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Schlagwort: stadt Seite 1 von 4

Farbe ist keine Infrastruktur

Es ist ja lei­der beliebt gewor­den in deut­schen Kom­mu­nen, Rad­we­ge nicht mehr als sepa­ra­te Bau­tei­le von Ver­kehrs­we­gen anzu­le­gen, son­dern ein­fach etwas Far­be zu neh­men und einen Strei­fen damit von der Fahr­bahn für den moto­ri­sier­ten Ver­kehr mehr oder weni­ger dem Rad­ver­kehr zuzu­wei­sen. Das funk­tio­niert in der Pra­xis häu­fig nicht beson­ders gut: Auto­fah­rer igno­rie­ren die Mar­kie­run­gen ganz, beim Fah­ren und auch beim Par­ken. Oder sie über­ho­len so dicht, dass die even­tu­el­le Schutz­wir­kung des Strei­fens wenn nicht tat­säch­lich ver­schwin­det, so doch zumin­dest nicht mehr wahr­ge­nom­men wer­den kann. Es gibt aber auch hand­fes­te sta­tis­ti­sche Aus­wer­tun­gen, die zei­gen, dass man so die Sicher­heit von Rad­fah­ren­den nicht erhöht – sogar im Gegen­teil. Die Unter­su­chung stammt aus den USA. 

Dort wur­de zwi­schen 2000 und 2012 für ein dut­zend grö­ße­re Städ­te der USA der Zusam­men­hang von Infra­struk­tur und „Ver­lus­ten“ im Rad­ver­kehr unter­sucht. Die Ana­ly­se der Ver­kehrs- und Unfall­da­ten zeigt sehr deut­lich: Bau­li­che Tren­nung von Rad­we­gen und moto­ri­sier­tem Ver­kehr hilft am bes­ten, Unfäl­le und Schä­den zu redu­zie­ren. Die Zahl der Rad­fah­ren­den allein macht nicht den wesent­li­chen Unter­schied, son­dern die – rich­ti­ge! – Infra­struk­tur für die struk­tu­rell benach­tei­lig­ten Radfahrenden: 

rese­ar­chers found that bike infra­struc­tu­re, par­ti­cu­lar­ly phy­si­cal bar­riers that sepa­ra­te bikes from spee­ding cars as oppo­sed to shared or pain­ted lanes, signi­fi­cant­ly lowe­red fata­li­ties in cities that instal­led them.

Und das sind durch­aus beacht­li­che Wir­kun­gen: Bis zu 50 % weni­ger Unfäl­le. Im Gegen­satz dazu hilft Far­be über­haupt nicht: „Rese­ar­chers found that pain­ted bike lanes pro­vi­ded no impro­ve­ment on road safe­ty.“ Aber wirk­lich wahr­ge­nom­men wor­den scheint die Stu­die in Deutsch­land nicht: Da herrscht immer noch die Idee, Far­be könn­te irgend­wie hel­fen – natür­lich mit dem Hin­ter­ge­dan­ken, dass man den armen Auto­fah­ren­den ihre Pri­vi­le­gi­en ja nicht weg­neh­men und ihnen ja nicht – noch nicht ein­mal meta­pho­risch – weh­tun darf (oder eben möchte).

Quel­le: Sepa­ra­ted Bike Lanes Means Safer Streets, Stu­dy Says

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  • „Soli­da­ri­tät gegen Ama­zon ist eine gro­ße Schi­mä­re“ | Welt → zwar in der „welt“, aber trotz­dem ein sehr tref­fen­des inter­view mit klaus schöff­ling – das liegt aber vor allem eben an schöff­ling ;-). anlass war die insol­venz von KNV, aber es geht auch/​eher um grund­le­gen­de fra­gen des buchmarkts

    Ich weiß nicht, ob man jetzt nach dem Staat rufen muss. Rich­tig bekla­gen kann sich die Buch­bran­che, die ja auch mit der Buch­preis­bin­dung vom Staat geschützt wird, eigent­lich nicht.

  • Desi­re paths: the illi­cit trails that defy the urban plan­ners | Guar­di­an → ein schö­ner bei­trag über tram­pel­pfa­de im urban­den raum und die mög­lich­keit, sie zur pla­nung von weg­ver­bin­dun­gen zu nutzen
  • Die Hand­schrift stirbt aus | Due Ores­se → ein kur­zer über­blick, wie es (öster­rei­chi­sche) kom­po­nis­ten mit dem schrei­ben ihrer par­ti­tu­ren halten
  • Was hält Demo­kra­tien zusam­men? | NZZ → aus anlass des todes von böcken­för­de wie­der her­vor­ge­holt: die sehr schö­ne, kla­re und deut­li­che ein­ord­nung des böcken­för­de-theo­rems in die deut­sche gesh­cich­te des 20. jahrhunderts
  • Die­se Aben­de sind eine Qual | Zeit → flo­ri­an zinne­cker hat für die „zeit“ ein net­tes inter­view mit igor levit über die elb­phil­har­mo­nie und ihre akus­tik geführt – und levit bleibt wie­der ein­mal cool und überlegen
  • Wada­da Leo Smith Pays Tri­bu­te to Rosa Parks in New Album | Qwest → inter­view mit dem gro­ßen Wada­da Leo Smith, in dem er unter ande­rem dar­über spricht, war­um er den begriff „impro­vi­sa­ti­on“ nicht mag:

    Impro­vi­sa­ti­on was strong in the late ‘60s and ear­ly ‘70s. But then it got very pol­lu­ted, like you can put ever­y­thing into per­forming that you want to. There’s no lea­der­ship, no gui­dance. It’s nowhe­re near the way of Lou­is Arm­strong, Duke Elling­ton, Miles Davis, Bes­sie Smith or Abbey Lin­coln who were all right in terms of crea­ting oppor­tu­ni­ties in their music. The peo­p­le cal­ling them­sel­ves impro­vi­sers today are like a soup. You can add ever­y­thing in at once and cook it. But that’s a bad soup. You need to cook various por­ti­ons and add in dif­fe­rent things like spi­ces which is what making music in the pre­sent is meant to be. It’s like what the Crea­tor crea­ted in the begin­ning. It’s authen­ti­ci­ty. You’re brin­ging some­thing into being.

