Nach SOPA/PIPA drängt ACTA als gewissermaßen “europäische” Version (ein durchaus problematischer Vergleich, aber darum geht es hier nicht …) gerade in die Aufmerksamkeit. mspr0 hat eine schöne, kleine Einführung in die Probleme des ACTA-Abkommens geschrieben: klick. Mehr ins Detail geht ars technica. Auch bei netzpolitik.org gibt es einiges zum Abkommen, den Geheimverhandlungen und dem Protest in Europa, Markus Beckedahl hat im Auftrag der Digitalen Gesellschaft auch auf Spiegel Online die wesentlichen Probleme von ACTA noch einmal zusammengefasst.. Empfohlen sei deshalb zumindest die Petition an das EU-Parlament bei Avaaz oder andere Formen des Protestes gegen diese einseitige, unvernünftige und rücksichtslose sowie vollkommen undemokratische Art der Politik.
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Alles nicht so einfach, diese Verlinkungen und Einbidungen und der ganze Kram in diesem neuen Internet da. Und dann sind es auch noch nicht nur die bösen Facebook-Buttons, sondern die Einbettungen sind einfach überall — Hilfe!
Zum Beispiel auch mal hier (obwohl es hier bei mir sonst eher selten ist/sein soll, ich bemühe mich, möglichst viel bei mir zu haben bzw. zu halten):
Irgendwie ist das alles wieder ganz traurig und pervers: Da hat jemand die Idee, die Netzgesellschaft (was auch immer das ist) als Lobby zu organisieren und gründet mit wahnsinnigem Tamtam einen Verein. Einen Vorstand hat man auch schon — Mitglieder möchte man aber möglichst keine. Die könnten ja auch eine Meinung haben (das man das in einem Verein nicht zu hoch hängen sollt mit der vollen Beteiligung aller Mitglieder dürfte jeder wissen, der bei so etwas schon mal mitgemacht hat …) — deswegen bittet man nur um Unterstützer und Helfer, nicht aber um Mitglieder. Was soll dieser Mist? Wie will eine Lobbyorganisation Gehör finden, wenn Sie niemanden vertritt, niemandem zeigen kann, dass sie eine mehr oder minder bedeutende Gruppierung im Volk ist? Einen Verein Mitgliedern zu öffnen heißt ja noch lange nicht zwangsläufig, über alles basisdemokratisch abzustimmen. Auch der hat ja einen geschäftsführenden Vorstand. Aber den kann man als Mitglied wenigstens (ab-)wählen und nicht nur “unterstützen”. Kein Wunder, dass man sich bei solchen Unternehmungen ganz vornehm “Digitale Gesellschaft” nennt und das “Verein” nicht so gerne herausstellt. Das Vorbild Greepeace hat das meines Wissens etwas anders gehandhabt — die waren/sind zwar auch oft mehr als ein Verein (über ihre etwas aufdringlich-gewalttätige Kommunikationsstrategie — will man das in der Netzpolitik wirklich nachahmen?), aber sie waren eben doch — auch — ein normaler Verein mti allem Drum und Dran. Hier wird das — so sieht es im Moment, der zugegebenermaßen noch sehr früh ist — (wieder) nur ein elitäre Kreis, der sich mit Namen und (Pseudo-)Organisation den Anspruch gibt, für viele zu sprechen — diese Viele aber auf keinen Fall hören mag oder ihnen gar Möglichkeiten der Mitbestimmung der Richtung “ihrer” Vertretung einzuräumen. Und weil ich mich zumindest am Rande doch zu den Vielen zähle, rege ich mich hier gerade etwas sehr auf …
Der schicke Name hat auch noch den Vorzug, so schön schillernd vieldeutig zu sein: Gibt es eine digitale Gesellschaft? Ist das ein Ziel? Ist das eine Gesellschaft wie die Deutsche Tischgesellschaft Achim von Arnims oder meint das Gesellschaft hier den soziologischen Begriff? Fragen über Fragen — ein paar Antworten hätte man sich da doch schon gewünscht — denn eigentlich will ich das ja gut finden, was die Recken um Markust Beckedahl da anzapfen. Aber so geht das irgendwie nicht so richtig. Und Leute, die so sehr in alltägliche Kommunikation eingebunden sind wie die Gründer dieser Gesellschaft sollten doch solche grundlegenden Kommunikationen im Griff haben. Wie kann man sie sonst ernst nehmen? Und natürlich stellt sich auch gleich wieder die Frage: Ist das gut, hier über die Mängel der Organisation zu meckern? Oder sollte man das ob des hehren Ziels lieber lassen um der Politik nicht in die Hände zu spielen?
