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Schlagwort: anton bruckner

bruckner, sinfonie 3, titelblatt

… wie Beethovens “Neunte” mit Wagner’s “Walküre” Freundschaft schließt …

Zu Anton Bruck­n­ers drit­ter Sym­phonie:

Wir möcht­en dem als Men­schen und Kün­stler von uns aufrichtig geehrten Kom­pon­is­ten, der es mit der Kun­st ehrlich meint, so selt­sam er mit ihr umge­ht, nicht gerne wehtun, darum set­zen wir an die Stelle ein­er Kri­tik lieber das beschei­dene Geständ­nis, daß wir seine gigan­tis­che Sym­phonie nicht ver­standen haben. Wed­er seine poet­is­chen Inten­tio­nen wur­den uns klar — vielle­icht eine Vision, wie Beethovens “Neunte” mit Wagner’s “Walküre” Fre­und­schaft schließt und endlich unter die Hufe ihrer Pferde gerät — noch den rein musikalis­chen Zusam­men­hang mocht­en wir zu fassen. Eduard Hanslick, Neue Freie Presse, 18.12.1877

Ins Netz gegangen (7.4.)

Ins Netz gegan­gen am 7.4.:

  • christian2 | Pro­jek­tbeschrei­bung — an der hab wolfen­büt­tel wird ein fürstlich­es tage­buch aus dem 17. jahrhun­dert ediert:

    Die dig­i­tale Edi­tion der Tage­büch­er des reformierten Fürsten Chris­t­ian II. von Anhalt-Bern­burg (1599–1656) aus dem Zeitraum von 1621 bis 1656 erschließt einen quan­ti­ta­tiv wie qual­i­ta­tiv ganz einzi­gar­ti­gen Brenn­spiegel der deutschen und europäis­chen Geschichte sowie der vielfältig­sten Diskurse während der ersten Hälfte des 17. Jahrhun­derts. Darüber hin­aus weist die Quelle einen außergewöhn­lich hohen Anteil an ver­bal­isiert­er zeit­genös­sis­ch­er Sub­jek­tiv­ität auf, der dem Text stel­len­weise sog­ar lit­er­arische Qual­ität ver­lei­ht. Die trans­diszi­plinäre Bedeu­tung des Werkes bet­tet sich in eine Vielzahl von Forschungsin­ter­essen und ‑kon­tex­ten ein. Dazu zählen nicht nur die jüng­sten Unter­suchun­gen zur klas­sis­chen Poli­tik- und Mil­itärgeschichte, zu früh­neuzeitlichen Selb­stzeug­nis­sen, zur Sozial‑, All­t­ags- und Geschlechtergeschichte, zur Kon­fes­sion­al­isierung, zu ver­schiede­nen Aspek­ten des Dreißigjähri­gen Krieges, zur Hof- und Adels­forschung oder zur Sprach‑, Lit­er­atur- und all­ge­meinen Kul­turgeschichte, son­dern auch zu The­men wie der Geschichte der Emo­tio­nen und des Traumes in jen­er Epoche. Als eine den gegen­wär­ti­gen wis­senschaftlichen Stan­dards entsprechende dig­i­tale Edi­tion wird sie den ver­schieden­sten Forschungsper­spek­tiv­en eine Vielzahl von Anknüp­fungspunk­ten bieten kön­nen.
    Das in quan­ti­ta­tiv­er wie qual­i­ta­tiv­er Hin­sicht unübertrof­fene, im Lan­deshauptarchiv Dessau-Roßlau auf­be­wahrte Diar­i­um beste­ht aus 23 Bän­den mit unge­fähr 17.400 größ­ten­teils eigen­händig in deutsch­er (ca. 87%), franzö­sis­ch­er (ca. 11%), ital­ienis­ch­er (ca. 1%), lateinis­ch­er, spanis­ch­er und nieder­ländis­ch­er Sprache beschriebe­nen Seit­en.

    das ist ein ziem­lich aufwendi­ges, großes und langes pro­jekt:

    Das auf 12 Jahre angelegte DFG-Pro­jekt begin­nt mit ein­er drei­jähri­gen Pilot­phase, inner­halb welch­er zunächst die knapp 1.500 Seit­en umfassende Peri­ode vom Jan­u­ar 1635 bis August 1637 tran­skri­biert und veröf­fentlicht wird. Deren beson­ders dichte und viel­seit­ige Nieder­schriften stellen ein geeignetes Feld zur Bewährung und Justierung der edi­torischen Grund­satzentschei­dun­gen hin­sichtlich der Wieder­gabe und Kom­men­tierungstiefe der Texte in den Gren­zen des zeitlich Möglichen dar. Außer­dem ver­sprechen sie einen Ertrag, der par­a­dig­ma­tisch die wis­senschaftliche Bedeu­tung des gesamten Fürstent­age­buch­es zeigt.

