Darm­stadts: Kniff­li­ge Über­le­gun­gen – neue Eisen­bahn­stre­cken zu pla­nen kann ganz schön kom­pli­ziert sein. Hier: ICE in Darm­stadt – hält er oder nicht?

Ins Netz gegangen (17.2.)

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  • Was man als klei­ner Ver­lag so alles mit dem Buch­han­del erlebt | Sei­ten­flü­gel – ein (sehr) klei­ner ver­lag über sei­ne erfah­run­gen mit dem hohen „kul­tur­gut“ des deut­schen buch­han­dels (und ama­zon zum vergleich):

    Vie­le klei­ne Buch­händ­ler haben kei­nes­wegs erkenn­bar mehr Ver­ständ­nis für klei­ne Ver­la­ge. Sie wet­tern zwar herz­lich gern gegen Kon­zer­ne und Mono­po­lis­ten, aber wenn man mit ihnen zu tun hat, ist ihr geschäft­li­cher Ego­is­mus oft kei­nen Deut gerin­ger als bei den Großunternehmen.

  • Theo­lo­ge Fried­rich Wil­helm Graf – „Wir haben Reli­gi­on noto­risch unter­schätzt“ – graf, wie meis­tens sehr ver­stän­dig und klug, in einem sehr lesen-/hö­rens­wer­ten inter­view mit deutsch­land­ra­dio über reli­gio­nen, moder­ne und ihre bedeutung:

    Ich weiß nicht, war­um Belie­big­keit so etwas Schlim­mes oder Schlech­tes sein soll. Wir müs­sen ein­fach mit der Tat­sa­che klar­kom­men und dies akzep­tie­ren ler­nen, dass in den ent­schei­den­den Fra­gen unse­res Lebens jeder für sich selbst oder jede für sich selbst ver­ant­wort­lich ist.

  • René Jacobs: „Ich bestehe auf mei­nem Recht, krea­tiv zu sein“ – Thea­ter an der Wien – der​Stan​dard​.at › Kul­tur – rené jacobs über sei­ne arbeit, den „bar­bie­re“ von gio­van­ni pai­si­el­lo heu­te auf­zu­füh­ren und dem kom­po­nis­ten gerecht zu werden:

    Es ist natür­lich gut, wenn man weiß, was ein Auto­graf ent­hält. Aber Oper war immer ein Work in Pro­gress. Und ich bestehe auf mei­nem Recht, auch krea­tiv sein zu dürfen.

  • Equa­ti­on Group: Spio­na­ge­soft­ware der Super­la­ti­ve ent­deckt | ZEIT ONLINE – es ist kaum zu glau­ben: aber es geht immer noch etwas grau­si­ger, wenn nsa & co. im spiel sind

    Sie ver­steckt sich unlösch­bar auf Fest­plat­ten und spio­niert hoch­ran­gi­ge Zie­le aus: Anti­vi­ren­spe­zia­lis­ten ent­de­cken extrem aus­ge­feil­te Mal­wa­re mit Par­al­le­len zu Stuxnet.

  • SZ-Leaks: Schleich­wer­bung für Steu­er­hin­ter­zie­hung | klar und deut­lich -

    Off­shore-Leaks, Lux-Leaks und jetzt Swiss-Leaks: Die Süd­deut­sche Zei­tung ist das Sturm­ge­schütz des Finanz­amts. Die Redak­ti­on ver­öf­fent­licht regel­mä­ßig Infor­ma­tio­nen aus inter­nen Bank­un­ter­la­gen, an die sie durch Whist­le­b­lower kommt. Was die Zei­tung nie erwähnt: Dass sie selbst ihre Leser auf die Steu­er­hin­ter­zie­hung im Aus­land hin­ge­wie­sen hat und sich dafür von den Ban­ken bezah­len ließ. Ich war damals in der Redak­ti­on dafür zustän­dig. Es war das Jahr 2007, es war mein ers­ter Job nach d…

  • Sam Tay­lor-John­sons „50 Shades of Grey“ in der Kri­tik – ha! (diet­mar dath war im kino):

    Dass frei­lich das sexu­ell Anre­gends­te an einem Sado­ma­so-Film von 2015 die Kunst eines seit sieb­zehn Jah­ren toten Mafia-Unter­hal­ters ist, spricht Bän­de über die Tal­soh­le der ent­hemmt-ver­klemm­ten Dau­er­lust­si­mu­la­ti­on, in der sich die Mas­sen­kul­tur der­zeit täg­lich laut­stark ver­si­chert, dass heu­te ja zum Glück so gut wie nichts mehr ver­bo­ten ist.

