Autoland Deutschland:
Schlagwort: werbung Seite 1 von 3
Ins Netz gegangen am 22.4.:
- Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz: Im Zweifel gegen die Meinungsfreiheit? | Verfassungsblog → lukas gerhardinger hat im verfassungsblog große zweifel am “netzwerkdurchsetzungsgesetz” (das allein wegen dem völlig bescheuerten, falschen namen unsinn ist …):
Es zeigt sich, dass das Vorhaben der Bundesregierung ein erhebliches Gefahrenpotential für das Recht der freien Rede birgt. Insbesondere das vorgegebene Löschverfahren, welches rasche, nicht aber rechtmäßige Entscheidungen bezweckt, lässt eine Vielzahl an fehlerhaften Entscheidungen befürchten. Die drohenden Geldbußen setzen zudem einen gefährlichen Anreiz. Denn neben den offenkundigen Fällen wird es unzählige Zweifelsfälle geben. Und im Zweifel wird sich wohl keine wirtschaftlich denkende Plattform für die Meinungsfreiheit stark machen und dabei ein spürbares Bußgeld riskieren. Es ist daher zu befürchten, dass die sozialen Netzwerke in großer Zahl Inhalte löschen werden, die zwar unliebsam sein mögen, aber gerade deswegen von der Meinungsfreiheit gedeckt sind. Das geplante Netzwerkdurchsetzungsgesetz verkehrt damit die Freiheitsvermutung des Bundesverfassungsgerichts in das Gegenteil. In den sozialen Netzwerken droht nunmehr der Grundsatz zu gelten: Im Zweifel gegen die Meinungsfreiheit.
- Kleist-Handschriftengenerator| kleist-digital → sehr cool: ein kleist-handschriften-generator, mit kleist-handschriften zum download als font-dateien!
- “Welchen Platz sieht so jemand für Frauen in der Gesellschaft?” | Zeit → über werbung, sexismus, öffentlichtkeitsgeile spinner und journalisten …
- Opening of UN files on Holocaust will ‘rewrite chapters of history’ | Guardian → Archive used in prosecution of Nazis reveals detailed evidence of death camps and genocide previously unseen by public
Ins Netz gegangen am 13.4.:
- Märchenstunde am Main | NZZ → jürgen tietz spart nicht mit deutlichen Worten über den Unsinn einer (scheinbaren) Rekonstruktion einer historischen Altstadt
Dort, wo nach den Bombenangriffen des Zweiten Weltkriegs nur noch rauchende Trümmer lagen, manifestiert sich heute ein gebauter Aufschrei nach verlorener Heimeligkeit und einstiger städtischer Bedeutung. Dafür musste das zu Beginn der siebziger Jahre gebaute Technische Rathaus verschwinden, nach nur 35 Jahren. So kurzatmig ist die hessische Geschichte. Was aber ist der Sinn dieser gebauten Frankfurter Märchenwelt? Leistet sie einen Beitrag, um die drängenden Fragen der Zukunft der Städte zu lösen? Wohl kaum, denn auf dem historisierenden neuen Herzstück Frankfurts entsteht gerade einmal die bescheidene Zahl von sechzig Wohnungen – mit einer Fläche von insgesamt 7000 Quadratmetern. Sonst gibt sich das Quartier als architektonisch verdichtete Seelenmassage, ein Gegenmodell zu den Hochhäusern der globalisierten Stadt.
