Lesen. Hören. Und ein bisschen schreiben.

Schlagwort: sicherheit

Ins Netz gegangen (13.1.)

Ins Netz gegan­gen am 13.1.:

  • Ein deutsch­er Dichter bin ich einst gewe­sen | ver­brecherei — Max Her­rmann-Neisse:

    Ein deutsch­er Dichter bin ich einst gewe­sen,
    die Heimat klang in mein­er Melodie,
    ihr Leben war in meinem Lied zu lesen,
    das mit ihr welk­te und mit ihr gedieh.

    Die Heimat hat mir Treue nicht gehal­ten,
    sie gab sich ganz den bösen Trieben hin,
    so kann ich nur ihr Traum­bild noch gestal­ten,
    der ich ihr trotz­dem treu geblieben bin.

    — der Ver­brech­er-Ver­lag hat jet­zt auch ein Ver­lags­blog …

  • Späte Kriegs­gewinnler — Wiener Zeitung Online — Edwin Baum­gart­ner über die flut an bedruck­tem papi­er im gedenk­jahr zum ersten weltkrieg

    Und so ein­fach ist es auch beim Ersten Weltkrieg: Es ist ein Riesen­re­ma­suri, ein — wie heißt das beina­he deutsche Wort? — ja, richtig: ein Hype.

    /via “der umblät­ter­er”, die das nicht ganz zu unrecht zum feuil­leton des jahres 2014 wählten (http://www.umblaetterer.de/2015/01/13/die-ergebnisse-der-feuilleton-meisterschaft-2014/)

  • What David Cameron just pro­posed would endan­ger every Briton and destroy the IT indus­try — Boing Boing — david cameron will den bösen buben die ver­schlüs­selung ver­bi­eten. dumm nur, dass er halt keine ahnung hat: “David Cameron does­n’t under­stand tech­nol­o­gy very well, so he does­n’t actu­al­ly know what he’s ask­ing for”, sagt cory doc­torow, “it puts the whole nation — indi­vid­u­als and indus­try — in ter­ri­ble jeop­ardy. ”
  • 33. Europas Werte und das Para­dox der Aufk­lärung | Geschichte wird gemacht — achim landwehr über europäis­che werte (eigen­tum!) und ihre para­doxale struk­tur
  • Schlund | Peter Richter — peter richter hat einen “mon­tags-spazier­gang” in dres­den besucht und in die abgründe der pegida-“bewegung” geschaut.
  • Büch­er von Pop­musik­ern: Wahre Größe gibt es nur schwarz auf weiß | ZEIT ONLINE — ger­rit bar­tels ste­ht etwas hil­f­los vor dem phänomen, dass schein­bar immer mehr popmusiker/innen büch­er schreiben und veröf­fentlichen (wie gle­ich der erste kom­men­ta­tor bemerkt, hat er mit thomas mei­necke das beste beispiel vergessen …)

    Das Kanon­isieren von Pop und bes­timmten Pop­szenen geht also inten­siv weit­er. Auch für Musik­er ist es da attrak­tiv, die flüchti­gen Pop­mo­mente auf den Büh­nen und den DJ-Kanzeln festzuhal­ten, die Dreiminuten-Sin­gle und den Club-Hit in eine Erzäh­lung zu bet­ten und damit zu sich­ern. Ein Buch hat eben doch Bestand, ist ein ganz eigen­er Wert.

  • Pegi­da-Demon­stra­tio­nen — “Das ist alles ernst zu nehmen” — Der Direk­tor der säch­sis­chen Lan­deszen­trale für poli­tis­che Bil­dung, Frank Richter, hat zum Dia­log mit den Anhängern der Pegi­da-Grup­pierung aufgerufen. “Wir haben es offen­sichtlich mit einem Prob­lem­stau zu tun”, sagte Richter im Deutsch­land­funk. Man müsse den Bürg­ern respek­tvoll zuhören, so schwierig es auch sein möge.
  • Islamisierung, Marken­schutz und dumme Fra­gen — jür­gen kaube hat recht:

    Gefüh­le haben ihr eigenes poli­tis­ches Recht. Die Frage ist nur, ob sich zutr­e­f­fende Gedanken daraus machen lassen.

  • Wie es bei „Maybrit Ill­ner“ im ZDF wirk­lich zuge­ht — der autor ulf erd­mann ziegler war bei der ill­ner-rede­gruppe im zdf als gast geladen. und kann skurile ergeb­nisse bericht­en, die alle hoff­nung auf qual­ität­sjour­nal­is­mus im talk­for­mat ver­nicht­en.