  • Klaus The­we­leit: „2000 Light Years from Home“ (Vor­trag zur Pop­ge­schich­te) -

    Vor­trag von Klaus The­we­leit unter dem Titel „So tun als gäbe es kein Mor­gen oder: 2000 Light Years from Home“,gehalten am 3. Novem­ber 2011 

    – eine art popgeschichte

  • Die Ober­schen­kel der Nati­on | Blog Maga­zin – mic­hè­le bins­wan­ger über sport­re­por­ter, frau­en­sport und sexismus

    Man kann dem Sport­re­por­ter wohl kaum einen Vor­wurf machen. Schliess­lich besteht die Haupt­qua­li­fi­ka­ti­on für die­sen Beruf vor­nehm­lich dar­in, schwit­zen­de Men­schen danach zu fra­gen, wie sie sich jetzt fühlen.

  • Inter­view mit Opern-Gram­my-Gewin­ner Burk­hard Schmil­gun – das (eher klei­ne) osna­brü­cker label hat einen gram­my gewon­nen – für die ein­spie­lung einer weit­ge­hend ver­ges­se­nen charpentier-oper:

    Nie­mand hat uns Bescheid gesagt. Auch der Diri­gent und der Künst­ler nicht, die die Aus­zeich­nung offen­bar in klei­ner Grup­pe in Los Ange­les ent­ge­gen genom­men haben.

  • Die Inte­gra­ti­on läuft deut­lich bes­ser als ver­mu­tet – Süddeutsche.de – felix ste­phan in der sz:

    Inte­gra­ti­on wird immer noch dann als geschei­tert betrach­tet, wenn am Ende etwas ande­res als ein zwei­tes Müns­ter her­aus­kommt.[…] In den moder­nen Metro­po­len gebe es eigent­lich nur eine Grup­pe, die sich eine eth­ni­sche Segre­ga­ti­on leis­ten kön­ne, so El-Mafaala­ni: die Wohlhabenden.

  • Fast­nacht in Mainz: Frau­en sind auf den när­ri­schen Büh­nen Man­gel­wa­re – Ver­ei­ne wagen sich an Erklä­rungs­ver­su­che – All­ge­mei­ne Zei­tung – die main­zer az über die rol­le der frau­en in der main­zer fast­nacht – und die zähig­keit, mit der sie sich im schne­cken­tem­po ändert:

    Nach­dem der MCC sei­ne Komi­tee­te­rin prä­sen­tiert habe, sei­en die Frau­en eines ande­ren gro­ßen Ver­eins auf die Bar­ri­ka­den gegan­gen, da die­se dort auch im Komi­tee sit­zen woll­ten. „Wor­auf­hin uns die Män­ner die­ses Ver­eins ver­är­gert gefragt haben, wie wir damit nur anfan­gen konn­ten“, berich­tet er.

    (gibt noch mehr schö­ne bei­spie­le für sexis­mus im text .…

  • Open Access? Ver­öf­fent­li­chen unter Aus­schluss der Öffent­lich­keit – Taschwer forscht nach – der​Stan​dard​.at -

    So wird open access zum finan­cial excess: Um sich als Autor einer Buch­be­spre­chung für eine Fach­zeit­schrift das Recht zu erwir­ken, die Rezen­si­on online stel­len zu dür­fen, ver­langt Wiley-VCH schlan­ke 2500 Euro vom Rezensenten.

Ins Netz gegangen (12.10.)

Ins Netz gegan­gen am 12.10.:

  • Lite­ra­tur-Nobel­preis: Georg Diez über Patrick Modia­no und Lutz Sei­ler – SPIEGEL ONLINE – georg diez hadert mit dem „ästhe­ti­schen und stru­ku­rel­len kon­ser­va­tis­mus der buchbranche“:

    Das ist der Hin­ter­grund, vor dem der ästhe­ti­sche Kon­ser­va­tis­mus eines Romans wie „Kru­so“ zele­briert wird und erklär­bar wird: der digi­ta­le, wirt­schaft­li­che, mög­li­cher­wei­se auch poli­ti­sche Epo­chen­bruch. Die­ser Roman, der Roman an sich, so wie er gera­de defi­niert wird, ist damit vor allem eine Schutz­be­haup­tung der Erinnerung. 

