carsten gerlitz, da capo
Zugaben­stücke sind offen­bar gefährlich: Wenn der Ton­set­zer selb­st schon vor ihrem über­mäßigem Genuss warnt, dann sollte man wohl wirk­lich mit Vor­sicht genießen. Dabei gibt es kaum einen Grund, den Band „Da Capo!“ von Carsten Ger­litz mit spitzen Fin­gern anz­u­fassen. Im Gegen­teil, man sollte den unbe­d­ingt auf­schla­gen und (ein)studieren. Auch wenn der Titel nicht so ganz passt. Denn nicht die Wieder­hol­ung ist das Ziel von Ger­litz, son­dern neues Mate­r­i­al für die Zugabe bei Chorkonz­erten zu liefern. Echte „Knaller“ sollen es also sein, pep­pige Arrange­ments ver­spricht der Unter­ti­tel. Und das find­et man in den sechs Sätzen von über­schaubar­er Schwierigkeit dann dur­chaus – wenn auch nicht in jedem einzel­nen.

Denn einen Schlusspunkt für ein Konz­ert set­zen sie alle auf ganz ver­schiedene Weise: „Auf uns“ als groovig-poppige Soul­bal­lade, die Ger­litz‘ Fähigkeit als Arrangeur effek­tvoller Chor­musik beson­ders deut­lich zeigt, „Das Pub­likum war heute wieder wun­der­voll“ als schnell ein­studierte und schnell gesun­gene, unkom­plizierte Miniatur, die schon als Abspan­n­musik bei Bugs Bun­ny gut funk­tion­iert hat. Es geht aber auch roman­tis­ch­er, mit dem von Brahms entlehn­ten „Guten Abend, gute Nacht“, dem san­ft und sehr fein aus­gear­beit­eten „Der Mond ist aufge­gan­gen“ oder auch mit dem Abschied­slied der Come­di­an Har­monists, „Auf Wieder­sehn, my Dear“, das Ger­litz sehr nah an deren Klang und Arrange­ment set­zt. Und damit auch wirk­lich jed­er gemis­chter Chor hier etwas find­et, gibt es noch eine unkom­pliziert swin­gende, ja, fast harm­lose „Sen­ti­men­tal Jour­ney“ dazu. Und wenn man den schmalen Band so durch­blät­tert, trifft die War­nung des Vor­worts vielle­icht doch zu: Zu viel Feuer­w­erk ermüdet. Dafür reichen diese sechs Sätze aber nicht aus – schon allein deshalb nicht, weil sie so ganz und gar unter­schiedlich sind.

carsten gerlitz, in my life (beatles)
Und wer noch nicht weiß, wie er sein Pub­likum dazu bringt, Zugaben zu fordern, kann sich zweier ander­er kür­zlich erschiener Arrange­ments von Carsten Ger­litz bedi­enen – die sind jet­zt aber nicht mehr für jeden Chor und jeden Geschmack geeignet. Denn mit ABBAs „Danc­ing Queen“ und „In My Life“ von den Bea­t­les legt der ver­sierte Arrangeur zwei Sätze vor, die sehr genau und gut in die neue Rei­he Pop-Choir-Classics passen.Nah am Orig­i­nal empfehlen sie sich vor allem für im Pop schon ver­traute und geübte Chöre – bei­de set­zen auch ein fün­f­s­tim­miges, rhyth­misch sicheres Ensem­ble voraus. Mit weni­gen, oft nur punk­tuellen Änderun­gen, geschick­ter Stim­mverteilung und dra­matur­gis­chem Gespür wird aus bloßen a-cappella-Coverversionen bei Ger­litz ein Hit fürs näch­ste Konz­ert. Dabei arbeit­et er sehr ökonomisch mit Ein­fällen: Seine Arrange­ments sprühen nicht vor Ideen, sind aber stets wirkungsvoll gear­beit­et. Nicht zulet­zt liegt das auch an den Orig­i­nalen: Das sind eben echte Klas­sik­er, die Kraft und Inspi­ra­tion genug haben – die Rei­he trägt den Titel „Pop-Choir-Classics“ schließlich nicht umson­st.

Carsten Ger­litz: Da Capo! Zugabestücke in pep­pi­gen Arrange­ments für gemis­cht­en Chor. Mainz: Schott 2015 (ED 20577).
Carsten Ger­litz: Bea­t­les, In My Life. (Pop-Choir-Classics) Berlin: Bosworth 2015 (BOE7741).
Carsten Ger­litz: ABBA, Danc­ing Queen. (Pop-Choir-Classics) Berlin: Bosworth 2015 (BOE7742).

(Zuerst erschienen in „Chorzeit – Das Vokalmagazin“)