spinnennetz vor natur

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  • „Die Gesell­schaft pro­fi­tiert von unse­rer Auto­no­mie“ | FAZ → ein schö­nes, inter­es­san­tes, klu­ges inter­view mit der his­to­ri­ke­rin bar­ba­ra stollberg-rilinger

    Die gan­ze Gesell­schaft pro­fi­tiert von der Auto­no­mie der Wis­sen­schaft. Die eigent­li­che Arbeit der His­to­ri­ker ist mei­ner Ansicht nach von sol­chem bür­ger­recht­li­chen Enga­ge­ment zu unter­schei­den. Indem man Geschich­te nach his­to­risch-kri­ti­schen Stan­dards schreibt, leis­tet man ja schon Aufklärungsarbeit.

  • Vor­bild Frank­furt: Restau­ra­ti­ve Schi­zo­phre­nie| Mer­kur → ein sehr klu­ger und, trotz sei­ner kla­ren posi­tio­nie­rung, unauf­ge­reg­ter kom­men­tar von phil­ipp oswalt zur rekon­struk­ti­ons­ar­chi­tek­tur wie der frank­fur­ter „neu­en alt­stadt“ (schon der name ist in sei­ner ästhe­ti­schen grau­sam­keit ja bezeichnend)

    Es ist eine Medi­en­ar­chi­tek­tur, die aus tech­ni­schen Bil­dern gene­riert nun vor allem der Erzeu­gung neu­er media­ler Bil­der dient. Auch sonst ist die Archi­tek­tur kei­nes­wegs so tra­di­tio­nell, wie sie auf den ers­ten Blick erschei­nen mag. Der Roh­bau besteht – von den weni­gen Fach­werk­häu­sern abge­se­hen – aus Stahl­be­ton und Indus­trie­zie­geln, die Aus­stat­tung umfasst Fuß­bo­den­hei­zung mit Fern­wär­me, Drei­fach­ver­gla­sung, mecha­ni­sche Lüf­tung, modern geschnit­te­ne, offe­ne Wohn­kü­chen, umfang­rei­che Sani­tär­räu­me und meist einen direk­ten Zugang zu den pri­va­ten Stell­plät­zen in der zuge­hö­ri­gen Tiefgarage.

    Nicht nur für die Bewoh­ner, auch für die zeit­knap­pen Fern­tou­ris­ten aus Asi­en und Über­see ist die neue Alt­stadt die moder­ne Alter­na­ti­ve, und so wird sie auch beworben.

    […]

    Ob ico­nic buil­ding oder Rekon­struk­ti­on his­to­ri­scher Bau­ten – bei­des sind sym­bo­li­sche Ges­ten zur Iden­ti­täts­kon­struk­ti­on, wie sie seit den 1990er Jah­ren in Mode gekom­men sind.

    […] Der Staat hat sich aus der Flä­che zurück­ge­zo­gen, und die vor­he­ri­ge Kohä­si­ons­po­li­tik wur­de durch einen Insel­ur­ba­nis­mus abge­löst, bei dem gro­ße Berei­che der Stadt dere­gu­liert und pri­va­ti­siert wer­den, wäh­rend an aus­ge­wähl­ten zen­tra­len Orten klei­ne Inseln mit gro­ßer Kon­troll­tie­fe beplant werden. […]

    Mit dem Zer­fall einer im All­tag prak­ti­zier­ten Kohä­si­on ist die Auf­wer­tung eines sym­bo­lisch-media­len Ersat­zes umso wichtiger.

    […]

    Doch die Alt­stadt Frank­furt ist kei­ne über­zeu­gen­de Ant­wort auf die drän­gen­den Fra­gen des heu­ti­gen Städ­te­baus, sie ist Teil des Problems.

  • Im Ruck­sack: die Frei­heit | Oli­ver B. Weber → ein inter­es­san­ter essay über die spe­zi­fi­sche form des rei­sens der gegen­wär­ti­gen back­pa­cker und die dar­aus entstehende/​erwachsende „glo­ba­li­ty“

    Der Back­pa­cker ver­steht sich als Zeit­rei­sen­der. Er sucht die seli­ge Ver­gan­gen­heit in geo­gra­phi­scher Fer­ne. Die Men­schen, die dar­in leben müs­sen, begut­ach­tet er mit einer ambi­va­len­ten Mischung aus Stau­nen und Her­ab­set­zung. Immer sel­te­ner hin­ge­hen ist ein tat­säch­lich ein­tre­ten­der habi­tu­el­ler Posi­ti­ons­wech­sel des Beob­ach­ters. Woher kommt die häu­fi­ge Blind­heit gegen­über der tat­säch­li­chen Welt, zu deren Ent­de­ckung das Back­pack­ing ja ange­tre­ten war?

  • Sehn­sucht nach Retro­to­pia | Zeit → ein klu­ger essay von nils mark­wardt über „Poli­ti­sie­rung der Nost­al­gie“ und die „Feti­schi­sie­rung von Geschich­te unter Aus­blen­dung von Geschichtlichkeit“:

    Im Ange­sicht der aktu­el­len Retro­ma­nia besteht die Auf­ga­be dar­in, Geschich­te als glei­cher­ma­ßen bewuss­ten wie pro­gres­si­ven Wie­der­ho­lungs­pro­zess, nicht als blo­ßes Abstau­ben der Ver­gan­gen­heit zu verstehen.