  • Peter Kurz­eck: Der Mann, der immer gear­bei­tet hat – der stroem­feld-ver­lag wird/​will wohl alles, was kurz­eck hin­ter­las­sen hat, zu geld machen. bei einem autor, der der­ma­ßen fast manisch kor­ri­gier­te und ver­bes­ser­te bis zum schluss, hal­te ich frag­ment-aus­ga­ben ja nur für mäßig sinn­voll (und es ist ja nicht so, als gäbe es nicht genug kurz­eck zu lesen …). aber trotz­dem freue ich mich und bin gespannt, was da noch kommt in den nächs­ten jahren

    Und dann sind da noch die Notiz­zet­tel, die Kurz­eck zu Mate­ri­al­samm­lun­gen zusam­men­ge­stellt hat, mit Titeln wie „Stau­fen­berg II“ und „Stau­fen­berg III“. Sie dien­ten ihm zur Arbeit an „Kein Früh­ling“ und „Vor­abend“, zei­gen aber auch, dass „Ein Som­mer, der bleibt“, das ers­te der erfolg­rei­chen Erzähl-Hör­bü­cher, die Kurz­eck seit 2007 ein­sprach, schrift­li­che Vor­stu­fen gehabt hat. Mit­ten­drin ein Notiz­zet­tel, der wie der Anfang von allem anmu­tet: „Das Dorf steht auf einem Basalt­fel­sen eh + je. Jetzt soll es das Dorf wer­den (sein) + liegt uner­reich­bar im Jahr 1947, im Abend.“ Uner­reich­bar. Das Ver­gan­ge­ne wie­der erreich­bar zu machen, hat Kurz­eck bis zuletzt ver­sucht. Los­se erin­nert sich an eine Bemer­kung des Autors im Frank­fur­ter Kran­ken­haus: „Wir hät­ten noch mehr arbei­ten müs­sen.“ An der Prä­sen­ta­ti­on des­sen, was fer­tig gewor­den ist, arbei­tet Kurz­ecks Verlag.

  • Schat­ten­bi­blio­the­ken: Pira­te­rie oder Not­wen­dig­keit? – sehr span­nend: In gewal­ti­gen, frei zugäng­li­chen Online-Daten­ban­ken ver­brei­ten anony­me Betrei­ber wis­sen­schaft­li­che Lite­ra­tur, ohne Beach­tung des Urhe­ber­rech­tes. Doch die digi­ta­len Samm­lun­gen sind nicht nur Pira­te­rie, sie wei­sen auch auf gro­ße Ver­säum­nis­se der Wis­sen­schafts­ver­la­ge hin – sagt der unga­ri­sche Pira­te­rie-For­scher Balázs Bodó. Im Inter­view mit der Jour­na­lis­tin Miri­am Ruhen­stroth erklärt er, wie­so die Schat­ten­bi­blio­the­ken in Ost- und Mit­tel­uro­pa so gefragt sind und wie das Pro­blem zu lösen wäre.
  • Mari­hua­na: Die selt­sa­me Ver­fol­gung der nüch­ter­nen Kif­fer | ZEIT ONLINE -

    Wer kifft, gefähr­det den Stra­ßen­ver­kehr. Auch ohne Rausch, jeder­zeit. Das glau­ben zumin­dest Behör­den. Sie ent­zie­hen selbst nüch­ter­nen Taxi­kun­den den Füh­rer­schein. […] Behör­den haben anschei­nend Gefal­len dar­an gefun­den, über den Umweg des Ver­wal­tungs­rechts, eigen­mäch­tig ein biss­chen für Ord­nung unter Can­na­bis-Kon­su­men­ten zu sorgen.

  • xkcd: The Sake of Argu­ment – xkcd über’s Argu­men­tie­ren: The Sake of Argument
  • Ado­be is Spy­ing on Users, Coll­ec­ting Data on Their eBook Libra­ri­es – The Digi­tal Rea­der – ado­be spio­niert mit digi­tal edi­ti­ons 4 die nut­zer aus: im klar­text (!) wer­den nicht nurin de4 geöff­ne­te bücher mit ihren meta­da­ten und denen der lese­rin über­tra­gen, son­dern de4 durch­sucht auch ohne sich das geneh­mi­gen zu las­sen den gesam­ten com­pu­ter nach irgend­wel­chen ebooks (auch sol­chen, die nicht in de4 benutzt wer­den), um deren daten eben­falls an ado­be zu sen­den. grausam.
  • Ego­is­ti­sche Zwei­sam­keit: Ersatz­re­li­gi­on Lie­be – Men­schen – FAZ – mar­kus gün­ther über die „ersatz­re­li­gi­on lie­be“, die sich in letz­ter zeit immer mehr aus­brei­tet (und abso­lut setzt):

