So richtig begeis­tern kon­nte ich mich beim Auftritt der King’s Singers in Mainz nicht: Per­fekt intoniert, ohne Frage — aber alles auch per­fekt rou­tiniert, vom Auf-die-Bühne-Schre­it­en bis zur Hand­hal­tung alles minu­tiös ein­studiert: Raum für Spon­taneität, für Begeis­terung (der Musik­er selb­st) gibt es hier nicht. Deswe­gen wird’s auch mal lang­weilig. Denn auch ein wahnsin­nig pro­fes­sioneller, nahezu per­fek­ter Ensem­bleklang ist alleine auf Dauer nur mäßig befriedi­gend. Aber trotz­dem schön anzuhören ;-)

Wenn es so etwas wie königliche Rein­heit gäbe – hier wäre es zu hören. Denn wenn die King’s Singers etwas beherrschen, dann ist es die müh­elose Per­fek­tion der reinen Into­na­tion. Eine naht­lose, unzer­brech­liche Ein­heit bilden diese sechs Sänger, vom ersten Einat­men bis zum let­zten­Verklin­gen. Und selb­st die Hand­hal­tung und das pro­fes­sionelle Lächeln sind bei allen gle­ich – Unter­schiede gibt es nur in der Haar­tra­cht.

Mit unwider­stehlich­er Rou­tine pro­duzieren die King’s Singers einen Ver­schmelzungsklang, der wahnsin­nig machen kann. Zusam­men bilden sie etwas ganz Einzi­gar­tiges, bei dem es fast egal ist, was sie sin­gen. In St. Stephan, wo sie im Rah­men des Rhein­gau Musik­fest­vals gastierten, war das zunächst ein Grün­don­ner­stags-Pro­gramm rund um den gre­go­ri­an­is­chen Choral „Pange lin­gua“. Da macht es auch nichts, das die Kar­woche schon einige Zeit zurück liegt: Hier geht es nur um die Musik, und da vor allem um den puren Klang – die Texte und Inhalte spie­len nur eine unter­ge­ord­nete Rolle. In St. Stephan waren die Worte nur aus­nahm­sweise zu erah­nen, ver­ste­hen kon­nte man die Text schon gar nicht.

Schön ist diese Musik trotz­dem. Und das ist die Haupt­sache, egal ob es um Motet­ten von Car­lo Gesu­al­do oder von Anton Bruck­n­er geht, ob Mau­rice Duru­flés „Tan­tum ergo“ oder Tomas Luis de Vic­to­rias „Pop­ule meus“ erklingt. Die Dif­ferenz zwis­chen 16. und 20. Jahrhun­dert wird müh­e­los über­brückt, die Unter­schiede ver­schwim­men: Das sind ein­fach die King’s Sin­grs – fer­tig. Und das heißt: Wohlk­lang pur, immer wieder, egal, welche Noten ger­ade auf dem Pult liegen. Schon das langsame Ausklin­gen der Schlus­sakko­rde allein ist dabei jedes Mal wieder beza­ubernd, wie sie immer weich­er wer­den und sich im Raum auflösen – solche Fein­heit­en bietet kaum ein anderes Ensem­ble so überzeu­gend. Aber beson­ders span­nend ist das nicht, weil außer dem extrem gle­ich­mäßig, unge­mein rein aus­ge­formten Wohlk­lang für die sechs Englän­der wenig anderes zählt. Ein kleines Crescen­do ist da schon fast eine Sen­sa­tion. Denn die zarte Zer­brech­lichkeit des per­fek­ten Vokalk­langs ist eben immer in Gefahr – da würde über­mäßige Expres­siv­ität nur schaden. Und schade wäre es wirk­lich, würde dieser Wohllaut zer­stört. Doch das passiert den King’s Singers nie, ihr einzi­gar­tiger a‑cap­pel­la-Klang bleibt auch an diesem Abend unge­brochen.