Bilder einer Reise – manchmal ist wirklich der Wurm drin bei der Bahn (und das sage ich als expliziter Bahnliebhaber). Zum Glück sah ich das Problem am Sonntag rechtzeitig und konnte ausweichen – statt über Hanau mit dem IC 2027 (der in meiner Erfahrung generell sehr verspätungsanfällig ist) bin ich über Aschaffenburg mit dem ICE 725 nach Ingolstadt und von dort nach Regensburg gefahren. Dadurch war ich dann nur ca. 15 Minuten später als geplant zu Hause, musste aber auch zwei Mal mehr umsteigen. Und die Fahrt im ICE war nur so halb angenehm, weil der sehr überfüllt war (was auf dieser Strecke an diesem Tag auch häufig der Fall ist) – selbst auf den Gängen wurde es schon eng … Aber immerhin bin ich vertretbar angekommen.
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- Why I Don’t Trust the Cloud | Poetry Foundation → kenneth goldsmith, der betrieber des wunderbaren UbuWeb, erklärt, warum man die Cloud mit einer Portion Skepsis betrachten sollte:
I love the idea of the cloud, but I hate the reality of it. The reality of it is nothing like what’s been promised to us. Trusting the cloud is a mistake: it’s too centralized, too easily blocked, too easily controlled. And it’s privatized, owned, and administrated by someone other than you.
- Zehn Thesen für den alten Fritzen | FR → olga martynova schreibt über (gegenwarts-)literatur und den umgang mit ihr. zum beispiel:
Kollektive Fragestellungen und kollektive Überzeugungen sind immer in ihrem Kern falsch. Das einzige, was die Literatur einem Leser schuldig ist: seinen individuellen Menschen aus dem Kerker des kollektiven Menschen zu befreien.
- Die Theorie der Filterblasen ist nicht länger haltbar – Wir leiden bereits unter dem Filter-Clash | NZZ → pörksen argumentiert hier, dass die filterblasen gar nicht so problematisch seien, weil sie eben gar nicht funktionieren, sondern die verschiedenen zirkel in den informationen vehement aufeinanderprallen
Das Denkbild der Filterblase ist irreführend – und zwar gleich aus mehreren Gründen. Zum einen widerspricht die Idee der von Algorithmen determinierten Extremabschottung der alltäglichen Erfahrung. […] Zum anderen widerspricht die Filterblasenidee den Grundeinsichten der Netzwerktheorie, über die seit den 1970er Jahren diskutiert wird. Man weiss: Schwache Verbindungen und lockere Beziehungen (sogenannte weak ties im Sinne der Netzwerksoziologie) sind eben deshalb so nützlich, weil sie einen mit unterschiedlichen, unbekannten und gänzlich unerwarteten Informationen konfrontieren. Und das Netz ist das Beziehungsuniversum der schwachen Verbindungen. […] Die Wahrscheinlichkeit, mit unterschiedlichen Informationen konfrontiert zu werden, steigt in solchen Netzwerken mit schwachen Verbindungen rasant an. […] Und schliesslich widerspricht die Theorie der Filterblase den inzwischen publizierten empirischen Studien, die in immer neuen Varianten und Variationen zweierlei zeigen: Erstens ist unser Informationsuniversum sehr viel vielfältiger als gedacht, trotz der personalisierten Informationsauswahl. Zweitens ist das, was Filterblase genannt wird, immer auch ein Symptom unseres Informationsverhaltens, Indiz unserer eigenen Intentionen und Faszinationen.
