Lesen. Hören. Und ein bisschen schreiben.

Schlagwort: free jazz Seite 1 von 3

Hineingehört #3

Nichts als Hoffnung (aber immerhin)

Tindersticks, No Treasure but Hope (Cover)Ein neu­es Tin­der­sticks-Album ist ja schon ein Ereig­nis. Auch das fast mys­tisch schwe­ben­de und leich­te No Tre­asu­re but Hope fällt in die Kate­go­rie. Dabei ist es fast unge­wöhn­lich für ein Tin­der­stick-Album, weil vie­les (nicht alles aber) etwas hel­ler und freund­li­cher ist als auf älte­ren Ver­öf­fent­li­chun­gen. Natür­lich bleibt Stuart Stap­les Stuart Stap­les, aber er klingt hier deut­lich welt­zu­ge­wand­ter, ja sogar freund­li­cher und locker(er), nicht mehr so ange­strengt, schwer, gequält wie auf frü­he­ren Alben. Dabei bleibt die Musik irgend­wie schon noch zwi­sch­ne der Lei­der­schaft von Nick Cave und der Ver­zweif­lung von Leo­nard Cohen ange­sie­delt.

Ins­ge­samt wirkt das auf mich – nach den ers­ten paar Durch­gän­gen – aller­dings etwas fla­cher: Das ist mir oft zu aus­ge­feilt, klang­lich zu detail­ver­liebt, fast prä­ten­ti­ös. Da fehlt mir dann doch etwas Unmit­tel­bar­keit – und damit genau jene Qua­li­tät, die mich an frü­he­ren Alben stark in den Bann gezo­gen hat: Die emo­tio­na­le Stär­ke, die Unmit­tel­bar­keit der Gefüh­le, die die (älte­re) Musik immer wie­der (und immer noch, das funk­tio­niert auch nach Jah­ren des wie­der­hol­ten Hörens noch, ich habe es gera­de aus­pro­biert – und das zeigt die wah­re Grö­ße die­ser Musik) aus­zeich­net, das fehlt mir hier. Viel­leicht – das ist frei­lich nur eine Ver­mu­tung – sind Tin­der­stick ein­fach zu gut gewor­den. Das ist aber wahr­schein­lich Blöd­sinn, auch die letz­ten Alben waren ja schon aus­ge­zeich­net pro­du­ziert.

Hier schlägt aber wohl doch stär­ker der Kunst­wil­le durch. Und dafür sind die For­ma­te der Pop­songs dann aber doch wie­der zu kon­ven­tio­nell und des­halb zu schwach, das bleibt dann manch­mal etwas schram­mel­ing-mit­tel­mä­ßig. Das heißt nun aber über­haupt nicht, dass No tre­asu­re but hope schlecht sei. Auch hier gibt es wun­der­ba­re Momen­te und schö­ne, erfül­len­de Lie­der. „Trees fall“ zum Bei­spiel, oder „Carou­sel“ mit der typi­schen Tin­der­stick-Stim­mung, der melan­cho­lisch­ne Grun­die­rung. Und auch „See my Girls“ hat dann doch wie­der sehr dring­li­che, inten­si­ve Momen­te (und eine schö­ne Gitar­re). Das titel­ge­ben­de „No tre­asu­re but hope“ ist in der sehr redu­zier­ten Kon­zen­tra­ti­on auf Kla­vier und Gesang durch­aus ein klei­nes kam­mer­mu­si­ka­li­sches, inti­mes Meis­ter­werk – und ein­fach schön.

Tin­der­sticks: No Tre­asu­re but Hope. Lucky Dog/​City Slang 2019. Slang 50236.

Verspieltes Klavier

Stefan Aeby, Piano Solo (Cover)Ste­fan Aebys ers­te Solo­auf­nah­me (soweit ich sehe zumin­dest), im letz­ten Jahr bei Intakt erschie­nen. Das ist, mehr noch als die Trio­auf­nah­men, im Gan­zen oft sehr ver­spielt, aber ins­ge­samt vor allem sehr har­mo­nisch: kla­re Struk­tu­ren und kla­re Tona­li­tä­ten bestim­men den Gesamt­ein­druck.

Beson­ders wird Pia­no solo aber vor allem durch den Kla­vier­klang, das ist viel­leicht, zusam­men mit sei­ner klang­li­chen Ima­gi­na­ti­ons­kraft, Aebys größ­ter Stär­ke. Denn der ist viel­schich­tig und fein­sin­nig, mit gro­ßem Nuan­cen­reich­tum. Hier kommt nun noch dazu, dass das Kla­vier von Aeby im Stu­dio – er hat das wohl voll­stän­dig allei­ne auf­ge­nom­men – teil­wei­se ver­frem­det, ergänzt und bear­bei­tet wur­de.