    Zu den Kol­la­te­ral­schä­den der Ersatz­re­li­gi­on Lie­be gehö­ren aber auch die vie­len Men­schen, die allein sind. Ihr Leben wird als defi­zi­tär wahr­ge­nom­men. Man ver­mu­tet, dass etwas mit ihnen nicht stimmt. Dass jemand frei­wil­lig einen ande­ren als den Weg in die Part­ner­schaft geht, ist schlech­ter­dings unver­ständ­lich. Dass jemand einen geeig­ne­ten Part­ner nicht gefun­den hat, gilt als sein ganz per­sön­li­ches Ver­sa­gen. So oder so, er hat von sei­ner Umwelt bes­ten­falls Mit­leid zu erwarten.
    […] Ist der Mythos Lie­be nicht wenigs­tens dafür gut, den Men­schen aus sei­nem Ego­is­mus her­aus­zu­füh­ren? Ist die Sehn­sucht nach Part­ner­schaft nicht immer noch bes­ser als die Selbst­sucht? Die Ant­wort lau­tet: Die­se Art der Lie­be ist nur schein­bar eine Über­win­dung der eige­nen Gren­zen. In Wahr­heit han­delt es sich um eine Fort­set­zung der Ich-Bezo­gen­heit mit ande­ren Mit­teln, denn die Trieb­kraft, die wirkt, ist ja, wenn man ehr­lich ist, gar nicht der Wunsch zu lie­ben, son­dern der, geliebt zu werden.

  • Deut­scher His­to­ri­ker­tag: Die The­se vom Son­der­weg war ja selbst einer – jür­gen kau­be berich­tet sehr lau­nig, poin­tiert (und mit gemei­nen, natür­lich abso­lut fehl­ge­lei­te­ten sei­ten­hie­ben gegen die ger­ma­nis­tik …) vom göt­tin­ger historikertag:

    Man kann ver­mut­lich lan­ge war­ten, bis zum ers­ten Mal ein Ban­kier, eine Schrift­stel­le­rin oder ein Aus­län­der den His­to­ri­ker­tag eröffnet.

    Wäre es nicht an der Zeit, ein­mal zum The­ma „Ver­gan­gen­heit“ zu tagen?

    Eine sinn­vol­le Ein­heit des­sen, was die His­to­ri­ker tun, die sich durch alle ihre For­schun­gen zöge, gibt es nicht. Und wenn die Göt­tin­ger Stich­pro­be nicht täusch­te, dann gibt es nicht ein­mal Haupt­li­ni­en oder Trends.

  • Wil­der Kai­ser extre­me on Vimeo – wohl das ver­rück­tes­te video, das ich in letz­ter zeit sah (fahr­rad­fah­ren kann man die­sen stunt aller­dings kaum noch nen­nen. und ver­nünf­tig ist natür­lich auch etwas ganz anderes …)
  • Aus­wüch­se des Regie­thea­ters: Oper der Belie­big­kei­ten – Büh­ne Nach­rich­ten – NZZ​.ch – der musik­wis­sen­schaft­ler lau­renz lüt­te­ken rech­net mit dem regie­thea­ter aktu­el­ler prä­gung auf der opern­büh­ne ab:

    Denn die land­läu­fi­ge Behaup­tung, dass man etwas heu­te «so» nicht mehr machen kön­ne, ist nicht nur teleo­lo­gi­scher Unfug, sie ist über­dies unlau­ter. In den Opern­häu­sern regiert näm­lich ein unan­ge­foch­te­ner Kanon, der weit­aus fes­ter zemen­tiert ist als noch vor fünf­zig Jah­ren. So spricht gewiss nichts dage­gen, den Anteil neu­er Wer­ke zu erhö­hen, aber es ist mehr als frag­wür­dig, die alten Wer­ke mit immer neu­en Bil­dern ver­meint­lich «modern» zu machen und sich damit behag­lich im Kanon ein­zu­rich­ten. Zudem hat der Moder­ne-Begriff, der hier bedient wird – das «Ver­stö­ren­de», «Pro­vo­zie­ren­de», «Bestür­zen­de» –, inzwi­schen selbst so viel Pati­na ange­setzt, dass man ihn getrost in die Geschich­te ent­las­sen sollte.

