Für den Sommerhit sind sie dann doch zu spät. Schade, denn „Im Moment ist alles richtig“ hätte dafür Potenzial gehabt. Auch sonst bleibt Maybebop strikt auf Hitkurs. „Weniger sind mehr“ haben die Niedersachsen ihr neuestes Album betitelt. Und das bezieht sich zum Glück nicht auf die Besetzung: Maybebop ist immer noch ein Quartett, wie schon seit gut 20 Jahren. Mit ihrer ersten CD bei Warner sind sie jetzt noch ein bisschen Mainstream-tauglicher geworden. Und auch etwas glatter: Das ist hervorragend gemachter, Radio-tauglicher Pop, der sich mehr als früher an den Wise Guys orientiert.
Schon beim ersten Hören fällt auf: Das Essen treibt sie irgendwie besonders um, besonders der Konsum von Fleisch — den sie nur halb im Spaß gerne durch Insekten ersetzen möchten. Aber gerade die bemüht politischen Texte sind eher die schwächeren der CD — auch musikalisch glänzen diese Lieder nicht besonders. Dafür gibt es woanders auf „Weniger sind mehr“ aber wieder Entschädigung: Neben dem mitreißenden „Im Moment ist alles richtig“ ist der titelgebende Song am Ende der CD noch einmal (zumindest musikalisch) ein echtes Highlight. Am kunstvollsten ist aber das Arrangement von Schuberts Erlkönig – den erkennt man kaum wieder. Was aber überhaupt nicht gegen die Bearbeitung von Oliver Gies spricht, im Gegenteil: Auch wenn das kaum zum Mainstream-Pop des Rests passt, ist das doch gewitzt und intensiv in seiner Emotionalität.
Anderes ist weniger überzeugend. „Nimm mich mit“ etwa kann vor Kraft nicht mehr laufen: Weil keiner der vier weiß, wohin mit der (allerdings auch technisch kräftig aufgepäppelten) Stimmkraft, hängt das alles im Gummiklang. Leider sind die vier Sänger sowieso alles andere als zurückhaltend mit der Studioklangelektronik — dadurch verliert der Maybebop-Klang einiges von seinem Charme. Andererseits bekommen Songs wie „Was ist mit der Liebe“ so ordentlich Druck, den das Quartett geschickt und ausgesprochen klangspielerisch nutzt. Gekonnt aufgegriffene Klischees und spielerisch-subversive Referenzen an die Romanze machen auch den “Liebesbrief” zu einem echten Kleinod: Ein herrliches Bass-Solo mit Hintergrund-Gesäusel aus den drei Samtkehlen der restlichen Maybebopper. Vielfalt bleibt also Maybebop-Programm, auch auf „Weniger sind mehr“.
(geschrieben für die Neue Chorzeit.)
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