    Okay, die plöt­zliche Über­frach­tung der Sendung mit Sebas­t­ian Edathy und seinem Schick­sal ist das eine. Den­noch, man hätte die Kurve kriegen kön­nen. Wie wäre es etwa mit der Frage gewe­sen: ob, Herr Ziegler, was an diesem Don­ner­stag die Haupt­stadt erschüt­terte, eigentlich ein gutes Roman­the­ma sei. Aber mit Sicher­heit, Frau Ill­ner! Die Neben­rolle der Igno­ran­tin, die sich all­wis­send gibt, wäre Ihnen darin sich­er.

Ins Netz gegangen (13.11.)

Ins Netz gegan­gen am 13.11.:

Sicherheit

Mit ein­er hes­sis­chen Polizeis­ta­tion auf dig­i­talem Weg Kon­takt aufzunehmen, das ist gar nicht so ein­fach. Es geht schon damit los, über­haupt eine E‑Mail-Adresse zu find­en — die sind gut ver­steckt. Offen­bar will man nicht zu viel Arbeit haben ;-). Auf das Kon­tak­t­for­mu­lar darf man auch nicht hof­fen, nach ein­er Woche habe ich da noch keine Reak­tion erhal­ten. Hat man aber eine E‑Mail-Adresse gefun­den (es gibt sie tat­säch­lich!) — übri­gens auf ein­er Seite, die den schö­nen Titel “Willkom­men im Inter­net der hes­sis­chen Polizei” trägt (ich wusste gar nicht, dass die ein eigenes Inter­net haben …) — begin­nt der Spaß erst richtig. Dass es nir­gend­wo eine Möglichkeit gibt, ver­schlüs­selte Mails zu schick­en — das habe ich ja schon fast erwartet, auf einen irgend­wo aus­gewiese­nen Schlüs­sel gar nicht erst gehofft. Natür­lich wird auch die Möglichkeit der Ver­schlüs­selung von E‑Mails über­haupt nicht erwäh­nt. Das ist ja immer­hin so, als würde die Post Anzeigen etc. nur per Postkarte annehmen und Briefe ver­weigern. Also schrieb ich eben unver­schlüs­selt meine Frage nach ver­schlüs­sel­ter Kom­mu­nika­tion. Und ich hat­te die Dreistigkeit, diese Mail mit meinem Schlüs­sel zu sig­nieren. Was passiert dann? Ganz großes The­ater:

Ihre Mail an PST.ERBACH.ppsh@polizei.hessen.de mit dem Betr­e­ff […] wurde auf einem der E‑Mailserverinfrastruktur der hes­sis­chen Polizei vorge­lagertem Sys­tem geprüft.

Die Prü­fung ergab, dass Ihre E‑Mail nicht den derzeit definierten Schutzkri­te­rien der hes­sis­chen Polizei entspricht, somit geblockt wurde und nicht an das von Ihnen adressierte Post­fach zugestellt wird. Die E‑Mail enthielt möglicher­weise aktive Inhalte (z.B. Makros), einen oder mehrere uner­laubte Dateian­hänge, eine zu große Anzahl an Empfängern oder mehr als 50 Anhänge bzw. der Mailan­hang ist über 3 MB groß oder ver­schlüs­selt. Die Mail wurde daher gelöscht, das von Ihnen adressierte Post­fach wird die E‑Mail nicht erhal­ten.

Da füh­le ich mich doch gle­ich run­dum sich­er, wenn solche Spezial­is­ten am Werk sind. Das ist wohl noch ein ziem­lich weit­er Weg, bis Deutsch­land “Ver­schlüs­selungs­stan­dort Nr. 1 auf der Welt” wird, wie es die Bun­desregierung mit ihrer “Dig­i­tal­en Agen­da” anstrebt. Wäre ich zynisch, würde ich sagen: Natür­lich haben die kein Inter­esse daran, dass möglichst viele Bürg­er Mail-Ver­schlüs­selung benutzen — dann kön­nen sie und ihre Kol­le­gen von den Geheim­di­en­sten dieser Welt das ja auch nicht mehr so ein­fach mitle­sen ;-).