  • Da läuft etwas ganz schief | For­schung & Leh­re → der erzie­hungs­wis­sen­schaft­ler vol­ker laden­thin hat genug von den man­geln­den fähig­kei­ten und kennt­nis­sen der aktu­el­len stu­die­ren­den (ich bin mir nicht sicher, ob das in die kate­go­rie „frü­her war alles bes­ser“ fällt oder ob es wirk­lich die rea­li­tät trifft)

    Die Stu­die­ren­den sind über­aus freund­lich und kom­mu­ni­ka­tiv, im Zwie­ge­spräch sehr geschickt. Eben­so sind sie flei­ßig, gut­wil­lig und kon­struk­tiv: Aber es lässt sich ein ent­wick­lungs­psy­cho­lo­gi­sches Pro­blem fest­stel­len. Auf Grund der kogni­ti­ven Ent­wick­lung schei­nen die Stu­die­ren­den in den Anfangs­se­mes­tern mehr­heit­lich nicht in der Lage, kom­ple­xe, anti­no­mi­sche und mul­tik­au­sa­le Pro­zes­se, wie sie heu­te in allen Wis­sen­schaf­ten übli­cher­wei­se beschrie­ben wer­den, ange­mes­sen auf­zu­neh­men und Vor­gän­ge streng aspekt­ge­bun­den oder mul­ti­per­spek­ti­visch zu betrachten.

netzstruktur auf blauem hintergrund (vernetzungsgraph)

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  • Der neue Ber­li­ner Fei­er­tag muss der Euro­pa­tag am 9. Mai wer­den! | Der (euro­päi­sche) Föde­ra­list → manu­el mül­ler schlägt vor, einen fei­er­tag für eruopa/​die euro­päi­sche einigung/​befriedung einzuführen

    In Erin­ne­rung an die Schu­man-Erklä­rung begeht die Euro­päi­sche Uni­on den 9. Mai bereits seit vie­len Jah­ren als Euro­pa­tag. Euro­pa­weit fin­den heu­te Fes­te und Ver­an­stal­tun­gen statt, um die euro­päi­sche Idee, die Errun­gen­schaf­ten der euro­päi­schen Inte­gra­ti­on und das bür­ger­schaft­li­che Enga­ge­ment für län­der­über­grei­fen­den Aus­tausch und Ver­stän­di­gung zu feiern.

    Nur eines ist der Euro­pa­tag noch nicht: ein gesetz­li­cher Fei­er­tag. Das Land Ber­lin hat jetzt die Chan­ce, das zu ändern.

  • Im Kor­sett des Tur­bo­ka­pi­ta­lis­mus | SZ → im gegen­satz zu ger­hard mät­zigs etwas her­umei­ern­den sowohl-als-auch-arti­kel for­dert lau­ra weiss­mül­ler einen guten punkt, bevor man über die angeb­lich bes­se­re leis­tung der nach­ge­bau­ten pseu­do-alt­stadt in frank­furt diskutiert:

    Und genau des­we­gen macht es kei­nen Sinn, das neue Frank­fur­ter Alt­stadt­quar­tier in Stel­lung gegen eine Archi­tek­tur zu brin­gen, die ver­sucht, auf die Pro­ble­me unse­rer Zeit zu reagie­ren. Wer die Qua­li­tä­ten bei­der Rich­tun­gen – hier die Bau­ten der Alt­stadt­freun­de, dort die der Avant­gar­dis­ten – ernst­haft ver­glei­chen möch­te, müss­te erst mit der­sel­ben Sorg­falt, Detail­freu­de und Unter­stüt­zung der Bau­be­hör­de ein ähn­lich dich­tes Stück Stadt, und zwar in glei­cher zen­tra­ler Lage, in zeit­ge­nös­si­schem Gewand bau­en las­sen. Ansons­ten ist es unlau­ter, eine Archi­tek­tur für ihre Unbe­haust­heit ver­ant­wort­lich zu machen, wenn man sie aus Kos­ten­grün­den genau in die­ses Kor­sett zwingt.

  • Ein Rei­sen­der auf dem Oze­an der Tex­te: Gérard Genet­te ist tot | NZZ → milo rau schreibt einen gut infor­mier­ten nach­ruf auf den gro­ßen lite­ra­tur­theo­re­ti­ker gérard genet­te, der letz­te woche verstarb:

    Der­art zahl­reich sind die Bezü­ge aus­ser­halb und inner­halb sei­ner Dis­zi­plin, der­art viel­fäl­tig ist Genet­tes Ein­fluss auf die Geis­tes­wis­sen­schaf­ten ins­ge­samt, dass es letzt­lich wohl die­se tota­li­sie­ren­de Unab­hän­gig­keit von Schu­len und Denk­rich­tun­gen ist, die sein Werk auszeichnet.

spinnennetz mit tautropfen

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  • Oh-rani­en­platz, Ih-rani­en­platz | taz → roland berg über die feh­len­de schöne/​ästhetische gestal­tung von bau­ten in der stadt heute:

    Und stets ori­en­tiert man sich dabei an der ver­meint­lich „schö­nen“ Ver­gan­gen­heit. Zeit­ge­nös­sisch-ver­bind­li­che Vor­stel­lun­gen über das Schö­ne schei­nen zu feh­len. Also das, was Imma­nu­el Kant sei­ner­zeit „Gemein­sinn“ nann­te. Heu­te scheint das Vor­mo­der­ne aus der Geschich­te als ein­zi­ge Norm für die Gegen­wart als ver­bind­lich. Und selt­sa­mer­wei­se wird – zumin­dest in ästhe­ti­scher Hin­sicht – von den meis­ten das Frü­he­re dem Heu­ti­gen vor­ge­zo­gen. […] Retro­spek­ti­ve Ästhe­tik und Rekon­struk­ti­on von (Alt‑)Bauten und gan­zer Stadt­räu­me bis hin zu Wie­der­auf­er­ste­hung des abge­ris­se­nen Ber­li­ner Schlos­ses fül­len die Lee­re, die der Ver­lust des Gemein­sinns für das Schö­ne in der Gegen­wart mit sich gebracht hat. 