Vie­les ist dann auch – wie erwar­tet – sehr schön. Aber vie­les ist auch nicht beson­ders über­wäl­ti­gend: So rich­tig umge­haut hat mich eigent­lich nichts. Das ist soli­de, durch­aus mit inspier­ten und inspie­ren­den Momen­ten, über­haupt kei­ne Fra­ge. Mir scheint es aber ins­ge­se­amt einen Ticken zu banal, einen Tick zu flach in der oft unge­bro­che­nen Schön­heit, in der Suche nach Har­mo­nie und Wohl­klang. Dabei gibt es dann auf Pia­no solo auch vie­le Klang­ef­fek­te. Die machen das aber manch­mal – und teil­wei­se sogar über wei­te­re Stre­cken – etwas arg künst­lich für mei­nen Geschmack („Dance on a Cloud“ wäre dafür ein Bei­spiel). „Fling­ga“ dage­gen ist dann aber wie­der her­aus­ra­gend: da kann sein run­der, wei­cher, abge­stimm­ter Ton sich voll ent­fal­ten.

Die Idee, den Kla­vier­klang nicht allei­ne zu las­sen, ihn auf­zu­pep­pen, zu erwei­tern, zu ver­frem­den, ist ja ganz schön und nett. Aber das Ergeb­nis oder bes­ser die Ergeb­nis­se über­zeu­gen mich nicht immer voll­ends. Vor allem scheint mir die klang­li­che Erwei­te­rung oder Ver­frem­dung nicht immer aus­rei­chend musi­ka­lisch begrün­det und zwin­gend. Zumin­dest wur­de mir das beim Hören nicht ent­spre­chend klar. Und dann bleibt es halt vor allem eine (tech­ni­sche) Spie­le­rei. Trotz alle­dem ist Pia­no solo aber den­noch eine defi­ni­tiv schö­ne, über­zeu­gen­de Auf­nah­me mit ein­neh­men­den Klang­bil­dern.

Ste­fan Aeby: Pia­no solo. Intakt Records 2019. Intakt CD 332.

Die Winterreise als Gruppenwanderung

Schubert, Winterreise (Cover)Das ist Schu­berts Win­ter­rei­se – und auch wie­der nicht. Denn sie ist – teil­wei­se – für Streich­quar­tett tran­skri­biert und mit Inter­mez­zi ver­se­hen von Andre­as Höricht.

Die Idee scheint ja erst ein­mal ganz viel­ver­spre­chend: Die Win­ter­rei­se – bzw. ihre „wich­tigs­ten“ (das heißt vor allem: die bekann­tes­ten) Lie­der – auf die Musik zu redu­zie­ren, zum Kern vor­zu­sto­ßen, den Text zu sub­li­mie­ren. Das Ergeb­nis ist aber nicht mehr ganz so viel­ver­spre­chend. Die Inter­mez­zi, die zwar viel mit Schu­bert­schen Moti­ven spie­len und ver­su­chen, die Stimmung(en) auf­zu­grei­fen, sind ins­ge­samt dann doch eher über­flüs­sig. Und die Lie­der selbst: Nun ja, bei mir läuft men­tal dann doch immer der Text mit. Und es gibt durch­aus schö­ne Momen­te, wo das Kon­zept auf­zu­ge­hen scheint. Im gan­zen bleibt mir das aber zu wenig: Da fehlt zu viel. Selbst eher mit­tel­mä­ßi­ge Inter­pre­ta­tio­nen haben heu­te ein Niveau, das mehr an Emo­ti­on und Ein­druck, mehr Inhalt und Struk­tur ver­mit­telt als es die­se Ver­si­on beim Voy­a­ger-Quar­tett tut. Als beken­nen­der Win­ter­rei­se-Fan und ‑Samm­ler darf das bei mir natür­lich nicht feh­len. Ich gehe aber stark davon aus, dass ich in Zukunft eher zu einer gesun­ge­nen Inter­pre­ta­ti­on grei­fen wer­de …

Franz Schu­bert: Win­ter­rei­se for string quar­tet. Voy­a­ger Quar­tet. Solo Musi­ca 2020. SM 335.