- The Coders Programming Themselves Out of a Job | Atlantic → ein schöner erklärtext über programmierer, die sich selbst überflüssig machen – weil sie ihre arbeit automatisieren, d.h. progrmamieren – und dann nichts mehr zu tun haben. und über die gesellschaftlichen, ethischen und wirtschaftlichen auswirkungen,die das haben kann/wird
Die Unmoral der Lüge besteht nicht in der Verletzung der sakrosankten Wahrheit. Auf diese sich zu berufen hat man letzten eine Gesellschaft das Recht, die ihre Zwangsmitglieder dazu verhält, mit der Sprache herauszurücken, um sie dann desto zuverlässiger ereilen zu können. Es kommt der universalen Unwahrheit nicht zu, auf der partikularen Wahrheit zu bestehen, die sie doch sogleich in ihr Gegenteil verkehrt. Trotzdem haftet der Lüge etwas Widerwärtiges an, dessen Bewußtsein einem zwar von der alten Peitsche eingeprügelt ward, aber zugleich etwas über die Kerkermeister besagt. Der Fehler liegt bei der allzu großen Aufrichtigkeit. Wer lügt, schämt sich, denn an jeder Lüge muß er das Unwürdige der Welteinrichtung erfahren, die ihn zum Lügen zwingt, wenn er leben will, und ihm dabei auch noch „Üb imer Treu‘ und Redlichkeit“ vorsingt. Solche Scham entzieht den Lügen der subtiler Organisierten die Kraft. Sie machen es schlecht, und damit wird die Lüge recht eigentlich erst zur Unmoral am anderen. Sie schätzt ihn als dumm ein und dient der Nichtachtung zum Ausdruck. Unter den abgefeimten Praktikern von heute hat die Lüge länst ihre ehrliche Funktion verloren, über Reales zu täuschen. Keiner glaubt keinem, alle wissen Bescheid. Gelogen wird nur, um dem andern zu verstehen zu geben, daß einem nicht an ihm liegt, daß man seiner nicht bedarf, daß einem gleichgültig ist, was er über einen denkt. Die Lüge, einmal ein liberales Mittel der Kommunikation, ist heut zu einer der Techniken der Unverschämtheit geworden, mit deren Hilfe jeder Einzelne die Kälte um sich verbreitet, in deren Schutz er gedeihen kann. Theodor W. Adorno, Minima moralia, #9, S. 28
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- „Die Gesellschaft profitiert von unserer Autonomie“ | FAZ → ein schönes, interessantes, kluges interview mit der historikerin barbara stollberg-rilinger
Die ganze Gesellschaft profitiert von der Autonomie der Wissenschaft. Die eigentliche Arbeit der Historiker ist meiner Ansicht nach von solchem bürgerrechtlichen Engagement zu unterscheiden. Indem man Geschichte nach historisch-kritischen Standards schreibt, leistet man ja schon Aufklärungsarbeit.
- Vorbild Frankfurt: Restaurative Schizophrenie| Merkur → ein sehr kluger und, trotz seiner klaren positionierung, unaufgeregter kommentar von philipp oswalt zur rekonstruktionsarchitektur wie der frankfurter „neuen altstadt“ (schon der name ist in seiner ästhetischen grausamkeit ja bezeichnend)
Es ist eine Medienarchitektur, die aus technischen Bildern generiert nun vor allem der Erzeugung neuer medialer Bilder dient. Auch sonst ist die Architektur keineswegs so traditionell, wie sie auf den ersten Blick erscheinen mag. Der Rohbau besteht – von den wenigen Fachwerkhäusern abgesehen – aus Stahlbeton und Industrieziegeln, die Ausstattung umfasst Fußbodenheizung mit Fernwärme, Dreifachverglasung, mechanische Lüftung, modern geschnittene, offene Wohnküchen, umfangreiche Sanitärräume und meist einen direkten Zugang zu den privaten Stellplätzen in der zugehörigen Tiefgarage.
Nicht nur für die Bewohner, auch für die zeitknappen Ferntouristen aus Asien und Übersee ist die neue Altstadt die moderne Alternative, und so wird sie auch beworben.
[…]Ob iconic building oder Rekonstruktion historischer Bauten – beides sind symbolische Gesten zur Identitätskonstruktion, wie sie seit den 1990er Jahren in Mode gekommen sind.
