(der kalauer musste sein). es geht natürlich um irène schweizer, eine der besten lebenden pianistinnen der improvisierten musik, um das gleich mal klarzustellen.
beim anhören ihrer allerneuesten cd, einem live-mitschnitt (der leider klanglich nicht ganz top of the line zu sein scheint …) fragte ich mich wieder einmal (und nicht zum ersten mal), was — für mich — eigentlich das große an ihrem spiel ausmacht. ich glaube, es ist ihre mischung aus energie und poesie. das klingt nach allgemeinplatz und ist es wahrscheinlich auch. aber in der kombination dieser beiden pole — nicht so sehr der mischung, als der vereinigung zweier scheinbarer gegensätze — liegt, glaube ich, ihr individueller stil. der macht sich bemerkbar, egal, ob es sich um eigene kompositionen handelt oder um fremdes material (hier zum beispiel von carla bley, thelonious monk oder dollar brand). manfred papst nennt das im booklet übrigens “das Wechselspiel von lyrischer Verschattung und heroischer Gebärde auf kleinstem Raum” — wobei ich mir nicht sicher bin, ob “heroisch” den ausdruck dieser musik wirklich triff. vielleicht, “heroisch” dann im sinne von standfest, auch unbeugsam — individualistisch eben. aber nicht auftrumpfend, besiegend. gewissheiten versagt sie sich allerdings nicht, das ist mehr als reine brechung. vielleicht ist das ja auch etwas, das ihre faszination ausmacht: trotz der vielfalt der ausdrucksformen (schweizer ist in gewissem sinne auch eine “gelehrte” pianistin — und deshalb in so einem klassischen musentempel wieder der züricher tonhalle gar nicht so verkehrt am platz) schimmert immer die position, der ort und die kraft der pianistin als selbstbehauptetem subjekt durch: das gibt sie nicht auf, nie und nirgends.
schon der titel markiert das sehr gut: “to whom it may concern”. das ist selbstgewiss und selbstbewusst. aber eben auch — vermute ich — im vollen bewusstsein der exklusivität (oder limität) der kreise, die das tatsächlich wahrnehmen und die das interessiert: eigentlich müsste & sollte das ja möglichst alle angehen. so gut ist diese welt aber leider nicht … dafür ist die musik dieser welt aber so gut. grandios eigentlich sogar, wenn man sich etwa das “final ending” anhört, das in einem rieseigen rundumschlag noch einmal alles erfasst und umfasst, ohne sein eigenes zu verlieren, das spannend in jedem ton ist, aber doch ganz gelassen und natürlich vor allem ausgesprochen folgerichtig wirkt: vom material könnte man es fast als eine etüde des free jazz ansehen. aber dann höchstens im chopinschen sinn: etüde als konzertstück und so weiter.
das nur schnell beim ersten hören. die cd, aufgenommen übrigens im april 2011 in der züriche tonhalle anlässlich ihres 70. geburtstages (kaum zu glauben!), wird meinen player sicher nochöfter von innen sehen, das ist sicher.
Irène Schweizer: To Wom It May Concern. Piano Solo Tonhalle Zürich. Intakt CD 200, 2012.
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