Dreifache Freiheit

Kaufmann/Gratkowski/de Joode, Oblengths (Cover)Sowohl Kauf­mann als auch Grat­kow­ski sind Impro­vi­sa­to­ren, deren Arbeit ich immer ver­su­che im Blick zu haben. Sie ver­kör­pern näm­lich eine Form der impro­vi­sier­ten Musik oder des frei­en Jazz (oder wie immer man das genau klas­si­fi­zie­ren mag), die ver­schie­de­ne Aspek­te ver­eint und zusam­men­bringt: Sie sind Künst­ler, die viel am und mit dem Klang arbei­ten (gera­de bei Achim Kauf­mann fällt mir das immer wie­der auf, wie klang­stark er das Kla­vier zu spie­len weiß) und zugleich im frei­en Impro­vi­sie­ren und Zusan­men­spiel Struk­tu­ren ent­ste­hen las­sen kön­nen, die das Hören span­nend und über­ra­schungs­voll machen. Das gilt auch für ihre Zusam­men­ar­beit mit Wil­bert de Joo­de, die auf Oblengths doku­men­tiert ist. Auf­ge­nom­men wur­de ein Aben im Janu­ar 2014 im Köl­ner Loft, ver­öf­fent­licht hat es das immer wie­der und immer noch groß­ar­ti­ge Label Leo Records.

Das bes­te an die­ser Auf­nah­me ist die Kom­bi­na­ti­on von glei­chen oder ähn­li­cher Musi­zer­wei­sen der drei Trio­part­ner und der immer wie­der über­ra­schen­den Viel­falt an kon­kre­ten klang­li­chen Ereig­nis­sen, die dar­aus ent­ste­hen. Da ist schon viel Geknar­ze, Gerum­pel, Krat­zen und Fie­pen. Aber auch viel Wohl­klang: Oblengths, das ist eine der gro­ßen Stär­ken die­ses Tri­os, war­tet mit einer unge­wohn­ten Band­brei­te vom Geräusch bis zum har­mo­ni­schen Drei­klang und klas­sisch gebau­ten Melo­dien oder Moti­ven auf. Man merkt beim Hören aber eben auch unmit­tel­bar, dass das hier kein Selbst­zweck ist, son­dern ein­ge­setzt wird, um Zusam­men­hän­ge her­zu­stel­len und umfas­sen­de­ren Aus­druck zu ermög­li­chen. Dazu passt auch, dass der Klang­raum ein wirk­lich wei­tes Reper­toire umfasst und auch im lei­sen, ver­ein­zel­ten, sogar im stil­len Moment noch sehr aus­dif­fe­ren­ziert ist. Ich wür­de nicht sagen, dass das Trio erzählt – aber irgend­wie erge­ben sich dann doch so etwas wie Geschich­ten, Abfol­gen von Momen­ten, die zusam­men­ge­hö­ren und eine gemein­sa­me Struk­tur haben.

Achim Kauf­mann, Frank Grat­kow­ski, Wil­bert de Joo­de: Oblengths. Leo Records 2016. CD LR 748.

Hineingehört #2

Goldige Klänge

the king's singers, gold (cover)Die Jubi­lä­ums-Drei­fach-CD der King’s Sin­gers mit dem schö­nen und pas­sen­den Titel Gold habe ich schon bespro­chen: klick. Es ist wirk­lich eine schö­ne und umfas­sen­de Doku­men­ta­ti­on der Kern­fä­hig­kei­ten der eng­li­schen Boy Group, auch nach der jüngs­ten Beset­zungs­än­de­rung immer noch mit den alten klang­li­chen (Gold-)Qualitäten. Es ist ziem­lich egal, ob sie Renais­sance-Motet­ten oder raf­fi­nier­te Arran­ge­ments von Pop-Songs sin­gen. Alles, was sie sich vor­neh­men, machen sie sich unab­ding­bar zu eigen. Und so klin­gen dann fünf Jahr­hun­der­te Musik doch ziem­lich gleich – wie fünf Jahr­zehn­te King’s Sin­gers eben.

The King’s Sin­gers: Gold. Signum Records 2017. 67:37 + 61:15 + 65:37 Minu­ten.

Liebe für den und im Gesang

the king's men, love from king's (cover)Ein Nach­bar-Pro­jekt sind die „King’s Men“, die am King’s Col­lege stu­die­ren (im Gegen­satz zu den King’s Sin­gers …). Ihr Album ist tat­säch­lich ganz lieb­rei­zend – es trägt ja auch den Titel Love from King’s. Zu den Lie­bes­lied-Klas­si­kern habe ich auch schon etwas (für die Chor­zeit) geschrie­ben: klick. Hier brin­gen die „King’s Men“ die Musik und den Stim­men­klang immer wie­der wirk­lich zum Fun­keln und auch fast zum eksta­ti­schen Tan­zen – so wie man sich auch die Lie­be wünscht. Wie die „King’s Men“ hier mit eher beschei­de­nen musi­ka­li­schen Mit­teln einen enor­men akus­ti­schen und emo­tio­na­len Raum und eine gera­de­zu über­wäl­ti­gen­de klang­li­che Fül­le zau­bern, das ist ein­fach wun­der­bar.