[…] Der Staat hat sich aus der Fläche zurückgezogen, und die vorherige Kohäsionspolitik wurde durch einen Inselurbanismus abgelöst, bei dem große Bereiche der Stadt dereguliert und privatisiert werden, während an ausgewählten zentralen Orten kleine Inseln mit großer Kontrolltiefe beplant werden. […]Mit dem Zerfall einer im Alltag praktizierten Kohäsion ist die Aufwertung eines symbolisch-medialen Ersatzes umso wichtiger.
[…]Doch die Altstadt Frankfurt ist keine überzeugende Antwort auf die drängenden Fragen des heutigen Städtebaus, sie ist Teil des Problems.
- Im Rucksack: die Freiheit | Oliver B. Weber → ein interessanter essay über die spezifische form des reisens der gegenwärtigen backpacker und die daraus entstehende/erwachsende „globality“
Der Backpacker versteht sich als Zeitreisender. Er sucht die selige Vergangenheit in geographischer Ferne. Die Menschen, die darin leben müssen, begutachtet er mit einer ambivalenten Mischung aus Staunen und Herabsetzung. Immer seltener hingehen ist ein tatsächlich eintretender habitueller Positionswechsel des Beobachters. Woher kommt die häufige Blindheit gegenüber der tatsächlichen Welt, zu deren Entdeckung das Backpacking ja angetreten war?
- Sehnsucht nach Retrotopia | Zeit → ein kluger essay von nils markwardt über „Politisierung der Nostalgie“ und die „Fetischisierung von Geschichte unter Ausblendung von Geschichtlichkeit“:
Im Angesicht der aktuellen Retromania besteht die Aufgabe darin, Geschichte als gleichermaßen bewussten wie progressiven Wiederholungsprozess, nicht als bloßes Abstauben der Vergangenheit zu verstehen.
- Da läuft etwas ganz schief | Forschung & Lehre → der erziehungswissenschaftler volker ladenthin hat genug von den mangelnden fähigkeiten und kenntnissen der aktuellen studierenden (ich bin mir nicht sicher, ob das in die kategorie „früher war alles besser“ fällt oder ob es wirklich die realität trifft)
Die Studierenden sind überaus freundlich und kommunikativ, im Zwiegespräch sehr geschickt. Ebenso sind sie fleißig, gutwillig und konstruktiv: Aber es lässt sich ein entwicklungspsychologisches Problem feststellen. Auf Grund der kognitiven Entwicklung scheinen die Studierenden in den Anfangssemestern mehrheitlich nicht in der Lage, komplexe, antinomische und multikausale Prozesse, wie sie heute in allen Wissenschaften üblicherweise beschrieben werden, angemessen aufzunehmen und Vorgänge streng aspektgebunden oder multiperspektivisch zu betrachten.
Ins Netz gegangen am 23.8.:
- „Raus mit den privaten Autos!“ | Berliner Zeitung → interview mit dem berliner verkehrsforscher andreas knie, der vehement für eine de-privilegisierung der privaten autos plädiert:
Seit 20 Jahren gibt es in Berlin keine Verkehrspolitik, nur eine Pro-Auto-Politik. Wir brauchen aber eine Verkehrswende! Und die muss jetzt endlich konsequent in Angriff genommen werden: mit einer radikalen Verringerung der Fahrzeugmengen, der Wegnahme von Privilegien. - Patriotismus und Nationalismus: Für Deutschland | Zeit → die historikerin marion detjen versucht sich an einer entgiftung der debatte duch begrifssklärung, hier am beispiel von nationalismus und patriotismus – meines erachtens ein ziemlich ansprechender versuch, die beiden begriffe historisch bewusst für die gegenwärtige praxis benutzbar zu machen
(Ich gehe jede Wette ein, dass eine Umfrage unter Verfassungspatrioten und Leitkulturpatrioten zu dem Ergebnis käme, dass Erstere wesentlich mehr Beethoven spielen und mehr Goethe-Gedichte kennen als Letztere.)
