Joseph Marx ist vor allem als Liederkomponist bekannt – seine Chorwerke sind weitgehend Vergessen. Auch die Berghymne blieb lange Zeit in der Österreichischen Nationalbibliothek versteckt. Komponiert wahrscheinlich zwischen 1910 und 1914, galt sie bisher als unvollendetes Werk. Das Manuskript zeigt aber, dass Marx die Berghymne bis zum Particell fertistellte – nur die Orchestrierung blieb aus. Diesen letzten Schritt haben nun Stefan Esser und Berkant Haydin, Marx-Spezialist, nachgeholt und die Paritur bei der Universal Edition veröffentlicht. Das ist eine in ihrer hymnischen Enfaltung absolute Feier der Freiheit der Bergwelt auf einen Text von Alfred Fritsch: „O Freunde, steiget nicht zu Tal, schöft aus der Höh‘“, heißt es, und: „hier oben ewig freier Klang“. Das ganze wird in einer faszinierenden Mischung aus ungezügelt leidenschaftlich spätromantischem Impressionismus und sowohl chorischer als auch orchestraler Emphase zelebriert. Zwar dauert der Hymnus gerade einmal drei Minuten, aber er enfaltet dennoch ungeheure, erhebende Wirkung. Das liegt natürlich am konsequenten Unisono des gesamten gemischten Chores ebenso wie an dem unaufhörlich in die Seligkeit verheißende Höhe strebendem großen symphonischen Orchester, das in heute schier unglaublichem Pathos die Erhebung des Subjekts in der majestätischen Bergwelt feiert: „Die Brust schwellt in die Weite, in Sonnenflug befreit von altem Leide.“
Joseph Marx: Berghymne für gemischten Chor und Orchester, arrangiert von Stefan Esser und Berkant Haydin. Studienpartitur. Wien: Universal Edition 2006. UE 33 303. 11 Seiten. 15,50 Euro.
(geschrieben für die neue chorzeit, april 2008)
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