Gleich die Eröffnung ist so ein Fall: Ganz klassisch und traditionell gesungen, bleibt „Is You Is or Is You Ain’t My Baby?“ erstaunlich belanglog und langweilig. Auch auf dem Rest der Scheibe erfinden die „King’s Men“ die Gattung nicht gerade neu. Behutsam, sehr vorsichtig fast, modernisieren sie den Kanon der Liebelieder in Close Harmony. Und zunächst denkt man noch, dass ihre Zurückhaltung auch an der tendenziell übermikrofonierten Aufnahme liegt, die es dem Klang unnötig schwer macht, sich wirklich zu entfalten. Aber dann hört man Michael Jacksons wunderbar feinsinnig arrangiertes „Billie Jean“ und ist begeistert von der eleganten Spritzigkeit des Ensembles. Auch das direkt anschließende „When she loved me“ von Randy Newman kann die Fähigkeiten der siebzehn Männer ausgezeichnet zur Geltung bringen: Wie die „King’s Men“ hier mit eher bescheidenen musikalischen Mitteln einen enormen akustischen und emotionalen Raum und eine geradezu überwältigende klangliche Fülle zaubern, das ist einfach wunderbar.
Das Muster setzt sich fort: Die Klassiker – unter anderem ein schläfriges „Wonderful Word“ und ein uninspiriertes „Scarborough Fair“ – sind auf „Love from King‘s“ eher eine Schwachstelle. Dass die neueren (Pop-)Songs, die eigentlich mit den gleichen Mitteln und typischen Ideen arrangiert wurden, so deutlich hervorstechen, mag an der Jugend der Sänger liegen. Aber eigentlich ist das auch egal, denn Songs wie „Isn’t she lovely“ sind echte Diamanten: Hier bringen die „King’s Men“ die Musik und den Stimmenklang immer wieder wirklich zum Funkeln und auch fast zum ekstatischen Tanzen – so wie man sich auch die Liebe wünscht.
The King’s Men: Love from King’s. The Recordings of King’s College Cambridge 2018. Spielzeit: 47:22.
(Zuerst erschienen in „Chorzeit – Das Vokalmagazin“, #48, April 2018)
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