- Warum ist dieser Mann kein Held? | Zeit → jana hensel hat sigmund jähn, den ersten deutschen im all, besucht und denkt über die erinnerung an menschen wie ihn, die in der ddr bekannt waren und nun fast planmäßig vergessen und verschwiegen werden, nach
Warum ist das eigentlich so? Ab und zu kann man daran erinnern, dass ein Mensch wie Sigmund Jähn auch dem Westen gut zu Gesicht stehen würde, weil sein Lebenslauf in vielem ebenfalls eine exemplarisch deutsche Biografie des 20. Jahrhunderts ist. Und wenigstens alle paar Jahre hilft es vielleicht, den Ostdeutschen anzumerken, dass unsere Erinnerungskultur sehr wahrscheinlich zu westdeutsch ist.
- „Wir müssen Freiheiten bewusst einschränken“ | taz → ein (leider etwas kurzes) interview mit ulrich brand:
Degrowth würde anderen Formen der Wirtschaft Raum geben, öffentlichen Unternehmen, der solidarischen Ökonomie und so weiter. […] Wir brauchen soziale Bewegungen, kulturellen Wandel, progressive Unternehmer – und wir brauchen Politik. […] Der liberale Freiheitsbegriff tut so, als könnten alle frei sein. Aber das stimmt nicht. Im Moment sind die frei, die Geld haben. Wir müssen uns demokratisch Regeln setzen, die unsere Freiheiten bewusst beschränken.
- Diese Frauen müssen Sie kennen | Spiegel → sibylle berg und freundinnen haben einen neuen kanon erstellt bzw. damit zumindest angefangen.
Die Welt wurde durch Ordnungssysteme, die vornehmlich männliche Geistesgrößen auflisten, nicht zu einem erfreulicheren Ort.
Darum ist es Zeit für eine neue Liste. Neue Namen mit Ideen, die vielleicht etwas zu einem freundlicheren Miteinander in der Welt beitragen können. Und die für die andere Hälfte der Bevölkerung auch Relevanz haben. Unser Kanon, um dieses weihevolle Wort zu verwenden, ist unvollständig und subjektiv, wie es Auflistungen immer sind, aber er ist ein Anfang. - The Untold Story of NotPetya, the Most Devastating Cyberattack in History | Wired → eine sehr lange und sehr spannende reportage über den russischen cyberwar-angriff NotPetya auf die ukraine und dessen ausbreitung auf die welt:
In fact, it was a clusterfuck of clusterfucks.
Ins Netz gegangen am 3.8.:
- Should primary schools teach philosophy? | Durham University → philosophieunterricht hilft:
We found that Philosophy for Children has some promising effects in improving children’s social and communication skills, team work, resilience and ability to empathise with others. Interestingly, these positive effects are more profound in children from disadvantaged groups.
- Willst Du quälen? Frage „Wie weit bist Du?“ | Wild Dueck Blog → gunter dueck über die unsitte von managern, immer auskunft über gegenwärtige arbeiten und zukünftige zeitliche entwicklungen zu verlangen:
Wer also eine Delle in den Zahlen hat, wird sofort mit zusätzlicher Arbeit überhäuft, die Delle zu logisch zu erklären. Das gelingt im Prinzip leicht, weil der Nachfragende die Feinheiten ja nicht in den Zahlen stehen hat.
- Ich wünsche mir Mut zur Unterscheidung | FAZ → peter-andré alt (der ja ein augezeichneter biograph ist …) als vorsitzender der hochschulrektorenkonferenz im interview:
Die Tendenz zur Vereinheitlichung, wie wir sie in den letzten fünfzehn Jahren beobachten konnten, ist gefährlich, weil sie Uniformität fördert. Das haben wir in manchen Bereichen der Exzellenzinitiative beobachten können. Ich wünsche mir mehr Mut zur Unterscheidung und auch mehr Unterstützung dabei durch die Politik. […] Ich halte ein einjähriges Studium Generale vor dem Bachelor für ein gutes Mittel. Es zeigt sich immer stärker, dass zahlreiche Abiturienten auf die Universität nicht vorbereitet sind.
