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Schlagwort: europa Seite 1 von 4

netzstruktur auf blauem hintergrund (vernetzungsgraph)

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  • Der neue Berlin­er Feiertag muss der Europatag am 9. Mai wer­den! | Der (europäis­che) Föder­al­ist → manuel müller schlägt vor, einen feiertag für eruopa/die europäis­che einigung/befriedung einzuführen

    In Erin­nerung an die Schu­man-Erk­lärung bege­ht die Europäis­che Union den 9. Mai bere­its seit vie­len Jahren als Europatag. Europaweit find­en heute Feste und Ver­anstal­tun­gen statt, um die europäis­che Idee, die Errun­gen­schaften der europäis­chen Inte­gra­tion und das bürg­er­schaftliche Engage­ment für län­derüber­greifend­en Aus­tausch und Ver­ständi­gung zu feiern.

    Nur eines ist der Europatag noch nicht: ein geset­zlich­er Feiertag. Das Land Berlin hat jet­zt die Chance, das zu ändern.

  • Im Korsett des Tur­bokap­i­tal­is­mus | SZ → im gegen­satz zu ger­hard mätzigs etwas herumeiern­den sowohl-als-auch-artikel fordert lau­ra weiss­müller einen guten punkt, bevor man über die ange­blich bessere leis­tung der nachge­baut­en pseu­do-alt­stadt in frank­furt disku­tiert:

    Und genau deswe­gen macht es keinen Sinn, das neue Frank­furter Alt­stadtquarti­er in Stel­lung gegen eine Architek­tur zu brin­gen, die ver­sucht, auf die Prob­leme unser­er Zeit zu reagieren. Wer die Qual­itäten bei­der Rich­tun­gen — hier die Baut­en der Alt­stadt­fre­unde, dort die der Avant­gardis­ten — ern­sthaft ver­gle­ichen möchte, müsste erst mit der­sel­ben Sorgfalt, Detail­freude und Unter­stützung der Baube­hörde ein ähn­lich dicht­es Stück Stadt, und zwar in gle­ich­er zen­traler Lage, in zeit­genös­sis­chem Gewand bauen lassen. Anson­sten ist es unlauter, eine Architek­tur für ihre Unbe­haus­theit ver­ant­wortlich zu machen, wenn man sie aus Kosten­grün­den genau in dieses Korsett zwingt.

  • Ein Reisender auf dem Ozean der Texte: Gérard Genette ist tot | NZZ → milo rau schreibt einen gut informierten nachruf auf den großen lit­er­atur­the­o­retik­er gérard genette, der let­zte woche ver­starb:

    Der­art zahlre­ich sind die Bezüge ausser­halb und inner­halb sein­er Diszi­plin, der­art vielfältig ist Genettes Ein­fluss auf die Geis­teswis­senschaften ins­ge­samt, dass es let­ztlich wohl diese total­isierende Unab­hängigkeit von Schulen und Denkrich­tun­gen ist, die sein Werk ausze­ich­net.

gefrorenes spinnennetz

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  • Inter­view: “Die Rel­e­vanz von Geschlecht nimmt ab” | Cam­pus Mainz → die ger­man­is­tis­che sprach­wis­senschaft­lerin damaris nübling über sprache und geschlecht, gen­der und gerechtigkeit

    Langfristig wäre es gut, die Kat­e­gorie Geschlecht aufzulösen, statt sie zu drama­tisieren. Das funk­tion­iert neben dem Streuen auch mit neu­tral­isieren­den Pronomen im Plur­al wie “alle”, “viele” oder “manche”. Außer­dem kann man auch anstelle von Per­so­n­en­beze­ich­nun­gen abstrak­tere Begriffe ver­wen­den, zum Beispiel: “Das Insti­tut hat entsch­ieden” anstelle von “Der Insti­tut­sleit­er hat entsch­ieden” und so weit­er.
    Allerd­ings kommt das immer auf den Kon­text an. Feste Rezepte gibt es nicht, Kreativ­ität ist gefragt. Dazu gehören auch die zunehmenden Präsenspar­tizip­i­en im Plur­al wie “Studierende”. Sin­gu­lare wie “der Studierende” tau­gen dage­gen nicht, da Sin­gu­lare immer mit Genus aufge­laden sind. Meine Erfahrung ist, dass es weniger eine Frage der Möglichkeit­en als des Wil­lens ist.

  • Kul­turgut Buch — bröck­elt der Mythos? | Deutsch­land­funk Kul­tur → ein nach­den­klich­es inter­view mit jörg sun­der­meier vom famosen ver­brech­er-ver­lag zur lage des buch­mark­tes und der lit­er­atur im ganz all­ge­meinen

    Ich glaube, momen­tan ist eher das Prob­lem nicht so sehr, dass die Leute nicht lesen wollen oder nicht lesen kön­nen, son­dern dass es ein biss­chen demi mode ist, und ich habe aber den Ein­druck, dass es sich ändert und dass das Lesen wieder zurück­kommt,

  • “Gewon­nen hat die deutsche Nation” | Zeit → noch ein älteres inter­view, das schon lange in mein­er leseliste schlum­mert: georg schmidt spricht über den dreißigjähri­gen krieg (die leserkom­mentare ignori­ert man aber bess­er …)
  • The Ulti­mate Pro­duc­tiv­i­ty Blog → großar­tig, sehr tre­f­fend auf den punkt gebracht
  • Abwe­sen­heit als Krise | Sozialthe­o­ris­ten → span­nende über­legun­gen von ste­fan kühl zum prob­lem der anwe­sen­heit­skon­trollen an uni­ver­sitäten

    Selb­st in Überwachung­sprak­tiken begabte Lehrende wer­den fest­stellen, dass sie trotz einzel­ner Siege über beson­ders auf­fäl­lige Drücke­berg­er am Ende diese Kon­trol­lkämpfe ver­lieren wer­den. Die Kreativ­ität von Studieren­den beim Erfind­en von Wegen, diese Kon­trollen zu unter­laufen, wird immer größer sein als die Kreativ­ität von Lehren­den im Erfind­en neuer Wege der Kon­trolle. Anwe­sen­heit­slis­ten sind deswe­gen ein stumpfes Schw­ert, um das Leis­tungsniveau von Studieren­den anzuheben. […] Das Prob­lem der Abwe­sen­heit von Studieren­den ist also nicht vor­rangig ein Prob­lem der Qual­ität der Lehren­den, son­dern liegt vielmehr in der Gestal­tung der Stu­di­engänge selb­st […] Statt auf das Prob­lem der Abwe­sen­heit mit dem eher brachialen Mit­tel der Anwe­sen­heit­sliste zu reagieren, gäbe es eine Alter­na­tive. Man kön­nte chro­nis­che Abwe­sen­heit­en – oder Anwe­sen­heit­en, die nur über Anwe­sen­heit­slis­ten durchge­set­zt wer­den kön­nen – als ein Zeichen dafür sehen, dass irgen­det­was in dem Stu­di­en­gang nicht stimmt.

  • Trump ist der Geburtshelfer von “Me Too” | SZ → eine gute — und wie mir scheint, sehr tre­f­fende — einord­nung von hed­wig richter der #MeToo-bewe­gung in den wan­del von män­ner-/männlichkeits­bildern und die geschichte der gle­ich­berech­ti­gung

    Die Empörung über die Gewalti­gen, die sich der Leiber der anderen bedi­enen, ist mehr als ein Hash­tag und etwas anderes als eine Het­z­jagd. Sie ist das Ende der let­zten Selb­stver­ständlichkeit: Das Zweifel- und Bedenken­lose ein­er männlichen Herrschaft, das in die Kör­p­er eingeschrieben war, scheint endgültig außer Kraft geset­zt zu sein.