    ich bin durch­aus geneigt, ihm da zumin­dest in tei­len zuzu­stim­men: die regie hat sich oft genug ver­selb­stän­digt (auch wenn ich eine total­ab­leh­nung, die ich bei ihm zwi­schen den zei­len lese, nicht befür­wor­te). dage­gen führt er an: 

    Die his­to­ri­sche Ver­ant­wor­tung im Umgang mit Tex­ten der Ver­gan­gen­heit ist nichts Ent­behr­li­ches, sie ist auch nicht, wie so oft behaup­tet, ein Relikt alt­mo­di­schen Phi­lo­lo­gen­tums, zumal das Argu­ment für die Musik nicht gel­tend gemacht wird. Was aber nützt eine kri­ti­sche Aus­ga­be des «Don Gio­van­ni», wenn die Sze­ne­rie kur­zer­hand (wie in Linz) von Sex and Crime der Pop-Stars erzählt? Tex­te, Par­ti­tu­ren der Ver­gan­gen­heit bedür­fen viel­mehr einer beson­de­ren Sen­si­bi­li­tät, denn erst, wenn es gelingt, im Ver­gan­ge­nen das Gegen­wär­ti­ge auf­zu­spü­ren (statt die Gegen­wart dem His­to­ri­schen ein­fach nur über­zu­stül­pen), kann sich der Rang eines Kunst­werks, auch eines musi­ka­li­schen Büh­nen­kunst­werks, bewähren.

    sein argu­ment übri­gens, statt immer wie­der das sel­be neu auf­zu­fri­schen öfters mal neu­es zu spie­len, wür­de ich unbe­dingt ger­ne ver­wirk­licht sehen – ich ver­ste­he die reper­toire-fixie­rung der oper eh’ nicht so ganz (die ja auch gewis­ser­ma­ßen unhis­to­risch ist – „die ent­füh­rung aus dem serail“ bei­spiels­wei­se war kaum dazu gedacht, heu­te noch auf­ge­führt zu werden …)

Ins Netz gegangen (21.7.)

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  • Zeit­ge­nös­si­sche Oper: „Aua, aua – Schme-e-erzen!“ | ZEIT ONLINE – chris­ti­nen lem­ke-matwey reka­pi­tu­liert die opern-urauf­füh­run­gen der letz­ten mona­te – und die situa­ti­on des zeit­ge­nös­si­schen musik­thea­ters überhaupt:

    Die Oper bleibt, was sie immer war, trä­ge, kuli­na­risch, teu­er, selbst­ver­liebt – und die Kom­po­nis­ten, auch die, die ihr abge­schwo­ren haben, ver­sam­meln sich halb reu­mü­tig, halb blau­äu­gig in ihrem war­men Schoß.

    nicht ohne hoff­nung, aber so rich­tig begeis­tert scheint sie auch nicht zu sein – und auch kei­ne idee zu haben, was eine (neue) begeis­te­rung aus­lö­sen könnte: 

    Man mag es schlimm fin­den oder nicht, wenn die Men­schen nicht mehr in Mozarts Zau­ber­flö­te oder Bizets Car­men gin­gen; rich­tig schlimm, ja ver­hee­rend wäre es, wenn es kei­ne ritu­el­len Orte mehr gäbe, an denen sich eine Gemein­schaft über ihre Emo­tio­nen und Affek­te ver­stän­dig­te, ohne immer gleich dar­über reden zu müs­sen, einer Sek­te bei­zu­tre­ten oder ins nächs­te Fuß­ball­sta­di­on zu ren­nen. Orte für Musik, Orte für Augen, Ohren und Sin­ne, Opern­häu­ser eben. 