Mein Herz blutet …

Manch­mal sind Zeitun­gen sehr selt­sam: Die “Zeit” hat heute online diesen Text, in dem Thorsten Schröder berichtet, wie er an der Benutzung von Pass­wort-Man­agern scheit­ert. Seine Haup­tar­gu­mente gegen KeeP­ass: Das ist hässlich. Und vor allem: Ihm ist das (manuelle) Kopieren von Pass­wörtern von KeeP­ass in den Brows­er zu aufwändig? Mal ganz abge­se­hen davon, dass die Aut­ofill-Funk­tion nicht so schw­er einzuricht­en ist — was ist das denn eigentlich für ein Argu­ment? Lässt Schröder eigentlich auch alle Haus- und Autotüren offen, weil das Abschließen zu lange dauert und es zu umständlich ist, den Schlüs­sel aus der Tasche zu holen? Aber was soll man denn von einem Autor erwarten, der freimütig eingeste­ht, dass er bish­er das gle­iche Pass­wort (!) für über 80 Dien­ste nutzte? Und das schon seit 12 Jahren? Das ist doch sozusagen erste Bürg­erpflicht, nicht über­all das gle­iche Pass­wort zu benutzen und das zumin­d­est ab und an zu ändern. Die Zahl scheint ihm übri­gens wichtig zu sein, ist aber über­haupt nicht beein­druck­end — wenn ich meine Pass­wortliste bis 80 durchzäh­le, bin ich ger­ade­mal beim Buch­staben e ange­langt … Dass die “Zeit”, die doch son­st ein einiger­maßen vernün­ftiges Dig­i­tal-Ressort hat, so etwas übern­immt, ent­täuscht mich wirk­lich. Dazu passt dann allerd­ings auch der falsche und irreführende Titel: “Heilmit­tel gegen Heart­bleed im Test” heißt die Über­schrift. Aber das Ändern von Pass­wörtern ist ja nun wirk­lich kein “Heilmit­tel” gegen Heart­bleed — son­dern nur eine Möglichkeit, die Fol­gen des Bugs vielle­icht noch etwas einzudäm­men.

Ins Netz gegangen (18.2.)

Ins Netz gegan­gen am 18.2.:

  • Chris Board­man: “Hel­mets not even in top 10 of things that keep cycling safe” | road.cc — Chris Board­man berät die britis­che Regierung in Sachen Fahrrad­verkehr. Und er ver­tritt die Posi­tion: Helme brin­gen wenig. Die Dat­en leg­en näm­lich nahe, dass nicht so sehr Helme vor Ver­let­zun­gen schützen, son­dern vor allem Infra­struk­tur.
    Board­man “likened the cul­ture of hel­met use among keen cyclists to peo­ple wear­ing body armour because they have got used to being shot at.”
  • Fotografie: Krieg ist fotografisch nicht darstell­bar | Kul­tur — Berlin­er Zeitung — Ger­hard Paul ver­tritt im Inter­view die These, dass (mod­erne) Kriege fotografisch nicht abzu­bilden sind:

    …, dass der Krieg das Unmod­el­lier­bare schlechthin ist. Er ist viel zu kom­plex, um ihn durch Fotografie oder Film sicht­bar zu machen. Der mod­erne Krieg ist raum­greifend. Er ist mit fotografis­chen oder filmis­chen Mit­teln nicht darstell­bar.

    Aber da es natür­lich trotz­dem Bilder (und Filme) von Kriegen gibt, gilt immer­hin:

    Jed­er Krieg hat seine eigene ästhetis­che Ken­nung und seine eige­nen Bilder.

  • kul­tur & geschlecht — Das online­jour­nal kul­tur & geschlecht ist ein trans­diszi­plinäres Forum für Nach­wuchs-wis­senschaftler/in­nen der Ruhr-Uni­ver­sität Bochum, die zu Geschlechter­fra­gen und ihren Kon­tex­ten forschen. Es wird am Lehrstuhl für Medi­enöf­fentlichkeit und Medi­en­ak­teure mit beson­der­er Berück­sich­ti­gung von Gen­der des Insti­tuts für Medi­en­wis­senschaft der Ruhr-Uni­ver­sität Bochum von Astrid Deu­ber-Mankowsky und Anja Michaelsen her­aus­gegeben, gefördert von der Fakultät für Philolo­gie und dem Rek­torat der RUB.