  • The Hori­zon of Desire | Lon­greads → ein her­vor­ra­gen­der essay von lau­rie pen­ny über kon­sens, rape cul­ture, männlich- und weib­lichkeit und die damit ein­herge­hen­den (stereo­typen) erwartun­gen an das ver­hal­ten beim sex

    Rape cul­ture is not about demo­niz­ing men. It is about con­trol­ling female sex­u­al­i­ty. It is anti-sex and anti-plea­sure. It teach­es us to deny our own desire as an adap­tive strat­e­gy for sur­viv­ing a sex­ist world. […] But unless we talk about desire, about agency, about con­sent, then we’ll only ever be fight­ing this cul­ture war in retreat. It’s a real war, one that impacts our bod­i­ly auton­o­my and our eco­nom­ic and polit­i­cal pow­er. The bat­tle for female desire and agency goes way beyond the bed­room, and it’s a bat­tle that right now every­one is los­ing.

netzgebilde (unsplash.com)

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Ins Netz gegan­gen am 14.6.:

  • Geschichte link­er Medi­en im Überblick: Eine ganz andere Sicht | taz → ein net­ter, kurz­er abriss und überblick über linke medi­en in deutsch­land und nebe­nand
  • Welch­er Islam? Zum Islam in Feuil­leton und Forschung | Geschichte der Gegen­wart → almut höfert plädiert für mehr genauigkeit mit “dem islam”

    Wir kön­nen wed­er auf den Islam- noch den Europabegriff verzicht­en, aber die Ver­wen­dung bei­der Begriffe ist sehr viel kom­pliziert­er als gemein­hin angenom­men wird. Wir tun gut daran, die Gren­zen zwis­chen „uns“ und „den Anderen“ fließend zu hal­ten und die Grund­lage ein­er geein­ten Men­schheit höher zu set­zen. Es wäre schon viel geholfen, zwis­chen spä­tan­tikem, mit­te­lal­ter­lichem und mod­ernem Islam und Europa zu dif­feren­zieren: Denn der „Islam“ ist kein außer­his­torisches Phänomen.

  • Effizien­zgewinne und Rebound-Effek­te: Umweltwirkun­gen des Diese­lantriebs im Ver­gle­ich | Zukun­ft Mobil­ität → mar­tin ran­del­hoff rech­net mal durch (und vor), ob der diese­lantrieb wirk­lich so “umwelt­fre­undlich” ist und seine steuer­liche bevorzu­gung zu recht genießt

    Ins­beson­dere vor dem Hin­ter­grund des erhöht­en Ausstoß von gesund­heits­ge­fähren­den Luftschad­stof­fen stellt sich daher die Frage, ob der Diese­lantrieb seine Stel­lung in Deutsch­land behal­ten sollte. Diese ist auch vor dem Hin­ter­grund zu beant­worten, dass der Otto­mo­tor im Ver­gle­ich zum Diesel­mo­tor umfan­gre­iche CO2-Reduk­tionspoten­ziale besitzt und Alter­na­tiv­en zu kon­ven­tionellen Antrieben konkur­ren­zfähig wer­den.

    Die steuer­liche Bevorzu­gung von Diesel-Pkw wie auch Dieselkraft­stoff set­zt Fehlanreize und erzeugt Rebound-Effek­te, welche eine neg­a­tive Kli­maschutzwirkung zur Folge haben. Die Diskus­sion, ob der Diesel diese Begün­s­ti­gung weit­er­hin genießen soll und – vor dem Hin­ter­grund der hohen Fol­gekosten auf­grund von Gesund­heitss­chä­den – weit­er­hin genießen darf, ist daher über­fäl­lig.

  • Post­mod­erne als Papp­kam­er­ad | Geschichte der Gegen­wart → noch mal “geschichte der gegen­wart”, dieses mal über die mis­repräsen­ta­tion der­post­mod­erne in (vie­len) aktuellen diskus­sio­nen

    Wer solche The­sen auf­stellt, wird selb­st zum Konstruk­teur, zum Konstruk­teur ein­er Post­mo­derne, die mit der ‚Reali­tät‘ der Post­mo­derne nichts zu tun hat. Und er wird zum Konstruk­teur eines Realis­mus, der blind ist für die durch Konstruk­tio­nen herge­stellte Reali­tät. … Wer etwas als konstru­iert voraus­setzt, sagt damit nicht, dass das Konstru­ierte nicht real sei. … Wenn man nun aber die konser­va­tive, rechts­po­pu­lis­ti­sche Mimi­kry von post­mo­der­nen Begrif­fen als ‚Post­mo­derne‘ liest, dann ist wirk­lich Hopfen und Malz verlo­ren. Dage­gen hil­ft nur das Studi­um der post­mo­der­nen Theo­rien selb­st. Denn diese eignen sich noch immer beson­ders gut dazu, dieje­ni­gen Konstruk­tio­nen, die ihren Konstruk­ti­ons­cha­rak­ter leug­nen, aber auch dieje­ni­gen, die im Gewand der Subver­sion auftre­ten, zu analy­sie­ren.

  • Das Dep­pen­leerze­ichen gibt es nicht: Eine Art Rep­lik | Sprachlog → kristin kopf über das “dep­pen­leerze­ichen” und all­ge­mein die n+n‑komposita im deutschen in all ihren for­men

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  • Müssen wir Europa ‚anders‘ denken? Eine kul­tur­wis­senschaftliche Antwort | Mein Europa → span­nende analyse der his­torischen verknüpfung/verbindung von euo­pra-idee und geschlecht­si­den­tität und die kon­se­quen­zen für die gegen­wär­tige europa-idee und ‑debat­te, z.b.:

    Wenn Kul­tur im gegen­wär­ti­gen plu­ral­is­tis­chen Gesellschaftsmod­ell, das in den einzel­nen europäis­chen Län­dern unter­schiedlich stark oder ger­ing greift, nicht mehr an den Mann als auf­grund ein­er ver­meintlichen Geschlecht­si­den­tität Kul­turschaf­fend­en gebun­den ist oder gebun­den wer­den kann, ist Europa als Kul­tur im Sin­gu­lar nicht mehr als Pro­dukt des kul­turschaf­fend­en männlichen Geschlechts konzip­ier­bar, sie ist generell nicht mehr im Sin­gu­lar konzip­ier­bar.

    „Europa“ nicht im Sinne des essen­tial­is­tis­chen Sin­gu­lars der Aufk­lärung zu denken, son­dern als Vielfalt des Dif­fer­enten auf der Grund­lage von Kohärenz und Kohä­sion ist möglich und dies auf eine egal­itäre plu­ral­is­tis­che Gesellschaft zu beziehen, ist eben­so möglich.
    […] Kon­se­quent wäre es, EU-Europa von der Gesellschaft und der anti-essen­tial­is­tis­chen Per­spek­tive her zu denken. Dabei kann nicht mehr auf das Funk­tion­ieren eines kollek­tiv­en per­for­ma­tiv­en Sprechak­ts geset­zt wer­den. Das Erzeu­gen inhaltlich­er Kohärenz in Bezug auf Europa braucht die Europäerin­nen und Europäer als Kom­mu­nika­tion­sak­tive. Die Frage, wie sich das organ­isieren lässt, ist eben­so zen­tral wie sie unbeant­wortet geblieben ist. Von „europäis­ch­er Öffentlichkeit“ bis „soziale Medi­en“ gibt es viele Prak­tiken, aber diese weisen kein­er­lei Kohä­sion auf. Unbeant­wortet ist auch die Frage, ob Anti-Essen­tial­is­mus Dezen­tri­ertheit erfordert oder zur Folge hat? Dies würde der bish­eri­gen EU-Europaidee umfassend ent­ge­gen­ste­hen.