- Absurde Elektrifizierung | SZ → sebastian herrmann hat ziemlich recht, wenn er sich über die elektrifizierung der fahrränder sanft lustig macht. mir fehlt ja noch ein weiteres argument: „klassische“ fahrradtechnik kann man (mit etwas geschick) weitgehend komplett selbst warten und vor allem reparieren – die neuen elektronischen teile oft überhaupt nicht mehr .…
Dennoch steckt Absurdität im Konzept, Mechanik am Rad durch Elektronik zu ersetzen: Der unschlagbare Vorteil des Fahrrads besteht schließlich darin, dass es seinem Fahrer Freiheit schenkt – die Freiheit, aus eigener Kraft jedes erwünschte Ziel zu erreichen und unabhängig von Ladekabeln oder Updates zu sein.
Aufklärung ist riskantes Denken. Wir, die Erben, wollen dieses Risiko nicht mehr eingehen. Wir wollen eigentlich keine Zukunft, wir wollen nur, dass unsere privilegierte Gegenwart nie aufhört, obwohl sie zusehends um uns herum bröckelt und gespalten wird.
Um das, was kommt, nicht zu erleiden, sondern zu gestalten, bedarf es nicht nur neuer Technologien und Effizienzsteigerungen, keiner hohen Mauern und keiner Abschreckung, sondern einer Transformation des westlichen Lebensmodells, denn erst wenn Menschen wieder einen realistischen Grund zur Hoffnung haben, wird die Angst verschwinden.
Dafür brauchen wir den Mut, wieder etwas zu riskieren beim Nachdenken über die Welt und über die eigene Position in ihr. Die Aufklärung ist nötiger denn je, aber nicht in ihrer rationalistischen Verengung oder ihrer ökonomischen Parodie.
- Should primary schools teach philosophy? | Durham University → philosophieunterricht hilft:
Ins Netz gegangen am 24.7.:
- Geht doch auch so | Zeit → der soziologe armin nasseh über komplexität, politik, lösungen und den ganzen kram der gegenwart
Aber man braucht eine bestimmte Denkungsart, um sich nicht von der Welt überfahren zu lassen. Der größte Fehler heute wäre, weiter so zu tun, als könnten wir die Dinge kontrollieren. Können wir nicht. Und mit dieser Nicht-Kontrollierbarkeit müssen wir rechnen.
- Freibad, Gleichheit, Brüderlichkeit | NZZ → richard kämmerlings versucht sich – vielleicht etwas freihändig, aber doch sehr flott zu lesen – an einer klitzekleinen kulturgeschichte des freibads
Freibad, das war ein Ausdruck sozialen Fortschritts, ein erfrischender Luxus für alle, gewissermaßen die gebaute Vorwegnahme eines kommunistischen Endzustands, in dem auch der Arbeiter seinen gerechten Anteil am Reichtum hat und Freizeit kein Privileg von Adel und Bourgeoisie mehr ist.