  • Ver­schol­lene Büch­er zum Ersten Weltkrieg ent­deckt — georg giers­berg erzählt in der faz (etwas wirr) die geschichte der offiz­iösen wirtschafts­geschichte des ersten weltkrieges aus den zwis­chenkriegs­jahren nach, die offen­bar so brisant war, dass die veröf­fentlichung damals nach dem druck unter­sagt wurde und die entsprechen­den stu­di­en (fast) ver­schwun­den sind
  • Bruck­n­er Online — das bruck­n­er-archiv hat was online gestellt:

    bruckner-online.at ist ein umfan­gre­ich angelegtes Anton Bruck­n­er-Inter­net­por­tal (Webarchiv), in dem neben der elek­tro­n­is­chen Doku­men­ta­tion hand­schriftlicher Quellen auch Kom­po­si­tio­nen, rel­e­vante Per­so­n­en und Orte enthal­ten sind. Zudem wer­den von allen Hand­schriften, Erst­druck­en und der Alten Gesam­taus­gabe voll­ständi­ge Dig­i­tal­isate zur Ver­fü­gung gestellt.

  • David Gar­rett: Habt mich bitte lieb! | ZEIT ONLINE — julia spin­o­la hat sich david gar­ret mit den brahmssonat­en ange­hört und war nicht begeis­tert. deshalb schreibt sie einen erstk­las­si­gen ver­riss:

    David Gar­rett will endlich wieder als ser­iös­er Musik­er ver­standen wer­den und geht mit den Vio­lin­sonat­en von Johannes Brahms auf Tournee

    sehr amüsant auch die leserin­nen­stim­men — unter den fan­boys und ‑girls find­en sich so ziem­lich alle pseudoar­gu­mente gegen kri­tik, die seit jahrhun­derten wider­legt sind … (und viel hass auf jeman­den, der ihr idol nicht vergöt­tert) — sehr amüsant …

  • Vom Mythos der tech­nis­chen Insti­tu­tion « Michalis Pan­telouris — michalis pan­telouris liefert ein paar hin­ter­gründe zu legit­i­ma­tion, zie­len und prob­le­men (u.a. demokrati­ethe­o­retis­che, von den ökonomis­chen ganz abge­se­hen) der teil­nehmer der “troi­ka”:

    Poli­tis­che Insti­tu­tio­nen sind niemals ein­fach tech­nisch, aber die hierzu­lande weit­ge­hend unkri­tis­che Darstel­lung der Troi­ka-Insti­tu­tio­nen als solche, die ein­fach nur die Ein­hal­tung von bere­its aus­ge­han­del­ten Verträ­gen überwachen sorgt dafür, dass jed­er ihr Wider­sprechende automa­tisch als Ver­trags­brech­er wahrgenom­men wer­den muss. Das ist es, was viele Medi­en mit der neuen griechis­chen Regierung machen: Um eine Diskus­sion um ihre Poli­tik zu ver­mei­den, ziehen sie die Diskus­sion ins Unpoli­tis­che, ins Tech­nis­che: Verträge sind einzuhal­ten; Die Regierung ist inkom­pe­tent (was man poli­tisch ja kaum sein kann); Sie wollen “Refor­men zurück­drehen”.
    Die Wahrheit ist eine andere: Die Troi­ka hat eine Poli­tik vertreten, eine Ide­olo­gie, die in Wahrheit nir­gends in Europa eine Mehrheit hat. Es gibt auch in Deutsch­land keine neolib­erale Mehrheit. Es sind zwei unter­schiedliche Dinge, ob man auf die Ein­hal­tung von Verträ­gen pocht, oder ob man einem anderen Land eine Poli­tik aufzwingt, und dann eine, die ganz expliz­it von der Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt wird. Mit dem Mythos der rein tech­nis­chen Ein­griffe wird die Abschaf­fung der Demokratie ver­schleiert.