    (ich wüss­te ja nur gern ein­mal, ob das wirk­lich stimmt, dass „der­zeit so vie­le [neue Stü­cke] wie noch nie“ ent­ste­hen – zah­len und ver­glei­che nennt sie lei­der keine …)

  • Uwe John­son: Daheim in der Par­al­lel­welt | ZEIT ONLINE – jan brandt schießt in sei­ner begeis­te­rung für uwe john­son, der ges­tern 80 jah­re alt gewor­den wäre, ein wenig übers ziel hinaus:

    Dabei war John­son der inno­va­tivs­te, radi­kals­te, manischs­te deut­sche Nachkriegsautor.

    trotz­dem aber eine gelun­ge­ne und rich­ti­ge und not­wen­di­ge hom­mage an einen gro­ßen autor

  • Klas­sen­ge­sell­schaft: Stan­des­ge­mäß | Kar­rie­re | ZEIT ONLINE – die „Zeit“ zeigt schö­ne und inter­es­san­te (porträt-)fotos aus der wei­ma­rer republik:

    Der Foto­graf August San­der hat die Stän­de­ge­sell­schaft der Wei­ma­rer Repu­blik por­trä­tiert. Er foto­gra­fier­te die Men­schen in ihrer typi­schen Umge­bung, mit cha­rak­te­ris­ti­scher Klei­dung oder in typi­scher Haltung.

    (von „Stän­de­ge­sell­schaft“ wür­de ich zwar nicht spre­chen, aber seis drum …)

  • IAS­Lon­line Net­Art: Geschich­te der Com­pu­ter­kunst Inhalts­ver­zeich­nis – tho­mas dre­her hat eine „Geschich­te der Com­pu­ter­kunst“ geschrie­ben und pas­send im netz veröffentlicht:

    Nach fünf Jahr­zehn­ten Com­pu­ter­kunst sind aus­führ­li­che­re Rekon­struk­tio­nen der his­to­ri­schen Ent­wick­lungs­li­ni­en des Ein­sat­zes von Rech­nern und Rechen­pro­zes­sen in künst­le­ri­schen Pro­jek­ten fäl­lig, um Com­pu­ter­kunst als eigen­stän­di­gen Bereich der Medi­en­kunst erken­nen zu können.

  • Kolum­ne Luft und Lie­be: So cra­zy wie gol­de­ne Leg­gins – taz​.de -

    Nein, ver­mut­lich hilft die „x“-Endung nicht im Nah­ost­kon­flikt. Viel­leicht löst sie über­haupt ganz wenig und wird schon bald durch irgend­was mit „y“ abge­löst. Men­schen, die sich an Baby­spi­nat-Man­gold-Smoothies gewöh­nen, wer­den sich mit der Zeit auch an neue Sprach­for­men gewöh­nen. Men­schen, die ver­su­chen, einer Wis­sen­schaft­le­rin zu erklä­ren, was sie vor geschätz­ten 37 Jah­ren in der Schu­le gelernt haben, von jeman­dem, der 20 Jah­re vor­her Bio­lo­gie auf Lehr­amt stu­diert hat: schwierig. 

  • Sym­bol­ge­halt ǀ Wir sind wie­der wer anders—der Frei­tag – georg seeß­len über fuß­ball, poli­tik, nati­on, sym­bol und verwertungszusammenhänge:

    Ein Fuß­ball­spiel hat kei­ne poli­ti­sche Bot­schaft, so wenig wie die Fri­sur eines Bun­des­trai­ners einen kul­tur­ge­schicht­li­chen Wen­de­punkt mar­kiert. Die poli­ti­sche Meta­pho­rik wird erst danach pro­du­ziert. Je nach Bedarf. Je nach Inter­es­se. Je nach Ein­fluss. Wie schön wäre es, wie­der ein­mal sagen zu kön­nen, gewon­nen hät­ten ein­fach die­je­ni­gen, die an dem ein oder ande­ren Tag am bes­ten Fuß­ball gespielt haben. Ein schö­nes Spiel sei ein schö­nes Spiel. Und sonst nichts. Aber das ist eben das Kreuz mit den Rea­li­täts­mo­del­len. Sie ver­lie­ren ihre eige­ne Rea­li­tät. Wie viel Wahr­heit ist noch auf dem Platz, wenn die Macht der Insze­na­to­ren und Pro­fi­teu­re ins Uner­mess­li­che geht?

  • Ber­li­ner Phil­har­mo­ni­ker Recor­dings: Im Lei­nen-Schmuck­pack samt Blu-ray | Musik – Ber­li­ner Zei­tung – Inter­es­sant, wie tief­ge­hend man Klas­sik­kri­ti­ker mit einer außer­ge­wöhn­li­chen CD-Ver­pa­ckung irri­tie­ren & ver­stö­ren kann

Ins Netz gegangen (27.5.)