The King’s Men: Love from King’s. The Recor­dings of King’s Col­lege Cam­bridge 2018. 47:22 Minu­ten.

Wiederentdeckte Monster

musical monsters (cover)Die Musi­cal Mons­ters sind eigent­lich gar kei­ne neue Musik. Auf­ge­nom­men wur­de das näm­lich schon 1980 bein Jazz­fes­ti­val Wil­li­s­au. Des­sen Chef Niklaus Trox­ler hat die Bän­der gut auf­ge­ho­ben. Und Intakt konn­te sie jetzt, nach umständ­li­cher Rech­te­ab­klä­rung, end­lich ver­öf­fent­li­chen. Zu hören ist ein Quin­tett mit gro­ßen Namen: Don Cher­ry, Irè­ne Schwei­zer, Pierre Fav­re, John Tchi­cai und Léon Fran­cio­li, das es so sonst nicht zu hören gibt. Und tat­säch­lich merkt man das doch recht deut­lich, dass hier gro­ße Meister*innen am Werk sind, auch wenn sie sonst nicht zusam­men spiel­ten. Aber Musi­cal Mons­ters ist eine aus­ge­las­se­ne, fröh­li­che, inten­si­ve Musik. Selbst wenn das tech­nisch nicht immer per­fekt sein mag: Es ist leben­dig. Und das ist dann doch irgend­wie die Haupt­sa­che.

Don Cher­ry, John Tchi­cai, Irè­ne Schwei­zer, Léon Fran­cio­li, Pierre Fav­re: Musi­cal Mons­ters. Intakt Records CD 269, 2016. 59:28 Minu­ten.

Ins Netz gegangen (6.4.)

Ins Netz gegan­gen am 6.4.:

  • Do We Wri­te Dif­fer­ent­ly on a Screen? | The New Yor­ker → tim parks eher pes­si­mis­ti­sche sicht auf die gewan­del­te art und wei­se des schrei­bens und sei­ner begleit­um­stän­de durch die tech­no­lo­gi­sche ent­wick­lung der letz­ten jahr­zehn­te

    Just as you once lear­ned not to drink ever­y­thing in the hotel mini­bar, not to eat too much at free buf­fets, now you have to cut down on com­mu­ni­ca­ti­on. You have lear­ned how com­pul­si­ve you are, how fra­gi­le your iden­ti­ty, how important it is to cul­ti­va­te a litt­le distance. And your only hope is that others have lear­ned the same les­son. Other­wi­se, your pro­fes­si­on, as least as you thought of it, is finis­hed.

  • Das Spiel mit der Exzel­lenz | For­schung & Leh­re → micha­el hart­mann mit einer zurück­hal­ten­den, aber nicht über­schwäng­lich posi­ti­ven ein­schät­zung der exzel­lenz­stra­te­gie für die deut­schen uni­ver­si­tä­ten

    Die Éli­te hat gewon­nen, die Mas­se ver­lo­ren.

  • Peter Brötz­mann inter­view | It’s psy­che­de­lic Baby Maga­zi­ne → sehr schö­nes, offe­nes und ehr­li­ches inter­view mit peter brötz­mann, in dem er vor allem über sei­ne frü­hen jah­re – also die 1960er – spricht
  • Pro­vo­zie­ren und War­ten | Van → sehr schö­nes, ange­nehm freund­li­ches inter­view mit dem gro­ßen fre­de­ric rzew­ski:

    Ich habe nichts Ori­gi­nel­les kom­po­niert. Alles, was ich gemacht habe, ist von ande­ren zu klau­en. Aber auch Mozart hat links und rechts geklaut und Bach natür­lich genau­so. Du nimmst etwas, machst es auf dei­ne Art.

  • Ganz­jäh­ri­ge Som­mer­zeit wäre der „Cloxit“ | Riff­re­por­ter → trotz der grenz­wer­tig blö­den Über­schrift ein inter­es­san­ter text über die aus­wir­kun­gen einer mög­li­chen ganz­jäh­ri­gen som­mer­zeit in deutsch­land
Cecil Taylor am Klavier

Cecil Taylor (1929−2018)

What a shame: Der gro­ße und groß­ar­ti­ge Cecil Tay­lor ist ges­tern ver­stor­ben. Die Ent­de­ckung sei­ner Musik hat nicht ganz unwe­sent­lich dazu bei­getra­gen, dass sich mir der Kos­mos des Free Jazz und der Impro­vi­sier­ten Musik erschlos­sen hat. Und sei­ne Auf­nah­men – unter ande­rem „The Wil­li­s­au Con­cert“ (2000) – sind immer noch und immer wie­der unter mei­nen Lieb­lings­plat­ten, die ich am öftes­ten und immer wie­der mit Begeis­te­rung hören kann. Beim Free Jazz Coll­ec­ti­ve gibt es einen sym­pa­thi­schen Nach­ruf.