Mit großen Worten spart Viktor Mayer-Schönberger nicht: Eine “Tugend des Vergessens” beschwört er. Und will sie auch in “digitalen Zeiten” umsetzen. Aber eigentlich ist dieses — ziemlich positiv besprochene — Buch eine Mogelpackung. Denn Idee, Thema und Argument Mayer-Schönbergers ließe sich auf einigen wenigen Seiten ausreichnd genau darstellen — genauer wird er hier auch nicht. Er bläst das nur unheimlich und fast unerträglich auf.
Worum es geht ist schnell gesagt: Mayer-Schönberger hätte gerne, dass digitale Daten ein Verfallsdatum mit auf den Weg bekommen, an dem sie (automatisch) gelöscht, nicht mehr zugänglich werden. Sein Argument geht ungefähr so: Die über Zeit und Raum nahezu unbeschränkte (das nahezu fehlt bei ihm schon meistens) Verfügbarkeit von Informationen ist schädlich. Schädlich für Individuen und auch für Gesellschaften. Deswegen eben das automatische Löschen digitaler Daten (also z.B. Fotos, Zeitschriftenartikel, Suchdaten, Profile, Einkäufe etc.), um so das “analoge”, vor-digitale “Erinnern” zu simulieren. Das ist so weit eine ganz sympathische und auch überhaupt nicht verkehrte Idee, auch wenn alternative Strategien im Umgang mit der Ubiquität digitaler Daten (etwa die Anpassung des Verhaltens an diesen Umstand) bei ihm arg forsch beiseite gewischt werden.
Geärgert an dem Buch hat mich aber zum einen, dass er ewig weit ausholt, eine gesamt Geschichte der Schrift als Medium der Erinnerung noch einbaut (die auch furchtbar ungenau und teilweise nicht auf dem aktuellen Stand der Forschung ist, so weit ich das überblicken kann). Und dann natürlich sein Hauptproblem: Die fehlende Genauigkeit im Umgang mit den Begriffen. Gedächtnis — Erinnerung — Archiv ist hier ein einziger Mischmasch, in dem nichts unterschieden wird. So spricht Mayer-Schönberger z.B. unentwegt davon, dass wir digitale Daten erinnern (und durchs Löschen eben vergessen). Genau das ist aber falsch: Sicher, wir archivieren die. Aber sie sind dann noch lange nicht zwangläufig ein Teil unserer Erinnerung. Sie können es wieder werden, müssen es aber nicht. Diesen Unterschied zwischen (Individuums-)internen und externen Informationen macht er einfach nicht (bzw. nicht ausreichend genau). Daher kommt dann auch die Verwirrung von Gedächtnis und Erinnerung und Informationen, die digital verfügbar sind. Macht man diese Unterscheidung, nimmt man ihm einen Großteil seiner großsprecherischen kulturellen Geste: “Während wir früher mit der Zeit das meiste vergaßen, haben wir heute die Möglichkeit, uns an das meiste zu erinnern.” (199) — genau das bezweifle ich eben.1 Das Problem, das muss man ihm zugestehen, bleibt aber dennoch: Digitale Daten sind einfacher, länger, ortsungebundener verfügbar, das Archiv und die Findemittel werden immer umfangreichr, schneller und bequemer.
Mir jedenfalls scheint ein Plädoyer für eine Art des “digitalen Erinnerns”, die sich der Speichermöglichkeiten der Computer und Netzwerke bedient, aber auch deren Problematik bewusst macht (sowohl beim Speichern eben als auch beim erinnernden/rekonstruierenden Abrufen) eine interessantere, angemessenere Reaktion als das bloße Simulieren der Ungenügsamkeiten bisheriger Aufzeichnungsmethoden im digitalen Raum. Ich bin mir nämlich überhaupt nicht so sicher wie Mayer-Schönberger, dass die “analoge”/vor-digitale Form des Gedächtnisses/Erinnerns eine evolutionäre Leisung ist, die allein dem Menschen gemäß ist. Aber das wird sich noch zeigen …
Viktor Mayer-Schönberger: Delete. Die Tugend des Vergessens in digitalen Zeiten. Berlin: Berlin University Press 2010. 264 Seiten. ISBN 978–3‑940432–90‑2.
… sind — natürlich — die Verleger. Stefan Niggemeier hat (wieder einmal) sehr eloquent und treffend “Das Elend der Debatte um ARD und ZDF” aufgeschrieben. Und da geht es natürlich auch und vor allem um die Verleger. Ihre seltsamen Gedankensprünge und ‑gänge — falls man das überhaupt noch Gedanken nennen darf. Und auch um die nicht anwesende Logik — oder, wie es bei ihm so schön heißt:
“Die Logik hat bereits vor einer Weile einen Ausreiseantrag aus der Diskussion gestellt, der offenbar jetzt genehmigt wurde.”
