Schwarze, graue und weiße Rechtecke schweben über die Lein­wand, schieben sich in- und übere­inan­der, tanzen auf und nieder. Heftig drän­gend pulsiert zu dem abstrak­ten Film von Hans Richter die anre­gende Musik von Bernd Thewes. „Gehör­gang ins Auge“ nen­nt sich das Exper­i­ment des Ensem­bles Ascol­ta, das der SWR im Rah­men sein­er Rei­he „Avance“ im Frank­furter Hof ver­anstal­tet. Und es erfordert eine Menge Aufwand. Denn die bran­dak­tuelle Musik ste­ht hier nicht allein: Die Spezial­is­ten für Neue Musik sind mit einem Film­musik-Pro­gramm angereist. Und natür­lich zeigen sie auch die passenden Filme. Die haben alle schon einige Jahre auf dem Buck­el und sind auch alle schön kurz. Exper­i­mentelle abstrak­te Stu­di­en und filmis­che Ver­suche aus den zwanziger Jahren sind die Bild­liefer­an­ten. Dazu haben in den let­zten Jahren eine Hand­voll Kom­pon­is­ten neue Musik geschrieben. Und das ist faszinierend: Wie unter­schiedlich man solch eine Auf­gabe ange­hen kann. Bei manchen, etwa Olga Neuwirths „Diag­o­nal-Sym­phonie“ zu einem Film von Viking Eggeling, kön­nte man gerne auf die Lein­wand verzicht­en – die lenkt fast zu sehr ab. Das ist über­haupt ein biss­chen ein Prob­lem: Die durch­weg anspruchsvolle Musik lei­det ein wenig unter der geteil­ten Aufmerk­samkeit. Aber span­nend sind eben die ver­schiede­nen Ansätze, „Film­musik“ heute zu schreiben. Beson­ders deut­lich kon­nte man das beim „Vor­mit­tagsspuk“ von Hans Richter sehen. Der wurde näm­lich gle­ich zwei Mal ver­tont. Cor­nelius Schwehr schrieb eine heit­er-pulsierende Komödie, die den Witz des Filmes wun­der­bar unter­stützt. Mar­tin Smol­ka dage­gen lässt das Ensem­ble Ascol­ta gespen­stige Klänge pro­duzieren: Mit fahlen, hohlen Gitar­renakko­r­den, Glis­san­di und Vogelzwitsch­ern betont er das Spukhafte, das Unheim­liche des Films. Und der bekommt dadurch nicht nur eine andere Bedeu­tung, son­dern auch einen vol­lkom­men neuen Rhy­ht­mus – so plas­tisch bemerkt man den Ein­fluss der Musik auf den Film sel­ten.

Eine inter­es­sante Kom­bi­na­tion bot auch die Kop­plung von René Clairs „Entr’acte“ mit der „Musique d’ameuble­ment“ von Erik Satie, die der Ensem­ble-Posaunist Andrew Dig­by ein­richtete. Zwar waren das zwei Werke, die eigentlich über­haupt keine Aufmerk­samkeit haben woll­ten, die nur im Neben­bei rezip­iert wer­den soll­ten. Aber trotz­dem sind sie in ihrer Kom­bi­na­tion jet­zt so amüsant und unter­halt­sam, dass sie alle Augen und Ohren fes­sel­ten. Übri­gens auch ein Ver­di­enst des gewitzten Arrangeurs, der auch die Zugabe, den „Ungarischen Tanz Nr. 5“ von Brahms als Begleitung zur „Studie Nr. 7“ von Oskar Fischinger instru­men­tierte: Ein irrsin­niger Trubel, ein ras­antes Furioso von Lin­ien und Ebe­nen auf der Lein­wand genau­so wie im Ensem­ble – ein grandios­es Finale für das Mul­ti­me­di­aspek­takel.