  • Wer Gedich­te liest, weiss mehr über das Leben | NZZ → die nzz doku­men­tiert leicht gekürzt die dan­kes­re­de von micha­el brauch für den alfred-kerr-preis

    Bei der Beschäf­ti­gung mit der Fra­ge, war­um sich einer wie ich mit Gedich­ten befasst und Rezen­sio­nen zu Gedicht­bän­den schreibt, gelangt man zu ähn­li­chen Ein­sich­ten, wie sie Nico­las Born 1970 for­mu­liert hat: Es hat mit dem eige­nen Exis­tie­ren zu tun, mit dem Ver­such, dem Rät­sel des eige­nen Daseins auf die Spur zu kom­men. Beim Lesen von Gedich­ten ist man fast immer mit den Fra­gen nach den letz­ten Din­gen kon­fron­tiert, wir wer­den unmit­tel­bar und ohne schüt­zen­de Ein­lei­tung in medi­as res gewor­fen. Die Ver­se der Gedich­te, die wir lesen, ver­mit­teln uns das «punk­tu­el­le Zün­den der Welt im Sub­jec­te», wie es ein Schü­ler des Phi­lo­so­phen Hegel for­mu­lier­te. […] Beim Lesen von Gedich­ten wird ein Riss sicht­bar in dem Welt­ge­bäu­de, das uns eben noch ver­traut schien. Ein Riss wird sicht­bar im Welt­ge­bäu­de, und – so sagt es ein­mal der rus­si­sche Welt­po­et Ossip Man­del­s­tam – die poe­ti­sche Rede weckt uns mit­ten im Wort auf. Gedich­te spre­chen von dem skan­da­lö­sen Fak­tum, dass wir gebo­ren wor­den sind und dass wir in noch nicht vor­stell­ba­rer, aber doch nicht all­zu fer­ner Zukunft ster­ben werden. 

  • Über ein rich­ti­ges Leh­rer-Leben im fal­schen Schul­sys­tem | Bil­dungs­lü­cken → schreibt über kri­tik an schu­le und ihrem sys­tem und mög­lich­kei­ten der ver­bes­se­rung und ver­än­de­rung, auch auf indi­vi­du­el­ler ebene

    Denn unser Schul­sys­tem hat so vie­le grund­le­gen­de Män­gel, dass ich mir oft die Fra­ge stel­le, ob es das über­haupt geben kann: ein rich­ti­ges Lehr­erle­ben im fal­schen Schul­sys­tem. Im Lau­fe der Zeit habe ich eini­ge (Über-)Lebensstrategien entwickelt.

  • Secu­ri­ty | Ohne Text singt kein Mensch mit

    Die Chan­ge-Manage­ment-Fach­kraft einer gro­ßen Unter­neh­mens­be­ra­tung und ein Stu­dent im dunk­len Kapu­zen­pul­li legen in der Schlan­ge nach­ein­an­der ihre Gür­tel, die Geld­bör­sen und ihre Lap­tops in die Durch­leuch­tungs-Scha­len auf das Band der Sicher­heits­kon­trol­le. Sie schau­en sich kurz lächelnd an, weil bei­de das­sel­be Lap­top-Modell aus ihren Hand­ge­päck-Rei­se­ta­schen nesteln.

  • Rad­fah­ren in Kopen­ha­gen und Ber­lin: Vom Para­dies in die Vor­höl­le| Deutsch­land­funk Kul­tur → die über­schrift sagt eigent­lich schon alles – ein kur­zer, sub­jek­ti­ver ver­gleich der rad­fahr­mög­lich­kei­ten in den bei­den städten

    Lie­ber über gute Rad­we­ge ohne Helm als über schlech­te mit.

  • Jüdisch, ehren­hal­ber | FAZ → clau­di­us seidl sehr rich­tig zu dem blöd­sin­ni­gen geschwätz von „jüdisch-christ­li­cher prägung“:

    Inso­fern schließt die Rede von der „jüdisch-christ­li­chen Prä­gung“ nicht nur den Islam aus – was ja der eigent­li­che Zweck die­ser Behaup­tung ist. Auch Auf­klä­rung und Athe­is­mus, auch die, gera­de in der deut­schen Lite­ra­tur­ge­schich­te, so wich­ti­ge Sehn­sucht nach jenem hei­te­re­ren Him­mel, in wel­chem die mensch­li­che­ren Göt­ter der Grie­chen woh­nen, wer­den von die­ser Rede, wenn nicht aus­ge­schlos­sen, dann doch zu den Apo­kry­phen einer Tra­di­ti­on, deren Kanon angeb­lich jüdisch-christ­lich ist (man möch­te die Namen all derer, die die­se Rede zu Frem­den macht in der deut­schen Kul­tur, gar nicht auf­zäh­len müssen).