Cecil Tay­lor (ca. 1965)

Taglied 15.11.2017

Amok Amor at Jazz Geht Baden 2016

Beim Kli­cken auf das und beim Abspie­len des von You­Tube ein­ge­bet­te­ten Vide­os wer­den (u. U. per­so­nen­be­zo­ge­ne) Daten wie die IP-Adres­se an You­Tube über­tra­gen.
web (unsplash.com)

Ins Netz gegangen (8.6.)

Ins Netz gegan­gen am 8.6.:

  • Der Hype um die Smart City| taz → julia mans­ke mag dem trend zur „smart city“ nicht vor­be­halt­los zustim­men – mit guten argu­men­ten

    Dafür zu plä­die­ren, dass die Bür­ger breit­flä­chig ihre Daten in der ver­netz­ten Stadt tei­len sol­len, nur weil dies in ande­ren Län­dern geschieht, ist ein Feh­ler. Vie­les ist heu­te mit Daten mög­lich, eben­so wie vie­les im Bio-Engi­nee­ring-Bereich mög­lich ist. Den­noch haben wir uns dar­auf geei­nigt, nicht alles zuzu­las­sen. Wir soll­ten Ideen ent­wi­ckeln, wie der Schutz der Pri­vat­sphä­re Teil der zukünf­tig ver­netz­ten Stadt wer­den kann.

  • On Wal­ka­bi­li­ty: An Inter­view with Jeff Speck| park­si­fy → inter­es­san­tes inter­view mit dem ame­ri­ka­ni­schen stadt­pla­ner speck über das kon­zept „wal­ka­bi­li­ty“ und die för­de­rung der fuß­gän­ger­freund­lich­keit von städ­ten
  • Dom des Apos­tels der Deut­schen ent­deckt | Welt → sven felix kel­ler­hoff nur ein biss­chen rei­ße­risch über die kir­chen­aus­gra­bung in mainz (unter st. johan­nis) – nichts wesent­li­ches neu­es, aber ganz nett geschrie­ben (aber: dass die „welt“ die wei­te, stra­pa­ziö­se anrei­se nach mainz nicht mehr selbst finan­zie­ren kann – ganz schön erbärm­lich …)
  • Smart Homes erin­nern immer mehr an Straf­voll­zug | SZ → adri­an lobe mit einem daten­schutz­kri­ti­schen ein­wurf zum „smart home“

  • Ken Vandermark’s Indefa­tigab­le Dri­ve and Avant-Gar­de Visi­on | band­camp
    → inter­es­san­ter inter­view-text mit dem groß­ar­ti­gen ken van­der­mark über musik, kol­la­bo­ra­tio­nen, labels und den ver­trieb absei­ti­ger (expe­ri­men­tel­ler) impro­vi­sier­ter musik …
geknüpftes netz (knoten)

Ins Netz gegangen (30.3.)

Ins Netz gegan­gen am 30.3.:

drahtnetz (detail)

Ins Netz gegangen (9.3.)

Ins Netz gegan­gen am 9.3.:

  • Die unge­woll­te Pati­en­tin | taz → die taz zeigt in einer ein­drück­li­chen repor­ta­ge, wie schwie­rig abtrei­bun­gen auch im angeb­lich so libe­ra­len deutsch­land in man­chen gegen­den sind und wie sich die lage für die frau­en eher ver­schlech­tert
  • Misha Men­gel­berg (1935 – 2017) | The Free Jazz Coll­ec­ti­ve → nach­ruf auf den gro­ßen misha men­gel­berg. den deut­schen qua­li­täts­pu­bli­kums­me­di­en scheint der tod des pia­nis­ten kei­ne nachricht/​nachruf wert zu sein
  • Hier irr­te der Ver­le­ger – und kor­ri­gier­te sein Urteil | Log­buch Suhr­kamp → lek­tor rai­mund fellin­ger über sig­fried unsel­ds urteil der „ästhe­tik des wider­stands“ von peter weiss und die arbeit mit ihm dar­an – mit zwei fak­si­mi­lies aus unsel­ds jour­nal von 1975 und 1978
  • House of Jazz: Der Leucht­turm und sein Wär­ter| Tages­spie­gel → guter über­blick über die dis­kus­si­on um till brön­ners ber­li­ner „house of jazz“, der bei­den sei­ten – der eher kusche­lig-wohl­fühl-tra­di­tio­na­lis­ti­schen von brön­ner und der eher fort­schritt­lich-avant­gar­dis­tisch ori­en­tie­ren der ber­li­ner sze­ne – raum und ver­ständ­nis gibt
  • Ver­netz­tes Radeln, oder Smart ist doof | … ach, nichts. → bringt mei­nen stand­punkt zum ziem­lich zwang­haf­ten „ver­net­zen“ des fahr­rads ziem­lich gut auf den punkt: das wesent­lich – die (unbe­schwer­te) ein­fach­heit – geht dadurch ver­lo­ren, der gewinn ist (bis­lang zumin­dest) eher mar­gi­nal …
  • Revo­lu­ti­on in Sicht | Zeit → die „zeit“ berich­tet von einem vor­sich­ti­gen umden­ken in tei­len der kon­ven­tio­nel­len land­wirt­schaft, der dlg, was frucht­fol­ge, che­mie­ein­satz und nach­hal­tig­keit sowie arten­schutz angeht.
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Hineingehört #1