    Ziel ist, Pro­jek­te, umfassendere Hausar­beit­en, Bach­e­lor- und Mas­ter­ar­beit­en, Tagun­gen und Work­shops, mit inno­v­a­tiv­en Ansätzen und Fragestel­lun­gen der Geschlechter­forschung ein­er größeren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Der Schw­er­punkt liegt auf aktuellen kul­tur-wis­senschaftlichen Gen­der Stud­ies. Dabei ist uns beson­ders wichtig, über ‚klas­sis­che’ The­men und Zugänge hin­aus­ge­hend Bezüge herzustellen. Dadurch hof­fen wir, rela­tionale Beziehun­gen sicht­bar zu machen, und um eine Per­spek­tive, die den Gen­der Stud­ies von Beginn an eigen ist: dass Geschlech­ter­dif­ferenz nicht als isoliertes Phänomen zu begreifen ist, son­dern nur durch umfassendes, trans­diszi­plinäres Befra­gen kom­plex­er kul­tureller Prozesse.

  • Sin­gen auf dem Rad­weg « Velophil — huch:

    An drei Stellen in Ams­ter­damer Parks hängte sie Schilder mit der Auf­schrift “Zang­fi­etspad” auf, was so viel heißt wie Gesangsrad­weg. Zudem war auf dem Schild ein sin­gen­der Rad­fahrer abge­bildet, und unter ihm stand die Auf­forderung: Hier kön­nen Sie offiziell auf dem Rad sin­gen.

  • Georg Diez über Homo­pho­bie — SPIEGEL ONLINE — Georg Diez in sein­er Spiegel-Kolumne:

    Man kann die Räder ja kaum noch zählen, die da alle zurückge­dreht wer­den sollen, mit solch biol­o­gis­tis­chem, fun­da­men­tal­is­tis­chem, bedrück­en­dem Unsinn — und das Trüb­sin­nig­ste daran ist, dass das alles im halb­sei­de­nen Gewand eines Kon­ser­vatismus geschieht, der seine eigene Über­lebtheit mit der Vertei­di­gung von ange­blich christlichen Werten cam­ou­fliert.

Ins Netz gegangen (4.7.)

Ins Netz gegan­gen (3.7.–4.7.):

  • Gut­ten­berg, Scha­van und die Fol­gen: Maulko­rb bei Pla­giatsver­dacht — Tagesspiegel -

    Die Hochschul­rek­torenkon­ferenz (HRK) und die Deutsche Forschungs­ge­mein­schaft (DFG) pla­nen einen Maulko­rb für Forsch­er, die wis­senschaftlich­es Fehlver­hal­ten öffentlich machen wollen – das befürcht­en zumin­d­est Wis­senschaftler, die jet­zt einen offe­nen Brief im Inter­net veröf­fentlicht haben.

  • Inter­net-Sicher­heit­sex­perte Felix von Leit­ner : Der Überwachung ent­ge­hen? Das macht richtig viel Arbeit! — FAZ — fefe im FAZ-Inter­view bringt’s auf den Punkt:

    Ter­ror­is­mus ist ja definiert als Ein­schüchterung, als Angriff, der nicht mich direkt angreift, son­dern mir Angst macht und ich so meine Leben­sart ändere. Das ist doch genau, was hier ger­ade passiert! Nur dass eben nicht „die Ter­ror­is­ten“ diesen Angriff durch­führen, son­dern die Geheim­di­en­ste. Dieses ewige „aber die Ter­ror­is­ten“ ist doch genau so hohl wie der Hin­weis auf die ange­bliche par­la­men­tarische Kon­trolle. Im öffentlichen Diskurs muss mal jemand die Frage stellen, ob der real erlebte Ter­ror nicht eher von den Dien­sten aus­ge­ht, anstatt dass sie uns vor ihm schützen.

  • law blog» Bewegte Zeit­en -

    Die Ver­weigerung von Über­flu­grecht­en ist zwar grund­sät­zlich zuläs­sig, da jed­er Staat auch seinen Luftraum als Hoheits­ge­bi­et betra­chtet. Allerd­ings ist nicht mal ansatzweise erkennbar, welche nachvol­lziehbaren eige­nen Inter­essen Frankre­ich und Por­tu­gal mit der Ver­weigerung der Über­flu­grechte ver­fol­gen kön­nten. Von der Mas­chine des boli­vian­is­chen Präsi­den­ten ging kein­er­lei Gefahr für die bei­den Län­der aus – selb­st wenn Snow­den sich an Bord befun­den hätte.
    Von daher ist das schon ein höchst ungewöhn­lich­er Vor­gang.