  • Grabun­gen in der St. Johan­niskirche in Mainz — markus schug über die spek­takulären aus­grabun­gen unter der johan­niskirche in mainz, wo schon zu merowinigis­ch­er zeit eine große kirche stand …
  • Peti­tio­nen: Peti­tion 58168 — eine wun­der­bare peti­tion (die sich­er erfol­g­los bleiben wird, aber trotz­dem — im sinne der bewusst­seins­bil­dung — notwendig ist): Der Deutsche Bun­destag möge beschließen, dass homöopathis­che Behand­lungsmeth­o­d­en nicht mehr als Satzungsleis­tung von geset­zlichen Krankenkassen gezahlt wer­den dür­fen. — das ist übri­gens schon der gesamte text der peti­tion.
  • Klage gegen Kruz­i­fix-Pflicht in Bay­ern: Karl­sruhe vertrödelt heik­les Urteil — taz.de — hört sich sehr pein­lich & feige an, wie das bun­desver­fas­sungs­gericht unter voßkuh­le & müller mit dieser klage umge­ht
  • Ein­führung in den Fefis­mus. | H I E R — mspr0 erk­lärt fefe (und den “fefis­mus”) und rech­net gle­icht mit ihm ab — und ver­bal­isiert damit ziem­lich genau mein eigenes unbe­ha­gen mit fefe …

    Fefe ist mehr als der Men­sch, es ist mehr als das Blog. Zusam­men mit seinem Leser­mob ist es eine Has­s­mas­chine. Diese Shit­stormkul­tur gegen alles, was ihnen Fremd ist, ist kaum noch ohne God­wingepulle zu beschreiben.[…] Die Nerd­szene lei­det extrem unter dem Fefis­mus. Es wird Zeit, dass es in ihr zu ein­er Form der Selb­staufk­lärung kommt. Ne…

Mysteriöse Großtat: Das Landesjugendorchester spielt Bruckner

„Kro­ne der Musik“ oder „Mys­teri­um“: Die achte Sin­fonie von Anton Bruck­n­er fordert Superla­tive ger­adezu her­aus. Denn sie ist selb­st alles andere als beschei­den. Zu ihrer Zeit – also 1892 – war die Achte die läng­ste Sin­fonie über­haupt. Knapp 90 Minuten dauert es, diesen mon­u­men­tal­en Brock­en aufzuführen – anderthalb Stun­den der Span­nung und Erlö­sung, aber auch der Anstren­gung. Und das nicht nur beim Hören, son­dern auch beim Spie­len. Denn dieses Riesen­werk ver­langt ins­beson­dere den Blech­bläsern viel ab, benötigt eine große Aus­dauer und viel Kraft – bei totaler Präzi­sion im Ide­al­fall. Nahe dran ist das beim Jubiläum­skonz­ert des rhein­land-pfälzis­chen Lan­desju­gen­dorch­esters im Großen Haus des Staat­sthe­aters zu erleben. Und das ist erstaunlich und bewun­dern­swert, denn Bruck­n­ers Achte ist auch für ges­tandene Profis harte Arbeit. Umso mehr muss man schätzen, was die Jugendlichen da gestemmt haben. Zum 40jährigen Beste­hen dieses außergewöhn­lichen Orch­esters durfte und sollte es aber etwas Außergewöhn­lich­es sein: Zwei Wochen haben die über 80 jun­gen Instru­men­tal­is­ten dafür geprobt. Und das Konz­ert im Staat­sthe­ater beweist, dass sich diese Arbeit gelohnt hat.

Der Diri­gent Klaus Arp führt sie beson­nen durch Untiefen und über Gipfel, erk­limmt mit dem Lan­desju­gen­dorch­ester die steilen Wände und geleit­et sie sich­er am Abgrund ent­lang. Denn die Achte gle­icht in fast jedem Moment einem Tanz auf dem Vulkan, zwis­chen Absturz ins Verder­ben und Aufheben ins Grandiose liegt hier nur ein schmaler Grat. Und das ist genau das, was man vielle­icht das Pro­gramm dieser Sin­fonie nen­nen kön­nte.

Ger­ade im Scher­zo, dem zweit­en Satz, wurde dieser Tanz unmit­tel­bar hör­bar — ein Tanz auf schmalem Grat, aber mit sicheren Füßen, die sich keinen Fehltritt erlauben: Strahlend und bers­tend geht Arp das Scher­zo an, dämpft das Trio dann mit viel Ruhe zur himm­lis­chen Länge ab, um in der Reprise erneut alles an gepf­ef­fer­t­er Erre­gung und aufgewühlten Gemütern zu ent­fes­seln. Schon von Beginn des ersten Satzes an führte er das Lan­desju­gen­dorch­ester zu einem sehr deut­lichen Klang mit klaren Akzen­ten. Dabei bleibt Arp aber zugle­ich vor­sichtig und tas­tend in der Anlage und macht die Sin­fonie zu einem echt­en Rät­sel – einem Mys­teri­um eben. Beson­ders spür­bar wird das im drit­ten Satz, der sich vor­sichtig ins Ungewisse vor­tastet und mit beson­der­er Zer­brech­lichkeit gefällt. Die geht zwar manch­mal etwas weit, wenn der Satz in Einzelepiso­den zer­fällt, behält aber doch so viel Nach­druck, dass man den Vorschein der Unendlichkeit zu hören glaubt.