…
Der grosse Irrtum einer derart fiktionalen Stadtarchitektur ist es, dass sie wie eine gebaute Zeitmaschine wirkt. Doch sie ist nur ein Abziehbild einer deutschen Seelenlandschaft, in der die Verwundungen der Kriegs- und Nachkriegszeit bis in die nach-nachfolgende Generation andauern. So entsteht eine weinerliche Mischung aus Verlust und Verdrängung, aus romantischer Sehnsucht und einer Unfähigkeit zu trauern. - Werben mit Google: Ist die taz Schmuddelkram? | taz-hausblog → die taz nut googles adsense und berichtet hier von schwierigkeiten bei der “richtlinien”-einhaltung und kommunikation mit dem unternehmen
- Wollen alle Autoren sein? Alles schreibt, keiner liest | NZZ → jochen hörisch über das sich verändernde verständnis von schreiben und lesen, den zusammenhang von sein und schreiben, welt und text
Alles schreibt, aber kaum einer liest mehr so gründlich, konzentriert und hingebungsvoll wie der Leser in Rilkes gleichnamigem Gedicht oder der Buch-Enthusiast in Michael Endes «Unendlicher Geschichte». … Es ist offenbar, dass Gott nicht im Sinne logischer Evidenz offenbar ist, dass auch er ein schwächelnder Autor ist, der die Kluft, die die Welt von den Worten trennt, nicht ein für alle Mal überwinden kann. … Das Wort wird Fleisch, Bits werden Atome, die Idee der Transsubstantiation ist heute mehr als ein faszinierendes religiöses Phantasma, nämlich ein Schreibprogramm für ambitionierte Ingenieure. Wer diese Wandlung von Lese- in Schreibprogramme im Blick hat, wird sowohl das Comeback militanter Religiosität als auch die Inflation der Schreiblust heute mit anderen Augen sehen. … Man vergisst gerne, dass die verpflichtende Alphabetisierung ein kultureller Sonderweg einer seltsamen Weltecke in einer exzentrischen Epoche ist bzw. war. Heute können, wenn sie denn Zugriff auf Zauberwerke der Ingenieurs- und Informatikerkunst haben, alle lesen und schreiben – paradoxerweise eben auch diejenigen, die nicht lesen und schreiben können. Gemeinsam ist ihnen der Wunsch, nicht nur ein Wort mitzureden, sondern Autoren zu werden, die von der Pflicht dispensiert sind, lesen zu müssen.
- NS-Filme: Vorbehaltsvorbehalte| Freitag → dirk alt und friedemann beyer über die zunehmend unnötige, aus der zeit gefallene “vorbehalts”-lösung, die ns-propagandafilme (bzw. manche davon) unter halbverschluss hält
Vor diesem Hintergrund mutet die hiesige Kontroverse um eine offizielle Zugänglichmachung der Vorbehaltsfilme kurios an, zumal sie nicht nur die längst unwiderrufliche Verfügbarkeit der Filme ignoriert, sondern darüber hinaus von Dämonisierung und reflexartiger Betroffenheit geprägt ist.
- Index, A celebration of the | TLS → ein lob der indices und ihres klugheit/ihres wissens, anlässlich des sechzigjährigen bestehens der “Society of Indexers”
- a href=“http://blogs.faz.net/pop-anthologie/2017/03/18/alte-mythen-in-honig-351/”>Genesis: „The Musical Box“ | Pop-Anthologie → hervorragende würdigung des großartigen “the musical box” (auf “nursery cryme”) von genesis in der pop-anthologie der faz:
Dass die Karrieren von Collins und Rutherford in Hits wie „Dance Into the Light“ oder „All I Need is a Miracle“ gipfelten, die von einer erschütternden Belanglosigkeit sind, ist das traurige Ende dieser Entwicklung. „The Musical Box“ aber darf nicht im Kuriositätenkabinett der Musikgeschichte abgelegt werden. Es gehört zum Kanon der besten britischen Popmusik.
Ins Netz gegangen am 4.12.:
- „Effekthascherei“: Über die Instrumentalisierung von Trans* in der BILDblog-Kolumne „Politically Correct“ | Ich hab ja nichts gegen Schwule, aber → gute und einleuchtende ergänzung zum text von johannes kram im bildblog, den in ich der letzten ausgabe auch verlinkte
- Zwischen pädagogischer Freiheit und Selektivität: Warum die Förderung der freien Schulen verfassungsrechtlich auf dem Spiel steht | Verfassungsblog → interessante zusammenfassung einer rechtssoziologischen untersuchung eines grundgesetzlichen anspruchs an privatschulen, der mir unbekannt war: dem sonderungverbot — privatschulen dürfen nicht nach den besitzverhältnissen der eltern selektieren. und die länder — als genehmigungsbehörden — müssten das durchsetzen, was sie offenbar nur sehr unzureichend und mangelhaft tun.