  • Wun­der­ba­rer Eigen­sinn| Faust Kul­tur → ein wun­der­ba­res, klu­ges gespräch mit dem lyrik­kri­ti­ker micha­el braun, den ich immer wie­der ger­ne lese (auch wenn ich nicht in allem mit ihm übereinstimme …):

    Ich wür­de für mich sagen: Es muss eine Stö­rung der geläu­fi­gen Sprach­struk­tu­ren erfol­gen, wir müs­sen beim Spre­chen und Schrei­ben die Ver­traut­heit ver­lie­ren – auch in unse­rem Ver­ste­hen -, wir müs­sen aus­ge­he­belt wer­den beim Lesen sol­cher Ver­se, sonst kann kein gutes Gedicht ent­ste­hen. […] Das poe­ti­sche Selbst­ge­spräch ver­mag manch­mal eben doch ande­re zu errei­chen. Und ob das nun 17 oder 97 oder 1.354 sind, spielt kei­ne Rol­le. Also, 1.354, die­se berühm­te Enzens­ber­ger­sche Kon­stan­te, ist ja noch zu opti­mis­tisch ange­legt. Nicht 1.354 Men­schen pro Popu­la­ti­on, ob in Island oder den USA, grei­fen zu Gedicht­bän­den, son­dern nur 135,4 Lyri­k­le­ser! Also die Enzens­ber­ger­sche Kon­stan­te müss­te durch 10 geteilt wer­den. 135,4 Rezi­pi­en­ten pro Gedicht­band ist die neue Kon­stan­te für öffent­li­che Auf­merk­sam­keit auf Gedichte.

fischnetz

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Ins Netz gegan­gen am 16.11.:

  • Ver­blen­dung, Ver­schleie­rung, Ver­drän­gung | Uber­me­di­en → ein sehr ein­dring­li­cher appell von ralf hut­ter an die medi­en, den kli­ma­wan­del und die zer­stö­rung der umwelt doch end­lich mal ernst zu neh­men und ent­spre­chend zu thematisieren …
  • Bibi, Tina, der Füh­rer und wir | epd → georg seeß­len sehr poin­tiert über den neu­en ufa-film und sei­ne ästhe­ti­schen und (im wei­tes­ten sin­ne) sozio­lo­gi­schen verirrungen
  • „Auto­fah­ren ist schlim­mer als eine Sucht“ | Deutsch­land­funk → sehr gutes gespräch mit her­man kno­fla­cher, der kla­re wor­te über die irra­tio­na­le anhäng­lich­keit an und abhän­gig­keit vom auto der deut­schen (und ande­rer …) findet

    Es ist wahr­schein­lich aus der Indi­vi­du­al­sicht immer noch zweck­mä­ßig, aber vor allem hat das Auto ja eine Welt für Autos gemacht und nicht für Kin­der. Hät­ten wir eine Welt für Kin­der und wür­den wir als Men­schen und nicht als Auto­fah­rer leben, dann wür­de sie ganz anders aus­schau­en. […] Das heißt, hier zeigt sich, was den Men­schen wich­ti­ger und lie­ber ist – die Kin­der oder das Auto. Und wären die Eltern Men­schen, dann wür­den sie die Umwelt nicht auto­ge­recht machen, aber sie sind Auto­fah­rer. Das Auto ist dem Men­schen immer näher als jeder zwei­te ande­re Mensch. Das klingt zwar etwas sozu­sa­gen hart, aber es ist die Realität.

    Das heißt: Wären die Kin­der den Eltern näher als das Auto, dann wür­den sie den Lebens­raum der Kin­der ver­tei­di­gen. Dann wür­den sie dafür sor­gen, dass die Kin­der so auf­wach­sen, wie es in der Mensch­heit, auch in der urba­nen Gesell­schaft seit zumin­dest zehn­tau­send Jah­ren immer der Fall war, dass der öffent­li­che Raum in ers­ter Linie den Men­schen vor­be­hal­ten ist. Das hat sich geän­dert, nach­dem das Auto aus dem tiefs­ten Stamm­hirn sozu­sa­gen her­aus befiehlt, was zu gesche­hen hat.

  • Ger­ma­ny Is a Coal-Bur­ning, Gas-Guz­zling Cli­ma­te Chan­ge Hypo­cri­te | For­eign Poli­cy → ein ziem­lich scho­nungs­lo­ser ame­ri­ka­ni­scher blick auf das unglaub­li­che ver­sa­gen der deut­schen poli­tik in sachen kli­ma­schutz in den letztn jahren

    Germany’s shameful record over the last four years is lar­ge­ly attri­bu­ta­ble to the gover­ning grand coali­ti­on: the Chris­ti­an Demo­crats and the Social Demo­crats pay ple­nty of lip ser­vice to envi­ron­men­tal issues, but when push comes to sho­ve they always batt­le for the inte­rests of the coal and car industries. 

  • Das Kli­ma dreht sich gegen das Kli­ma | SZ → ziem­lich groß­ar­ti­ges (lan­ges) inter­view mit dem sehr klu­gen und reflek­tie­ren kli­ma­ex­per­ten ott­mar eden­ho­fer über her­aus­for­de­run­gen, ände­run­gen und bewah­rung, zukunft und politik

    Es fehlt die Visi­on und es fehlt die Debat­te. Anstatt über ein Ver­falls­da­tum für den Ver­bren­nungs­mo­tor zu dis­ku­tie­ren, wäre es wich­ti­ger, über die Stadt der Zukunft zu reden. Mit dem Koh­le­aus­stieg wird auch nicht die Axt an den Indus­trie­stand­ort Deutsch­land gelegt. Und die Auto­in­dus­trie in Deutsch­land wird sich neu erfin­den müs­sen, wenn sie über­le­ben will. Gera­de weil in Kali­for­ni­en und in Chi­na mit neu­en selbst­fah­ren­den Elek­tro­au­tos expe­ri­men­tiert wird. Die Regu­lie­rer haben in Kali­for­ni­en der loka­len Luft­ver­schmut­zung durch den Auto­ver­kehr den Kampf ange­sagt. Es ist erstaun­lich, mit wel­chem Selbst­be­wusst­sein und wel­cher Ener­gie die ihre Auf­ga­be anpa­cken. Das sind doch die gro­ßen Her­aus­for­de­run­gen und nicht die Ver­tei­di­gung des­sen, was bald im Indus­trie­mu­se­um lan­den wird.

web (unsplash.com)

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  • Auf den Spu­ren der Revo­lu­tio­nä­rIn­nen | Skug → ein schö­ner foto­es­say von anton tantner.

