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Relevanzerzeugung und Patriotismus

So lange es solche Mel­dun­gen gibt, darf sich nun wahrlich kein (Landes-)Parlament über man­gel­nde Rel­e­vanz und Kom­pe­tenz beschw­eren:

Auf die Aktuelle Stunde, die die CDU für Don­ner­stag im Land­tag angemeldet hat, darf man wahrlich ges­pan­nt sein. Der Par­la­men­tarische Geschäfts­führer der Union, Hol­ger Belli­no, erwartet näm­lich nichts weniger als die „volle Sol­i­dar­ität“ des gesamten Haus­es mit der deutschen Fußball­na­tional­mannschaft, die am Abend des­sel­ben Tages im Halb­fi­nale der Europameis­ter­schaft gegen Ital­ien antritt. Mies­machen gilt nicht, argu­men­tiert Belli­no in Rich­tung all jen­er, die mit Fußball und Nation­al­stolz nicht so recht warm wer­den kön­nen. „Patri­o­tismus und Unter­stützung der deutschen National­mannschaft schließen sich nicht aus“, heißt das Mot­to des CDU-Antrags.

Da muss man doch schon ziem­lich neben der Spur sein, um das nicht nur für eine gute Idee und umset­zenswert zu hal­ten, son­dern auch noch argu­men­ta­tiv vertei­di­gen zu wollen. Entsprechend schwach­brün­stig ist denn auch die “Argu­men­ta­tion”. Was am Fah­nen­schwenken, Hupen und Bez­in­ver­schleud­ern “aufgek­lärter Patri­o­tismus” sein soll, erschließt sich mir auch über­haupt nicht. Das ist doch ger­ade das Gegen­teil, näm­lich lupen­rein­er Hur­ra-Patri­o­tismus. Da wird ohne Ver­stand ein­fach rumge­jubelt. Und nur weil in der “National­mannschaft” ein paar Namen gelis­tet wer­den, die nicht urdeutsch klin­gen, heißt ja auch nicht unbe­d­ingt, dass die Inte­gra­tion aus­ländis­ch­er Bürg­er irgend­wie vor­angekom­men wäre. Hier führt Ste­fan Nigge­meier das heute vor — und das ist ein ganz beliebiges und zufäl­liges Beispiel. Ger­ade die hes­sis­che CDU kön­nte und sollte das ja wis­sen, ihr ehe­ma­liger Vor­sitzen­der R.K. hat das ja gerne immer wieder mustergültig vorge­führt. Pein­lich ist das, ein­fach nur pein­lich …

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Taglied 24.6.2012

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Taglied 26.6.2012

  1. Ulrico

    Lieber Matthias,

    ich gebe Dir Recht, jubele mor­gen aber trotz­dem, wenn die deutsche Mannschaft ein Tor schießt. Ich bin eben unaufgeklärt.Nein, im Ernst: Bei dieser bedin­gun­glosen Unter­stützung der eige­nen Mannschaft wird mir auch manch­mal etwas mul­mig zumute.

    Die Inte­gra­tion steigert sich nicht. Das hast Du Recht. Wie einst der amerikanis­che Bas­ket­ball­star Den­nis Rod­man sagte: “Würde ich nicht Bas­ket­ball spie­len, wäre ich nur irgen­dein N.….”

    Viele Grüße!
    Ulri­co

    • Na gut, ein Tor haben sie geschossen ;-) Man kann und darf ja dur­chaus eine Mannschaft unter­stützen, da habe ich ja nichts dage­gen (und das wollte ich natür­lich auch nie­mand ver­bi­eten). Aber zum eine ist das natür­lich nicht “meine” Mannschaft, son­dern die eines Unternehms namens DFB, mit dem ich her­zlich wenig zu tun habe. Und zum anderen fol­gt aus dem Anfeuern ein­er Mannschaft (was ich ja fern des Spieles allerd­ings wiederum etwas sus­pekt finde — die haben ja gar nichts davon, das ist ja eine reine Selbst(-Gruppen-)Feier …) ja noch kein eigentlich­er Patri­o­tismus. Und schließlich natür­lich, das wesentliche, ist es ja über­haupt nicht so, dass wir (mehr) Patri­o­tismus nötig hät­ten. Im Gegen­teil, da ist ja notwendi­ger­weise immer eine Exk­lu­sion. Und die soll­ten wir (da bin ich von überzeugt) so weit wie möglich min­imieren oder generell ger­ing hal­ten. Denn jede Exk­lu­sion weckt Begehrlichkeit­en, Unfrieden etc. — mal ganz vere­in­facht aus­ge­drückt.

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