- Freiheit in der Oper: «Nach Freiheit dürstet’s mich!» | NZZ → udo bermbach unternimmt einen sehr instruktiven streifzug durch die operngeschichte und schaut, wie in opern freiheit(en) ver-/behandelt wird
- Confessions of an Instagram Influencer | Bloomberg → wie man instagram-social-influencer wird und sein leben zur werbung macht …
- Ich habe nur gezeigt, dass es die Bombe gibt | Das Magazin → reportage über big data, psychologisches profiling und den einsatz in wahlkämpfen. beschreibt die grundsätzlichen möglichkeiten ganz anschaulich, zu den entscheidenden momenten — nämlich vor allem der konkreten umsetzung und dem einsatz — bleibt es aber recht vage und weitgehend quellenlos. trotzdem interessant und ein bisschen gruselig
- Hat ein Big Data Psychogramm Trump wirklich den Sieg gebracht? |jensscholz.com → jens scholz reagiert auf diesen text und ist etwas skeptischer
Was Bauern und Städter wirklich unterscheidet …
, via Instagram
Ins Netz gegangen am 30.5.:
- Kleist-Edition: Ein trauriges Ende | Süddeutsche → kleist-experte und ‑herausgeber klaus müller-salget berichtet vom sehr unrühmlichen umgang des hanser-verlages mit der offenbar grottenschlechten, aber als ultimativen angepriesenen kleist-leseausgabe von roland reuß und peter staengle — nachdem der verlag eine revision versprach, die fehlerhafte ausgabe aber munter weiter verkaufte, stellt er sie nun gänzlich ein (das sind übrigens die verlage, die über die vg wort geld von den urhebern haben wollen — für ihre unersetzlichen leistungen …)
- re:publica 2016 – Thorsten Schröder & Frank Rieger: Ad-Wars → spannender vortrag von frank rieger & thorsten schröder über adblocker, malware und gefahrenabwehr im netz (mit lösungvorschlägen!)
- Museumsdirektor Köhne im Gespräch: Wir müssen es wagen! | FAZ → eckart kröhne, direktor des badischen landesmuseums, will sein museum öffnen — die faz spricht im interview von einer “revolution von unten”:
Museen sind eigentlich so angelegt, dass sie die wissenschaftlich fachliche Deutungshoheit für ihre Inhalte haben. Wir versuchen, neben diesem kuratorischen Strang einen zweiten Strang zu entwickeln, bei dem wir selber nicht mehr deuten, sondern die Nutzer und Nutzerinnen des Museums das tun.
- Krise des Liberalismus: Ein autoritäres Angebot | Zeit → thomas assheuser versucht sich in der “zeit” an einer analyse der situation des liberalismus — und so viel er richtig beobachtet, frage ich mich doch, ob sein ausgangspunkt — dass nämlich “unsere” moderne liberale gesellschaft so eng mit dem liberalismus zusammenhängt, wirklich richtig ist. ich tendiere ja eher zur annahme, dass die politik der letzten jahre/jahrzehnte genau das — nämlich den liberalismus — verloren hat, auch ohne in das autoritäre gehampel der rechten zu verfallen.
Man kann sich leicht ausmalen, welch klebrige Attraktivität eine solche Apartheidgesellschaft entwickelt, wenn Bürger das Gefühl haben, sie seien Modernisierungsverlierer und könnten sich für ihre liberale Freiheit nichts kaufen. Die rechte Alternative verspricht dagegen die Befreiung von der Befreiung und den Abschied von Europa sowieso. Sie malt die Nation als gute Stube mit Hirschgeweih und kugelsicheren Butzenscheiben, als Trutzburg gegen Terror, Klimakatastrophe und Flüchtlinge, kurz: als wetterfesten Herrgottswinkel für Menschen mit apokalyptischen Vorgefühlen, die nicht zu Unrecht fürchten, die “Welt draußen” könne über ihren Köpfen zusammenbrechen. Das autoritäre Angebot verfängt.