    Lang­sam bemäch­tigt sich hier die Natur der nur sel­ten mit Blu­men geschmück­ten Grä­ber, die Denk­mä­ler von Rot­ar­mis­ten und Strom­mas­ten rot­ten vor sich hin, an den roten Ster­nen, so sie denn noch vor­han­den sind, blät­tert die Far­be ab. Das Zeug­nis ver­gan­ge­ner Sowjet­macht liegt bewusst dem Ver­fall preis­ge­ge­ben, und doch, all dem Moder und Rost zum Trotz: Ver­ein­zelt brennt eine Ker­ze – als ob sich Karl Lieb­knechts pathe­ti­sche Ankün­di­gung, die Lei­chen der hin­ge­mor­de­ten Kämp­fer wür­den wie­der auf­er­ste­hen, der­einst erfül­len wer­de, als ob den Toten bestimmt sei, in einer kom­mu­nis­ti­schen Zukunft auf­er­weckt zu werden. 

  • Durch­set­zung von Ver­kehrs­re­geln | Zukunft Mobi­li­tät → mar­tin ran­del­hoff beginnt eine serie über die gestal­tung der mobi­li­täts­wen­de mit einem plä­doy­er für eine bes­se­re durch­set­zung der ver­kehrs­re­geln, vor allem zum schutz schwä­che­rer ver­kers­teil­neh­mer wie etwa den fußgängern
  • Die Sache mit dem Leser­schwund | BR → knut cord­sen denkt über den buch­markt und sei­ne ver­än­de­run­gen nach – nicht völ­lig pes­si­mis­tisch, aber doch in ziem­lich grau­en far­ben – aller­dings v.a. aus einer öko­no­mi­schen perspektive
  • Das gefähr­li­che Rau­nen | Zeit → bern­hard pörk­sen mit einem (auch eher pau­scha­len) text zur gefahr der pau­scha­len, sich anschei­nend ver­brei­ten­den kri­tik an den medi­en (ins­ge­samt):

    Gemein­sam ist ihnen die Annah­me, die eta­blier­ten Medi­en in Deutsch­land sei­en ein im Grun­de auto­ri­tä­res Régime, eine Anstalt zur Pro­duk­ti­on geis­ti­gen Anpass­ertums. Gemein­sam ist ihnen auch die Behaup­tung, man selbst gehö­re zu einer bedroh­ten Mei­nungs­min­der­heit, die im Zwei­fel ver­folgt und bru­tal geäch­tet wer­de. […] Die gegen­wär­tig kur­sie­ren­den Theo­rien der Ent­mün­di­gung und der Mani­pu­la­ti­on, Chif­fren eines anti­li­be­ra­len Den­kens und einer heim­li­chen Sehn­sucht nach der Revol­te, hel­fen nie­mand. Und sie rui­nie­ren das Ver­trau­ens­kli­ma, das guter Jour­na­lis­mus bräuch­te, gera­de jetzt und gera­de heute.

  • Das Mus­ter der Ver­schwö­rung | FAZ → durch­aus inter­es­sant, auch wenn ich immer noch etwas fass­ung­los bin: eine ehe­ma­li­ge anhän­ge­rin chem­trail und ande­ren ver­schwö­rungs­theo­rien erzählt 
  • Luther­land ist abge­brannt | Mein Jahr mit Luther → achim land­wehrs unbe­dingt lesens­wer­te „abrech­nung“ mit dem refor­ma­ti­ons­ju­bi­lä­um 2017 und über­le­gun­gen, was dar­aus für jubi­lä­en udn unse­re geschichts­kul­tur über­haupt folgt:

    was bleibt da vom Refor­ma­ti­ons­ju­bi­lä­um? Es bleibt eine gro­ße Lee­re – eine Lee­re, die sich aber nicht breit­macht, weil das Jubi­lä­um nun zu Ende gegan­gen ist. Die­se Lee­re ist durch das Refor­ma­ti­ons­ju­bi­lä­um selbst pro­du­ziert wor­den. […] Fast zwangs­läu­fig hängt die­se inhalt­li­che Aus­höh­lung mit dem Ver­such zur nahe­zu hem­mungs­lo­sen wirt­schaft­li­chen Ver­wer­tung des Jubi­lä­ums zusam­men. Die Fei­er zu 500 Jah­ren Refor­ma­ti­on fand sich ein­ge­klemmt zwi­schen Kir­che und Kom­merz, zwi­schen Öku­me­ne und Öko­no­mie. Nein, falsch. Das Refor­ma­ti­ons­ju­bi­lä­um war nicht ein­ge­klemmt. Es hat ver­sucht, sich dort bequem ein­zu­rich­ten. […] Der Leer­lauf des Jubi­lä­ums­ge­sche­hens ergab sich nicht, weil es ein Zuviel an Refor­ma­ti­on gege­ben hät­te, son­dern weil zu wenig Refor­ma­ti­on in die­sem Jubi­lä­um war. Und der Man­gel an Refor­ma­ti­on kam dadurch zustan­de, dass man das his­to­ri­sche Ereig­nis mit­samt sei­nen kon­kre­ten Umstän­den nur in recht homöo­pa­thi­schen Dosen zum The­ma mach­te. […] Unter dem Zwang zur Aktua­li­sie­rung ver­schwand die Indi­vi­dua­li­tät und das his­to­risch Spe­zi­fi­sche bis zu Unkennt­lich­keit. […] Womit wir es hier zu tun haben, hört auf den Namen ‚fla­che Geschich­te‘: der mög­lichst geräusch­ar­me, hin­der­nis­freie und vor allem unkom­pli­zier­te Gebrauch (oder eher Miss­brauch) von Ver­gan­ge­nem für gegen­wär­ti­ge Zwe­cke. Fla­che Geschich­te wird allent­hal­ben ver­wen­det. Es ist das ver­meint­lich his­to­ri­sche Stamm­ti­sch­ar­gu­ment, das zur Erklä­rung heu­ti­ger Zustän­de her­hal­ten muss, es ist die knapp erzähl­te Vor­ge­schich­te, die Ver­gan­ge­nes genau soweit zurich­tet, dass es sich in eine linea­re Kau­sa­li­tät ein­ord­net, und es ist das kur­ze Auf­blit­zen eines Relikts aus dem Vor­ges­tern, viel­leicht ein Bild, ein Zitat, ein Film­aus­schnitt oder ein bekann­ter Name, mit denen Ver­traut­heit her­ge­stellt und die Sicher­heit evo­ziert wer­den soll, dass es genau­so war. Fla­che Geschich­te zielt drauf ab, sich der Mühen der Kom­ple­xi­tät zu ent­le­di­gen, die Gebir­ge der Zei­ten in aller Eile abzu­tra­gen, um freie Sicht auf die Ver­gan­gen­heit zu erhalten.

