Es sind nur 28 Takte. Aber sie sind ernst gemeint. Vidmantas Bartulis‘ „Maldelé“ ist wirklich ein „kleines Gebet“ (so lässt sich „Maldelé“ übersetzen) – ein leises aber inniges, ganz offenbar von Herzen kommendes Flehen und Bitten. 1995 hat der 1954 geborene Litaue Bartulis sein „Gebet“ auf einen Text des litauischen Dichters Valerijus Rudzinskas komponiert, jetzt ist es in der Reihe „Neue Chormusik aus Litauen“ beim Eres-Verlag, der auch sonst der baltischen Chormusik besondere Aufmerksamkeit widmet, erschienen.
Aus dem Beginn, einem kurzen klangmalerischen Gemurmel schält sich der Text heraus. Für einen sicher vierstimmig singenden Chor (nur ganz kurz, nämlich für zwei Takte, wird die Vierstimmigkeit zum achtstimmigen Chor aufgeteilt) ist das keine besondere Herausforderung. Bartulis verweilt durchweg – mit minimalen Ausweichungen in die Mollparallele – in angenehm singbaren G‑Dur. Kompositorisch verfolgt er offenbar eine Strategie der totalen Reduktion: Harmonisch wird das Gebet fast ausschließlich von Kadenzdreiklängen bestimmt, eine zusätzliche Quarte ist schon das höchste. Auch sonst zeichnet sich „Maldelé“ konsequent durch seine Schlichtheit aus: Eine einfachste Reprisen-Form, ganz leicht fassbare Harmonik, völlig unkomplizierte Melodik und Rhythmik – alle stehen sie ganz im Dienst des Betens, der fragenden Suche nach dem göttlichen Licht, von dem der Text spricht.
Vidmantas Bartulis: Maldelé für gemischten Chor. Eres Choredition 3503 (Neue Chormusik aus Litauen). 3 Seiten. 1,65 Euro.
(geschrieben für die Neue Chorzeit, Januar 2008).
Schreibe einen Kommentar