Eine klei­ne Intakt-Aus­le­se aus dem zwei­ten Halb­jahr – dank des vor­treff­li­chen Abon­ne­ments bekom­me ich ja immer alle Ver­öf­fent­li­chun­gen post­wen­dend gelie­fert:

Musikalische Monster

musical monsters (cover)Die Musi­cal Mons­ters sind eigent­lich gar kei­ne neue Musik. Auf­ge­nom­men wur­de das näm­lich schon 1980 bein Jazz­fes­ti­val Wil­li­s­au. Des­sen Chef Niklaus Trox­ler hat die Bän­der gut auf­ge­ho­ben. Und Intakt konn­te sie jetzt, nach umständ­li­cher Rech­te­ab­klä­rung, end­lich ver­öf­fent­li­chen. Zu hören ist ein Quin­tett mit gro­ßen Namen: Don Cher­ry, Irè­ne Schwei­zer, Pierre Fav­re, John Tchi­cai und Léon Fran­cio­li, das es so sonst nicht zu hören gibt. Am erstaun­lichs­ten fand ich, wie wenig man die 36 Jah­re, die die Auf­nah­me alt ist, der Musik anhört. Die vier groß­for­ma­ti­gen, größ­ten­teils frei­en Impro­vi­sa­tio­nen – es gibt ein paar melo­disch fixier­te Anker­punk­te, die als fest­ge­leg­te Schar­nie­re zwi­schen Solo- und Kol­lek­tiv­im­pro­sia­tio­nen die­nen – klin­gen erstaun­lich frisch, ja fast zeit­los: Die intui­ti­ve Spon­ta­nei­tät und Inten­si­tät ist ziem­lich fes­selnd. Vor allem, weil sie von allem etwas bie­tet – ver­spiel­te Faxen, inti­me Momen­te, packen­de Ener­gien … Und weil die fünf ziem­lich gleich­wer­ti­ge, glei­cher­ma­ßen fas­zi­nie­ren­de Musi­ke­rin­nen sind, die sich immer wie­der zu gro­ßen Momen­ten inne­rer Stär­ke auf­schwin­gen, die in erstaun­li­cher Dich­te auf­ein­an­der fol­gen und zuwei­len sogar ech­tes Pathos erzeu­gen. Beson­ders fas­zi­nie­rend fand ich das in der zwei­ten Impro­vi­sa­ti­on, mit über zwan­zig Minu­ten auch die längs­te, in der sich groß­ar­ti­ge Soli (vor allem Tchi­cai sticht hier her­vor) und span­nen­de, in ihrer fra­gen­den Offen­heit unge­mein fes­seln­de Grup­pen­im­pro­vi­sa­tio­nen bal­len.

Don Cher­ry, John Tchi­cai, Irè­ne Schwei­zer, Léon Fran­cio­li, Pierre Fav­re: Musi­cal Mons­ters. Intakt Records CD 269, 2016. 59:28 Minu­ten.

Tiefe Gedächtnismusik

deep memory (cover)Für Deep Memo­ry hat sich Bar­ry Guy, der die CD im Trio mit Mari­lyn Cris­pell und Paul Lyt­ton auf­nahm, von den Bil­dern Hug­hie O’ Donoghues zu Kom­po­si­tio­nen anre­gen las­sen. Die sie­ben Stü­cke tra­gen die Titel der Bil­der: Slee­per, Dark Days, Fal­len Angeld oder Silen­ced Music hei­ßen sie etwa. Das sind aber kei­ne musi­ka­li­schen Ekphra­sen, son­dern eher Kom­po­si­tio­nen, die sich von dem Bild – sei­nen Far­ben, sei­ner Gestalt und vor allem viel­leicht: sei­ner Stim­mung – zu akus­ti­schen Ein­drü­cken inspi­rie­ren las­sen. Vie­les davon lässt sich in wei­ten Bögen, oft ver­träumt-ver­spon­nen und/​oder nach­denk­lich, tra­gen und speist sich nicht unwe­sent­lich aus dem inti­men Zusam­men­spiel des Tri­os, das ja schon seit gefühl­ten Ewig­kei­ten immer wie­der mit­ein­an­der musi­ziert und der Effekt­ha­sche­rei aus­ge­spro­chen abhold ist. Und das auch auf Deep Memo­ry vor allem durch sei­ne kam­mer­mu­si­ka­li­sche Dich­te und Inten­si­tät der far­ben­präch­ti­gen, ten­den­zi­ell melan­cho­li­schen Klang­ma­le­rei gefällt. Die befin­den sich, so hört es sich an, eigent­lich immer auf der glei­chen Wel­len­län­ge, um die­ses stra­pa­zier­te, hier aber sehr pas­sen­de Bild zu benut­zen.