  • Europäis­che Union: Anleitung zum Nation­al­is­mus | ZEIT ONLINE → ein­fach wun­der­bar sarkastisch …

    Erweck­en Sie den Ein­druck, mit dem Nation­al­staat kön­nte man auch den Lebensstil ein­er unterge­gan­genen Epoche wieder aufleben lassen.

  • „Vom Über­set­zen“ – Fest­spielrede von Car­olin Emcke | Ruhrtri­i­i­en­nale → car­olin emcke ist rat­los angesichts des entset­zens der gegen­wart und ver­sucht, die aufk­lärung (als prozess) wieder stark zu machen

    Es braucht Über­set­zun­gen der Begriffe und Werte, die aus­ge­höhlt und ver­stüm­melt wor­den sind, es braucht eine Über­set­zung von Nor­men in Anwen­dun­gen, es müssen Begriffe in Erfahrun­gen über­set­zt wer­den, damit sie vorstell­bar wer­den in ihrer Sub­stanz, damit wieder deut­lich und nachvol­lziehbar wird, woraus sie beste­hen, damit erleb­bar wird, wann und warum der Rechtsstaat einen schützt, dass sub­jek­tive Rechte nicht nur pas­siv vorhan­den, son­dern dass sie auch aktiv ein­klag­bar sind, dass eine Demokratie nicht ein­fach die Dik­tatur der Mehrheit bedeutet, wie es sich die AfD oder Ukip oder der Front Nation­al wün­schen, son­dern eben auch den Schutz der Min­der­heit, es braucht eine Über­set­zung der Geset­ze und Para­graphen, der Experten­sprache in demokratis­che Wirk­lichkeit­en, es braucht Erzäh­lun­gen davon, wie die Frei­heit schmeckt, wie die Gle­ich­heit sich anfühlt, wie die Brüder­lichkeit klingt.

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  • Nor­bert Blüm: Nation­al­is­mus ist Idi­otie | Süddeutsche.de → was sind das nur für zeit­en, dass ich einen text von nor­bert blüm zum lesen empfehlen muss …

    Nation­al­is­mus ver­ste­ht etwas von Macht, Glanz und Glo­ria, weniger von Men­schlichkeit. Macht ist die Triebfed­er jed­wed­er nation­al­is­tis­ch­er Poli­tik. Warum sollte ich dem Nation­al­staat nach­trauern? Er ist ein Zwis­chen­spiel der Geschichte, wed­er gottgegeben noch naturgewach­sen.

  • Kühlschränke gibt’s bei Kater Muschi → ein net­ter text über leben und einkaufen arno schmidts in darm­stadt (1955–1958)
  • Wahlkampfro­man 2016. “So wird das Leben.” – Mar­lene Streeruwitz → “Bei der Wieder­hol­ung der Wahl zum öster­re­ichis­chen Bun­de­spräsi­den­ten ste­ht die Entschei­dung für oder gegen die Demokratie an. Mar­lene Streeruwitz erzählt in ihrem drit­ten Wahlkampfro­man was diese Entschei­dung im wirk­lichen Leben bedeutet.”
  • Jour­nal­ist: Zeit-Online-Chefredak­teur Jochen Weg­n­er: “Wir sind anders” → ein inter­es­santes und teil­weise sehr ent­lar­ven­des inter­view. matthias daniel find­et es z.b. (in einem fachmedi­um! für jour­nal­is­ten) “irre”, dass zeit-online den train­er des dfb mit ein­er nicht­nachricht (er macht weit­er) nicht als topthe­ma hat­te …

    und immer wieder wun­dern mich medien­zahlen — so “erre­icht” ze.tt ange­blich 10 % der bevölkerung in deutsch­land. das erscheint mir irre viel …

    und eine schöne bull­shit-phrase: genaue, per­son­al­isierte nutzer­dat­en sind “ein qual­i­fiziert­er Kon­takt zu vie­len Lesern”

  • Lan­guage Stuff – Google Dri­ve → irre viele (englis­chsprachige) gram­matiken irre viel­er sprachen, lei­der (in meinen stich­proben) ohne ordentliche bib­li­ographis­che nach­weise. teil­weise sprach­lehrbüch­er, teil­weise wis­senschaftliche
  • Ohne Pflug auf den Ack­er — Land­wirte passen sich dem Kli­mawan­del an | Deusch­landra­dio Kul­tur → schönes fea­ture über den umgang von (vor­wiegend bio-)landwirten in bran­den­burg mit dem sich ändern­den kli­ma und den damit ein­herge­hen­den verän­derun­gen in ihrer arbeit

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  • Wis­senschaftliche Analyse: Min­destens zehn Prozent der Fußball­profis gedopt | FAZ → eine — erste — unter­suchung zum dop­ing im profi­fußball geht von 9,8 bis 35,1 prozent gedopter sportler in deutsch­land aus. kon­trol­liert wer­den fast die hälfte höch­stens ein mal im jahr. sehr beze­ich­nend auch:

    Er selb­st musste seine Befra­gung in Deutsch­land qua­si heim­lich, über seine pri­vat­en Kon­tak­te durch­führen, weil die Bun­desli­ga-Vere­ine mit dem The­ma nichts zu tun haben woll­ten.

  • Nach dem Brex­it: Bringt die EU tat­säch­lich weniger Demokratie? | NZZ

    Bei ein­er nüchter­nen Analyse der demokratis­chen Vor- und Nachteile kommt die EU damit viel bess­er weg, als im öffentlichen Diskurs meist angenom­men wird. Anders die nationalen Demokra­tien – auch in Bezug auf die direk­te Demokratie der Schweiz: Wir erleben in allen nationalen Demokra­tien eine zunehmende «Tyran­nei der Alteinge­sesse­nen».

  • Fin­tech: Das näch­ste kleine Ding | brand eins → langer (und etwas aus­ge­walzter) text über die (v.a. die deutschen) fin­tech-star­tups, ihr ver­hält­nis zu beste­hen­den banken und den kun­den sowie ihren momen­ta­nen zukun­ftschan­cen (eher über­sichtlich, offen­bar)
  • Hugo Ball im Zun­fthaus zur Waag: Wie die Nach­welt Dada erfand | NZZ → mag­nus wieland über das (ex post) so genan­nte “eröff­nungs-man­i­fest” des dada von hugo ball und seine edi­tion­s­geschichte

    Der Erst­druck erschien 1961 in Paul Pört­ners ver­di­en­stvoller Antholo­gie «Lit­er­atur-Rev­o­lu­tion», diesem war es von Emmy Hen­nings’ Tochter Annemarie Schütt-Hen­nings zur Ver­fü­gung gestellt wor­den. Sie betreute den Nach­lass von Ball und bemühte sich beim Ben­ziger-Ver­lag um die Her­aus­gabe sein­er Briefe und Schriften. Bre­it­ere Aufmerk­samkeit dürfte das Man­i­fest aber erst erhal­ten haben, als es fünf Jahre später zum 50-Jahre-Jubiläum der Dada-Bewe­gung in der Kul­turzeitschrift «Du» erneut abge­druckt wurde, wiederum von Schütt-Hen­nings zur Ver­fü­gung gestellt, die sehr wahrschein­lich auch die maschinelle Abschrift für die Druck­vor­lage besorgt hat­te.