Er nimmt dann Stellungnahmen, Vorwürfe, Ideen und Forderungen der Zeitungs- und Nachrichten‑, d.h. Medienbranche und ihrer Chefs im einzelnen auseinander. Seine vorläufige Schlussfolgerung:
Die Verlage müssen von der (ohnehin schon reduzierten) Mehrwertsteuer befreit werden, Google muss verboten oder zur Zahlung von Lizenzgebühren verpflichtet werden, ARD und ZDF müssen das Internet verlassen, das Zitatrecht muss drastisch eingeschränkt, das kostenlose Anbieten von Informationen untersagt und die Gratis-Kultur im Internet insgesamt vernichtet werden — dann, ja dann könnten die Verlage vielleicht, möglicherweise, wenn das Wetter stimmt, in der Lage sein, auch in Zukunft Qualitätsjournalismus anzubieten, und womöglich sogar im Netz. Sonst können sie für nichts garantieren.
Und das ist, da hat er vollkommen recht, natürlich eine Steilvorlage gerade für das unbedingte Fortbestehen der öffentlich-rechtlichen Medien — ganz im Sinne der “Grundversorgung”. Und die ist unbedingt notwendig. Auch gesellschaftlich:
Warum soll es gesellschaftlich erstrebenswert sein, journalistische Inhalte nur denen zugänglich zu machen, die dafür zahlen können? Inwiefern ist es gut, wenn Menschen ohne Geld schlecht informiert werden?
Und weil Niggermeier trotzdem kein Lobbyist der ARD etc. sein will, weist er wenigenstens kurz auch auf Mängel auf deren Seite hin — etwa den Umgang mit der Kritik. Natürlich muss die BBC da wieder mal als Vorbild dienen. Also: dort komplett lesen und nicht von den lautesten Schreiern verwirren lassen.
der wikipedia weht gerade in den letzten tagen ein harter wind ins gesicht — nicht so ganz verständlich, meiner meinung nach, weil die inklusionisten, die gerade v.a. das wort führen, eine enzyklopädie mit einer datenbank und wissen mit information verwechseln (und deshalb so unsinnig pauschal gegen relevanzkriterien argumentieren). jetzt in der telepolis gefunden: Das Interview mit dem umstrittenen Medientheoretiker Prof. Eugen Driverman zur ihm drohenden Entziehung der Lehrbefugnis, der fefe-Krise von 2009 und der Kanzlerwahl Westerwelles von 2016 von Markus Kompa. da stehen viele nette sachen drin. zum beispiel: “Diese Sperren waren jedoch damals noch nicht durchsetzbar, da die seinerzeit an der Regierung beteiligte FDP alle anderen Wahlversprechen gebrochen hatte und zur Gesichtswahrung wenigstens das Internetsperrgesetz von 2009 vorläufig blockierte.”
hm. nicht schlecht: da haben sich 15 journalisten, die sich viel im & mit dem netz beschäftigen, ein paar gedanken zum netz gemacht und das ganze als Internet-Manifest veröffentlicht. zu seiner rolle für politik und gesellschaft, zur funktion und form des journalismus unter der bedingung des internet, zu freiheit und urheberrecht und so weiter. nicht perfekt, teilweise zu ungenau, teilweise zu optimistisch, teilweise zu emphatisch — aber im ganzen trotzdem nicht schlecht. schade finde ich nur, dass es eine mischung aus beobachtungen und forderungen bleibt — und nicht ganz klar ist, was daraus für wen jetzt folgen soll.
die zeit (d.h. kai biermann) hat auch gleich ein paar einwände (die ich auch wieder nicht alle unterschreiben will …)
wer es noch nicht getan hat: die petition gegen die internetsperren von u.v.d.l. mitzeichnen. dieser text auf netzpolitik.org setzt sich sachlich, ruhig und überzeugend mit den argumentationen der ministerin und des bka auseinander, die sich ja vor allem dadurch auszeichnen, dass sie unwahrheiten und scheinargumente mit unwissenheit und renitenter beratungsresistenz kombinieren.
was man auf dieser seite nicht alles findet … das hatte ich selbst schon wieder vergessen (aber bei inzwischen fast 500 beiträgen verliert man allmählich den überblick). aber dank des netten nutzers, der vorhin bei google nach “selbstbefriedigung mit anweisungen” gesucht hat (wieso tut man das eigentlich? seltsame ideen habe die menschen …) weiß ich jetzt wieder, dass ich arturo sandoval mal ziemlich verrissen habe. dafür danke. bei einer suchanfrage wie der deinen wirst du hier aber sicher nicht viel freude gehabt haben.