Bar­ry Guy, Mari­lyn Cris­pell, Paul Lyt­ton: Deep Memo­ry. Intakt Records CD 273, 2016. 52:07 Minu­ten.

Am großen Rad drehen

christoph irniger pilgrim, big wheel live (cover)Big Wheel Live ist die zwei­te CD von Chris­to­pher Irni­ger Pil­grim, wie der span­nen­de Saxo­fo­nist, Kom­po­nist & Band­lea­der Irni­ger sein Quin­tett mit Ste­fan Aeby, Davie Gis­ler, Raf­fae­le Bos­sard und Michi Stulz nennt. Auch wenn das „Live“ wirk­lich auf Live-Auf­nah­men (in Ber­lin, Rat­ze­burg und Alten­burg) zurück­geht, klingt die CD rich­tig gut. Und das ist in sofern beson­ders schön, weil gera­de Aeby ein sehr klang­sin­ni­ger Pia­nist ist.
Die gan­ze Musik auf Big Wheel Live zeich­net sich mei­nes Erach­tens nicht nur durch ihren kraft­vol­len Sound aus, son­dern vor allem durch ihre Räum­lich­keit und Tie­fe. Oft ist das nur lose ver­bun­den, nur locker gewebt, gibt so den Fün­fen aber viel Chan­cen zum aus­grei­fen­den Erfor­schen. Und der Frei­raum zum Erkun­den, die Öff­nung in alle Him­mels­rich­tun­gen wird weid­lich genutzt: Man hört eigent­lich immer eine per­ma­nen­te Such­be­we­gung, die stets fort­schrei­tet, die beim schö­nen Augen­blick ver­weilt, son­dern immer wei­ter will – wie es gute impro­vi­sier­te Musik eben (fast) immer tut. Neben Aeby, der sich immer mehr zu einem sehr inter­es­san­ten Pia­nist ent­wi­ckeln zu scheint, hat mir hier vor allem die oft sehr span­nen­de, über­ra­schen­de Spiel­wei­se des Schlag­zeu­gers Michi Stulz gefal­len. Gitar­rist Dave Gis­ler und Irni­gers Saxo­phon umspie­len sich oft sehr eng. Ent­schei­dend aber in allen sechs Titeln: Das bleibt immer im Fluss, die Ideen ver­san­den eigent­lich nie, son­dern fin­den immer neue Pfa­de und Wege.

Chris­toph Irni­ger Pil­grim: Big Wheel Live. Intakt Records CD 271, 2016. 62:44 Minu­ten.

Das unsterbliche Trio

schlippenbach trio, warsaw concert (cover)Viel­leicht ist es das euro­päi­sche Jazz­trio schlecht­hin, sicher­lich wohl das am längs­ten amtie­ren­de: Alex­an­der von Schlip­pen­bach, Evan Par­ker und Paul Lovens sind das Schlip­pen­bach-Trio. Und zwar schon ewig. Und jedes Jahr sind wie wie­der unter­wegs (die schö­ne Film-Doku­men­ta­ti­on Aber das Wort Hund bellt ja nicht hat die jähr­li­che „Win­ter­rei­se“ des Tri­os ja sehr anschau­lich gemacht), immer wie­der in der glei­chen Beset­zung mit immer ande­rer Musik – nicht ohne Selbst­iro­nie nennt Schlip­pen­bach das im Begleit­heft des­halb „das unsterb­li­che Trio“.
Erstaun­lich dar­an ist vor allem, dass es nicht lang­wei­lig wird, dass die­se gro­ße Ver­traut­heit mit­ein­an­der nicht in Belang­lo­sig­kei­ten mün­det. Auch das War­saw Con­cert ist wie­der eine auf­nah­me­tech­nisch und musi­ka­lisch gut gelun­ge­ne Live-Auf­nah­me vom Okto­ber 2015. Und beim Schlip­pen­bach-Trio heißt das: Eine ein­zi­ge lan­ge Impro­vi­sa­ti­on ohne Pau­sen oder Unter­bre­chun­gen, ohne Ver­ab­re­dun­gen und ohne Kom­po­si­ti­on – knapp 52 Minu­ten sind das (dazu kommt noch eine kur­ze, fast humo­ris­ti­sche Zuga­be).
Der ers­te Ein­druck: Net­te Musik – das funk­tio­niert ein­fach, das passt. Und das ist wirk­lich Musik der Frei­heit: Weil sie sich (und dem Publi­kum) nichts (mehr) bewei­sen müs­sen. Und: Weil sie viel kön­nen, enorm viel, sowohl allei­ne mit ihren Instru­men­ten als auch zusam­men als Trio. Des­halb schöpf­ten sie mit locke­rer Hand auch in War­schau eine Viel­falt der Stim­mun­gen. Vie­les klingt viel­leicht etwas alters­mil­de in der Klar­heit und dem lyri­schen Aus­druck (wenn man das so deu­ten möch­te), stel­len­wei­se aber durch­aus auch boh­rend und insis­tie­rend. Das ist ein­fach aus­ge­zeich­ne­ter, gelun­ge­ner, „klas­si­scher“ Free Jazz, den man ger­ne wie­der­holt anhört und ver­sucht nach­zu­voll­zie­hen.