    Dort taucht nun zum ersten Mal die heute geläu­fige Beze­ich­nung «Eröff­nungs-Man­i­fest» auf. Ohne his­torische Grund­lage wird dem Text eine Funk­tion zugeschrieben, die ihm seine her­aus­ra­gende Stel­lung als Grün­dungs­doku­ment sich­ern soll. Und mehr noch: Neben dem neuen Titel weist die Abschrift streck­en­weise auch erhe­bliche Verän­derun­gen und sin­nentstel­lende Fehler auf, was umso gravieren­der ist, als sie bish­er mit weni­gen Aus­nah­men als Ref­erenz für zahlre­iche Antholo­gien und Forschungsar­beit­en diente.

  • Wie ich Kei­th Jar­retts Feind wurde | Fre­i­t­ext → ein wun­der­bar­er text (der titel sagt ja schon fast alles …) von clemens setz über die hybris und arro­ganz von kei­th jar­rett, anlässlich eines konz­ertes in wien

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  • Fak­ing it – the great unmen­tion­able of orches­tral play­ing | the strad → Giv­en today’s high stan­dards of musi­cian­ship, you might think top orches­tral string play­ers can play any­thing, but there are times when the best they can do is give the impres­sion of play­ing every note as writ­ten
  • Igor Lev­it: “Es ist so unheim­lich geil” | ZEIT ONLINE → der großar­tige igor lev­it lässt sich von moritz von uslar fra­gen zu beethoven stellen und hat ein paar coole antworten auf teil­weise etwas dümm­liche fra­gen (die sich uslar nicht mal selb­st über­legen kon­nte …)
    krank allerd­ings ist der ange­bliche anlass: das beethoven-jubiläum 2020 — sind ja nur noch vier jahre, aber was soll’s, damit war die “zeit” bes­timmt das erste medi­um, das das jubiläum ein­geläutet hat …
  • Aaron Sorkin Con­jures a Meet­ing of Oba­ma and Bart­let — The New York Times → erst jet­zt gefun­den: aaron sorkin hat sich für die NYTimes ein tre­f­fen von oba­ma und dem west-wing-präsi­dent bartlett 2008 aus­ge­malt.
  • Kohleausstieg vertagt | klimaretter.info → aus kurzfristi­gen poli­tis­chen über­legun­gen (und angst) vergeigen die regierun­gen deutsch­lands die energiewende immer mehr, schieben sie immer weit­er in die zukun­ft und hin­ter­lassen immer größere prob­leme
  • Kli­mawan­del: Der unglaubliche Eier­tanz der Mete­o­rolo­gen | FAZ → joachim müller-jung hat genug vom eier­tanz der meterolo­gen:

    Aber wie lange sollen sich Mete­o­rolo­gen, die wie kaum eine zweite Forschergilde öffentlich Gehör find­en, hin­ter einem ominösen sta­tis­tis­chen Rauschen ver­steck­en, nur weil sie das Offenkundi­ge – den beschle­u­nigten Kli­mawan­del – als poli­tis­che Kor­rek­theit und deswe­gen als unangemessene wis­senschaftliche Inter­pre­ta­tion betra­cht­en? Die mete­o­rol­o­gis­che Exper­tise steckt selb­st in einem Tief­druck­sumpf. Sie täte auch deshalb gut daran, ihre verquas­ten kli­ma­tol­o­gis­chen Sprachreg­u­lar­ien aufzugeben, weil sie mit zwei­deuti­gen Aus­flücht­en die anti­wis­senschaftlichen Ressen­ti­ments nur mehr schürt.

  • „Vor 10.000 Jahren waren die Europäer schwarz“ – Johannes Krause im Gespräch | Migra­tion → sehr inter­es­santes und span­nen­des inter­view mit dem paläo­genetik­er johannes krause über migra­tio­nen, ausse­hen etc.

    Vor der Eiszeit hat­ten die bish­er unter­sucht­en Men­schen in Europa alle braune Augen, nach der Eiszeit waren die Augen blau. Die Ure­u­ropäer, die vor zehn­tausenden Jahren in Europa lebten, hat­ten eine dun­kle Haut­farbe. Das entspricht nicht dem üblichen Bild. Wenn ich ins Muse­um gehe, sind die Jäger und Samm­ler von vor 10.000 Jahren meist weiß dargestellt – dabei waren sie schwarz und hat­ten blaue Augen. Sie wiesen keines der Gene auf, die heute eine helle Haut­farbe verur­sachen. Die heutige helle Haut hat sich erst in der Bronzezeit in Europa aus­ge­bre­it­et, also vor zir­ka 5.000 Jahren.

  • Read more blogs | Seth’s blog → seth godin:

    read­ing more blogs is one of the best ways to become smarter, more effec­tive and more engaged in what’s going on. The last great online bar­gain.

    — sehr richtig. und wirk­lich so ein­fach umzuset­zen. rss und seine read­er sind meines eracht­ens immer noch die am meis­ten unter­schätzte tech­nik im inter­net

Ins Netz gegangen (30.5.)

Ins Netz gegan­gen am 30.5.:

  • Kleist-Edi­tion: Ein trau­riges Ende | Süd­deutsche → kleist-experte und ‑her­aus­ge­ber klaus müller-sal­get berichtet vom sehr unrühm­lichen umgang des hanser-ver­lages mit der offen­bar grot­ten­schlecht­en, aber als ulti­ma­tiv­en ange­priese­nen kleist-leseaus­gabe von roland reuß und peter staen­gle — nach­dem der ver­lag eine revi­sion ver­sprach, die fehler­hafte aus­gabe aber munter weit­er verkaufte, stellt er sie nun gän­zlich ein (das sind übri­gens die ver­lage, die über die vg wort geld von den urhe­bern haben wollen — für ihre uner­set­zlichen leis­tun­gen …)
  • re:publica 2016 – Thorsten Schröder & Frank Rieger: Ad-Wars → span­nen­der vor­trag von frank rieger & thorsten schröder über adblock­er, mal­ware und gefahren­ab­wehr im netz (mit lösungvorschlä­gen!)
  • Muse­ums­di­rek­tor Köhne im Gespräch: Wir müssen es wagen! | FAZ → eckart kröhne, direk­tor des badis­chen lan­desmu­se­ums, will sein muse­um öff­nen — die faz spricht im inter­view von ein­er “rev­o­lu­tion von unten”:

    Museen sind eigentlich so angelegt, dass sie die wis­senschaftlich fach­liche Deu­tung­shoheit für ihre Inhalte haben. Wir ver­suchen, neben diesem kura­torischen Strang einen zweit­en Strang zu entwick­eln, bei dem wir sel­ber nicht mehr deuten, son­dern die Nutzer und Nutzerin­nen des Muse­ums das tun.

  • Krise des Lib­er­al­is­mus: Ein autoritäres Ange­bot | Zeit → thomas assheuser ver­sucht sich in der “zeit” an ein­er analyse der sit­u­a­tion des lib­er­al­is­mus — und so viel er richtig beobachtet, frage ich mich doch, ob sein aus­gangspunkt — dass näm­lich “unsere” mod­erne lib­erale gesellschaft so eng mit dem lib­er­al­is­mus zusam­men­hängt, wirk­lich richtig ist. ich tendiere ja eher zur annahme, dass die poli­tik der let­zten jahre/jahrzehnte genau das — näm­lich den lib­er­al­is­mus — ver­loren hat, auch ohne in das autoritäre geham­pel der recht­en zu ver­fall­en.

