So lange es solche Meldungen gibt, darf sich nun wahrlich kein (Landes-)Parlament über mangelnde Relevanz und Kompetenz beschweren:
Auf die Aktuelle Stunde, die die CDU für Donnerstag im Landtag angemeldet hat, darf man wahrlich gespannt sein. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Union, Holger Bellino, erwartet nämlich nichts weniger als die „volle Solidarität“ des gesamten Hauses mit der deutschen Fußballnationalmannschaft, die am Abend desselben Tages im Halbfinale der Europameisterschaft gegen Italien antritt. Miesmachen gilt nicht, argumentiert Bellino in Richtung all jener, die mit Fußball und Nationalstolz nicht so recht warm werden können. „Patriotismus und Unterstützung der deutschen Nationalmannschaft schließen sich nicht aus“, heißt das Motto des CDU-Antrags.
Da muss man doch schon ziemlich neben der Spur sein, um das nicht nur für eine gute Idee und umsetzenswert zu halten, sondern auch noch argumentativ verteidigen zu wollen. Entsprechend schwachbrünstig ist denn auch die “Argumentation”. Was am Fahnenschwenken, Hupen und Bezinverschleudern “aufgeklärter Patriotismus” sein soll, erschließt sich mir auch überhaupt nicht. Das ist doch gerade das Gegenteil, nämlich lupenreiner Hurra-Patriotismus. Da wird ohne Verstand einfach rumgejubelt. Und nur weil in der “Nationalmannschaft” ein paar Namen gelistet werden, die nicht urdeutsch klingen, heißt ja auch nicht unbedingt, dass die Integration ausländischer Bürger irgendwie vorangekommen wäre. Hier führt Stefan Niggemeier das heute vor — und das ist ein ganz beliebiges und zufälliges Beispiel. Gerade die hessische CDU könnte und sollte das ja wissen, ihr ehemaliger Vorsitzender R.K. hat das ja gerne immer wieder mustergültig vorgeführt. Peinlich ist das, einfach nur peinlich …
Ulrico
Lieber Matthias,
ich gebe Dir Recht, jubele morgen aber trotzdem, wenn die deutsche Mannschaft ein Tor schießt. Ich bin eben unaufgeklärt.Nein, im Ernst: Bei dieser bedingunglosen Unterstützung der eigenen Mannschaft wird mir auch manchmal etwas mulmig zumute.
Die Integration steigert sich nicht. Das hast Du Recht. Wie einst der amerikanische Basketballstar Dennis Rodman sagte: “Würde ich nicht Basketball spielen, wäre ich nur irgendein N.….”
Viele Grüße!
Ulrico
matthias
Na gut, ein Tor haben sie geschossen ;-) Man kann und darf ja durchaus eine Mannschaft unterstützen, da habe ich ja nichts dagegen (und das wollte ich natürlich auch niemand verbieten). Aber zum eine ist das natürlich nicht “meine” Mannschaft, sondern die eines Unternehms namens DFB, mit dem ich herzlich wenig zu tun habe. Und zum anderen folgt aus dem Anfeuern einer Mannschaft (was ich ja fern des Spieles allerdings wiederum etwas suspekt finde — die haben ja gar nichts davon, das ist ja eine reine Selbst(-Gruppen-)Feier …) ja noch kein eigentlicher Patriotismus. Und schließlich natürlich, das wesentliche, ist es ja überhaupt nicht so, dass wir (mehr) Patriotismus nötig hätten. Im Gegenteil, da ist ja notwendigerweise immer eine Exklusion. Und die sollten wir (da bin ich von überzeugt) so weit wie möglich minimieren oder generell gering halten. Denn jede Exklusion weckt Begehrlichkeiten, Unfrieden etc. — mal ganz vereinfacht ausgedrückt.