Ich probiere mal wieder etwas Neues … Da ich meine Meldungen “Aus-Lese” mit einer kurzen subjektiven Skizze der jeweiligen Lektüre und meines Eindruckes dazu versehen habe, bedeutet das einen (zwar kleinen) gewissen Aufwand, der mich in der letzten Zeit weitgehend davon abgehalten hat, die Serie fortzuführen. Also gibt es jetzt einen neuen Versuch im deutlich reduzierten Format …
Der schmale Band mit Erzählungen — überwiegend aus den 1950er und 1960er Jahren — hat es nicht geschafft, meine respektvolle Distanz zu Doderer zu verringern. Ich erkenne (und schätze) die Kunstfertigkeit und das Stilbewusstsein des Autors, aber davon abgesehen bleiben mir die Texte (das ging mir mit seinen Romanen ähnlich) eher fremd.
Eine nette kurze Feierabendlektüre, die den Menschen Marcus Tullius Cicero flott, unterhaltsam, auch pointiert porträtiert. Dabei klingt das große (selbstverständliche) Fachwissen der römischen Geschichte immer mit. Mir fehlt allerdings etwas die genauere und ausführlichere Beschäftigung mit den Inhalten von Ciceros Werken. Der Band bleibt (absichtlich) weitgehend (nicht nur, aber doch überwiegend) am Äußeren von Ciceros Leben. — Natürlich wäre das auch viel verlangt, beides auf 100 Seiten zufriedenstellend zu erledigen, das ist mir durchaus bewusst. Für meinen Geschmack hätte eine zumindest teilweise Verschiebung des Fokus aber dennoch gut getan.
Ein faszinierender Text. Ich könnte aber nur schwer genau sagen, was das eigentlich ist — und worauf der Text hinaus will. Auf der Suche nach so etwas wie einer geistigen Signatur der BRD liest Poppenberg Autoren und ihre Rückblicke auf die letzten Jahrzehnte. So kommen Philipp Felsch, Frank Witzel, Ulrich Raulff und Friedrich Kittler gemeinsam in den Blick, werden genau (!) gelesen und mit durchaus sujektive gefärbten Darstellungen und Erinnerungen kombiniert. Das klingt jetzt viel seltsamer als es im Text ist. Der ist nämlich durchaus faszinierend und gelehrt — eine überaus anregende Mischung und auch eine anregende Lektüre.
Roman oder autobiographische Erzählung — eigentlich ist das ja egal. Was es auf jeden Fall ist: Eine — angesichts des Sujets — erstaunlich leichte und leichtfüßige Erzählung der jüdischen Familie Senger vor und während des Nationalsozialismus. Das einzigartige daran ist, das merkt der Erzähler auch selbst, wie wundervoll das gelingt: Ein Wunder ist das Überleben, ein Wunder ohne Staunen. Natürlich gibt es, ganz klassisch, Schwierigkeiten zu überwinden. Aber um Ende siegt doch die Leichtigkeit, das Leben, die fast unverschämte Unvernunft und Unbesorgtheit des Erzählers und seiner Familie. Das ganze ist sehr direkt, unmittelbar erzählt — ein Text, dem man sich kaum entziehen kann (und es ja eigentlich auch nicht möchte). Die meistenteils knappen Kapitel, fast Erinnerungsbruchstücke (vor allem im ersten Teil, der frühen Kindheit des Erzählers) machen dne Text auch gut zugänglich und konsumierbar — sicherlich auch ein Faktor, der zum Erfolg des Buches, das seit 1978 in mehreren Auflagen und Ausgaben (und Verlagen) erschienen ist.
Der Titel kündigt eigentlich eher eine Streitschrift an: “Wider die Rückkehr des Nationalismus”. Das kann der Band aber kaum einlösen. Was er aber kann, und das durchaus recht gut und überzeugend: Hintergründe für Entwicklungen geben. Die Autor*innen bieten nämlich eine Rückschau auf die deutsche Geschichte seit 1945, in West und Ost, mit dem Fokus auf die diversen rechten, nationalistischen Strömungen, Diskussionen und Parteien, von der Entnazifizierung bis in die ungefähre Gegenwart. Das ist als Einordnung und Argumentationshilfe gut gemacht und gut zu nutzen. Die gesamtdeutsche Perspektive ist dabei durchaus hilfreich — unsicher bin ich allerdings, ob Bücher wie diese ihr Ziel wirklich erreichen können …
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