    Man kann sich leicht aus­malen, welch kle­brige Attrak­tiv­ität eine solche Aparthei­dge­sellschaft entwick­elt, wenn Bürg­er das Gefühl haben, sie seien Mod­ernisierungsver­lier­er und kön­nten sich für ihre lib­erale Frei­heit nichts kaufen. Die rechte Alter­na­tive ver­spricht dage­gen die Befreiung von der Befreiung und den Abschied von Europa sowieso. Sie malt die Nation als gute Stube mit Hirschgeweih und kugel­sicheren Butzen­scheiben, als Trutzburg gegen Ter­ror, Kli­makatas­tro­phe und Flüchtlinge, kurz: als wet­ter­festen Her­rgottswinkel für Men­schen mit apoka­lyp­tis­chen Vorge­fühlen, die nicht zu Unrecht fürcht­en, die “Welt draußen” könne über ihren Köpfen zusam­men­brechen. Das autoritäre Ange­bot ver­fängt.

  • Exzel­len­zini­tia­tive: Pri­vat ein Laster, öffentlich eine Tugend | FAZ → jochen hörisch über den “dou­ble­s­peak” in bezug auf die exzellenziniative,die auch viele (beteiligte) wis­senschaftler für sub­op­ti­mal bis unsinn hal­ten, das aber selten/kaum öffentlich sagen

    Man muss kein appro­biert­er Medi­en- und Kom­mu­nika­tion­swis­senschaftler sein, um die alltägliche Kom­mu­nika­tion an den Uni­ver­sitäten über die alte wie die neu aufgelegte Exzel­len­zini­tia­tive auf­fal­l­end und analy­sebedürftig zu find­en. Denn immer wieder macht sich ein pro­fanes Dilem­ma bemerk­bar. Im ältesten Medi­um, der face-to-face-com­mu­ni­ca­tion, wird noch sehr viel stärk­er als son­st gän­zlich anders über die Exzel­len­zini­tia­tive gesprochen als in der pub­lizierten Schrift­form. Antragsprosa oder Ver­laut­barun­gen von offiz­iösen Uni­ver­sität­szeitschriften begrüßen die Erneuerung der Exzel­len­zini­tia­tive, anson­sten aber hört man zumeist läster­liche Reden.

  • Corporate’s Child | textdump → zur lage der poli­tik einige scharfe beobach­tun­gen und anmerkun­gen in guenter hacks textdump:

    Der Staat gibt vor, alles sehen zu kön­nen (siehe Punkt 2), wenn er aber han­deln soll, tut er so, als seien ihm die Hände gebun­den, von der bösen EU, durch inter­na­tionale Verträge, durch Ressourcen­man­gel, durch die all­ge­meine Wirtschaft­slogik, die halt nun mal so ist. Wenn der Staat agiert, dann nur mit noch mehr Repres­sion nach unten, weil das halt ein­fach­er ist, als Steuern von Ama­zon zu ver­lan­gen. Diese Diskrepanz führt zu ein­er Art Theodizeege­fühl, die schon ziem­lich mas­sive Wel­tre­li­gio­nen hat abschmelzen lassen.

    Die neona­tion­al­is­tis­chen Parteien sind nicht deswe­gen so erfol­gre­ich, weil sie dis­rup­tiv wären, son­dern weil sie beste­hende Leitlin­ien der Main­stream-Poli­tik der let­zten 30 Jahre kon­se­quenter und skru­pel­los­er wei­t­er­denken als die Cor­po­rate-Poli­tik­er selb­st.

Ins Netz gegangen (30.3.)

Ins Netz gegan­gen am 30.3.:

  • Welche Ursachen das Töten im Namen Gottes hat | FAZ — ein sehr guter gast­beitrag von friedrich wil­helm graf (der ja meis­tens sehr kluge dinge sagt …) in der “faz” über ursachen des religiösen ter­rors

    Es dient nicht der Entschuldigung der derzeit im Namen Allahs aus­geübten Ver­brechen, mögliche his­torische Par­al­le­len sicht­bar und auf die Gewalt­po­ten­tiale in allen Reli­gio­nen aufmerk­sam zu machen. Aber es ver­hin­dert eine falsche, essen­tial­is­tis­che Sicht auf den Islam, den es so wenig wie das Chris­ten­tum gibt. Die mus­lim­is­chen Reli­gion­skul­turen in Europa sind in sich höchst vielfältig und durch ganz unter­schiedliche kollek­tive Erfahrun­gen geprägt. Mus­lime in Kreuzberg, deren Eltern oder Großel­tern einst aus der Türkei kamen, teilen nicht die trau­ma­tisieren­den Erin­nerun­gen an kolo­niale Fremd­herrschaft, die für viele franzö­sis­che, noch vom Alge­rien-Krieg geprägte Mus­lime kennze­ich­nend sind.

    Nach den Anschlä­gen von Paris und nun auch Brüs­sel ließ sich im poli­tis­chen Betrieb eine Reak­tion beobacht­en, die nur als falsches seman­tis­ches Invest­ment beze­ich­net wer­den kann: Staat­spräsi­den­ten, Regierungschefs und Parteivor­sitzende beschworen ein­hel­lig „die Werte Europas“ oder „des West­ens“, die man gegen alle ter­ror­is­tis­chen Angriffe vertei­di­gen werde.
    […] Aber mit Werte-Rhetorik ist nie­man­dem geholfen.

    „Wert“ war ursprünglich ein Begriff der ökonomis­chen Sprache, und seine Ein­wan­derung in ethis­che Debat­ten und juris­tis­che Diskurse hat nur dazu geführt, die frei­heits­di­en­liche Unter­schei­dung von geset­zlich kod­i­fizierten Recht­snor­men und moralis­chen Verbindlichkeit­en zu unter­laufen. Deshalb ist es fatal, wenn Vertreter des Rechtsstaates diesen im Kampf gegen den Ter­ror­is­mus nun als eine „Wertege­mein­schaft“ deuten.

    für einen the­olo­gen auch fast über­raschend, aber natür­lich abso­lut richtig und ein punkt, der immer wieder gestärkt und verdeut­licht wer­den muss (weil er so gerne vergessen wird):

    Für wirk­lich alle gilt allein das Recht, und deshalb sind Rechts­brech­er zu ver­fol­gen und zu bestrafen.

  • Aus dem Tage­buch eines Benedik­tin­er­pa­ters: Wie man 1684 im Dom in Mainz den Oster­son­ntags­gottes­di­enst feierte | All­ge­meine Zeitung — die mainz­er “all­ge­meine zeitung” bringt eine mod­ernisierte fas­sung eines tage­buch­berichts über die oster­feier 1684 in mainz, ver­fasst von einem reisenden benedik­tin­er­pa­ter joseph diet­rich aus dem kloster ein­siedeln in der schweiz
  • My Hero­ic and Lazy Stand Against IFTTT | Pin­board Blog — der pin­board-grün­der/­be­treiber maciej cegłows­ki erk­lärt, warum es seinen (übri­gens sehr empfehlenswerten) ser­vice nicht mehr bei ifttt gibt. die kurz­fas­sung: deren unver­schämten, erpresserischen bedin­gun­gen für entwick­ler
  • Wer­bung – für 6 Euro | Über­me­di­en — peter breuer blät­tert sich auf “über­me­di­en” durch die vogue — und ist wenig ange­tan

    Das The­ma der „Vogue“ ist: „Langeweile“. Sowohl in den Anzeigen als auch in der Foto­strecke. „Komm Baby, stell Dich mal so hin und schau so pikiert, als würdest Du an einen völ­lig verkocht­en Grünkohl denken.“ Die Mäd­chen sind dünn, die Gesichter leer, die Klam­ot­ten teuer. In den Sechzigern gab es einen Dr. Oetk­er-Spot, in dem eine Frau am Herd ste­ht, ein Fer­tig­gericht zaubert und ein Sprech­er sagt: „Eine Frau hat zwei Lebens­fra­gen: Was soll ich anziehen? Und was soll ich kochen?“ Die Frauen der „Vogue“ haben sog­ar nur eine Lebens­frage, und selb­st die macht ihnen offen­sichtlich keinen Spaß.