  • Wiki­pe­dia baut ab, oder: Was von „open“ übrig bleibt II | alba­tros → jür­gen fenn über die nega­ti­ven aus­wir­kun­gen der ent­wick­lung des webs auf die (offe­ne) orga­ni­sa­ti­on von wissen:

    Es bedarf kei­ner Erör­te­rung, dass sich dies auch noch wei­ter auf die her­ge­brach­ten Mit­mach­pro­jek­te des Web 2.0 aus­wir­ken wird. Wer an die­se Tech­nik aus Apps plus End­ge­rä­te gewöhnt ist und damit auf­wächst, wird nie auf die Idee kom­men, an einem Mas­sen­pro­jekt wie Wiki­pe­dia teil­zu­neh­men, weil er sich so etwas gar nicht mehr vor­stel­len kann. Nor­mal ist, dass man auf rie­si­ge Daten­be­stän­de zugreift, die auto­ma­ti­siert erstellt oder jeden­falls auto­ma­ti­siert aus­ge­wählt wor­den sind, aber nicht, dass man sie als Autor eigen­hän­dig mit schreibt, kura­tiert, pflegt und kol­lek­tiv ver­wal­tet. Das liegt alles zen­tral bei der Fir­ma, die es anbie­tet. Top-down, also nicht in den Hän­den einer Com­mu­ni­ty, bottom-up. 

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Ins Netz gegangen (8.6.)

Ins Netz gegan­gen am 8.6.:

  • Der Hype um die Smart City| taz → julia mans­ke mag dem trend zur „smart city“ nicht vor­be­halt­los zustim­men – mit guten argumenten

    Dafür zu plä­die­ren, dass die Bür­ger breit­flä­chig ihre Daten in der ver­netz­ten Stadt tei­len sol­len, nur weil dies in ande­ren Län­dern geschieht, ist ein Feh­ler. Vie­les ist heu­te mit Daten mög­lich, eben­so wie vie­les im Bio-Engi­nee­ring-Bereich mög­lich ist. Den­noch haben wir uns dar­auf geei­nigt, nicht alles zuzu­las­sen. Wir soll­ten Ideen ent­wi­ckeln, wie der Schutz der Pri­vat­sphä­re Teil der zukünf­tig ver­netz­ten Stadt wer­den kann.

  • On Wal­ka­bi­li­ty: An Inter­view with Jeff Speck| park­si­fy → inter­es­san­tes inter­view mit dem ame­ri­ka­ni­schen stadt­pla­ner speck über das kon­zept „wal­ka­bi­li­ty“ und die för­de­rung der fuß­gän­ger­freund­lich­keit von städten
  • Dom des Apos­tels der Deut­schen ent­deckt | Welt → sven felix kel­ler­hoff nur ein biss­chen rei­ße­risch über die kir­chen­aus­gra­bung in mainz (unter st. johan­nis) – nichts wesent­li­ches neu­es, aber ganz nett geschrie­ben (aber: dass die „welt“ die wei­te, stra­pa­ziö­se anrei­se nach mainz nicht mehr selbst finan­zie­ren kann – ganz schön erbärmlich …)
  • Smart Homes erin­nern immer mehr an Straf­voll­zug | SZ → adri­an lobe mit einem daten­schutz­kri­ti­schen ein­wurf zum „smart home“

  • Ken Vandermark’s Indefa­tigab­le Dri­ve and Avant-Gar­de Visi­on | band­camp
    → inter­es­san­ter inter­view-text mit dem groß­ar­ti­gen ken van­der­mark über musik, kol­la­bo­ra­tio­nen, labels und den ver­trieb absei­ti­ger (expe­ri­men­tel­ler) impro­vi­sier­ter musik … 
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Ins Netz gegangen (13.4.)

Ins Netz gegan­gen am 13.4.:

  • Mär­chen­stun­de am Main | NZZ → jür­gen tietz spart nicht mit deut­li­chen Wor­ten über den Unsinn einer (schein­ba­ren) Rekon­struk­ti­on einer his­to­ri­schen Altstadt

    Dort, wo nach den Bom­ben­an­grif­fen des Zwei­ten Welt­kriegs nur noch rau­chen­de Trüm­mer lagen, mani­fes­tiert sich heu­te ein gebau­ter Auf­schrei nach ver­lo­re­ner Hei­me­lig­keit und eins­ti­ger städ­ti­scher Bedeu­tung. Dafür muss­te das zu Beginn der sieb­zi­ger Jah­re gebau­te Tech­ni­sche Rat­haus ver­schwin­den, nach nur 35 Jah­ren. So kurz­at­mig ist die hes­si­sche Geschich­te. Was aber ist der Sinn die­ser gebau­ten Frank­fur­ter Mär­chen­welt? Leis­tet sie einen Bei­trag, um die drän­gen­den Fra­gen der Zukunft der Städ­te zu lösen? Wohl kaum, denn auf dem his­to­ri­sie­ren­den neu­en Herz­stück Frank­furts ent­steht gera­de ein­mal die beschei­de­ne Zahl von sech­zig Woh­nun­gen – mit einer Flä­che von ins­ge­samt 7000 Qua­drat­me­tern. Sonst gibt sich das Quar­tier als archi­tek­to­nisch ver­dich­te­te See­len­mas­sa­ge, ein Gegen­mo­dell zu den Hoch­häu­sern der glo­ba­li­sier­ten Stadt.