Grandios ist dann das Finale, die Wuchtigkeit, die das Lan­desju­gen­dorch­ester hier entwick­elt, wie fein zise­liert die riesi­gen Klang­wände noch im größten Lär­men bleiben: Das ist eine wun­der­bare Verbindung von kör­per­lich­er Klanger­fahrung und Tran­szen­denz. Ein Tri­umph der Musik und der Musik­er, ganz fra­g­los.

(geschrieben für die Mainz­er Rhein-Zeitung.)

Taglied 28.7.2012

Anton Bruck­n­er, Locus iste:

Locus Iste — Winds­bach­er Knaben­chor

Beim Klick­en auf das und beim Abspie­len des von YouTube einge­bet­teten Videos wer­den (u. U. per­so­n­en­be­zo­gene) Dat­en wie die IP-Adresse an YouTube über­tra­gen.

Große Messe und große Interpretation

Die vie­len Kisten und Instru­mentenkof­fer des Orch­esters ste­hen noch im Ein­gangsraum – die Chris­tuskirche ist eben keine Konz­erthalle. Auch im Kirchenin­neren ist es voll, schon der Bach­chor und der unter­stützende Chor der Musikhochschule brauchen eini­gen Platz, dazu dann noch die üppig beset­ze Deutsche Staat­sphil­har­monie Rhein­land-Pfalz. Aber für das Pub­likum ist noch genü­gend Platz. Zum Glück. Denn der ganze Aufwand der fast zwei­hun­dert Musik­er ist ja kein Selb­stzweck. Und Anton Bruck­n­ers dritte Messe in f‑Moll, das Hauptwerk des Konz­ertes am Tag der Deutschen Ein­heit, sorgt dafür, dass die Chris­tuskirche auch akustisch gut gefüllt wird.

Aber die Fülle des Klangs wurde nie drück­end, der machtvolle Klan­gap­pa­rat – und Bruck­n­er nutzt den dur­chaus aus­giebig – beschert dem Pub­likum kein­swegs eine beschw­er­liche Enge. Ganz im Gegen­teil. Der prä­gend­ste Ein­druck nicht nur bei der Bruck­n­er-Messe, son­dern auch schon in der Altrhap­sodie von Johannes Brahms, war die feine Aus­gestal­tung aller Klänge. Und das ist ein unbe­d­ingtes Ver­di­enst Ralf Ottos. Ein wirk­lich großes noch dazu. Die ger­adezu ver­rückt wirk­ende Detail­ge­nauigkeit in Chor und Orch­ester geht näm­lich mit ein­er ungeah­n­ten Offen­heit der Bruck­n­er­schen Musik ein­her. Was da an Vor­bere­itung dahin­ter steck­en muss!

Erstaunlich intim klingt die größte Messe Bruck­n­er in der Chris­tuskirche. Das ist nicht ger­ade kam­mer­musikalisch, aber trotz der teil­weise mächtig geschicht­en Chor- und Orch­esterk­länge – irgend­wie muss Bruck­n­er ja noch zu erken­nen sein – doch immer ganz direk­te Musik, die sich nicht nur dem unbe­d­ingten Glauben ihres Schöpfers ver­dankt, son­dern diese felsen­feste Gewis­sheit auch weit­ergeben kann – ohne zu ver­hehlen, dass vieles anders sein kön­nte. Der gern mal auftrumpfende, besser­wis­serische Bruck­n­er kommt hier nicht zum Klin­gen. Ob es nun die berück­ende Innigkeit des Glo­ria ist oder die großar­tig aus­ge­formten Kon­traste des Cre­do: Über­all in dieser Messe herrscht ein lebendig-atmender Klang, der vor allem eine Gebor­gen­heit in über­legter Gestal­tung ver­mit­telt, die sich den Rausch immer wieder ver­sagt – und so vieles über­haupt erst zu erken­nen gibt.