  • Inge­borg Bach­mann: “In mir ist die Hölle los” | ZEIT ONLINE — der ger­man­ist Joseph McVeigh durfte frühe briefe von inge­borg bach­mann benutzen und zitieren und ist nun sich­er, dass man das werk der autorin nur biographisch ver­ste­hen kann. zum glück ist die “zeit” gegenüber solchem method­is­chen unsinn etwas skep­tis­ch­er …

    “Ich habe keine Matratzen­schnüf­felei betreiben wollen”, sagt Biograf McVeigh, “aber wenn man die zer­störerische Wirkung der bei­den katas­trophal gescheit­erten Beziehun­gen auf das Leben von Inge­borg Bach­mann nicht berück­sichtigt, kann man ihr späteres Werk kaum ver­ste­hen.”

  • Pressemit­teilun­gen als Genre: Ein-Blick in die uni­ver­sitäre Aktenkunde der Neuzeit | UniBlog­gT — was eine sehr knappe und schnöde pressemit­teilung ein­er uni­ver­sität dem aktenkundlich ver­sierten his­torik­er alles ver­rat­en kann …

Aus-Lese #42

Viel zu lange gewartet mit der näch­sten Aus-Lese, deswe­gen ist das jet­zt eine Auslese der Aus-Lese …

Friedrich Forss­man: Wie ich Büch­er gestalte. Göt­tin­gen: Wall­stein 2015 (Ästhetik des Buch­es, 6). 79 Seit­en.

forssman, wie ich bücher gestalte„Ein Buch ist schön, wenn die Gestal­tung zum Inhalt paßt.“ (71) — in diesem kleinen, harm­losen Satz steckt eigentlich schon das gesamte gestal­ter­ische Cre­do Forss­mans (dessen Name ich immer erst beim zweit­en Ver­such richtig schreibe …) drin. Forss­man, als Gestal­ter und Set­zer der Spätwerke Arno Schmidts schon fast eine Leg­ende, inzwis­chen auch durch die Neugestal­tung der Reclam­schen “Uni­ver­sal Bib­lio­thek” in fast allen Hän­den, will in diesem kleinen Büch­lein — 79 Seit­en sind nicht viel, wenn es um Buchgestal­tung, Typogra­phie, Her­stel­lung und all das drumherum gehen soll — zeigen, wie er selb­st Büch­er gestal­tet, das heißt, nach welchen Kri­te­rien er arbeit­et. Ein Werk­stat­tbericht soll das sein — und das ist es auch, nicht nur, weil es so aussieht.

Lock­er plaud­ert er, kön­nte man sagen, über die Arbeit an der Her­stel­lung eines Buch­es. Das bet­rifft let­ztlich all die Aspek­te, die über den “reinen” Text als Inhalt hin­aus­ge­hen: Typogra­phie, Satz, For­mat, Her­stel­lung, Umschlag und vieles mehr. Forss­man plaud­ert, sage ich, weil er sich dezi­diert als The­o­rie-Verächter darstellt. Let­ztlich sind das alles Regel- und Geschmack­fra­gen: Ein Buch ist schön, wenn es gut ist — und es ist gut, wenn es schön ist. Viel mehr steckt da eigentlich nicht dahin­ter. Forss­man sieht Buchgestal­tung aus­drück­lich als Kun­sthandw­erk, das bes­timmten Regeln gehorcht. Die — und den guten Geschmack bei der Beurteilung ihrer Anwen­dung — lernt man, indem man andere Büch­er der Ver­gan­gen­heit (und Gegen­wart) anschaut und studiert. Frei­heit und Tra­di­tion bzw. Regel sind die Pole, zwis­chen denen jed­er Kun­sthandw­erk­er sich immer wieder verortet. Beim Lesen klingt das oft tra­di­tioneller und lang­weiliger, als Fors­man­ns Büch­er dann sind. Das liegt wahrschein­lich nicht zulet­zt daran, dass er sehr stark auf eine aus­ge­feilte und kon­se­quente Durchgestal­tung des gesamten Buch­es Wert legt — vom Bindungsleim bis zur kor­rek­ten Form der An- und Abführungsstriche hat er alles im Blick. Und, darauf weist er auch immer wieder hin, Regel­haftigkeit und Tra­di­tion heißt ja nicht, dass alles vorgegeben ist: Es gibt Frei­heits­grade, die zu nutzen im Sinne ein­er Inter­pre­ta­tion des vor­liegen­den Textes die Auf­gabe des Buchgestal­ters ist. Und dabei gilt dann doch wieder:

Die Beweis­last liegt immer beim Verän­der­er, in der Typogra­phie erst recht. (42)

Ili­ja Tro­janow: Macht und Wider­stand. Frank­furt am Main: Fis­ch­er. 479 Seit­en.

ilija trojanow, macht und widerstandEin ganz schön­er Brock­en, und ein ganz schön heftiger dazu. Nicht wegen der lit­er­arirschen Form, son­dern wegen des Inhalts — der ist nicht immer leicht ver­daulich. Es geht um Bul­gar­ien unter sozialistischer/kommunistischer Herrschaft, genauer gesagt, um die “Arbeit” und die Ver­brechen der Staatssicher­heit. Das erzählt Tro­janow auf der Grund­lage von Archivak­ten, die zum Teil auch ihren Weg ins Buch gefun­den haben (selt­samer­weise wer­den sie — und nur sie — in klein­schrei­bung angekündigt …). Tro­janow kon­stru­iert eine Geschichte aus zwei Polen — Macht und Wider­stand natür­lich — die sich in zwei Män­nern nieder­schla­gen und recht eigentlich, das wird ganz schnell klar, per­son­ifizieren. Die sind dadurch für meinen Geschmack manch­mal etwas eindi­men­sion­al gewor­den: Der eine ist eben die mehr oder weniger reine Verkör­pe­rung des Prinzipes Wider­stand, der anderen der Macht (bzw. des prinzip­i­en­losen Oppor­tunis­mus). In abwech­sel­nden Kapiteln wech­selt auch immer die Per­spek­tive entsprechend. Geschickt gelingt Tro­janow dabei ein har­monis­ch­er Auf­bau, der Infor­ma­tio­nen sehr har­monisch und allmäh­lich weit­ergibt. Seinen haupt­säch­lichen Reiz zieht Macht und Wider­stand vielle­icht aber doch daraus, dass es sozusagen Lit­er­atur mit Wahrheit­sanspruch ist, den Fik­tion­al­itätspakt also aufkündigt (und daran im Text durch die eingestreuten Aktenüber­set­zun­gen, die son­st für den lit­er­arischen Text wenig tun, immer wieder erin­nert). Das macht die Bew­er­tung aber zugle­ich etwas schwierig: Als rein lit­er­arisch­er Text überzeugt es mich nicht, in sein­er Dop­pel­funk­tion als Lit­er­atur und his­torisch-poli­tis­che Aufk­lärung ist es dage­gen großar­tig.

John Hirst: Die kürzeste Geschichte Europas. Ham­burg: Atlantik 2015. 206 Seit­en.

hirst, europaEine inter­es­sante Lek­türe bietet diese Geschichte Europas, sie ist dur­chaus erfrischend, die extreme Verk­nap­pung. Aber halt auch immer wieder prob­lema­tisch — vieles fehlt, vieles ist unge­nau bis fehler­haft. Aber um Voll­ständigkeit (der behan­del­ten The­men oder der Darstel­lung) kann es in ein­er “kürzesten Geschichte” natür­lich über­haupt nicht gehen.