- Exzellenzinitiative: Privat ein Laster, öffentlich eine Tugend | FAZ → jochen hörisch über den “doublespeak” in bezug auf die exzellenziniative,die auch viele (beteiligte) wissenschaftler für suboptimal bis unsinn halten, das aber selten/kaum öffentlich sagen
Man muss kein approbierter Medien- und Kommunikationswissenschaftler sein, um die alltägliche Kommunikation an den Universitäten über die alte wie die neu aufgelegte Exzellenzinitiative auffallend und analysebedürftig zu finden. Denn immer wieder macht sich ein profanes Dilemma bemerkbar. Im ältesten Medium, der face-to-face-communication, wird noch sehr viel stärker als sonst gänzlich anders über die Exzellenzinitiative gesprochen als in der publizierten Schriftform. Antragsprosa oder Verlautbarungen von offiziösen Universitätszeitschriften begrüßen die Erneuerung der Exzellenzinitiative, ansonsten aber hört man zumeist lästerliche Reden.
- Corporate’s Child | textdump → zur lage der politik einige scharfe beobachtungen und anmerkungen in guenter hacks textdump:
Der Staat gibt vor, alles sehen zu können (siehe Punkt 2), wenn er aber handeln soll, tut er so, als seien ihm die Hände gebunden, von der bösen EU, durch internationale Verträge, durch Ressourcenmangel, durch die allgemeine Wirtschaftslogik, die halt nun mal so ist. Wenn der Staat agiert, dann nur mit noch mehr Repression nach unten, weil das halt einfacher ist, als Steuern von Amazon zu verlangen. Diese Diskrepanz führt zu einer Art Theodizeegefühl, die schon ziemlich massive Weltreligionen hat abschmelzen lassen.
Die neonationalistischen Parteien sind nicht deswegen so erfolgreich, weil sie disruptiv wären, sondern weil sie bestehende Leitlinien der Mainstream-Politik der letzten 30 Jahre konsequenter und skrupelloser weiterdenken als die Corporate-Politiker selbst.
Ins Netz gegangen am 14.4.:
- Farm to Fable | Tampa Bay Times → ein interessanter und aufwendig recherchierter, aber sehr langer (und bisweilen arg langatmiger) text der restaurantkritikerin der “tampa bay times” in florida über die lügen der gastronomie, was “local” (in deutschland eher: regional) zutaten (und herkunftsangaben überhaupt) angeht. auf den punkt gebracht:
If you eat food, you are being lied to every day.
(es gibt aber auch positive beispiele …)
- Biller unread | der Freitag → michael angele vom “freitag” schreibt eine sammelrezensension der kritiken von billers “biografie”
So bildete sich mir beim Lesen ein eigener kleiner Roman über einen Kritiker, was will man mehr.
- Exit-Strategie: Herrndorfs Revolver | FAS → julia encke hat sich im literaturarchiv marbach die waffe von wolfgang herrndorf zeigen lassen und erzählt für die “fas” die geschichte, wie sie dorthin kam
Doch ist die eigentliche Pointe vielleicht eine ganz andere. Denn von Wolfgang Herrndorf liegt hier in Marbach jetzt nur der Revolver und kein Manuskript, keine Skizze, keine handschriftlichen Notizen. Nur die Reliquie sozusagen, aber nicht die Schrift. Wer „Arbeit und Struktur“ liest — dieses überwältigende Buch mit zwei Protagonisten: Wolfgang Herrndorf und seine Waffe -, der kennt auch die Passagen, in denen der Autor seine Abneigung gegenüber Germanisten ziemlich deutlich zum Ausdruck bringt. Dass die Germanisten jetzt nur das Werkzeug der Beendigung des Schreibens in die Hände bekommen und nicht den Text selbst, das hätte ihm möglicherweise gefallen. Es passt jedenfalls zu der Art von Scherzen, die Wolfgang Herrndorf mochte.
- Ungewöhnlicher Klangpoet: Zum Tod des Komponisten Josef Anton Riedl | BR-Klassik → heute erst erfahren: josef anton riedl ist gestorben. für br-klassik hat helmut rohm einen guten nachruf geschrieben.
Sein eigenes multimediales, Gattungsgrenzen sprengendes Schaffen aber lässt sich kaum auf den Punkt bringen. Jedenfalls hat er — wie sein Freund Dieter Schnebel es treffend sagte — nie “normale” Musik geschrieben.
