Von Ferne tönen sie schon vor dem Beginn, die Hörner. Sie solle heute, im 7. Meisterkonzert, eine besondere Rolle spielen. „Die Romantiker“ ist das Konzert mit der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz unter Karl-Heinz Steffens betitelt. Und da gehören Hörner unbedingt dazu – schließlich ist das Horn neben der Harfe wohl eines der romantischen Instrumente überhaupt. Sie sind das, auch wenn das zweite Hornkonzert von Richard Strauss natürlich m engeren Sinne nicht mehr zur eigentlichen Romantik gehört: Die Uraufführung des druckfrischen Werkes fand 1943 statt und sei „ganz nett ausgefallen“, wie der Komponist anmerkte.
Nun ist „nett“ meistens kein besonders wohlwollendes ästhetisches Urteil. Aber es trifft doch sehr gut, was Strauss hier geschrieben hat. Und der Hornist Stefan Dohr steigt gleich mit den ersten Tönen voll ein. Mit viel Einsatz lässt er alle Seiten der Musik lebendig werden: Das kraftvolle Schmettern ebenso wie die weichen Melodielinien. Gerade die sanften Kantilenen gelingen ihm hervorragend, aber auch seine wunderbare Übergänge zum forschen, kraftvollen Spiel, mit dem er das Orchester mühelos dominiert, zeigen Dohr als überlegten Solisten. Zumal Stefffens sich und das Ensemble sehr zurückhält und sich vorwiegend auf das Begleiten konzentriert. Zusammen ergibt das eine sehr vitale, lebendig strömende Musik – vor allem dank des energischen Zugriffs Dohrs, der aus der manchmal etwas trockenen Partitur alles herausholt, was sie an begeisterndem Witz und Esprit überhaupt hergibt.
Unzweifelhafte zur Romantik gehört Bruckners vierte Symphonie – die trägt das ja schon im Beinamen. Und Steffens sucht genau das auch gezielt zu verwirklichen. Mit einem ausgesprochen geheimnisumwitterterten Beginn fängt er an. Und die dunklen, etwas verschatteten Seiten der Musik bleiben das Beste in Steffens Interpretation. Auch sonst setzt der Dirigent weiterhin vor allem auf Stimmungen statt Strukturen und ist nicht so sehr auf die Subtilitäten des Klanggeschehens aus, sondern vor allem auf seine Wirkung. Und dafür hat er ein geschicktes Händchen: Er verliert sich nicht in Details, er lässt die monumentale Sinfonik Bruckners nicht erstarren, sondern hält sie als Dirigent, der immer auf den jeweiligen Moment bedacht ist, in unablässiger Bewegung. Gerade deshalb bleibt das hier aber auch sehr irdisch. Und manchmal, vor allem zum Ende hin, nehmen die große Gesten etwas überhand. Dabei lässt Steffens auch einige lose Fäden hängen und Übergänge unerledigt. Immerhin, die Staatsphilharmonie hält durch und bleibt bis zum Schluss sehr klanggewaltig und durchsetzungsstark. Und damit ist bei Bruckner schon das meiste getan – und der Romantik auch zu ihrem Recht verholfen.
(geschrieben für die Mainzer Rhein-Zeitung.)
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