Schlip­pen­bach Trio: War­saw Con­cert. Intakt Records CD 275, 2016. 56:36 Minu­ten.

Zur Erleuchtung

aeby trio, to the light (cover)Ste­fan Aeby war ja auch schon im Chris­toph Irni­ger Pil­grim ver­tre­ten, hier ist nun noch ein­mal als „Chef“ mit sei­nem eige­nen Trio zu hören, das aber mit Michi Stulz am Schlag­zeug noch eine wei­te­re Per­son mit dem Pil­grim-Ensem­ble teilt. To the Light ist eine Musik des Klan­ges: Ich höre hier nicht so sehr rhyth­misch und/​oder har­mo­ni­sche Struk­tu­ren, son­dern vor allem Klän­ge. Klän­ge, die sich immer wie­der zu klei­nen Sze­nen und ima­gi­nä­ren Bil­dern for­men. Das Trio passt da in die­ser Hin­sicht aus­ge­zeich­net zusam­men: Nicht nur Ste­fan Aeby am Kla­vier ist ein biss­chen ein Klang­ma­gi­er, auch der Bass von André Pou­saz hat erstaun­li­che Qua­li­tä­ten (beson­ders schön im Titel­stück wahr­zu­neh­men, das sowie­so eine ziem­lich groß­ar­ti­ge Sache ist). Und Michi Stulz, mit hal­li­gen Becken und eng klin­gen­den Toms zau­bert für einen Schlag­zeu­ger erstaun­lich flä­chi­ge Klän­ge. Das ist ein poe­ti­scher Sound, eine wei­che und wan­del­ba­re Klang­ge­stalt, die mir aus­ge­zeich­net gefällt. Vie­les ist (min­des­tens ten­den­zi­ell) leicht ver­träumt und klingt mit roman­tisch-impres­sio­nis­ti­schem Ein­schlag, ist dabei aber kei­nes­wegs schwind­süch­tig, son­dern durch­aus mit gesun­der Kraft und Potenz musi­ziert, die aber nie auf­trump­fend aus­ge­spielt wird: So klin­gen Musi­ker, die sich nichts bewei­sen müs­sen, möch­te ich ver­mu­ten. Die Musi­ker muss man sich wohl immer als lau­schen­de Instru­men­ta­lis­ten vor­stel­len: Viel­leicht ist es ja sowie­so gera­de das (Zu-)Hören, das gute Impro­vi­sa­to­rin­nen (oder Jaz­zer) aus­macht. Oder, wie es Flo­ri­an Kel­ler im Begleit­text sehr tref­fend for­mu­liert: „Eine Musik, die die Figur des Lau­schers ent­ste­hen lässt. Und die­sem viel Raum für sei­ne Fan­ta­sie gewährt.“

Ste­fan Aeby Trio: To the Light. Intakt Records CD 274, 2016. xx:28 Minu­ten.

Taglied 21.7.2016

Irè­ne Schwei­zer & Pierre Fav­re, Fly­ing over the Lim­mat:


Beim Kli­cken auf das und beim Abspie­len des von You­Tube ein­ge­bet­te­ten Vide­os wer­den (u. U. per­so­nen­be­zo­ge­ne) Daten wie die IP-Adres­se an You­Tube über­tra­gen.

(ich höre mich gera­de durch eini­ge der älte­ren Schwei­zer-Auf­nah­men – da sind wirk­lich tol­le Sachen dabei …)

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