So sieht sie also aus, meine personalisierte Neue Version, die jetzt verfügbar ist — aber das hatte ich ja schon getwittert.
Schön ist das Buch geworden, mit den farbigen Seiten der verschiedenen Kapiteln (nur eine bessere und flexiblere Klebebindung hätte ich mir gewünscht …). Wobei verfügbar schon falsch ist: Der Text hätte mir schon lange bekannt sein können und war es teilweise auch, weil der Autor Dirk von Gehlen (dessen Mashup ich auch schon mit Gewinn gelesen habe) seine Unterstützer am Entstehungsprozess hat teilhaben lassen (was ich aber nicht alles gelesen und angehört habe). Jetzt also die neue Version von Eine neue Version ist verfügbar, die auch nur eine vorläufig letzte ist: Im Herbst erscheint es als überarbeitete Version noch einmal bei einem Verlag.
Worum geht es in Eine neue Version ist verfügbar? Um Verflüssigung. Von Gehlen beobachtet und beschreibt eine Veränderung, die durch die Digitalisierung vielleicht nicht hervorgebracht, aber zumindest beschleunigt wurde: Gesellschaft und ihre “Produkte” verändert sich. Sie wird beweglicher, eben flüssiger, überwindet also die Starre des Feststoffes. Das heißt auch: Sie existiert immer in verschiedenen Versionen: Alles — z.B. auch die Kultur — wird zur Software.
Metaphern spielen dabei — die Vorstellung der “Verflüssigung” macht es ja schon deutlich — eine große Rolle. Vielleicht manchmal eine zu große: Hin und wieder hätte ich mir (auch) noch etwas mehr Konkretisierung gewünscht. Sicher, dass ist nicht das primäre Ziel von Gehlens. Aber geschadet hätte es dem Text und seiner analytischen Schärfe vielleicht nicht ;-). Und für meinen unmaßgeblichen Geschmack wird der Fußballspielvergleich etwas überstrapaziert. Aber das sind Kleinigkeiten, im Großen und Ganzen bin ich — glaube ich zumindest — auf einer Linie mit der Neuen Version.Verflüssigung heißt also: Der Künstler — denn obwohl von Gehlen immer mit dem Blick auf die gesamte Gesellschaft schreibt, bleibt die Künstlerin und ihr Kulturschaffen doch im Fokus — steht “nicht mehr am Anfang, sondern in der Mitte eines kreativen Prozesses […], dessen Ausgang offen ist” (S. 149f.) Und deshalb heißt es ganz folgerichtig einmal: “Wir müssen schwimmen lernen!” Und das ist also von Gehlens Forderung für alle. Er schlägt dazu einen Weg in fünf Schritten vor:
- Das Produkt als Prozess denken (führt zu größerer Nähe zw. Produzent und Konsument)
- Das Gespräch führen (der soziale Aspekt der Kultur — dazu gehört auch, die “Metadaten” offenzulegen, also den Prozess zu zeigen und auch nachvollziehbar zu machen)
- Ein Netzwerk erstellen (Künstler als (Ver-)Mittler)
- Einen Salon eröffnen (Gemeinsamkeit spezifisch definierter (virtueller) Öffentlichkeit(en))
- Erlebnisse schaffen (auch der Entstehungsprozess ist ein Erlebnis)
Zusammengenommen heißt das dann:
Schwimmen lernen bedeutet deshalb vor allem: die neuen Bedingungen im veränderten Verhältnis zwischen Autor und Publikum zu erspüren. Denn hier liegt eine der zentralen Folgen der digitalen Kopie für die zu Software gewordene Kultur. (S. 150)
Und damit hat er wohl ziemlich recht. Es wird also spannend, davon bin ich überzeugt: Noch gibt es ja erst wenige Versuche, diesen Weg (in der Kunst) zu gehen. Das werden in den nächsten Jahren sicherlich viel mehr werden — und darauf freue ich mich. Und so gelassen und freundlich-positiv, wie von Gehlen diesen ja durchaus radikalen Veränderungsprozess beschreibt, freut er sich genauso darauf …
@dvg
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