- Aldis final Discountdown | Krautreporter → peer schader über den “strategiewechsel” bei aldi und die damit einhergehenden probleme für händler, hersteller und kunden
- A Smart Blackletter Font: 7 Questions for Gerrit Ansmann | Typography.Guru → warum — und vor allem wie — ein deutscher physiker eine fraktur-schrift für das 21. jahrhundert aufbereitet/aktualisiert
- How an internet mapping glitch turned a random Kansas farm into a digital hell | Fusion → crazy story, was passiert, wenn eine/mehrere ip-locations-firma beschließen, ips, deren adresse sie nicht genau kennen, der “mitte” eines landes zuordnen — da wohnt unter umständen nämlich jemand …
- Naturschutz: Was ist nur aus uns geworden? | Zeit → haral welzer ist etwas ratlos — all das grüne leben, das bemühen um nachhaltigkeit und ökologie — es scheint nichts zu nutzen, weil das “immer mehr” aus dem kapitalisten system offenbar nicht wegzubekommen ist …
Der Preis für das so perfekt funktionierende Bündnis zwischen Ökobesorgnis und Normalwirtschaft ist hoch: Nicht nur klafft heute zwischen der ausgebauten Expertokratie in Ministerien, Universitäten, Nichtregierungsorganisationen und Umweltverbänden und ‑räten aller Art und der bunten, aber eher staatsfernen und entpolitisierten Graswurzelaktivisten-Szene eine große gesellschaftspolitische Lücke, auch ist den Grünen ihr Markenkern abhandengekommen, seit die ganze Gesellschaft symbolisch ergrünt ist.
Das wirkt sich umso dramatischer aus, als die Folgen einer fortgesetzten Naturzerstörung heute immer deutlicher werden – bis hin zu den sozialen Folgen in Gestalt von Flucht und Vertreibung. Eine Weile lang hat die Ökobewegung als Modernisierungsimpuls für eine moderne Gesellschaft gewirkt, die so etwas regelmäßig braucht, um neue Märkte, Produkte und Bedürfnisse zu erschließen. Aber in dieser Modernisierung hat sie sich selbst weitgehend verloren. Ivan Illich hatte auf Selbstbegrenzung bestanden, weil es keiner noch so effizienzgeschärften Produktivität jemals gelingen könne, “die nach Belieben geschaffenen und multiplizierten Bedürfnisse zu befriedigen”. Wohl wahr. Aber Selbstbegrenzung ist einem System wesensfremd, dessen Erfolgsrezept gerade darin liegt, unablässig natürliche Grenzen zu überschreiten.
- wörterbuchkritik an einer werbeanzeige | lexikographieblog → schön: wer seine anzeige als lexikoneintrag gestaltet, muss auch damit rechnen, dass ein lexikograph sie lexikographisch kritisiert …
Ins Netz gegangen am 30.3.:
- Welche Ursachen das Töten im Namen Gottes hat | FAZ — ein sehr guter gastbeitrag von friedrich wilhelm graf (der ja meistens sehr kluge dinge sagt …) in der “faz” über ursachen des religiösen terrors
Es dient nicht der Entschuldigung der derzeit im Namen Allahs ausgeübten Verbrechen, mögliche historische Parallelen sichtbar und auf die Gewaltpotentiale in allen Religionen aufmerksam zu machen. Aber es verhindert eine falsche, essentialistische Sicht auf den Islam, den es so wenig wie das Christentum gibt. Die muslimischen Religionskulturen in Europa sind in sich höchst vielfältig und durch ganz unterschiedliche kollektive Erfahrungen geprägt. Muslime in Kreuzberg, deren Eltern oder Großeltern einst aus der Türkei kamen, teilen nicht die traumatisierenden Erinnerungen an koloniale Fremdherrschaft, die für viele französische, noch vom Algerien-Krieg geprägte Muslime kennzeichnend sind.