Der Bach­chor singt das wie ein gebändigter Tiger: Voller Kraft, mit pulsieren­der Wild­heit und natür­lichem Instinkt, die aber ganz dem Willen des Diri­gen­ten-Domp­teurs Otto unter­wor­fen sind und – ohne gebrochen zu weden, ohne an Ausstrahlung zu ver­lieren – zivil­isiert wur­den. Das ist immer ein schmaler Grat zwis­chen banalem Klan­grausch und gefühls­duseligem Kitsch, den Bruck­n­er im Ide­al­fall von seinen Diri­gen­ten ver­langt. Und noch dazu tech­nisch nicht ohne Tück­en. Otto wan­delt sich­er – und führt das Pub­likum so nicht nur zum Erleben, son­dern zum ganz neuen Ken­nen­ler­nen dieser großen Messe.

(geschrieben für die Mainz­er Rhein-Zeitung.)

Romantik en masse

Von Ferne tönen sie schon vor dem Beginn, die Hörn­er. Sie solle heute, im 7. Meis­terkonz­ert, eine beson­dere Rolle spie­len. „Die Roman­tik­er“ ist das Konz­ert mit der Deutschen Staat­sphil­har­monie Rhein­land-Pfalz unter Karl-Heinz Stef­fens betitelt. Und da gehören Hörn­er unbe­d­ingt dazu – schließlich ist das Horn neben der Harfe wohl eines der roman­tis­chen Instru­mente über­haupt. Sie sind das, auch wenn das zweite Hornkonz­ert von Richard Strauss natür­lich m engeren Sinne nicht mehr zur eigentlichen Roman­tik gehört: Die Urauf­führung des druck­frischen Werkes fand 1943 statt und sei „ganz nett aus­ge­fall­en“, wie der Kom­pon­ist anmerk­te.

Nun ist „nett“ meis­tens kein beson­ders wohlwol­len­des ästhetis­ches Urteil. Aber es trifft doch sehr gut, was Strauss hier geschrieben hat. Und der Hor­nist Ste­fan Dohr steigt gle­ich mit den ersten Tönen voll ein. Mit viel Ein­satz lässt er alle Seit­en der Musik lebendig wer­den: Das kraftvolle Schmettern eben­so wie die weichen Melodielin­ien. Ger­ade die san­ften Kan­tile­nen gelin­gen ihm her­vor­ra­gend, aber auch seine wun­der­bare Übergänge zum forschen, kraftvollen Spiel, mit dem er das Orch­ester müh­e­los dominiert, zeigen Dohr als über­legten Solis­ten. Zumal Steff­fens sich und das Ensem­ble sehr zurück­hält und sich vor­wiegend auf das Begleit­en konzen­tri­ert. Zusam­men ergibt das eine sehr vitale, lebendig strö­mende Musik – vor allem dank des ener­gis­chen Zugriffs Dohrs, der aus der manch­mal etwas trock­e­nen Par­ti­tur alles her­ausholt, was sie an begeis­tern­dem Witz und Esprit über­haupt hergibt.

Unzweifel­hafte zur Roman­tik gehört Bruck­n­ers vierte Sym­phonie – die trägt das ja schon im Beina­men. Und Stef­fens sucht genau das auch gezielt zu ver­wirk­lichen. Mit einem aus­ge­sprochen geheimnisumwit­tert­erten Beginn fängt er an. Und die dun­klen, etwas ver­schat­teten Seit­en der Musik bleiben das Beste in Stef­fens Inter­pre­ta­tion. Auch son­st set­zt der Diri­gent weit­er­hin vor allem auf Stim­mungen statt Struk­turen und ist nicht so sehr auf die Sub­til­itäten des Klanggeschehens aus, son­dern vor allem auf seine Wirkung. Und dafür hat er ein geschick­tes Händ­chen: Er ver­liert sich nicht in Details, er lässt die mon­u­men­tale Sin­fonik Bruck­n­ers nicht erstar­ren, son­dern hält sie als Diri­gent, der immer auf den jew­eili­gen Moment bedacht ist, in unabläs­siger Bewe­gung. Ger­ade deshalb bleibt das hier aber auch sehr irdisch. Und manch­mal, vor allem zum Ende hin, nehmen die große Gesten etwas über­hand. Dabei lässt Stef­fens auch einige lose Fäden hän­gen und Übergänge unerledigt. Immer­hin, die Staat­sphil­har­monie hält durch und bleibt bis zum Schluss sehr klangge­waltig und durch­set­zungsstark. Und damit ist bei Bruck­n­er schon das meiste getan – und der Roman­tik auch zu ihrem Recht ver­holfen.

(geschrieben für die Mainz­er Rhein-Zeitung.)

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