- Abzock-Fachzeitschriften: Wie groß ist das Problem? | Scilogs → markus pössel versucht, dem von rechercheverbund des ndr, wdr & süddeutsche lancierten problem der betrügerischen zeitschriften (das dort, vollkommen falsch und überhaupt nicht nachvollziehbar, als „fake science“ etikettiert wird) und vor allem der zahl der betroffenen wissenschaftler*innen nachzugehen, weil die medien keine details verraten …
- Radlretter → drei studenten haben eine mobile radwerkstätte – v.a. für notfälle, nicht für große reparaturen und umbauten – in regensburg eröffnet. sieht ganz nett aus und die preise schauen mir auch fair aus (auch wenn ich’s eher nicht brauchen werde, so sachen mache ich dann doch selbst …)
- Smart home tech is being turned into a tool for domestic abuse| Wired → noch mehr gründe, warum das IoT nur eine bedingt gute idee ist …
- Theresa May’s Impossible Choice | New Yorker → eine ziemlich gute reportage über den brexit, zugleich ein intensives porträt von theresa may (oder umgekehrt, wie man möchte …) von sam knight
Brexit and Trump are often compared. The disasters that have occurred in two of the world’s oldest democracies stem from similar causes, but they manifest as very different phenomena. The danger posed by Trump is theoretically unlimited, as borderless as his proclivities and the terrifying power of his office. The Brexit vote, by contrast, has traumatized British politics by narrowing it. There is only one concept, and we are putting every problem that we have inside that concept. May’s assignment has been to quell a populist wave, not ride it; to sublimate the contradictory forces within Brexit and to protect the country from itself.
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- Does Philosophical Language Have to Be Difficult? | Blog of the APA → grant maxwell erklärt ziemlich kurz und schlüssig, warum philosophie manchmal schwierige sprache benutzen muss:
writers like G.W.F. Hegel or Alfred North Whitehead or Jacques Derrida weren’t simply writing works (which still stand as paragons of verbal complexity) to confuse or beguile their readers. They were creating new forms of language to widen the scope of what could be expressed. […] The process of generating meaning is a constant negotiation between our current world views, embodied in vast networks of words and other symbols, and the constraining facts of existence, both the material relations of the world and our own intrinsic characters. And the more we inquire into these apparently objective facts, the more we find that they are more like habits or tendencies susceptible to a startlingly broad range of possible constructions. The semiotic networks constituting our world views evolve, as ideas don’t exist in a vacuum, but are developed through a conversation that has been occurring for thousands of years, with each reply requiring a generation, or sometimes even centuries for its fullest expression. To abstract ideas from their historical context, and from the language developed to describe them in ever-greater nuance, would be to flatten the complexity of these concepts, which comprise the underlying modes of thought that have implicitly informed the more explicit historical occurrences.
- «Italien betreibt eine Fusion von Populismus und Technokratie» | NZZ → ein spannendes interview mit jan-werner müller über die herausforderung der antipluarlisten (populisten und technokraten) für die modernen demokratien
Beide scheinbar gegensätzliche Fraktionen sind letztlich Antipluralisten. Die Technokraten erklären, es gebe nur die eine rationale Lösung. Es brauche keine Debatte, auch keine parlamentarische Auseinandersetzung, weil es für vernünftige Menschen nichts zu diskutieren gebe. Die Populisten behaupten wiederum, es gebe nur den einen authentischen Volkswillen. Und sie seien die Einzigen, die ihn verstünden und verträten.