Nach den Anschlägen von Paris und nun auch Brüssel ließ sich im politischen Betrieb eine Reaktion beobachten, die nur als falsches semantisches Investment bezeichnet werden kann: Staatspräsidenten, Regierungschefs und Parteivorsitzende beschworen einhellig „die Werte Europas“ oder „des Westens“, die man gegen alle terroristischen Angriffe verteidigen werde.
[…] Aber mit Werte-Rhetorik ist niemandem geholfen.„Wert“ war ursprünglich ein Begriff der ökonomischen Sprache, und seine Einwanderung in ethische Debatten und juristische Diskurse hat nur dazu geführt, die freiheitsdienliche Unterscheidung von gesetzlich kodifizierten Rechtsnormen und moralischen Verbindlichkeiten zu unterlaufen. Deshalb ist es fatal, wenn Vertreter des Rechtsstaates diesen im Kampf gegen den Terrorismus nun als eine „Wertegemeinschaft“ deuten.
für einen theologen auch fast überraschend, aber natürlich absolut richtig und ein punkt, der immer wieder gestärkt und verdeutlicht werden muss (weil er so gerne vergessen wird):
Für wirklich alle gilt allein das Recht, und deshalb sind Rechtsbrecher zu verfolgen und zu bestrafen.
- Aus dem Tagebuch eines Benediktinerpaters: Wie man 1684 im Dom in Mainz den Ostersonntagsgottesdienst feierte | Allgemeine Zeitung — die mainzer “allgemeine zeitung” bringt eine modernisierte fassung eines tagebuchberichts über die osterfeier 1684 in mainz, verfasst von einem reisenden benediktinerpater joseph dietrich aus dem kloster einsiedeln in der schweiz
- My Heroic and Lazy Stand Against IFTTT | Pinboard Blog — der pinboard-gründer/betreiber maciej cegłowski erklärt, warum es seinen (übrigens sehr empfehlenswerten) service nicht mehr bei ifttt gibt. die kurzfassung: deren unverschämten, erpresserischen bedingungen für entwickler
- Werbung – für 6 Euro | Übermedien — peter breuer blättert sich auf “übermedien” durch die vogue — und ist wenig angetan
Das Thema der „Vogue“ ist: „Langeweile“. Sowohl in den Anzeigen als auch in der Fotostrecke. „Komm Baby, stell Dich mal so hin und schau so pikiert, als würdest Du an einen völlig verkochten Grünkohl denken.“ Die Mädchen sind dünn, die Gesichter leer, die Klamotten teuer. In den Sechzigern gab es einen Dr. Oetker-Spot, in dem eine Frau am Herd steht, ein Fertiggericht zaubert und ein Sprecher sagt: „Eine Frau hat zwei Lebensfragen: Was soll ich anziehen? Und was soll ich kochen?“ Die Frauen der „Vogue“ haben sogar nur eine Lebensfrage, und selbst die macht ihnen offensichtlich keinen Spaß.
- Ingeborg Bachmann: “In mir ist die Hölle los” | ZEIT ONLINE — der germanist Joseph McVeigh durfte frühe briefe von ingeborg bachmann benutzen und zitieren und ist nun sicher, dass man das werk der autorin nur biographisch verstehen kann. zum glück ist die “zeit” gegenüber solchem methodischen unsinn etwas skeptischer …
“Ich habe keine Matratzenschnüffelei betreiben wollen”, sagt Biograf McVeigh, “aber wenn man die zerstörerische Wirkung der beiden katastrophal gescheiterten Beziehungen auf das Leben von Ingeborg Bachmann nicht berücksichtigt, kann man ihr späteres Werk kaum verstehen.”
- Pressemitteilungen als Genre: Ein-Blick in die universitäre Aktenkunde der Neuzeit | UniBloggT — was eine sehr knappe und schnöde pressemitteilung einer universität dem aktenkundlich versierten historiker alles verraten kann …
Ins Netz gegangen am 17.3.:
- Flüchtlingsdebatte: Sloterdijks intellektuelle Selbstdemontage | Frankfurter Rundschau — der philosoph thomas grundmann über seinen kollegen sloterdijk, die zurückhaltung der eigenen zunft in aktuellen politischen fragen (oder “der” politischen frage …) und mögliche alternativen zu zurückhaltung, schweigen oder intellektuell unredlichem gepolter à la sloterdijk …
Sloterdijk geht seinen Weg der intellektuellen Selbstdemontage offenbar unbeirrbar und lustvoll weiter.