Ins Netz gegan­gen (25.5. – 27.5.):

  • 08. Michon und die Fak­ti­zi­tät des Fik­tio­na­len | Geschich­te wird gemacht – Achim Land­wehr denkt über die Fak­ti­zi­tät des Fik­tio­na­len nach – und über das „Pro­blem“ der Tren­nung die­ser bei­den Bereiche:

    Die Wahr­heit der Fik­ti­on ist abso­lut. Ein sol­cher Grad an Wirk­lich­keits­ver­dich­tung lässt sich nicht ein­mal in der tota­li­tärs­ten aller Dik­ta­tu­ren errei­chen. … Die Fra­ge danach, wer oder was denn nun Geschich­te macht, lässt sich erwar­tungs­ge­mäß auch nicht mit Blick auf die Fik­ti­on letzt­gül­tig beant­wor­ten. Aber wie auch immer die Ant­wort aus­fal­len soll­te, die fik­ti­ven Geschich­ten und Figu­ren dür­fen dabei nicht ver­ges­sen werden. 

    Inter­es­sant wird es dann, wenn die unter­schied­li­chen Sphä­ren der Wirk­lich­keit, die fak­ti­schen und die fik­tio­na­len, mit­ein­an­der in Kon­takt tre­ten und sich über­schnei­den. Denn die Fik­tio­nen sind bestän­dig dabei, unse­re Wirk­lich­keit zu ver­än­dern und zu infi­zie­ren: Nicht nur kommt die nicht-fik­tio­na­le Welt in der fik­tio­na­len vor, eben­so wer­den fik­tio­na­le Deu­tungs­an­ge­bo­te in unse­re außer­fik­tio­na­len Lebens- und Welt­ent­wür­fe importiert.

  • Lie­be in Wag­ners Opern: Was weiß Brünn­hil­de? | ZEIT ONLINE – Sla­voj Zizek zu Wag­ners Opern, mit einer inter­es­san­ten Theo­rie (bei der ich mir nicht sicher bin, ob sie nicht doch eini­ges zu viel außen vor lässt, um stim­mig sein zu können …):

    So para­dox dies klin­gen mag, soll­te man folg­lich die übli­che Sicht­wei­se, beim Ring hand­le es sich um ein Epos des heroi­schen Hei­den­tums (da sei­ne Göt­ter nor­disch-heid­ni­sche sind), wäh­rend der Par­si­fal für Wag­ners Chris­tia­ni­sie­rung stün­de, für sei­nen Knie­fall vorm Kreuz (um mit Nietz­sche zu spre­chen), umkeh­ren: Es ist viel­mehr der Ring, in dem Wag­ner dem christ­li­chen Glau­ben am nächs­ten kommt, wäh­rend Par­si­fal, höchst unchrist­lich, eine obs­zö­ne Rück­über­set­zung des Chris­ten­tums in das heid­ni­sche Ritu­al einer zykli­schen Erneue­rung der Frucht­bar­keit durch die Wie­der­erlan­gung des Königs insze­niert. Oft wird der – viel­leicht ja all­zu offen­sicht­li­che – Umstand über­se­hen, dass Wag­ners Ring das ulti­ma­ti­ve pau­li­ni­sche Kunst­werk dar­stellt: Sein zen­tra­les The­ma ist das Schei­tern der Herr­schaft des Geset­zes; und die Ver­la­ge­rung, die die inne­re Spann­wei­te des Rings am bes­ten zum Aus­druck bringt, ist die Ver­la­ge­rung vom Gesetz auf die Liebe.

    Gegen Ende der Göt­ter­däm­me­rung geschieht mit­hin Fol­gen­des: Wag­ner über­win­det sei­ne eige­ne, „heidnisch“-feuerbachsche Ideo­lo­gie der (hetero-)sexuellen Paa­res­lie­be als des Para­dig­mas der Lie­be. Brünn­hil­des letz­te Ver­wand­lung ist die von Eros zu Aga­pe, von der ero­ti­schen Lie­be zur poli­ti­schen Lie­be. Der Eros kann das Gesetz nicht wirk­lich über­win­den: Er kann ledig­lich in punk­tu­el­ler Hef­tig­keit ent­flam­men, als die momen­ta­ne Über­schrei­tung des Geset­zes, Sieg­munds und Sieg­lin­des Feu­er gleich, das sich sofort selbst ver­zehrt. Aga­pe hin­ge­gen ist das, was bleibt, nach­dem wir die Kon­se­quen­zen aus dem Schei­tern des Eros gezo­gen haben.

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