Netzfunde der letzten Tage (15.4.–17.4.)

Meine Net­z­funde für die Zeit vom 15.4. zum 17.4.:

Zeitungsschizophrenie

Auf Seite 2 lobt die Süd­deutsche Roman Her­zog & sein Büro dafür, dass er eine kosten­lose E‑Mail-Adresse bei gmx benutzt, statt die Infra­struk­tur des Bun­des zu nutzes (was ja sowieso ein selt­sames Lob ist …), auf Seite 6 warnt sie unter den “Zehn Geboten der Net­zsicher­heit” genau davor — dass näm­lich bei diesen Dien­sten jemand anderes schön alle Dat­en bekommt. So viel zur Medi­enkomepe­tenz …

Juli Zeh, Corpus Delicti

… habe ich gele­sen auf der Reise von Venedig zurück nach Mainz.

Ein The­sen­ro­man. Rein­sten Wassers. Und dur­chaus ober­ster Güteklasse. Aber eben mit all den typ­is­chen Prob­le­men — Man merkt die Absicht und ist ver­stimmt (oder so ähn­lich). Nun hielt sich die Ver­stim­mung bei mir extrem in Gren­zen, weil ich dem Ziel Zehs, dem freien statt dem sicheren Men­schen voll zus­timme und stark sym­pa­thisiere. Das ändert aber wenig daran, dass der Roman — der sich im Unter­ti­tel als “Ein Prozess” aus­gibt (Gerichtsver­hand­lung und Entwick­lung — natür­lich ist bei­des gemeint … [und diese abso­lut durch­schaubare Dop­peldeutigkeit ist typ­isch für das Buch {lei­der, meines Eracht­ens, den seman­tis­che Leer­stellen sind inter­pre­ta­tiv meis­tens deut­lich ergiebiger}, das kün­st­lerisch eher mit­telmäßig ist.]) Ok, die Infor­ma­tionsver­gabe ist ganz gut gelun­gen, sie entwick­elt sich halb­wegs ungezwun­gen (am Anfang freilich mit hohem Tem­po — und bewusst auf Klarheit der mes­sage aus­gerichtet).

Worum geht’s? Um einen Staat der Zukun­ft, in dem Nor­mal­ität als Gesund­heit definiert wird (bzw ander­srum) und Krankheit demzu­folge abgeschafft ist — gesellschaftlich und pri­vat. Das bedarf natür­lich einiger Vorkehrun­gen … Jeden­falls gerät die Haupt­fig­ur, eine Biolo­gin, mit diesen staatlichen Vorkehrun­gen, genan­nt die “Meth­ode”, in Kon­flikt. Und entwick­elt sich zur Wider­ständ­lerin auf sehr eige­nen Weise, zu ein­er Art Rev­o­lu­tionärin ohne Rev­o­lu­tion. Jeden­falls zu einem Prob­lem für die “Meth­ode”, dass mit allen Mit­teln gelöst und schließlich beseit­igt wer­den muss — nicht ohne einige Ver­wick­lun­gen natür­lich. Durch die Mon­tage ver­schieden­er Ebe­nen, u.a. auch die eines Putzfrauen-Trios, wird das ganz har­monisch in sein­er Viel­stim­migkeit und Per­spek­tiv­ität. Aber nichts­destotrotz bleibt die Botschaft klar: Ohne Frei­heit ist der Men­sch kein Men­sch mehr, ist das Leben keine Leben mehr, son­dern nur noch Exis­tenz. Die mag zwar sorgen‑, schmerz- & krankheits­frei sein, aber eben ohne Leben. Die Par­al­le­len zu aktuellen Diskus­sio­nen sind wohl mehr als zufäl­lig ;-). Und auch mehr als deut­lich … Das, es klang oben ja schon an, min­dert meine Begeis­terung für dieses Buch etwas: Dass die Phan­tasie zu wenig aus­gereizt wird, die Vorstel­lungkraft zu blass scheint — auch um den Preis der etwa unvol­lkomme­nen Ver­mit­tlung der zen­tralen Textbotschaft wäre das doch etwas span­nen­der gewe­sen. Für mich zumin­d­est. Aber man kann ja nicht immer alles haben.

Juli Zeh: Cor­pus Delic­it. Ein Prozess. Frank­furt am Main: Schöf­fling 2009.

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