[…] Was müssen wir also besser machen? Erstens scheint es klar, dass Intellektuelle auch angesichts massiver Ungewissheiten über die Folgen politischen Handelns normative Orientierungshilfe geben müssen. Was wäre denn die Alternative? Dass Politikern derart wichtige Entscheidungen ganz allein überlassen werden? Das kann niemand ernsthaft wollen. Zweitens können wir auch unter Ungewissheit die Wahrscheinlichkeiten von Szenarien abwägen und die Konsequenzen verschiedener Verläufe durchspielen. Das ist in der Ethik und politischen Philosophie durchaus nichts Neues. Drittens sollte man von Intellektuellen und Philosophen zum jetzigen Zeitpunkt keine konkreten Handlungsanweisungen erwarten, sondern Orientierung in grundlegenden Wertefragen. - Powered by Pepsi: Der Trend zum Native Advertising | torial Blog — tobias lenartz im “torial blog” über native advertising, seine möglichkeiten und die (momentane) praxis
- Stratege Frank Stauss über den Wahlkampf in Rheinland-Pfalz | FAZ — die “faz” hat ein sehr interessantes interview mit dem (auch bloggenden) wahlkampfmanager der spd in rheinland-pfalz, frank stauss, geführt
Wenn Sie einen Kandidaten mit Haltung haben, ergeben sich viele Entscheidungen im Wahlkampf von selbst.
[…] Entscheidend ist aber, dass man die Partei, die Spitzenkandidatin und auch wir Berater vom eigenen Weg überzeugt sind. Dann muss man einfach auch dran glauben, dass man mit diesem Weg eine Mehrheit der Menschen erreichen wird. Man darf diesen Weg nicht verlassen. Sonst ergeben sich ganz nebenbei neue Konflikte mit der Partei selbst oder den handelnden Personen. Kurs halten, das ist entscheidend. Man darf um Gottes willen nicht anfangen, in einem Wahlkampf Schlangenlinien zu fahren. Insofern bleibt auch gar nichts anderes übrig: Wenn man glaubt, dass es der richtige Weg ist, dann strahlt man die Überzeugung aus. Wenn man nicht gewonnen hat, kann man wenigstens in den Spiegel schauen. Viele verlieren auf den letzten Metern die Nerven und vergessen ihre eigenen Überzeugungen. In dem Fall ging es Julia Klöckner so und nicht uns. Obwohl — eigentlich weiß ich ich bis heute nicht, wovon sie eigentlich überzeugt ist. - a list of Free Software network services and web applications which can be hosted locally | Github — großartige liste mit self-hosted open-source-software für (fast) alle zwecke …
- Über die Pflicht des Lehrers zur Kritik am Schulsystem -
Ausgehend von dieser Diagnose, muss ich mich als Pädagoge selbst in Frage stellen. Ich habe Verantwortung für die Bildung der mir anvertrauten SuS. Es ist aus meiner Sicht die Pflicht eines jeden Pädagogen sich im Rahmen seiner Möglichkeiten für das Wohl der SuS zu engagieren. Vor diesem Hintergrund muss ich tatsächlich immer wieder mein Tun und meine Haltung hinterfragen.
Eine kritische Perspektive der Pädagogen auf sich selbst genügt aber nicht, um zu verstehen, was faul ist im Schulsystem. Denn der Blick auf die Verantwortung des Einzelnen verstellt die Perspektive auf die Zwänge des Schulsystems. Vieles was aus Sicht der Schüler schief läuft, ist eben nicht auf persönliches Versagen, sondern auf systematische Mängel zurückzuführen.
[…]Das System schränkt LuL in Ihrem Schaffen und SuS in ihrem Lernen ein. Mir ist deshalb vollkommen unklar, wieso ich mich wie im Kommentar gefordert mit dem System abfinden sollte. Im Gegenteil: Wer ein wirklich guter Lehrer werden will, muss das System verändern wollen, damit er ein guter Lehrer werden kann.