    Der gros­se Irr­tum einer der­art fik­tio­na­len Stadt­ar­chi­tek­tur ist es, dass sie wie eine gebau­te Zeit­ma­schi­ne wirkt. Doch sie ist nur ein Abzieh­bild einer deut­schen See­len­land­schaft, in der die Ver­wun­dun­gen der Kriegs- und Nach­kriegs­zeit bis in die nach-nach­fol­gen­de Gene­ra­ti­on andau­ern. So ent­steht eine wei­ner­li­che Mischung aus Ver­lust und Ver­drän­gung, aus roman­ti­scher Sehn­sucht und einer Unfä­hig­keit zu trauern. 

  • Wer­ben mit Goog­le: Ist die taz Schmud­del­kram? | taz-haus­blog → die taz nut goo­gles adsen­se und berich­tet hier von schwie­rig­kei­ten bei der „richtlinien“-einhaltung und kom­mu­ni­ka­ti­on mit dem unternehmen
  • Wol­len alle Autoren sein? Alles schreibt, kei­ner liest | NZZ → jochen hörisch über das sich ver­än­dern­de ver­ständ­nis von schrei­ben und lesen, den zusam­men­hang von sein und schrei­ben, welt und text

    Alles schreibt, aber kaum einer liest mehr so gründ­lich, kon­zen­triert und hin­ge­bungs­voll wie der Leser in Ril­kes gleich­na­mi­gem Gedicht oder der Buch-Enthu­si­ast in Micha­el Endes «Unend­li­cher Geschich­te». … Es ist offen­bar, dass Gott nicht im Sin­ne logi­scher Evi­denz offen­bar ist, dass auch er ein schwä­cheln­der Autor ist, der die Kluft, die die Welt von den Wor­ten trennt, nicht ein für alle Mal über­win­den kann. … Das Wort wird Fleisch, Bits wer­den Ato­me, die Idee der Trans­sub­stan­tia­ti­on ist heu­te mehr als ein fas­zi­nie­ren­des reli­giö­ses Phan­tas­ma, näm­lich ein Schreib­pro­gramm für ambi­tio­nier­te Inge­nieu­re. Wer die­se Wand­lung von Lese- in Schreib­pro­gram­me im Blick hat, wird sowohl das Come­back mili­tan­ter Reli­gio­si­tät als auch die Infla­ti­on der Schreiblust heu­te mit ande­ren Augen sehen. … Man ver­gisst ger­ne, dass die ver­pflich­ten­de Alpha­be­ti­sie­rung ein kul­tu­rel­ler Son­der­weg einer selt­sa­men Welt­ecke in einer exzen­tri­schen Epo­che ist bzw. war. Heu­te kön­nen, wenn sie denn Zugriff auf Zau­ber­wer­ke der Inge­nieurs- und Infor­ma­ti­ker­kunst haben, alle lesen und schrei­ben – para­do­xer­wei­se eben auch die­je­ni­gen, die nicht lesen und schrei­ben kön­nen. Gemein­sam ist ihnen der Wunsch, nicht nur ein Wort mit­zu­re­den, son­dern Autoren zu wer­den, die von der Pflicht dis­pen­siert sind, lesen zu müssen. 

  • NS-Fil­me: Vor­be­halts­vor­be­hal­te| Frei­tag → dirk alt und frie­de­mann bey­er über die zuneh­mend unnö­ti­ge, aus der zeit gefal­le­ne „vorbehalts“-lösung, die ns-pro­pa­gan­da­fil­me (bzw. man­che davon) unter halb­ver­schluss hält

    Vor die­sem Hin­ter­grund mutet die hie­si­ge Kon­tro­ver­se um eine offi­zi­el­le Zugäng­lich­ma­chung der Vor­be­halts­fil­me kuri­os an, zumal sie nicht nur die längst unwi­der­ruf­li­che Ver­füg­bar­keit der Fil­me igno­riert, son­dern dar­über hin­aus von Dämo­ni­sie­rung und reflex­ar­ti­ger Betrof­fen­heit geprägt ist.

  • Index, A cele­bra­ti­on of the | TLS → ein lob der indi­ces und ihres klugheit/​ihres wis­sens, anläss­lich des sech­zig­jäh­ri­gen bestehens der „Socie­ty of Indexers“
  • a href=„http://blogs.faz.net/pop-anthologie/2017/03/18/alte-mythen-in-honig-351/“>Genesis: „The Musi­cal Box“ | Pop-Antho­lo­gie → her­vor­ra­gen­de wür­di­gung des groß­ar­ti­gen „the musi­cal box“ (auf „nur­sery cryme“) von gene­sis in der pop-antho­lo­gie der faz:

    Dass die Kar­rie­ren von Coll­ins und Ruther­ford in Hits wie „Dance Into the Light“ oder „All I Need is a Mira­cle“ gip­fel­ten, die von einer erschüt­tern­den Belang­lo­sig­keit sind, ist das trau­ri­ge Ende die­ser Ent­wick­lung. „The Musi­cal Box“ aber darf nicht im Kurio­si­tä­ten­ka­bi­nett der Musik­ge­schich­te abge­legt wer­den. Es gehört zum Kanon der bes­ten bri­ti­schen Popmusik.

Berliner Fernsehtum hinterm Netz

Ins Netz gegangen (11.4.)

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