Hirst geht es im ersten Teil — „Die kürzeste Ver­sion der Geschichte“ über­schrieben — vor allem um die Formierung Europas: Wie wurde Europa das, was es heute ist (oder vor weni­gen Jahren war)? Er stützt sich dabei vor allem auf drei Phänomene und siedelt das maßge­blich im Über­gang von Antike zu Mit­te­lal­ter an: Europa ist die Verbindung von der „Kul­tur des antiken Griechen­lands und Roms“, dem Chris­ten­tum und der „Kul­tur der ger­man­is­chen Krieger“. Immer wieder betont er, dass Europa als Idee und Gestalt eben maßge­blich eine Mis­chung sei. Und die ver­ste­ht man nur, wenn man ihre Genese im Blick hat (das alles gilt übri­gens für ihn bis in die Jet­ztzeit — ich bin mir nicht sich­er, ob er dabei nicht doch die Macht & Notwendigkeit der Geschichte über­schätzt …): Nur mit Ken­nt­nis dieser Wurzeln ver­ste­ht man also die Gegen­wart. Er fasst seine Über­legun­gen zum Zusam­men­wirken sein­er Grund­fak­toren immer wieder in schö­nen Dia­gram­men zusam­men, die dann zum Beispiel so ausse­hen:

Die ersten Teile — wo es um die eigentliche Geschichte und Formierung Europas als Europa geht — sind dabei gar nicht so schlecht: Natür­lich ist das alles sehr verkürzt, aber übri­gens auch gut les­bar. Danach, wo es unter Über­schriften wie „Ein­fälle und Eroberun­gen“, „Staats­for­men“, „Kaiser und Päp­ste“ um Lin­ien und Ten­den­zen der europäis­chen Geschichte in Mit­te­lal­ter und Neuzeit geht, wird es für meinen Geschmack aber zu episodisch und auch his­torisch oft zu unge­nau. In der Konzep­tion fehlt mir zu viel Kul­tur und Kul­turgeschichte: Hirst geht weitest­ge­hend von klas­sis­ch­er poli­tis­ch­er Geschichte aus, ergänzt das noch um etwas Philoso­phie und ein biss­chen Reli­gion. Und: Hirst denkt für meinen Geschmack auch zu sehr in mod­er­nen Begrif­f­en, was manch­mal zu schiefen Bew­er­tun­gen führt (übri­gens auch anderen bei His­torik­ern (immer noch) ein beliebter Fehler …)

Manche Wer­tung und Ein­schätzung stößt bei mir auf größeren Wider­stand. Manch­mal aber auch ein­fach­es handw­erk­lich­es Pfuschen, wenn Hirst etwa Davids Zeich­nung „Schwur im Ball­haus“ unhin­ter­fragt als getreues Abbild ein­er wirk­lichen Hand­lung am Beginn der Franzö­sis­chen Rev­o­lu­tion liest und inter­pretiert (dass er den Leser son­st mit Quellen nicht weit­er behel­ligt, ist natür­lich dem For­mat geschuldet). Selt­sam fand ich auch sein Bild der mit­te­lal­ter­lichen Kirche vor Gre­gor VII und ihr Ver­hält­nis zur Poli­tik: „Örtliche Machthaber und die Monar­chen Europas hat­ten sie [die Kirche] unter­graben, schlecht­gemacht und aus­ge­plün­dert.“ (149) — ein­deutiger kann man kaum Posi­tion beziehen …

Damit ist Hirst ins­ge­samt also sich­er nicht die let­zte Autorität zur Geschichte Europas, nichts­destotrotz aber dur­chaus eine stim­ulierende Lek­türe. So weit wie Gus­tav Seibt, der das in der SZ ein “Meis­ter­w­erk der Vere­in­fachung” nan­nte, würde ich allerd­ings nicht gehen.

Roland Barthes: Der Eif­fel­turm. Berlin: Suhrkamp 2015. 80 Seit­en.

barthes, eiffelturmZum 100. Geburt­stag des großen Roland Barthes hat Suhrkamp seinen kleinen Text über den Paris­er Eif­fel­turm in einem schön gemacht­en Büch­lein mit ergänzen­den Fotos veröf­fentlicht (das bei mir allerd­ings schon beim ersten Lesen zer­fiel …). Barthes unter­sucht nicht nur, was der Eif­fel­turm eigentlich ist — näm­lich ein (annäh­ernd) leeres Zeichen -, son­dern vor allem, was er bedeutet und was er mit Paris und dem Beobachter oder bess­er Betra­chter macht. So kon­sta­tiert er unter anderem, dass der Eif­fel­turm einen neuen Blick (aus der Höhe eben) auf die Stadt als neue Natur, als men­schlichen Raum ermöglicht und eröffnet. Und damit ist der Eif­fel­turm für Barthes die Mate­ri­al­i­sa­tion dessen, was die Lit­er­atur im 19. Jahrhun­dert schon längst geleis­tet hat­te, näm­lich die Ermöglichung, die Struk­tur der Dinge (als “konkrete Abstrak­tion”) zu sehen und zu entz­if­fern. Der beson­dere Kniff des Eif­fel­turms beste­ht und darin, dass er — im Unter­schied zu anderen Tür­men und Mon­u­menten — kein Innen hat: „Den Eif­fel­turm besichti­gen heißt sich zu seinem Par­a­siten, nicht aber zu seinem Erforsch­er machen.“ (37), man gleit­et immer nur auf sein­er Ober­fläche.

Damit und durch die Etablierung eines neuen Mate­ri­als — dem Eisen statt dem Stein — verkör­pert der Eif­fel­turm einen neuen Wert — den der funk­tionellen Schön­heit. Ger­ade durch seine Nut­zlosigkeit (die ihn vor sein­er Erbau­ung so sus­pekt machte) befähigt ihn beson­ders — weil keine tat­säch­liche Nutzung sich mit ein­mengt -, zum Sym­bol der Stadt Paris zu wer­den: “Der Eif­fel­turm ist durch Metonymie Paris gewor­den.” (51) — und mehr noch, er ist “die unge­hemmte Meta­pher” über­haupt: “Blick, Objekt, Sym­bol, der Eif­fel­turm ist alles, was der Men­sch in ihn hinein­legt.” (63). Genau das ist es natür­lich, was ihn für den struk­tu­ral­is­tis­chen Semi­otik­er Barthes so inter­es­sant und anziehend macht. Und diese Fasz­i­na­tion des Autors merkt man dem Text immer wieder an.

Michael Fehr: Sime­liberg. 3. Auflage. Luzern: Der gesunde Men­schen­ver­sand 2015. 139 Seit­en.

