“Songs for Kommeno” ist ein ambitioniertes Projekt: Mit den acht Jazz-Songs will Günter Baby Sommer auf das Massaker einer deutschen Wehrmachtseinheit im griechischen Kommeno am 16.8.1943 erinnern. Und das umfangreiche Büchlein dazu dokumentiert die Ernsthaftigkeit, mit der sich Baby Sommer auf die Aufgabe, den Ort, die Geschichte eingelassen hat (allerdings nicht so sehr das Geschehen selbst).
So weit, so gut. Aber “Songs for Kommeno” hat leider einen großen Nachteil: Musikalisch lässt mich die CD reichlich kalt. Das ist mir alles arg betulich und viel zu langweilig — und zugleich immer so bedeutungsschwanger. Vielleicht hätte ich erstmal einfach die Musik hören sollen, ohne nähere Informationen. Hat man die Texte im großzügigen Begleitbuch gelesen, geht das aber nicht mehr: Die Musik kann dann nicht mehr für sich stehen, sie muss mehr sein. Nämlich Vergangenheitsbewältigung in irgendeiner Form, Erinnerung, auch Erinnerungspolitik, zugleich Vesöhnung und Bitte um Vergebung und so weiter. Das ist (in meinen Ohren) doch ein bisschen viel für diese Klänge. Vielleicht funktioniert das für andere Hörer hervorragend, vielleicht hat es auch am quasi authentischen Ort gelingen können — in meinem Heim, wo ich im bequemen Sessel sitze und draußen der erste Vor-Herbst-Regen nieselt, klappt das aber einfach nicht. Aber ich bin bei solchen Unternehmungen (fast) immer recht skeptisch — meiner Erfahrung nach wird dabei die Musik (und die ist es besonders, die für solche Projekte eingespannt wird) mit einer Aufgabe überfrachtet, die sie einfach nicht leisten kann — nämlich konkrete Inhalte irgendwie zu transportieren. Aber das sind grundsätzliche Einstellungen, was man von Musik erwarten will und ihr an kommunikativen Aufgaben (im weiteren Sinne) zu-muten möchte. Ich bin da generell sehr zurückhaltend, weil ich überzeugt bin, dass Klang und Form (um das mal so abstrakt zu lassen) die besseren Vermittlungsinstanzen sind — und auch ohne bestimmte bzw. bestimmbare Inhalte Menschen bewegen und letztlich auch verändern können.
Aber, um noch mal von den grundsätzlichen Dingen zurück zu den “Songs for Kommeno” zu kommen: Ganz abgesehen von diesem ganzen Hintergrund ist die Musik hier zwar oft schön (Baby Sommer ist natürlich ein sehr guter Schlagzeuger und auch Floros Floridis ein toller Klarinettist), aber für meinen Geschmack zu flach, zu eindimensional — kurz: einfach zu langweilig. Da hilft auch die geborgte Authentizität des Klagegesangs einer Überlebenden nicht. Und die griechische Nationalität der beteiligten Musiker. Ich bleibe skeptisch: Ich halte Musik (und Kunst allgemein) nicht für das ideale Medium des Umgangs mit Geschichte, schon gar nicht mit konkreten Ereignissen. Das tut beiden Seiten nicht gut.
Günter Baby Sommer (mit Savina Yannatou, Floros Floridis, Evgenios Voulgaris, Spilios Kastanis): Songs for Kommeno. Intakt Records CD 190, 2012.
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