- Finnegans wachen donnerstags auf| a tempo → ein sehr sympathisches gespräch mit fritz senn, einem der besten joyce-kenner, über seine joyce-lektüren und ‑forschungen – und die zufälligkeiten des lebens
- Schule der Gewalt | Zeit → ute frevert hat einen schönen überblick über die geschichte der wehrpflicht (in deutschland) geschrieben
- Sind wir noch gute Europäer? | Zeit → jürgen habermas muss noch/mal wieder ran und den lust- und ideenlosen zustand europas und insbesondere der eu – und ihrer (nationalen) politischen eliten – scharfsinnig analysieren. zum beispiel:
Der Rechtspopulismus verdankt sich in erster Linie der verbreiteten Wahrnehmung der Betroffenen, dass der EU der politische Wille fehlt, handlungsfähig zu werden. Der heute im Zerfall begriffene Kern Europas wäre in Gestalt einer handlungsfähigen Euro-Union die einzige denkbare Kraft gegen eine weitere Zerstörung unseres viel beschworenen Sozialmodells. In ihrer gegenwärtigen Verfassung kann die Union diese gefährliche Destabilisierung nur noch beschleunigen. Die Ursache des trumpistischen Zerfalls Europas ist das zunehmende und weiß Gott realistische Bewusstsein der europäischen Bevölkerungen, dass der glaubhafte politische Wille fehlt, aus diesem Teufelskreis auszubrechen. Stattdessen versinken die politischen Eliten im Sog eines kleinmütigen, demoskopisch gesteuerten Opportunismus kurzfristiger Machterhaltung
Das ist keine Musik für sparsame Haushalter. Denn Voxid hält sich nicht zurück. Im Gegenteil: Das Quintett singt, als gäbe es einfach kein Morgen mehr. Auf Shades of light gibt es nämlich alles im Überfluss: Klang, Sound und Ideen. Nichts wird zurückgehalten, immer geht es in die vollen. Voxid muss sich ja auch nicht einschränken, sie haben einfach ein schier unerschöpfliches Repertoire an Möglichkeiten. Und das nutzen sie für die zwölf Songs auch vollkommen ungeniert aus. Es beginnt schon bezeichnend mit Imogen Heaps „Headlock“: Der Sound ist fett und luftig zugleich, die Musik klingt leicht und ernst, solide und spaßig gleichermaßen. Auch wenn das Quintett behauptet, „Music ain‘t my thing“, merkt man in jedem Moment: Hier nimmt jemand Pop sehr ernst – mit grandiosem Ergebnis. Vor allem, weil sich Voxid als ungeheuer eng gefügtes Ensemble hören lässt: Da ist jede Stimme in jedem Moment an ihrem Platz.
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Eine andere Marke, die gleich gesetzt wird, ist das Niveau der Arrangements: Voxid (früher schon einige Jahre unter dem Namen „tonalrausch“ unterwegs) gibt sich nicht mit Dutzendware zufrieden. Deshalb komponieren und arrangieren sie auch (fast) alles selbst. Und das hört man, die genaue Passung auf die Stimmen und das Ensemble funktioniert wunderbar. Denn die Arrangements – und wirklich alle – sind ganz einfach großartig vielfältig, sprühen vor Ideen und stellen sich doch atmosphärisch ganz genau in den Dienst der Songs. Bei „Save your soul“ von Jamie Cullum zum Beispiel verbinden sich Flächen und Linien mit dicht verwobenen Texturen und klanglichen Reliefs. Und Voxid singt das auch immer so, dass man nur zustimmend nicken kann: Jeder Klang, jede Linie, jeder Akkord strotzt vor Energie, alles ertönt ungeheuer kraftvoll (man muss nur kurz in „Musical Treasure“ hineinhören!), aber mit ganz entspanntem Druck. Denn das Quintett erreicht sein musikalisches und emotionales Durchsetzungsvermögen ganz ohne hörbare Anstrengung.
Das Beste – wenn man das aus einem Album von so gleichbleibend hoher Qualität überhaupt herausheben kann – steht am Ende: Zunächst „Edge“, das noch einmal mit voller Power auf die Zielgerade einbiegt und in dem vortrefflich gestaffelten Arrangement zwischen leichter Beatbox und intensiver Melodie all die feinen Qualitäten ihrer Ensemblekunst präsentiert. Aber dann folgt noch, als Bonustrack, eine bezaubernde Version von „I fade away“, das sowieso die schönste Melodie der CD aufweist und hier im Remix mit Synthesizer-Einsatz noch klanglich aufgepeppt wird. Gerade das hätte Voxid aber überhaupt nicht nötig, nachdem es in den 50 Minuten davor so eine brillante Leistungsschau des Vocal Pop präsentierte.
Voxid: Shades of light. RUM Records 2018. 51:13 Spielzeit.
(Zuerst erschienen in „Chorzeit – Das Vokalmagazin“, #50, Juni 2018)
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