Grau
nass
trüb
ein Schweiz­er Wet­ter
ziem­lich ab vom Schuss (5)

fehr, simeliberg- so fängt das “Satzge­wit­ter” von Michael Fehrs Sime­liberg an. Die Meth­ode bleibt über die fast 140 Seit­en gle­ich: Die Sätze der harten, schweiz­erisch gefärbten Prosa wer­den durch ihre Anord­nung der Lyrik angenähert (das typographis­che Dis­pos­i­tiv ist sog­ar ganz unver­fälscht das der Lyrik), statt Satzze­ichen benutzt Fehr Zeilenum­brüche. Diese zeilen­weise Isolierung von Satzteilen und Teil­sätzen ver­lei­ht dem Text nicht nur eine eige­nar­tige Gestalt, son­dern auch ein ganz eigenes Leseer­leb­nis: Das ist im Kern “echte” Prosa, die durch ihre Anord­nung aber leicht wird, den Boden unter den Füßen ver­liert, ihre Fes­tigkeit und Sicher­heit (auch im Bedeuten und Meinen) aufgegeben hat: Sich­er im Sinne von unver­rückt und wahr ist hier kaum etwas, die Form lässt alles offen. Dabei ist die erzählte Geschichte in ihrem Krim­icharak­ter (der freilich keine “Auflö­sung” erfährt) beina­he harm­los: Ein abgele­gen­er Hof, selt­same Todes­fälle, eine gigan­tis­che Explo­sion, eine Unter­suchung, die Kon­fronta­tion von Dorf und Stadt, von Ein­heimis­chen und Zuge­zo­ge­nen. Genau wie die Geschichte bleibt alles im Unge­fähren, im Düsteren und Schlam­mi­gen — die Fig­uren sind Schat­ten­risse, ihre Moti­va­tion wie ihre Sprache bruch­stück­haft. Und genau wie die Men­schen (fast) alle selt­same Son­der­linge sind, ist auch der Text son­der­bar — aber eben son­der­bar faszinierend, vielle­icht ger­ade durch seine Härte und die abgründi­ge Dunkel­heit, die er ausstrahlt. Und die Fehr wed­er mildern will noch kann durch eine “angenehmere”, das heißt den Leser­erwartun­gen mehr entsprechende, Erzählweise.

Hans-Jost Frey: Henri­ci. Solothurn: Urs Engel­er 2014. 84 Seit­en.

frey, henriciAuch wieder ein nettes, sym­pa­this­ches Büch­lein: In über 60 kurzen Geschicht­en, Anek­doten, Skizzen hin­ter­fragt Henri­ci (den man sich wohl als alter ego des Lit­er­atur­wis­senschaftlers Frey vorstellen darf) den All­t­ag der Gegen­wart, unser Tun und unser Sprechen. Das ist ein­fach schön ver­spielt, ver­liebt ins Spie­len, genauer gesagt, ins Wort­spiel: Durch das spielerische Arbeit­en mit gedanken­los geäußerten Worten und Sätzen, mit Gemein­plätzen, hin­sichtlich ihres Klanges und ihrer Seman­tik bringt Frey immer wieder die Bedeu­tun­gen zum Tanzen. Das sind oft oder sog­ar über­wiegend gar keine weltverän­dern­den Beobach­tun­gen, die diese Minia­turen erzählen. Aber sie haben die Kraft, das Alltägliche, das Nor­male, das man immer wieder als Gegeben unhin­ter­fragt ein­fach so hin­nimmt und weit­er­führt, für die Beobach­tung und Inspek­tion zu öff­nen: Denn im spielerischen Ver­drehen der Worte zeigt Frey immer wieder, was die eigentlich leis­ten (kön­nen), wenn man sie nicht bloß unbe­dacht äußert, son­dern auch in banalen Sit­u­a­tio­nen auf ihre Möglichkeit­en und Bedeu­tun­gen abklopft — da kommt Erstaunlich­es, oft aus­ge­sprochen Komis­ches dabei her­aus. Eine sehr sym­pa­this­che (und leicht zugängliche) Art des (Sprach)Philosophierens …

Titus Mey­er: Mein­er Buch­stabeneuter Milch­wuch­tord­nung. Leipzig: Rei­necke & Voß 2015. 84 Seit­en.

Zu diesem ganz wun­der­baren Büch­lein mit dem zauber­haften Titel Mein­er Buch­stabeneuter Milch­wuch­tord­nung von Titus Mey­er, das voller faszinierend artis­tis­ch­er Sprachkunst­werke steckt, habe ich schon vor einiger Zeit ein paar Sätze ver­loren: klick.

Wolf­gang Her­rn­dorf: Bilder dein­er großen Liebe. Ein unvol­len­de­ter Roman. Her­aus­gegeben von Kathrin Pas­sig und Mar­cus Gärt­ner. RM Buch und Medi­en 2015. 141 Seit­en.

herrndorf, bilder deiner großen liebeBilder dein­er großen Liebe ist ein unveröf­fentlicht­es und auch unfer­tiges Manuskript aus dem Nach­lass Wolf­gang Her­rn­dorfs, das Kathrin Pas­sig und Mar­cus Gärt­ner (die mit Her­rn­dorf eng bekannt/befreundet waren) zur Veröf­fentlichung “arrang­iert” haben. Denn das vorhan­dene Text­ma­te­r­i­al set­zt an ver­schiede­nen Stellen des geplanten Romans an und ist auch unter­schiedlich stark aus­gear­beit­et. Das merkt man auch beim Lesen — einiges passt (etwa chro­nol­o­gisch und topographisch) nicht zusam­men, an eini­gen Stellen brechen Episo­den mit Stich­worten oder Halb­sätzen ab. Trotz­dem liest man eben Her­rn­dorf: Wieder eine Art Road-Nov­el, dies­mal von der “ver­rück­ten” Isa auf ihrem Weg durch das Land berich­t­end, wobei sie einige span­nende Begeg­nun­gen erlebt. Ein sehr bunter, etwas chao­tis­ch­er und deut­lich unfer­tiger Text — ich bin mir nicht sich­er, ob Her­rn­dorf damit ein Gefall­en getan wurde, das noch zu veröf­fentlichen. Sich­er, das ist nett zu lesen. Aber in dieser Form ist es eben über­haupt nicht auf der Ebene, auf der Her­rn­dorfs andere Texte ange­siedelt sind. Für Her­rn­dorf-Fans sich­er ein Muss, die anderen kön­nen das ohne großen Ver­lust aus­lassen.

Ver­rückt sein heißt ja auch nur, dass man ver­rückt ist, und nicht bescheuert. (7)

außer­dem noch gele­sen:

  • Iris Hani­ka: Wie der Müll geord­net wird. Graz, Wien: Droschl 2015. 298 Seit­en.
  • Ulrike Almut Sandig: Grimm. Gedichte. Nach den Kinder- und Haus­märchen von Jacob und Wil­helm Grimm, hg. von Brigitte Labs-Ehlert. Det­mold: Wege durch das Land 2015 (Wege durch das Land 23). 32 Seit­en.
  • Urs Faes: Und Ruth. Frank­furt am Main, Wien, Zürich: Büchergilde Guten­berg 2001 [Suhrkamp 2001]. 181 Seit­en.
  • Monique Schwit­ter: Eins im Andern. 5. Auflage. Graz: Droschl 2015. 232 Seit­en.
  • Thomas Melle: Raum­forderung. Erzäh­lun­gen. Frank­furt am Main: Suhrkamp 2007. 200 Seit­en.
  • Man­fred Mit­ter­may­er: Thomas Bern­hard. Eine Biografie. Wien: Res­i­denz Ver­lag 2015. 452 Seit­en.
  • Peter Stamm: Nacht ist der Tag. Frank­furt am Main: Fis­ch­er Taschen­buch Ver­lag 2014. 253 Seit­en.
  • Sig­mar Schol­lak: Nar­ren­reise. Halle: Mit­teldeutsch­er Ver­lag 2015. 159 Seit­en.
  • Sabine Scholl: Wir sind die Früchte des Zorns. Zürich: Seces­sion Ver­lag für Lit­er­atur 2013. 288 Seit­en.
  • Anke Stelling: Boden­tiefe Fen­ster. 4. Auflage. Berlin: Ver­brech­er 2015. 249 Seit­en.
  • Gun­nar Gun­nars­son: Advent im Hochge­birge. Erzäh­lung. Stuttgart: Reclam 2006. 103 Seit­en.
  • Hans Joachim Schädlich: Ver­suchte Nähe. Prosa. Rein­bek: Rowohl 1992.

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